Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 5: Zweite Lesung und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfes der Fraktion DIE LINKE – Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Behandlung von Vorschlägen, Bitten und Beschwerden der Bürger sowie über den Bürgerbeauftragten des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 5/4175.
Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE: Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Behandlung von Vorschlägen, Bitten und Beschwerden der Bürger sowie über den Bürgerbeauftragten des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Zweite Lesung und Schlussabstimmung) – Drucksache 5/4175 –
In der 117. Sitzung des Landtages am 17. März 2011 ist die Überweisung dieses Gesetzentwurfes in die Ausschüsse abgelehnt worden. Gemäß Paragraf 48 Absatz 3
Geschäftsordnung des Landtages wird der Gesetzentwurf spätestens nach drei Monaten zur Zweiten Lesung auf die Tagesordnung gesetzt.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Präsidentin erwähnte es eben, auf der 117. Sitzung des Landtages am 17. März 2011 wurde von der Fraktion DIE LINKE dieser Gesetzentwurf eingebracht. Der Überweisungsvorschlag wurde jedoch schon damals durch die Regierungsfraktionen abgelehnt. Typisch, wird da jetzt Frau Borchardt denken, so wird mit der Minderheit des Landtages umgegangen.
Wenn wir diesen Gesetzentwurf sehen, dann ziehen sich die Minderheitenrechte durch das ganze Gesetz. Aber, liebe Kollegen, so funktionieren nun mal Demokratie und Mehrheitsverhältnisse. Da lässt sich nichts von den Beinen auf den Kopf stellen. Der Wähler hat so entschieden und so sind die Mehrheitsverhältnisse nun mal. Und deswegen war damals die Ablehnung auch korrekt und nicht zu bedauern.
Heute beschäftigen wir uns dennoch mit diesem Entwurf, weil er gemäß Paragraf 48 Absatz 3 der Geschäftsordnung unseres Landtages spätestens nach drei Monaten erneut auf die Tagesordnung gesetzt werden muss, die Präsidentin erwähnte das eben, und nur deswegen, aber auch nur deswegen beschäftigen wir uns heute noch mal damit.
Und ich verrate Ihnen auch kein Geheimnis, meine Damen und Herren, wenn ich an dieser Stelle schon ankündige für die Koalitionsfraktionen, wir werden auch heute Ihrem Gesetzentwurf nicht zustimmen können.
Er ist unausgegoren, zu viele Fragen bleiben offen, zu viele Fragen sind unbeantwortet. Versuchen Sie eine geänderte Fassung. Nach gründlichem Studium der Landtagsprotokolle vom 17.03. und sicher auch nach dem Studium des heutigen Protokolls finden Sie für Änderungen auch genügend Argumente. Lassen Sie die Abgeordneten des neuen Landtages entscheiden.
Wir müssen darüber nicht mehr entscheiden. Zum jetzigen Zeitpunkt, meine Damen und Herren, werden wir nur ablehnen. Und warum? Hier nur einige Kritikpunkte unsererseits:
2010 wurden die Verfahrensgrundsätze, Anlage 3 der Geschäftsordnung, in einigen Punkten geändert. Ergänzt wurde die Einführung der Onlinepetition. Damit wird den Bürgerinnen und Bürgern auch der Zugang über moderne Kommunikation erleichtert. Nun wollen Sie den zweiten Schritt gehen, indem Petitionen von allgemeinem Interesse veröffentlicht, durch weitere Einwohnerin
nen und Einwohner mitgezeichnet und in einem Forum diskutiert werden können. Gleichzeitig, so nachzulesen in Punkt 4 des Gesetzentwurfes unter „Kosten“, rechnen Sie mit einem erhöhten Verwaltungsaufwand und höheren Kosten, wie im Gesetzentwurf zu lesen ist. Die Aussage, ich zitiere: „Inwieweit eine höhere Budgetierung erforderlich ist, ist im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens noch zu klären“, reicht uns nicht. Welche finanzielle Größenordnung einschließlich der Stellen zur Bearbeitung des zweiten Schrittes schwebt Ihnen denn vor? Da müssen Sie schon Zahlen auf den Tisch legen, Vorschläge machen. Und ich denke jetzt an unseren TOP 1 unserer heutigen Diskussion, in dem wir alle einer Meinung sind, wir müssen behutsam mit dem Geld, was wir zur Verfügung haben, auch zukünftig umgehen. Also hier hätte ich mir schon eine Größenordnung gewünscht.
