Protokoll der Sitzung vom 16.03.2011

Und jetzt haben Sie gesagt, gut, dann gibt es eine verbindliche Studienberatung. Dafür halten die Hochschulen Studienberatungsbüros vor. Die müssen so ausgestattet sein, dass jeder Student prinzipiell beraten werden kann, also kann das schon mal keine Mehrkosten verursachen. Und für den Fall, wo es Zulassungsbeschränkungen gibt, gibt es das Hochschulzulassungsgesetz, beschlossen von diesem Parlament, wo die Hochschulen die Möglichkeiten haben, verschiedene Zulassungsverfahren vorzunehmen. Und wir sagen eben, wir wollen in dem Fall entweder Studierfähigkeitstests oder Auswahlgespräche. Das ist letztlich nichts anderes als eine Präzisierung des Hochschulzulassungsgesetzes.

Und die Frage, die man jetzt in der Tat aufwerfen kann, ist: Was ist denn jetzt das Geeignete? Im Übrigen, die Runden, in denen ich saß, die haben nicht diskutiert über die Kostenfrage – was ist teurer, ob jetzt ein Studierfähigkeitstest, ein Beratungsgespräch oder Bewerbungsgespräch –, sondern die haben die Frage gestellt, und das finde ich auch die richtige Frage: Was ist denn fachlich besser? Ist denn ein schriftlicher Eignungstest besser geeignet, um die Studierfähigkeit oder die Eignung eines jungen Menschen für das Lehramt herauszufinden oder Bewerbungsgespräche? Das ist immer die erste Frage, die man beantworten muss.

Und die Frage, wie man das dann finanziert, ist relativ einfach zu stellen, Herr Bluhm. Da würde ich auch dafür plädieren, dass wir uns an die Verabredungen der letzten Koalition halten, die ja bis heute fortwirken. Es gibt ein Hochschulbudget und wir haben uns hier auf eine bestimmte Stellenzahl verabredet. Ich glaube, es waren 2.747 plus Hochschulmedizin. Und wir haben uns darauf geeinigt, dass diese Stellen vernünftig ausfinanziert werden, der Ausfinanzierungsgrad also steigen muss – das ist der Fall, das bestätigten die Hochschulen auch –, und dass das Hochschulbudget ist bis 2020 und darüber hinaus.

Das hat die Linksfraktion der letzten Koalition beschlossen. Die CDU ist Sturm dagegen gelaufen. Nach den Wahlen 2006 hat die CDU sehr schnell diese Position doch übernommen. Und ich darf daran erinnern, bei der letzten Haushaltsberatung hat es einen gemeinsam getragenen Beschluss aller demokratischen Fraktionen gegeben, der genau diese Finanzausstattung und diese Stellenzahl bestätigt.

Und selbstverständlich gilt für das Hochschulzulassungsgesetz auch dieses Budget. Also insofern wird auch die Hochschule die Frage beantworten müssen, zum Beispiel Rostock, ob sie von den mehreren Millionen Euro, die sie zusätzlich für Lehrerbildung bekommt durch die Zielvereinbarung – mehrere Millionen! –, ob von den bis zu 25 Stellen, die insgesamt zusätzlich finanziert werden an der Uni Rostock, ein oder zwei Stellen auch mit so etwas wie der Feststellung von Studierfähig

keit betraut werden, in der Tat. Aber das Geld ist da. Das haben wir in den Zielvereinbarungen bereits herbeigeführt. Also insofern glaube ich, auch der Punkt ist nicht ganz korrekt wiedergegeben.

Deshalb lassen Sie mich bitte aus meiner Sicht noch mal kurz darstellen, was sind die Kernpunkte dieses Gesetzes, kurz und knapp. Es gibt eine gesetzliche Verpflichtung zur Lehrerbedarfsplanung. Das darf uns nie wieder passieren, dass wir wie ein Auto mit 100 Sachen durch eine Nebelwand fahren und nicht wissen, was die Zukunft bringt. Das Ministerium soll in Zukunft dazu verpflichtet werden.

