Protokoll der Sitzung vom 13.04.2011

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Vizepräsident und Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE Herr Bluhm.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst feststellen, dass ich die Intention des Antrages für eine gute Idee halte. Und ich halte dies nicht nur deshalb für eine gute Idee, weil man damit das Potenzial an Lehrkräften mit Blick auf den Lehrermangel erhöht, sondern auch die qualitativen Anforderungen verbessert.

Nun ist die Beschäftigung von Lehrkräften ohne den vorgeschriebenen universitären Abschluss – der Minister hat darauf verwiesen – insbesondere an beruflichen Schulen ja nichts Neues. Und ich füge an dieser Stelle ein: Es gibt auch Lehrkräfte, die nur über einen Meisterabschluss verfügen. Sie werden mit diesem Antrag nicht berücksichtigt. Doch auch für sie muss es eine Lösung geben.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Bedingt durch die erfolgte Einstellung der entsprechenden Lehramtsstudiengänge an unseren Universitäten gibt es gegenwärtig keine landeseigenen Absolventen, die Umkehr dazu ist politisch entschieden.

Die Beschäftigung von sogenannten Seiteneinsteigern – auch davon hat der Minister ja an dieser Stelle schon gesprochen – ist seit Jahren Praxis. Für sie war es in Zeiten des Überflusses an Ingenieurinnen und Ingenieuren in Industrie und Handwerk eine Alternative, um überhaupt eine angemessene Beschäftigung zu haben.

Dies hat sich mit dem entstehenden Mangel an wissenschaftlich ausgebildeten Fachkräften bei uns im Land grundlegend geändert. Und es hat sich auch gezeigt, dass die berufsfachlichen Voraussetzungen dieser Seiteneinsteiger durchaus den Anforderungen gerecht werden. Seiteneinsteiger bringen zudem den Bonus von zum Teil langjährigen Erfahrungen aus ihrer vorherigen

Tätigkeit in der wirtschaftlichen Praxis mit. Sie kennen das praktische Leben vor Ort in den Betrieben und Einrichtungen, für das sie die jungen Menschen jetzt ausbilden sollen. Das – so will ich es deutlich formulieren – ist ein Gewinn und kein Nachteil.

Was ihnen manchmal fehlt, ist das erforderliche pädagogisch-didaktische Fachwissen. Dass daran, an der Verbesserung gearbeitet werden soll, ist aus unserer Sicht in Ordnung. Es ist vielleicht sogar manchmal einfacher, praxiserfahrenen Diplomingenieurinnen und Diplomingenieuren das pädagogische Fachwissen zu vermitteln, als einer für ein Lehramt ausgebildeten Lehrkraft einer Regionalen Schule oder eines Gymnasiums im Nachgang eine fachspezifische Ausbildung eines Berufsschullehrers vermitteln zu wollen.

(Regine Lück, DIE LINKE: Das ist wohl wahr.)

Nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, für die Qualifizierung der Seiteneinsteiger gibt es eine Verwaltungsvorschrift des Bildungsministeriums vom 16. Febru ar 2009 mit dem Titel „Weiterbildung von Seiteneinsteigern in einem berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst“. Auch der Minister hat darauf hingewiesen.

Warum wir heute hier allerdings einen solchen Antrag behandeln sollen, erschließt sich mir eher nicht. Denn hätte man einen entsprechenden Antrag im Ausschuss thematisiert, wäre es doch ein Einfaches gewesen, das Ministerium aufzufordern, die entsprechenden rechtlichen Rahmenbedingungen in einer Novellierung dieser entsprechenden Rechtsverordnung vorzusehen. Warum aber die Koalitionsfraktionen nicht auf diese Idee gekommen sind, das einzuarbeiten, bleibt schon ihr Geheimnis. Eine Erklärung könnte sein, dass wie immer, aber besonders in dieser Legislaturperiode, die Exekutive ihre Möglichkeiten nutzt, ohne Einbeziehung des Parlaments zu agieren. Oder sollte dieser Antrag etwa eine Kritik am zuständigen Ministerium sein?

(Torsten Renz, CDU: Jetzt machen Sie sich aber unbeliebt.)

Ich glaube es wohl nicht.

(Torsten Renz, CDU: Jetzt machen Sie sich aber unbeliebt.)

