Protokoll der Sitzung vom 14.04.2011

(Detlef Müller, SPD: Sehr richtig.)

Die FDP hingegen fordert mit ihrem Antrag ein Bekenntnis zur unverzüglichen Umsetzung ihrer Vorstellungen. Und wenn Sie denn heute hier vorgeschlagen haben, mein Gott, dann überweist doch diesen Vorschlag oder diesen Antrag, dann hätten Sie sich diesen Antrag sparen können und ihre Vorschläge in die laufende Debatte in die Ausschüsse einbringen können.

Eine zweite Bemerkung zu den Forderungen des FDPAntrages im Einzelnen: Verfolgt man die Diskussionen beziehungsweise Anhörungen zur Schuldenbremse etwa in Hessen oder in Schleswig-Holstein, dann ist festzustellen, dass die vorliegenden FDP-Forderungen dort kaum eine Rolle spielen. Sie verfehlen die Thematik weitgehend.

Zu der unter Punkt 1 geforderten Einführung einer Landesdoppik führt lediglich der Landesrechnungshof der Hansestadt Hamburg aus, dass sie flankierend wirken könne. Sehr ultimativ klingt das allerdings nicht.

Der unter Punkt 2 von der FDP geforderte regelmäßige Beteiligungsbericht spielt in den Diskussionen auch keine Rolle. Und völlig daneben ist dann das unter drittens geforderte kommunale Entschuldungskonzept.

Die Entschuldung unserer Kommunen ist ein wichtiger Punkt. Im Zusammenhang mit der Schuldenbremse wird aber etwas ganz anderes gefordert in der bundesweiten Diskussion. So hatte zum Beispiel die hessische SPD-Landtagsfraktion zur Schuldenbremse einen Änderungsantrag gestellt, der den Landtag und die Landesregierung im Rahmen ihrer Befugnisse verpflichtet, für ausreichend Einnahmen zu sorgen, um dem Land die notwendigen Ausgaben für eine aufgabengerechte Finanzierung der Kommunen zu sichern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion, ich meine, das ist eine Forderung, die nicht nur aus hessischer Oppositionssicht einen rationalen Kern besitzt. Ich komme darauf an anderer Stelle zurück.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich drittens abschließend etwas sagen zu dem FDP-Antrag vor dem Hintergrund des Diskussionsstandes aktuell hier in unserem Land: Ob wir es bei der Schuldenbremse im Grundgesetz möglicherweise mit verfassungswidrigem Verfassungsrecht zu tun haben, wird das Bundesverfassungsgericht entscheiden müssen. SPD, CDU und FDP in diesem Landtag wollen eine Entscheidung des Gerichtes aber nicht abwarten.

Das heißt, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, Sie wollen unabhängig von der grundgesetzlichen Schuldenbremse und deren Verfassungskonformität eine selbstständige Regelung in der Landesverfassung. Das macht die Angelegenheit aber nicht besser. Weder SPD noch CDU haben ihre Absicht in unserem Lande zur Diskussion gestellt. Beide haben sich vielmehr koalitionsintern um das Copyright der Schuldenbremse gestritten wie zwei lahme Esel um eine angegammelte Möhre.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Na, na, na, na, na!)

Und die FDP kommt nun auch ins Spiel, allerdings etwas verspätet, möchte aber die gleichen Spielregeln aufstellen.

(Heinz Müller, SPD: Oder die angegammelte Möhre. – Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Dieses Spiel gehört schon vor Beginn abgepfiffen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn der von mir geschätzte Vorsitzende der SPD-Fraktion meint, DIE LINKE ziehe vehement gegen die Schuldenbremse zu Felde, um noch weiterhin Wählerinnen und Wählern mit sozialen Wohltaten auf Pump zu blenden,

(Heinz Müller, SPD: Da hat er recht.)

so mag ich das nicht weiter kommentieren, vielleicht ist es sein Niveau. Tatsache ist vielmehr, dass DIE LINKE hierbei nicht allein zu Felde zieht, lieber Kollege Müller. An der Seite der LINKEN stehen DGB, GEW, ver.di, zahlreiche namhafte Wissenschaftler, Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker und unsere kommunalen Landesverbände. Mit all diesen, in SPD-Lesart, Blendern und Schuldengeistern fühlt sich DIE LINKE verbunden.

Nahezu peinlich wird es allerdings, wenn Herr Dr. Nieszery die Frage beantworten muss, wozu die Schuldenbremse in unsere Landesverfassung eigentlich gut sein sollte. Ich zitiere aus der Fraktionsveröffentlichung „Rotschnabel“, Winter 2010/2011, dort heißt es: „Auch wenn es eher unwahrscheinlich ist, aber es könnte ja sein, dass eines Tages einmal nicht eine Sozialdemokratin das Finanzministerium führt – und für diesen Fall muss sichergestellt sein, dass die erfolgreiche Politik von Sigrid Keler und Heike Polzin fortgeführt wird.“ Zitatende.

(Heinz Müller, SPD: Sehr richtig.)

