Protokoll der Sitzung vom 14.04.2011

Ja, wer ist der Städte- und Gemeindetag? Gute Frage. Sagen Sie es noch mal lauter! Wer ist der Städte- und Gemeindetag?

(Zurufe von Dr. Norbert Nieszery, SPD, Egbert Liskow, CDU, und Hans Kreher, FDP)

Genau an dieser Stelle will ich die wirklich Richtigen treffen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Noch einmal für die Öffentlichkeit: Herr Kollege Borchert hat eben nachgefragt:

(Gino Leonhard, FDP: Jawoll. – Zurufe von Dr. Norbert Nieszery, SPD, und Egbert Liskow, CDU)

Wer ist denn der Städte- und Gemeindetag?

(Rudolf Borchert, SPD: Herr Roolf, wer vom Städte- und Gemeindetag hat Ihnen diesen Text geliefert? Das würde mich mal interessieren. – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das können wir ja nachprüfen.)

Wir sind in einer Diskussion, die wir als Liberale sehr klar und sehr deutlich an das Parlament herangetragen haben. Als das Thema zum ersten Mal angekommen ist, haben wir gesagt, wir sehen diese drei Schwerpunkte, so, wie ich sie noch einmal formuliert habe. Als dann dieser Antrag zur Änderung der Landesverfassung ins Parlament gekommen ist, haben wir als Liberale gesagt, zeitgleich werden wir die Dinge, die wir zu besprechen haben, ins parlamentarische Verfahren, ins öffentliche parlamentarische Verfahren mit einbringen. Heute haben wir hier gesagt, das sind die Dinge, die wir ins parlamentarische Verfahren mit einbringen wollen. Sie wollen diese Dinge nicht in dieser Form mit einbringen. Sie wollen nicht mal eine Überweisung.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Nee.)

Wir Liberalen sagen Ihnen heute sehr klar und sehr deutlich auf der Basis eines Parteitagsbeschlusses vom 3. April 2011

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Donnerwetter!)

und nach dem Beschluss einer Fraktionssitzung vom ges trigen Tage: Der jetzigen Formulierung,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

so, wie sie in der Landesverfassung von den Koalitionären vorgesehen ist, wird kein Abgeordneter der FDP in Mecklenburg-Vorpommern zustimmen.

(Heinz Müller, SPD: Aha!)

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Rudolf Borchert, SPD: Jetzt lassen Sie mal die Katze aus dem Sack! – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Klares Bekenntnis.)

Danke schön, Herr Roolf.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung.

Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, den Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/4248 zur federführenden Beratung an den Europa- und Rechtsausschuss sowie zur Mitberatung an den Innenausschuss und an den Finanzausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Danke schön. Die Gegenprobe. – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Damit ist bei Zustimmung durch die Fraktion der FDP, Ablehnung durch die Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE sowie Stimmenthaltung vonseiten der Fraktion der NPD der Überweisungsvorschlag abgelehnt.

Wir kommen damit zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der FDP auf der Drucksache 5/4248. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um sein Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/4248 bei Zustimmung durch die Fraktionen der FDP und NPD, Ableh

nung durch die Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und des fraktionslosen Abgeordneten abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 22: Beratung des Antrages der Fraktion der NPD – Einführung eines freiwilligen Streifen- und Ordnungsdienstes in Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 5/4268.

Antrag der Fraktion der NPD: Einführung eines freiwilligen Streifen- und Ordnungsdienstes in Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 5/4268 –

Das Wort zur Begründung für die Fraktion der NPD hat der Abgeordnete Herr Müller. Bitte, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Alle Jahre wieder wird die polizeiliche Kriminalstatistik der Öffentlichkeit vorgestellt. Und alle Jahre wieder kann der oberste Dienstherr der Landespolizei Lorenz Caffier zufrieden auf eine positive Bilanz in der Kriminalitätsentwicklung blicken und gebetsmühlenhaft verkünden, unser Bundesland wird immer sicherer, in nahezu allen Bereichen geht die Kriminalität zurück, während gleichzeitig die Aufklärungsrate von Straftaten steigt.