So ist es. Sie brauchten einen Antrag, der sozusagen hier auf diese Tagesordnung kommt, der hier aber eigentlich überhaupt nicht hingehört, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Doch! Das können Sie doch nicht hier entscheiden, Herr Bluhm!)

Und ich kann mich gut daran erinnern, Herr Dr. Nieszery, wie oft Kolleginnen und Kollegen Ihrer Fraktion

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das glaube ich nicht.)

oder der CDU hier das genau der Oppositionsfraktion – sowohl meiner als auch der FDP –

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Nein.)

vorgeworfen haben, dass man doch ganz einfach, ganz locker einen solchen Antrag im Ausschuss hätte stellen können, das hätte man dann alles sozusagen im Ausschuss oder einfach nur durch einen entsprechenden Hinweis an das Ministerium durch das Ministerium selbst regeln können.

Nur, meine sehr verehrten Damen und Herren, mit der entsprechenden Aufgabenstellung sollen für Absolventinnen und Absolventen von Fachhochschulen die entsprechenden Regelungen erweitert werden. Ich denke, das ist so in Ordnung, weil es sich um gut qualifizierte und bereits im Schuldienst beschäftigte Lehrkräfte handelt. Der Minister hat über die reale Zahl, um die es hier geht, gesprochen. Ich denke, es ist auch deshalb in Ordnung, dass für diese Menschen die Möglichkeiten einer pädagogischen Zusatzqualifikation gegeben werden, die zu einem Lehramt befähigen. Und ich denke, es ist in Ordnung, damit dafür Sorge zu tragen, dass es eben nicht zu verschiedenen Arten von Lehrkräften im Bildungssystem kommt.

Eine der Konsequenzen allerdings, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist, dass, wenn diese Qualifikation mit der erfolgreichen zweiten Staatsprüfung endet, auch die entsprechende Eingruppierung und Vergütung angepasst werden muss. Der Verweis im Antragstext, dass dies nur, Zitat, „im Rahmen der zur Verfügung stehenden Stellen und Haushaltsansätze“ erfolgen soll, ist da schon etwas bedenklich. Damit besteht die Gefahr, dass die notwendigen Qualifizierungen eben nur nach Kassenlage und – was noch bedenklicher wäre –, wenn es am Geld fehlt, gar nicht umgesetzt werden sollen.

Ich bin jedoch – und das will ich Ihnen hier nicht vorenthalten – auch in anderer Weise skeptisch. Mit dem schon vorhandenen und sich verschärfenden Lehrermangel an beruflichen Schulen könnte damit eine Tür geöffnet werden, die dazu führt, die üblichen Voraussetzungen eines Lehramtsstudiums zu unterlaufen. Insoweit darf diese Art der Qualifikation eben nicht die Regel werden, sondern sie muss die Ausnahme bleiben. Wir dürfen nicht zulassen, dass es Lehrkräfte unterschiedlicher Kategorien gibt. Ich denke hier vor allem an die Diskussion darüber, was ein Bachelor in der Lehrerausbildung für einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss nach sich ziehen sollte. Vorbeugen ist besser als Heilen. Diese Diskussion ist zwar vorerst vom Tisch und wir sollten uns hüten, sie über andere Hintertüren wieder aufzumachen, denn auch ein zukünftiger Lehrermangel heiligt nicht alle Mittel.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, namens meiner Fraktion beantragen wir die Überweisung des Antrages in den Bildungsausschuss, weil wir meinen, dass diese Fragen im Zusammenhang mit dem Entwurf und der Diskussion des Lehrerbildungsgesetzes zu beraten sind. Es spricht nämlich einiges dafür, diese Fortbildung nicht über einen Erlass zu regeln, sondern als gesetzliche Norm zu fixieren. Der Verweis im Erlass, dass die Qualifikation auf Grundlage der Lehrervorbereitungsdienstverordnung und der Lehrerausbildungsverordnung erfolgt, ist ein klares Indiz für eine Einordnung der Materie in das Lehrerbildungsgesetz. Dieses hätte auch den Vorteil, dass die Maßnahmen nicht – zum Beispiel wegen kurzfristiger Entwicklungen – allein dem Regierungshandeln überlassen werden sollten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, bitte stimmen Sie dem Antrag auf Überweisung in den entsprechenden Fachausschuss zu!

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sehr gut, Andreas.)

