Protokoll der Sitzung vom 13.04.2011

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der FDP Vizepräsident Kreher. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag greift ein wichtiges Thema im Bereich der beruflichen Bildung auf. Das darin formulierte Anliegen ist richtig und wir als FDP unterstützen, dass die Anerkennung von Seiteneinsteigern zu verbessern ist. Man könnte also sagen: Joffy, das ist toll. Den Antragsteller muss ich allerdings auch fragen: Ist das sein bestes Stück?

(Marc Reinhardt, CDU: Hast du dich mit Andreas Bluhm abgesprochen, Hans? – Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

An der grundsätzlichen Situation an den beruflichen Schulen im Land ändert dieser Antrag nichts.

Im März dieses Jahres hat die FDP-Fraktion eine Rundtour durch die beruflichen Schulen im Land gemacht. Vor Ort konnten wir in Gesprächen mit dem Lehrer- und Leitungspersonal erfahren, wie dramatisch die Verhältnisse gerade im ländlichen Raum sind. Ich will nichts zum demografischen Wandel und zur Qualität beziehungsweise auch Quantität der Auszubildenden sagen, sondern nur etwas zur Arbeitssituation der Lehrer.

Lassen Sie mich dazu einige Zahlen benennen, die wir in einer Kleinen Anfrage aus dem März 2011 von der Landesregierung erhalten haben. Wir haben in den letzten Jahren einen stetig steigenden Unterrichtsausfall zu verzeichnen. Die Gründe dafür sind ebenfalls den Anfragen zu entnehmen. Viele Lehrer sind dauerhaft krank beziehungsweise dienstunfähig. Die Zahl der Krankentage aller Lehrer im gesamten Land hat sich seit 2005 bis heute nahezu verdoppelt.

(Torsten Renz, CDU: Und woran liegt das?)

2005 waren insgesamt immerhin schon rund 16.000 Krankentage und 2010 über 34.000 Krankentage zu verzeichnen. Das ist eine Katastrophe und ein eindeutiges Warnsignal für die offensichtlich katastrophalen Arbeitsbedingungen in unseren Berufsschulen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Dazu kommt, dass das Land kaum neue Lehrer einstellen will oder kann. Wurden im Jahr 2001 noch 56 neue Lehrer eingestellt, so waren es in 2010 gerade einmal noch 15. Dem gegenüber steht eine wachsende Zahl an altersbedingten Abgängen. Selbst wenn wir jetzt mehr junge Lehrer einstellen wollten, so fehlen uns die Fachkräfte, denn das Land bildet gerade im Bereich der berufsbildenden Fächer keinen Nachwuchs aus. Und zu guter Letzt gilt zu konstatieren: In der Landesregierung hat berufliche Bildung offensichtlich nur einen sehr geringen Stellenwert, denn die ehemals bestehende Abteilung Berufliche Bildung ist in dieser Form nicht mehr existent.

Wir Liberalen fordern deshalb von der Landesregierung nicht – wie die Koalitionäre – Flickschustereien, sondern einen viel umfassenderen Maßnahmenkatalog. Insofern würden wir heute dem Antrag der LINKEN zunächst mal zustimmen, damit das wirklich in einen großen Maßnahmenkatalog münden kann, dass wir es in den Ausschuss mit überweisen und dort zum Beispiel darüber beraten, wie es in das Lehrerbildungsgesetz mit einbezogen werden kann.

Wir werden dann allerdings, wenn nicht so gestimmt wird, dem grundsätzlichen Anliegen hier zustimmen, weil es aus unserer Sicht schon notwendig ist, etwas zu tun. Aber insgesamt bleiben wir dabei: Dies ist nur Flickschusterei. – Danke schön, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Danke schön, Herr Kreher.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Lüssow. Bitte, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fortbildung von Lehrern an den Berufsschulen des Landes ist grundsätzlich zu begrüßen. Warum Sie hierzu die von Ihnen getragene Landesregierung auffordern müssen, diese Fortbildung im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsansätze durchzuführen, ist allerdings zu hinterfragen.

(Vizepräsident Hans Kreher übernimmt den Vorsitz.)

Sie wollen also die sogenannten Seiteneinsteiger in den Vorbereitungsdienst aufnehmen und diese dann die Zweite Staatsprüfung ablegen lassen. Hiervon halten wir überhaupt nichts, denn die Seiteneinsteiger wurden doch gerade wegen ihrer besonderen fachlichen Qualifikation eingestellt. Diese nach drei oder mehreren Jahren nochmals in den Vorbereitungsdienst zu drücken, ist weder sinnvoll noch pädagogisch nutzbringend.