So auch bei der polizeilichen Kriminalstatistik 2010, in der festgestellt wurde, dass die Zahl der angezeigten Straftaten unter 130.000 gesunken sei. Somit könne im Vergleich zum Vorjahr ein allgemeiner Rückgang der Kriminalität verzeichnet werden, und dies trotz offener Grenzen im Zuge von Schengen II, trotz des kontinuierlichen Personalabbaus bei der Landespolizei und trotz der Polizeistrukturreform, die die Anzahl der Polizeibehörden im Land massiv schrumpfen ließ. Lediglich eine leichte Zunahme bei der Anzahl nicht deutscher Tatverdächtiger um 464 auf 3.308 schmälert den allgemeinen Positivtrend.

Und leider ließ sich auch ein Anstieg beim Autodiebstahl nicht mehr leugnen. Gegenüber 2009 nahmen diese Straftaten um 20 Prozent zu. Laut offizieller Statistik aus dem letzten Jahr ging der Autoklau gegenüber 2008 noch leicht um 2,9 Prozent zurück. Alarmierende Werte wie in Brandenburg, wo die Autodiebstähle in einem Zeitraum von gerade einmal zwei Jahren um 250 Prozent zunahmen, gebe es in unserem Land jedoch nicht.

Während dort und in Sachsen Sonderkommissionen mit dem Namen „Grenze“ gegründet wurden und der Fokus polizeilicher Ermittlungen auf osteuropäische Banden gelegt wurde, scheint die ausufernde Grenzkriminalität einen großen Bogen um Mecklenburg-Vorpommern zu machen. So will es Caffier jahrein, jahraus einer staunenden Öffentlichkeit weismachen. Nach Angaben der Bundespolizei verschwinden aber 60 bis 80 Prozent aller gestohlenen Fahrzeuge, so auch die in Mecklenburg-Vorpommern, in Richtung Polen. Überall entlang der Oder-Neiße-Linie wird ein Zusammenhang zwischen den offenen Grenzen und einem Anstieg der Kriminalität erkannt, nur nicht hier im Nordosten der Republik.

Die Bürger in Mecklenburg und Vorpommern jedenfalls haben bereits frühzeitig mit dem Wegfall der Schlagbäume und Passkontrollen ihre Schlüsse bei der Entwicklung der Grenzkriminalität gezogen. Viele fühlen sich nach Schengen II und insbesondere nach der Neuorganisation der Landespolizei vom Staat einfach im Stich gelassen. Eine deutliche Zunahme von grenzübergreifender Kriminalität bei gleichzeitiger Ausdünnung der Lan

despolizei erzeugt insbesondere im ländlichen Raum ein latentes Gefühl von Angst und Hilflosigkeit. Immer mehr Bürger wollen nicht weiter tatenlos zusehen. Immer mehr geben sich mit der offiziellen Schönwetter- und Eitelsonnenscheinrhetorik zum Thema Grenzkriminalität nicht mehr zufrieden. Immer mehr wollen selbst aktiv werden und in ihrer Gemeinde einen Beitrag für die innere Sicherheit und öffentliche Ordnung leisten.

Ein Blick zum Nachbarbundesland Niedersachsen zeigt, dass für Bürger dort die Möglichkeit besteht, ihren Teil dazu beizutragen, dass ihr engeres Wohnumfeld sicherer wird. Das Projekt „Freiwilliger Streifen- und Ordnungsdienst“, initiiert vom Niedersächsischen Innenministerium, gibt es seit 2007 landesweit in mehreren Gemeinden. Wie das Pilotprojekt im Einzelnen umgesetzt ist, ist von Ort zu Ort unterschiedlich und Aufgabe der Kommunen.

In Stade beispielsweise bezeichnen sich Teilnehmer am freiwilligen Streifen- und Ordnungsdienst als „Bürger im Dienst“. Dort ist ein Schichtwechsel erarbeitet worden, wobei die Ehrenamtlichen fast jeden Abend, immer zu zweit und in zwei Schichten zu je drei Stunden in zugeteilten Straßenzügen Streife laufen. Die Bezeichnung „Bürger im Dienst“ ist auf ihren Jacken für jedermann sichtbar. Alle Teilnehmer am Freiwilligendienst erhalten ein Notfalltelefon, um die Polizei bei Bedarf kontaktieren zu können.