Zweitens, die Hochschulen und das Ministerium werden dazu verpflichtet, diese Daten den Hochschulen zugänglich zu machen. Die Studienbewerber müssen wissen, ob sie hier eine Chance haben, mit ihrer Studienfachkombination einen Job zu bekommen, ob es überhaupt eine Perspektive gibt für Deutsch- und Geschichtslehrer. Das wissen sie nämlich heute nicht. Das halte ich für die Transparenz für vernünftig.

Zweitens, zweiter Komplex: Wir erhöhen die Regelstudienzeit von neun auf zehn Semester mit Ausnahme des Grundschullehramtes, damit Pädagogik und Praxis früher von Anfang an unterrichtet werden kann. Wir bauen dieses Regionalschullehramt und das Grundschullehramt zu inklusionsorientierten Lehrämtern aus. Das ist etwas, was eine Linkspartei sehr stark unterstützen sollte, weil es – aus meiner Sicht jedenfalls – dem Thema Bildung und sozialer Gerechtigkeit sehr entgegenkommt.

Und wir führen zusammen mit den Zielvereinbarungen etwas wieder ein, meine Damen und Herren, was eigentlich selbstverständlich sein müsste in diesem Land, es aber im Moment nicht ist. Wir führen wieder ein die Ausbildung von Berufsschullehrern. Berufsschüler sind im Übrigen die Mehrheit der Bevölkerung, nicht die Minderheit. Manchmal hat man ja den Eindruck, wir diskutieren über Wissensgesellschaft, Studierendenquote und Abiturienten. Die meisten Menschen in diesem Land studieren nicht, sondern erlernen einen Beruf.

(Hans Kreher, FDP: Das ist richtig.)

Und dass dann da entsprechend die dafür nötigen Berufsschullehrer auch in diesem Land ausgebildet werden, ist eine solche Selbstverständlichkeit,

(Hans Kreher, FDP: Richtig.)

dass es eigentlich traurig ist,

(Hans Kreher, FDP: Da kann ich nur zustimmen.)

dass wir das hier wieder über eine entsprechende gesetzliche Regelung herbeiführen müssen.

Meine Damen und Herren, das sind aus meiner Sicht neben einer neuen Kooperation zwischen Schulverwaltung und Zentrum für Lehrerbildung die Kernpunkte.

Ich gebe gerne zu, Herr Bluhm, an diesem Punkt haben Sie aus meiner Sicht ausdrücklich recht: Die Konstruktion zum Zentrum für Lehrerbildung, wie sie im Moment im Gesetzentwurf vorliegt, ist höchst problematisch. Ich bin von dieser Vorlage persönlich selber noch nicht so richtig überzeugt. Deswegen möchte ich Sie bitten, mit uns gemeinsam im Ausschuss konstruktiv an der Verbesserung dieses Paragrafen zu arbeiten, damit wir noch rechtzeitig bis zum Ende der Legislaturperiode

(Torsten Renz, CDU: Ich frage mich, wer hier Einbringer ist.)

ein rundum stimmiges Gesetz haben. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Danke schön, Herr Brodkorb.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 5/4194 zur Beratung an den Bildungsausschuss zu überweisen. Wer diesem Überweisungsvorschlag zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion der NPD angenommen.

Meine Damen und Herren, vereinbarungsgemäß darf ich Sie darauf hinweisen, dass wir nach dem Tagesordnungspunkt 14 den Tagesordnungspunkt 40, Drucksache 5/4182, aufrufen werden.

Ich rufe jetzt auf den Tagesordnungspunkt 14: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Fraktion DIE LINKE – Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 5/4174.

Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE: Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Erste Lesung) – Drucksache 5/4174 –

Das Wort zur Einbringung hat der Fraktionsvorsitzende und Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE Herr Holter.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der Aktuellen Stunde in der Januarsitzung habe ich angekündigt, dass wir einen entsprechenden Gesetzentwurf heute einbringen werden. Die Fraktion DIE LINKE legt heute einen Antrag zur Änderung der Landesverfassung vor. Das macht man nun nicht alltäglich und ein solcher Schritt will gut überlegt und durchdacht sein, denn immerhin bedarf eine Verfassungsänderung zwei Drittel der Mitglieder des Hohen Hauses. Das ist eine bekannte Tatsache und gerade für diese zwei Drittel möchte ich jetzt werben.

Es gibt eine zweite Vorbemerkung, die vielleicht ein bisschen zu dem Disput in Zusammenhang zu stellen ist, den wir gerade geführt haben, was denn nun zulässig ist und was nicht zulässig ist. Wir brauchen ja die zwei Drittel. Es ist immer Usus gewesen im Hohen Hause, dass wir eine gute Tradition haben, dass auch gerade aus den Reihen der Opposition Initiativen durchaus Aussicht auf Erfolg hatten. Ich darf daran erinnern, dass über diesen Weg das Konnexitätsprinzip in die Landesverfassung eingeführt wurde.

Das Ziel, das Anliegen unseres Gesetzentwurfes lässt sich ja so auf den Punkt bringen: Wir wollen auch in Mecklenburg-Vorpommern eine Mitsprache der Kommunen bei Gesetzgebungsverfahren verfassungsrechtlich absichern. Warum das notwendig ist, will ich begründen. Anders ausgedrückt, wir wollen nicht länger akzeptieren, dass mögliche Verstöße etwa gegen die Paragrafen 6 und 93 der Kommunalverfassung oder des Paragra

fen 30 Finanzausgleichsgesetz verfassungsrechtlich folgenlos bleiben, folgenlos bleiben müssen. Uns geht es um das verfassungsrechtlich verbriefte Recht der Kommunen und ihrer Landesverbände, zu Verfahrensfragen das Landesverfassungsgericht anrufen zu dürfen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich an dieser Stelle einige Bemerkungen zum Hintergrund unseres Gesetzentwurfes machen. Ich möchte dabei ausdrücklich auf eine fraktionsübergreifende Problemsicht orientieren, denn es handelt sich jetzt nicht um die Frage, wer ist Opposition, wer ist Regierung. Es handelt sich tatsächlich um eine grundsätzliche Problematik. Ich will als Beispiel heranführen die Entscheidung des Landesverfassungsgerichtes vom 11. Mai 2006. Damals hatten Kommunen Verfassungsbeschwerde gegen Regelungen des Finanzausgleichsgesetzes eingereicht und das Verfassungsgericht hat dazu geurteilt. Kommunen hatten damals – Mai 2006 – also gegen ein Gesetz der rot-roten Koalition geklagt.

Das Verfassungsgericht hat sich damit beschäftigt und ist zu einem Urteil gekommen – nicht inhaltlich, sondern das Verfassungsgericht hat klargestellt, dass eine förmliche beziehungsweise beratende Teilhabe unserer Kommunen an der Gesetzgebung des Landes bisher in unserer Verfassung nicht vorgesehen ist. In diesem Sinne war das Verfassungsgericht aufgefordert, die Verfassungsbeschwerde der Kommunen zurückzuweisen, obwohl sie sich durchaus auch mit dem Inhalt beschäftigt hat. Das Verfassungsgericht sprach damals von möglichen Verfahrensfehlern und hat diese auch konkret angesprochen, was etwa die kurzfristige Einberufung, Fristsetzung für den Beirat des Finanzausgleichsgesetzes betrifft, betont aber, dass diese verfassungsrechtlich eben nicht sanktioniert sind.