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Besser ist es, die übliche Lehrerweiterbildung zu nutzen. Die Seiteneinsteiger waren bisher durch ihre fachliche Qualifikation in den Lehrerdienst übernommen worden. Warum sollen sie denn jetzt noch eine Referendarzeit absolvieren mit dem Ziel der Ablegung der Zweiten Staatsprüfung? Was hat dies denn bitte schön mit Fortbildung zu tun? Dann handelt es sich doch eher um eine Ausbildung und nicht mehr um eine Fortbildung.

Was Sie eigentlich mit Ihrem Antrag bezwecken wollen, erschließt sich bei genauerem Hinsehen aus der Begründung Ihres Antrages. Sie wollen über den Umweg der Seiteneinsteiger an Berufsschulen nämlich dem Lehrermangel im gymnasialen Bereich entgegenwirken. Dies folgt klar aus dem letzten Satz Ihrer Begründung zu Ihrem Antrag.

Das wird allerdings nicht funktionieren. Hier brauchen wir eine bessere Bedarfsplanung und wir brauchen für die Lehrer ordentliche Rahmenbedingungen. Hier haben Sie jahrelang geschlafen. Mit dem vorgelegten Antrag wollen Sie Ihre verschnarchte Schulpolitik nur verschleiern und Aktionismus vorgaukeln. Die NPD-Fraktion lehnt diesen Antrag daher folgerichtig ab.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Aussprache.

Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, den Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 5/4251 zur Beratung an den Bildungsausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltung? – Damit ist der Überweisungsvorschlag bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE, der FDP und der NPD, aber Ablehnung der Fraktionen von SPD und CDU abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 5/4251. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltung? – Danke. Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 5/4251 bei Zustimmung der Fraktionen von SPD, CDU und FDP, Ablehnung der Fraktion der NPD und Enthaltung der Fraktion DIE LINKE angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 9: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – „Extremismusklausel“ im Bundesprogramm „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ ablehnen, Drucksache 5/4255.

Antrag der Fraktion DIE LINKE: „Extremismusklausel“ im Bundesprogramm „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ ablehnen – Drucksache 5/4255 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Ritter von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit Monaten herrscht bei den Trägern von Projekten gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus Unruhe, Verärgerung und Unverständnis. Sie sehen sich bundesweit mit einer neuen sogenannten Extremismusklausel konfrontiert. Im Rahmen der Förderung aus dem Bundesprogramm „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“ erhalten alle Projektträger nur dann Fördermittel, wenn sie folgende Erklärung unterschreiben, ich zitiere:

„Hiermit bestätigen wir, dass wir

uns zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland bekennen und

eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit gewährleisten.

Als Träger der geförderten Maßnahmen haben wir zudem im Rahmen unserer Möglichkeiten und auf eigene Verantwortung dafür Sorge zu tragen, dass die als Partner ausgewählten Organisationen, Referenten etc. sich ebenfalls den Zielen des Grundgesetzes verpflichten. Uns ist bewusst, dass keinesfalls der Anschein erweckt werden darf, dass einer Unterstützung extremistischer Strukturen durch die Gewährung materieller oder immaterieller Leistungen Vorschub geleistet wird.“ Zitatende.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bundesweit regt sich vor allem gegen die Sätze 2 und 3 dieser Erklärung erheblicher Protest. Neben der SPD, der LINKEN und den Grünen und ihren Jugendorganisationen haben sich insbesondere die betroffenen Projektpartner entschieden gegen diese Bestätigungserklärung ausgesprochen.

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Sie ist, Herr Reinhardt, rechtlich höchst bedenklich. Verschiedene Juristen haben klar festgestellt, dass diese Sätze 2 und 3 gleich mehrere Rechtsgrundsätze verletzen, namentlich den Gleichheitssatz nach Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz sowie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der Meinungsfreiheit und des Bestimmtheitsgebots. Ich verweise an dieser Stelle auf die einschlägigen Stellungnahmen von Professor Ulrich Battis vom 29. November 2010 oder auch auf eine Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages zum Thema „Bekenntnisklausel im Zuwendungsbereich“ vom 13. Januar 2011.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie unter Juristen üblich, gibt es natürlich auch gegenteilige Auffassungen. Im Auftrag der Urheberin dieser Extremismusklausel, der CDU-Bundesfamilienministerin Kristina Schröder, konnte Professor Fritz Ossenbühl in seinem Gutachten vom Februar 2011 keine rechtlichen Probleme erkennen. Welch eine Überraschung! Aber dieses Gutachten war offenbar nötig gewesen, weil das Land Berlin sich gegen diese Klausel ausgesprochen hat und Widerspruch einlegte.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, juristische Unbedenklichkeitsbescheinigungen wie die im Gutachten des Bundesfamilienministeriums überzeugen bei dieser Extremismusklausel aber nicht. Losgelöst von juristischen Fragen möchte ich daher auf weitere Ablehnungsgründe verweisen.