Das ist also des Pudels Kern. Jetzt weiß ich, warum wir eine Schuldenbremse brauchen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Die haben Sie auch mitgetragen, Herr Ritter. Die haben Sie mitgetragen. Dann müssen Sie auch ein Interesse daran haben.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist weder eine Sachinformation noch ist es besonders witzig. Das ist, ich wiederhole mich gern, einfach peinlich. Das Problem aber ist, dass dies auch kein Beitrag für eine Versachlichung der Diskussion ist.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ihr Beitrag aber auch nicht. – Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Hiermit lassen sich, lieber Kollege Nieszery, keine Verfassungsänderungsmehrheiten im Land und im Landtag organisieren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Rahmen der Ersten Lesung der FAG-Novelle hatte Kollege Heinz Müller angekündigt, sich für diese Frage künftig sehr viel Zeit für eine sehr breite Diskussion nehmen zu wollen. Das ist zu begrüßen. Ich möchte Sie ermuntern, mit diesem Nachdruck bereits beim Thema Schuldenbremse zu beginnen. Wenn auch dem Finanzausgleich letztlich kein Vorrang vor der Schuldenbremse zukommt, wird niemand in diesem Hause bestreiten, dass eine aufgabengerechte Finanzierung der Kommunen aufs Engste verknüpft ist mit dem Aspekt der Einnahmen und diese wiederum mit der Schuldenbremse in der Landesverfassung.

(Heinz Müller, SPD: Also Kommunal- finanzen aus Krediten, oder was? – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Eine zwanghafte Haushaltssanierung, lieber Kollege Müller, treibt das Land selbstverständlich in die Versuchung, seinen Haushalt auf Kosten der Kommunalhaushalte zu sanieren.

Und genau an dieser Stelle haben wir auf der letzten Landtagssitzung unseren Vorschlag für eine Ergänzung der Landesverfassung eingebracht, der von Ihnen abgelehnt wurde. Und genau an dieser Stelle sagen wir Nein zum Formulierungsvorschlag der Koalitionsfraktionen, Nein zu einer Schuldenbremse zulasten der kommunalen Ebene, denn diese Befürchtungen haben Sie noch immer nicht ausgeräumt.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist keine Wählerblendung, sondern Verantwortung für die Finanzverfassung des Landes und der Kommunen gleichermaßen. Das Neuverschuldungsgebot des Grundgesetzes gilt für Bund und Länder gleichermaßen, also völlig ungeachtet dessen, was die Länder in ihren Verfassungen regeln. Das Gebot für unsere Verfassungsänderung ist daher, im Rahmen der Landesbefugnisse für ausreichend Einnahmen zu sorgen, ansonsten gefährden wir durch eine Schuldenbremse die Staatsziele unserer Landesverfassung. Auch die begleitenden Maßnahmen der FDP leisten hierzu leider keinen Beitrag.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine Verfassungsänderung setzt eine umfassende Debatte voraus, denn die Verfassung ist das höchste Gesetz unseres Landes. Diese aber findet nicht statt, nicht durch den Vorschlag von SPD und CDU und nicht durch den FDP-Antrag. Anders als bei der Annahme unserer Landesverfassung durch einen Volksentscheid und anders als bei der letzten Verfassungsänderung auf Grundlage einer Volksinitiative ist diesmal keine öffentliche Debatte geplant, offensichtlich nicht gewollt. Aber aus diesem Grunde lehnen wir die Verfassungsänderung und den Antrag der FDPFraktion ab. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke schön, Herr Ritter.

Es hat noch einmal ums Wort gebeten die Finanzministerin des Landes Frau Polzin. Bitte schön, Frau Ministerin.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss jetzt noch mal ganz zwanghaft, um mit Ihren Worten zu sprechen, ans Pult, um eine Irritation aus dem Weg zu räumen.

Sie waren ja in Sorge, Herr Ritter, dass der Ministerpräsident andere Briefe schreibt und Versprechungen macht als wir und in diesem Falle die Finanzministerin vorspricht in dieser Runde.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Dass Sie sich noch mal rechtfertigen müssen, spricht genau für diesen Fakt.)

Nein, Moment. Ich werde Sie gleich eines Besseren belehren, obwohl ich eigentlich gar nicht die Lehrerin raushängen lassen wollte.

Fakt ist: Wir sprechen mit einer Stimme. Und das kann ich Ihnen auch beweisen. Ich habe den Brief des Ministerpräsidenten anbei, und da Herr Roolf ja offensichtlich mit Cc an einige Beteiligte diesen Brief geschrieben hat, er also quasi auch öffentlichen Charakter hat, finde ich es auch legitim, dass Sie den auch erhalten. Sie werden dann sehr schnell merken, dass die Intention des Ministerpräsidenten genau die gleiche ist, die ich hier vorgetragen habe,

(Zuruf von Rudolf Borchert, SPD)

und dass es vielleicht nur noch sein kann, dass Herr Roolf die Intention etwas optimistischer gesehen hat,

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

als sie eigentlich da war. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Ministerin Heike Polzin übergibt dem Abgeordneten Dr. Fritz Tack ein Schreiben.)

Danke schön, Frau Ministerin.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Liskow. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass die Landesregierung genauso wie die Koalitionsfraktionen mit einer Stimme sprechen, davon gehe ich aus. Das, glaube ich, hätte auch nicht noch mal einer Erklärung bedurft, sage ich jetzt mal.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Offensichtlich doch.)

Ich glaube, das ist eindeutig.

(Heinz Müller, SPD: Da hat Herr Ritter etwas anderes behauptet. – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Ja, Herr Ritter behauptet etwas anderes, aber deswegen wird es ja nicht anders wahr. Es ist ja die Wahrheit, dass wir immer mit einer Stimme sprechen,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Zuruf von Hans Kreher, FDP)