Die Freiwilligen, die in der Bürgerstreife tätig sind, tragen keine Waffen und genießen gegenüber anderen Bürgern keine Sonderrechte. Sie dürfen sich auch beispielsweise keine Personalausweise zeigen lassen. Ihre Aufgabe ist vielmehr, gezielt Verstöße und Missstände in ihrer Stadt zu dokumentieren, Ordnungswidrigkeiten festzustellen und gegebenenfalls auf offizielles Fehlverhalten zu reagieren.

Bei Einführung dieses Projekts war es allen Akteuren wichtig, dass die Bürger eng mit der Polizei in Kontakt stehen. Die Bewerber für den Bürgerstreifendienst mussten ein Auswahlverfahren durchlaufen und wurden an der Polizeifachhochschule geschult. Die Ausbildung von etwa 40 Stunden ist Bestandteil des Projekts. Da wie alle Bürger auch die Freiwilligen sogenannte Jedermannsrechte besitzen, werden die Bürgerstreifen auch dafür ausgebildet, dass beispielsweise in Ausnahmefällen Tatverdächtige festgehalten werden können, bis die Polizei vor Ort eintrifft.

Zwei Jahre nach Einführung des freiwilligen Streifen- und Ordnungsdienstes in Projektgemeinden ergab nach Angaben der niedersächsischen Polizeiakademie eine Umfrage, dass ein großer Teil der Einwohner sich inzwischen sicherer fühlt. Auch ein Bericht des Innenministers stellte dem Freiwilligendienst ein gutes Zeugnis aus.

In Niedersachsen ging der freiwillige Ordnungs- und Streifendienst mit dem Ziel an den Start, die dortige Polizeiarbeit zu unterstützen, nicht zu ersetzen. Auch in Bayern und Hessen wird den Bürgern die Möglichkeit eingeräumt, aktiv die öffentliche Sicherheit zu festigen und auszubauen. Somit können entsprechende Erfahrungen außerhalb Mecklenburgs und Vorpommerns genutzt werden, um einen freiwilligen Streifen- und Ordnungsdienst für die Bürger hierzulande anzubieten. Insbesondere in Grenznähe dürften sich nicht wenige Einwohner interessiert zeigen, auf freiwilliger Basis die Bekämpfung der Kriminalität zu unterstützen. Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Als Erster hat das Wort für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Herr Leonhard. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie so häufig führt sich die NPD-Fraktion als Hüter von Recht und Ordnung auf. In Wahrheit allerdings beinhalten die Anträge ausschließlich NPD-Ideologie.

(Michael Andrejewski, NPD: Na welche auch sonst?!)

Das Schüren von Angst gehört regelmäßig dazu. Jetzt sind es also die, Zitat aus der Begründung, „deutliche Zunahme von grenzübergreifender Kriminalität und die daraus resultierenden Sicherheitsprobleme“.

(Tino Müller, NPD: Die es natürlich nicht gibt.)

So weit der Antrag in seiner Begründung.

Der Antrag selbst ist in erster Linie als Prüfauftrag formuliert. Die Diskussion über einen freiwilligen Streifen- und Ordnungsdienst ist ja bekanntermaßen nicht neu. Neu allerdings ist, dass die NPD selbst nicht von ihrem Antrag überzeugt ist, denn wenn man unter Ziffer 3 genau hinschaut, dann wird als nötiges Ziel gerade mal die „Verstärkung des subjektiven Sicherheitsgefühls“ angegeben.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Meine Damen und Herren, in einzelnen Bundesländern ist der sogenannte freiwillige Polizeidienst mit den sogenannten Jedermannsrechten in unterschiedlichen Ausprägungen vorhanden und im Laufe der Jahre auch in unterschiedlicher Intensität. Für Mecklenburg-Vorpommern kann er sicher kein Vorbild sein. Das Gewaltmonopol liegt beim Staat und dieser sollte seine Aufgaben grundsätzlich nicht an Dritte weitergeben. Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit ist und bleibt eine hoheitliche Aufgabe.