Alle betroffenen Projektträger und alle, die das Engagement gegen den Rechtsextremismus unterstützen, schütteln nämlich auch aus anderen Gründen den Kopf. Es gab sogar bereits Projektträger wie zum Beispiel das Alternative Kultur- und Bildungszentrum Pirna in Sachsen, die als Hauptpreisträger Förderpreise ablehnten aus Protest gegen eine solche Extremismusklausel.

Ich möchte an dieser Stelle an die ehemalige SPD-Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten Gesine Schwan erinnern, die vor einer Kultur des Missbrauchs gewarnt hat, oder die SPD-Sozialministerin des Freistaates Thüringen Frau Heike Taubert, die in diesem Zusammenhang von Gesinnungsschnüffelei sprach.

Aber ich möchte nachfolgend auch auf die Antwort unserer Landesregierung auf meine Kleine Anfrage verweisen. Und ich habe die Hoffnung und in Vertretung der hiesigen Projektträger die Erwartung, dass der Landtag sich auch dieser Auffassung der Landesregierung durch Zustimmung zu unserem Antrag anschließt und somit auch insbesondere unserer Sozialministerin in der Auseinandersetzung mit der Bundesministerin den Rücken stärkt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf meine Kleine Anfrage vom 24. Februar 2011 hat die Landesregierung – die Landesregierung wird von SPD und CDU gestellt und ich gehe davon aus, dass also auch die CDU diese Antwort teilt – Folgendes bekannt gegeben, ich zitiere:

„Der Landesregierung ist bekannt, dass andere Bundesländer erhebliche Bedenken gegenüber dem Bundes

ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geäußert haben, diese Erklärung als verbindliche Nebenbestimmung in den Zuwendungsbescheiden anzuerkennen und von dem Bund erwarten, sich auf den unstrittigen ersten Teil der Erklärung zu beschränken. Das Ministerium für Soziales und Gesundheit hat seine ablehnende Haltung ebenso dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend mitgeteilt.“ Und da sage ich: Gut so, Frau Ministerin!

Weiter heißt es, ich zitiere: „Träger, die Fördermittel aus dem oben genannten Bundesprogramm in Anspruch genommen und zuvor diese Erklärung unterzeichnet haben, müssen dokumentieren, wie und auf welchem Wege sie gewährleisten, dass ihre ‚Partner‘ verfassungstreu tätig sind. Dazu ist es möglicherweise erforderlich, sich mit Veröffentlichungen der Landes- beziehungsweise Bundesbehörden des Verfassungsschutzes vertraut zu machen. Das Ministerium für Soziales und Gesundheit lehnt ein solches Vorgehen grundsätzlich ab.“ Zitatende. Auch das ist gut so.

Wie verlässlich Verfassungsschutzberichte manchmal sein können, verdeutlichen Beispiele aus NordrheinWestfalen und Bayern. Gerichte stellten vor Kurzem fest, dass antifaschistische Zeitungen und Archive von den Landesämtern für Verfassungsschutz zu Unrecht als linksextremistisch eingestuft wurden.

Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, zur tatsächlichen Situation in Mecklenburg-Vorpommern führte die Landesregierung vielsagend aus, ich zitiere: „Der Landesregierung sind keine Projektträger von Maßnahmen für Demokratie und Toleranz bekannt, die im Land mit als ‚extremistisch‘ eingeschätzten Partnern zusammen arbeiten oder gearbeitet haben.“ Zitatende.

(Marc Reinhardt, CDU: Dann können wir das auch alle unterstützen.)

Weiter im Text: „Die Landesregierung ist der Auffassung, dass die beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geforderte Erklärung im Satz eins der Einverständniserklärung unbedenklich ist.“

Ich unterbreche das Zitat, um Ihnen zu sagen, Herr Reinhardt, mit Ihren Zwischenrufen belegen Sie eindeutig, dass Sie nicht verstanden haben an der Stelle, worum es geht.