Protokoll der Sitzung vom 17.03.2011

die einer gerichtlichen Überprüfung doch nicht standgehalten hat oder noch nicht standhalten musste, weil ja noch gar keine Klage da ist. Und an der Stelle würde ich dann immer auf unsere Gerichte an der Stelle setzen. Das sage ich auch offen.

(Irene Müller, DIE LINKE: Deswegen haben die Wohlfahrtsverbände aber nicht falsch argumentiert.)

Nur, die Frage ist, und da sollten Sie sich vielleicht auch mal selber fragen, die Frage ist, ob der Ersteller eines Gesetzes nun selber vor Gericht zieht, um sein eigenes Gesetz überprüfen zu lassen. Das ist ja auch ein bisschen abwegig. Ich sage mal, das muss man einfach verstehen. Wenn zwei Parteien mit einem Kompromiss, gegebenenfalls jetzt mit der SPD, ein Gesetz verabschieden, dann ist es doch nicht üblich, dass diese Parteien vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Eigentlich nicht.)

Also mich würde mal interessieren, wie viele Fälle dieser Art es gegeben haben soll. Ich vermute, es gibt keinen einzigen, weil, und auch das sollte man vielleicht verstehen, die Gesetzgeber selber ja zum Zeitpunkt des Gesetzgebens davon ausgehen, dass ihr Gesetz verfassungsgemäß ist.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Das erklärt die SPD danach aber anders.)

Alles andere, Herr Holter, wäre ja auch irgendwie hoch problematisch, zumindest im Zusammenhang mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Herr Schulte hat gerade was anderes erklärt.)

Wenn man sich nämlich einmal vorstellt,

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

dass ein Gesetzgeber an der Stelle, Herr Holter, mit der Vorgabe reingeht, ich mache ein verfassungswidriges Gesetz,

(Michael Andrejewski, NPD: Ja.)

dann könnte man noch ganz anders diskutieren an der Stelle. Und das halte ich für höchstgradig schwierig.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Aber die SPD zweifelt doch an der Verfassungskonformität.)

Ich will dazu nur erwähnen, weil Sie Frau Schwesig erwähnen, die da angeblich Zweifel angemeldet hat,

(Helmut Holter, DIE LINKE: Nicht angeblich, sie hat Zweifel angemeldet.)

für die FDP,

(Helmut Holter, DIE LINKE: Herr Schulte auch.)

für die FDP ist, das will ich Ihnen auch sagen, dieser Kompromiss durchaus auch nicht so schön. Ich will das auch offen erklären. Das Problem bei dieser Geschichte ist, dass wir eine Berechnung des Statistischen Bundesamtes haben, ob Ihnen die nun gefällt oder nicht. Und man kann, ich sage es ganz offen, man kann unter Vorgabe des Verfassungsgerichtes schlicht und einfach an dieser Berechnungsgrundlage nicht vorbei.

(Michael Andrejewski, NPD: Die ist interessengeleitet.)

Dass wir beide wahrscheinlich, Herr Holter, da will ich Ihnen ausdrücklich recht geben, unterschiedliche Auffassungen haben, was die Frage betrifft, was alles in diesen Hartz-IV-Regelsatz reingehört – wie beispielsweise, Sie haben es ja gesagt, Zigaretten, Alkohol und ähnliche Geschichten, wo wir gesagt haben, die gehören für uns nicht in den Regelsatz, wo Sie sagen, die gehören möglicherweise doch rein –, das ist für mich noch eine andere Baustelle.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Ich habe nicht darüber gesprochen.)

Ja, doch, Sie haben das schon mal gesagt, ich kann mich da noch schemenhaft daran erinnern, dass diese Bereiche da reingehören. Und da will ich Ihnen,

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Mit Schemen ist das immer so eine Sache.)

da will ich Ihnen …

(Helmut Holter, DIE LINKE: Schemen!)

Herr Holter, das machen wir beizeiten mal. Das gebe ich Ihnen dann gern.

(Irene Müller, DIE LINKE: So was liest man in der „Bild“ und so. – Zuruf von Helmut Holter, DIE LINKE)

Der Punkt ist nur, dass wir an dieser Stelle dasitzen und das Dilemma haben, dass wir im Grunde genommen jetzt systematisch ein Stück weit abgewichen sind. Ich glaube, dass dieses Abweichen letzten Endes, ich sage mal, noch im verfassungsmäßigen Rahmen drin ist.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Soll jetzt jeder Hartz-IV-Empfänger sich durchklagen bis zum Verfassungsgericht?)

Sie glauben, das ist nicht so. Sie sehen sich an der Stelle als Retter der Hartz-IV-Empfänger. Ich sage Ihnen, und das hat Herr Schulte an der Stelle aus meiner Sicht dann doch zielführend gesagt, dass wir im Ergebnis, und das sollten wir mal alle feststellen, mit jeder Verzögerung und Verzögerung und Verzögerung das Problem der Hartz-IV-Empfänger jedenfalls nicht gelöst hätten.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Das verzögert überhaupt niemand. – Zurufe von Gino Leonhard, FDP, und Michael Andrejewski, NPD)

Und das war der Ansatz, ich glaube, zumindest war das mein Eindruck, den die Verhandlungsführer der SPD gesehen haben, dass ein deutliches Ausweiten, ein deutliches Verlängern im Endeffekt zu einem Problem für die Hartz-IV-Empfänger geführt hätte. Und das wollten sowohl FDP, CDU und SPD jedenfalls nicht. Zumindest war das mein Eindruck.

(Irene Müller, DIE LINKE: Aber für behinderte Menschen macht man es. Da gibt es ja nicht so viel, nicht?)

Und deswegen werde ich Ihnen auch sagen, wenn Sie dann alles feststellen lassen wollen, Herr Holter, dann kann ich Ihnen nur anraten, da ist meine Fraktion absolut gerne bereit, machen Sie es doch namentlich! Dann können Sie doch jeden Einzelnen auflisten von uns, der in dieser Abstimmung positiv votiert. Und wir sind da gerne bereit, diese Abstimmung namentlich durchzufüh

ren, weil wir diese Feststellung von Ihnen – zunächst kein Antrag von mir, ausdrücklich nicht, das soll DIE LINKE schön selber machen –,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, genau.)

da bin ich an der Stelle gerne bereit, das auch namentlich abzustimmen, weil wir Ihre Feststellung überhaupt nicht teilen, Herr Holter. Und deswegen kommen wir natürlich auch zum gleichen Ergebnis wie Herr Schulte und werden den Antrag ablehnen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Helmut Holter, DIE LINKE: Na toll!)

Danke schön, Herr Schnur.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Rühs von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Fast möchte ich sagen: Nicht schon wieder!

Lieber Herr Kollege Holter, es ist ja bekannt, dass das Thema soziale Gerechtigkeit eines der Lieblingsthemen Ihrer Fraktion ist.

(Torsten Renz, CDU: Ja, Mittwoch Kultur und Donnerstag Hartz IV.)

Schön und gut, möchte man sagen. Dass Sie nun aber mit dem exakt gleichen Thema, nämlich der Ermittlung der Hartz-IV-Regelsätze und deren Ermittlungsmethoden, nun bereits zum vierten Mal kommen,

(Helmut Holter, DIE LINKE: Aber nicht zum letzten Mal.)

wirkt ehrlich gesagt langsam ermüdend.

(Torsten Renz, CDU: Keine Drohungen hier!)

Nicht nur im März, September und Dezember letzten Jahres,

(Helmut Holter, DIE LINKE: Am 31.08.)