Meine Damen und Herren, wir haben kürzlich zum Jahreswechsel sehr intensiv über den Austeilungserlass vom Dezember 2010 diskutiert, auch in der Öffentlichkeit. Hier geht es um den Paragrafen 18 Finanzausgleichsgesetz. Sie werden sich erinnern, dass es dabei um die Zuweisungen für die Träger des Öffentlichen Personennahverkehrs in Mecklenburg-Vorpommern ging. Ob dieser Streit nun vor Gericht geklärt wird oder eine gütliche Einigung herbeigeführt wird, sei jetzt mal dahingestellt. Eins, glaube ich, kann man aber sagen, dass der notwendige Dialog zwischen kommunaler und Landesebene offensichtlich suboptimal lief. Bei dieser Wertung will ich es jetzt auch wirklich mal belassen.

(Torsten Renz, CDU: Das ist auch besser so.)

Deutlich möchte ich aber feststellen, und das kann ich, glaube ich, im Sinne und im Interesse aller Abgeordneten sagen, dass der Landtag und vor allem auch die Landesregierung unabhängig von politischen Konstellationen bei der Vorbereitung kommunalbezogener Rechtsvorschriften mit den Kommunen, konkret mit ihren kommunalen Landesverbänden zusammenzuwirken haben, und zwar unabhängig von den sich ändernden politischen beziehungsweise parteipolitischen Konstellationen.

Meine Damen und Herren, die vorgesehene Verfassungsänderung soll auch unter sich ändernden oder verschärfenden Rahmenbedingungen möglichen Konflikten im notwendigen Dialog zwischen Land und Kommunen vorbeugen. Um es hier deutlich zu sagen, es geht nicht um Misstrauen. Niemand zweifelt das partnerschaftliche Verhältnis zwischen Kommunen und Land an, egal zu welchen Zeiten. Es geht hier wirklich darum, dass

über die Änderung der Verfassung der Gesetzgeber zum stringenten Einhalten aller Spielregeln gezwungen wird.

Meine Damen und Herren, die von uns angestrebte Änderung der Landesverfassung soll das elementare Recht der Kommunen auf Mitwirkung an der Gesetzgebung auf ein höheres Niveau heben, eben auf das höchste Niveau, auf den Verfassungsrang. Mit dieser Änderung betritt das Land Mecklenburg-Vorpommern nun wahrlich kein verfassungsrechtliches Neuland. Die kommunalpolitische Vereinigung der CDU, Herr Kokert, und auch der SPD fordern entsprechende Regelungen auf Bundesebene.

(Vincent Kokert, CDU: Ja, das weiß ich.)

Ja, und wir, DIE LINKE, haben dort auf Bundesebene einen entsprechenden Gesetzentwurf eingebracht.

(Vincent Kokert, CDU: Und damit ist sie gescheitert, oder was?)

Und auch auf die Praxis in anderen Bundesländern haben wir in der vorliegenden Gesetzesbegründung verwiesen. Aus Niedersachsen beispielsweise hört man vom dortigen Innenminister – der gehört zu welcher Partei, Herr Kokert? –, dass man mit dieser Verfassungsregelung gute Erfahrungen gemacht habe.

(Torsten Renz, CDU: Was wird das, Frage-Antwort-Spiel?)

Meine Damen und Herren, die von meiner Fraktion unterbreitete Verfassungsänderung steht in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der von den Koalitionsfraktionen beabsichtigten verfassungsrechtlichen Landesregelung einer sogenannten Schuldenbremse. Es gibt aber einen Zusammenhang zwischen beiden und den will ich Ihnen kurz sagen: Während das Anlegen der Schuldenbremse in der vorgelegten Form von den Kommunen und den kommunalen Landesverbänden abgelehnt wird, trifft die Mitwirkungsregelung, die wir vorschlagen, auf Zustimmung der Kommunen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Und ich hoffe auf Ihre Zustimmung zu unserem Vorschlag für die Änderung der Landesverfassung. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Vincent Kokert, CDU: Das war aber gut hergeleitet. War gut hergeleitet, kann ich nicht anders sagen.)

Danke schön, Herr Holter.

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.