Danke, Herr Bluhm.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Reinhardt von der Fraktion der CDU.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Oh! Jetzt wird er aber in die Tiefe gehen, der Herr Reinhardt. – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Sehr geehrter Herr Präsident!

Sehr geehrter Herr Methling, ich werde mich bemühen, Ihren Ansprüchen gerecht zu werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Lieber Kollege Andreas Bluhm, wenn sich deine Kritik in großen Teilen darauf beschränkt, dass wir das hätten auch im Bildungsausschuss besprechen können, dann kann ich damit leben. Über die Qualität von Anträgen wird ja hier wechselseitig öfter mal ein wenig gestritten.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ach so!)

Ich glaube, es handelt sich hier durchaus um ein sehr wichtiges Thema, wozu auch eine öffentliche Debatte hier im Haus beitragen kann. Und deshalb halte ich es durchaus für vernünftig, dass wir uns heute darüber unterhalten und nachher auch beschließen.

Denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, die moderne Industrie-, Leistungs- und Kommunikationsgesellschaft und die daraus resultierende Neuordnung der Berufe sowie die damit verbundenen strukturellen Veränderungen der Berufsausbildung stellen heute vor allem an den Einsatz hoch qualifizierter Fachlehrer sehr hohe Anforderungen. Darauf sind ja auch die Vorredner alle schon eingegangen.

Da mit den Absolventenzahlen der grundständigen Studiengänge in Deutschland gegenwärtig und in naher Zukunft der Lehrerbedarf an beruflichen Schulen besonders in einigen gewerblich-technischen Fachrichtungen – wir kennen das alles, zum Beispiel Elektrotechnik, Informationstechnik oder ganz besonders auch die Metalltechnik – nicht gedeckt werden kann, vertreten wir die Auffassung, dass besondere Maßnahmen und Sonderprogramme für Quer- und Seiteneinsteiger erforderlich sind.

Bei diesen besonderen Programmen und Sondermaßnahmen sind selbstverständlich Mindeststandards zu erfüllen – der Minister hat darüber gesprochen –, die ja bereits in der KMK festgelegt wurden. Eine dieser Möglichkeiten beschreiben wir in dem Ihnen vorliegenden Antrag. Beispielsweise gibt es in unserem Land durchaus Lehrkräfte mit einem Fachhochschulabschluss beziehungsweise einer Fachhochschulanerkennung, die jedoch über keine pädagogische Fortbildung verfügen.

(Vizepräsident Andreas Bluhm übernimmt den Vorsitz.)

Daher ist es aus unserer Sicht dringend geboten, diese Lücke zu schließen. Meist haben diese Lehrkräfte nach jahrelanger Tätigkeit genügend pädagogische Erfahrung gesammelt, sodass wir vorschlagen, dass eben nach mindestens drei Jahren dieser Berufslehrertätigkeit die Voraussetzung für das Ablegen des Zweiten Staatsexamens gegeben ist. Wenn wir diese Gruppe von Berufsschullehrern fortbilden, erhöhen wir die pädagogische Qualität der Berufsausbildung weiter.

Ich persönlich spreche mich weiterhin dafür aus, dass auf der Grundlage der vom Bildungsministerium erstellten Prognose zum Lehrkräftebedarf für den Bereich der

öffentlichen Berufsschulen entsprechende Differenzierungen erfolgen. Die Option eines berufsbegleitenden Vorbereitungsdienstes soll denjenigen Fachhochschulabsolventen vorbehalten sein, die eine ausgewiesene Berufsfachrichtung vertreten beziehungsweise auch dann bereit sind, sich für eine solche zu qualifizieren.

Meines Erachtens wird es auch notwendig sein, im Bildungsministerium eine Arbeitsgruppe einzurichten, die zunächst den regionalen Fachkräftebedarf quantifiziert und dann Vorschläge für die Feinsteuerung des Fachkräftebedarfs erarbeitet.

Und hier, mein sehr geehrter Herr Kollege Bluhm – jetzt Präsident geworden –, besteht ja dann auch die Möglichkeit, die anderen Fachgruppen, die Sie ja zu Recht angesprochen haben, hier mit einzubeziehen. Deshalb, denke ich, ist dieser Antrag sehr gut, und ich möchte auch namens der CDU-Fraktion um Ihre Zustimmung bitten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Danke schön, Herr Reinhardt.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der FDP Vizepräsident Kreher. Bitte schön, Herr Abgeordneter.