Zu Ihrer nächsten Forderung nach der Stärkung der Minderheitenrechte – ich greife nur einige Forderungen, einige Punkte heraus, wir können das ganze Gesetz durchgehen –, zu dieser Forderung nach Stärkung der Minderheitenrechte, ich zitiere: „Vom Recht, Petenten, soweit diese damit einverstanden sind, Sachverständige, Interessenvertreter und andere Auskunftspersonen anzuhören, hat der Petitionsausschuss Gebrauch zu machen, wenn dies von mindestens einem Viertel seiner Mitglieder verlangt wird.“ Und weiter: „Die Durchführung einer Ortsbesichtigung erfolgt immer, wenn dies von einem Mitglied des Petitionsausschusses beantragt wird.“
Praktisch sieht es dann so aus, drei von zehn Ausschussmitgliedern verlangen zum Beispiel die Einladung von Interessenvertretern für die Beratung und für die Anhörung, möglichst nicht nur aus unserem Land, sondern auch aus Berlin. Ein Mitglied von zehn Ausschussmitgliedern reicht, um eine Ortsbesichtigung zu veranlassen. Wie sinnvoll ist das denn? Neun Ausschussmitglieder können nach Aktenlage und nach Beratung innerhalb des Ausschusses entscheiden, ein Mitglied kann das nicht. Hier müsste man sich die Frage stellen: Woran liegt es? Ungeachtet dessen kann jedes Ausschussmitglied für seine Entscheidungsfindung vor Ort recherchieren, allerdings, und das räume ich ein, ohne Inanspruchnahme der Sekretariatsverwaltung und ohne Inanspruchnahme der Fahrbereitschaft.
Oder, meine Damen und Herren, geht es gar nicht darum? Geht es vielmehr darum, wie Frau Borchardt in ihrer Rede am 17. März ausführte, nachzulesen im Landtagsprotokoll, Zitat: „… um die Möglichkeit, unterschiedliche Auffassungen... vor Ort... zu diskutieren, denn auch bei Ortsbesichtigungen – und da sind ja die Bürgerinnen und Bürger dabei – ist natürlich deutlich zu sehen, dass wir auch unterschiedliche Auffassungen haben.“
Sie wollen vor Ort vermitteln, wie gerne Sie helfen würden, wäre nur die andere Seite bereit, Gesetze, Verordnungen und alles Mögliche zu verändern.
so wollen Sie wahrgenommen werden, und wir anderen halten uns an Recht und Gesetz und können dem Petenten nicht unbedingt zustimmen.
Wissen Sie, ich erlebe das jedes Mal und erlebe es auch zwischen den Zeilen, wie argumentiert wird. Erzählen Sie mir nichts, was ich für Vor-Ort-Besichtigungen erlebt habe.
(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Na, ich erzähle Ihnen nachher, was ich alles erlebt habe im Ausschuss.)
Außerdem ist die Begründung zu Paragraf 4 Absatz 6, Frau Borchardt, nicht ganz zutreffend. Inzwischen ist nämlich festgelegt worden, als wir die Verfahrensänderungen besprochen haben und die Geschäftsordnung verändert wurde, dass über Ortsbesichtigung im Ausschuss abgestimmt wird. Im Gesetz steht aber was anderes. Da schreiben Sie, die bisherige „Verfahrensweise“ wird so „praktiziert“, Sie müssen das Gesetz nur normieren. Stimmt nicht, inzwischen stimmen wir ab. Sie wollen es wieder rückgängig machen. Sie wollen, dass man sagt, gut, wenn einer das beantragt, dann wird gefahren. Das wollen wir nicht. Das hilft auch alles dem Petenten nicht. Der Petent wünscht eine Entscheidung, alles andere, wie gesagt, hilft ihm nicht. Da können wir noch so viele unterschiedliche Meinungen vor Ort diskutieren vor dem Petenten, das will er eigentlich gar nicht wissen.
Ein weiterer Ablehnungsgrund, und hier zitiere ich erneut aus Ihrem Gesetzentwurf Paragraf 10 Absatz 3: „Jedes Mitglied …, das eine Sachentscheidung des Ausschusses nicht mitgetragen hat, kann dazu ein schriftliches Minderheitenvotum abgegeben und dieses mit einer Begründung versehen.“ Und diese werden dann ebenfalls in öffentlicher Drucksache dem Landtag zur Beschlussfassung vorgelegt. Ich sage da, nicht mit uns, denn das ist genau dasselbe, als wenn ich vor Petenten öffentlich diskutiere
Es ist ein unfaires Arbeiten. So viele parteipolitische Absichten in einem Gesetz festschreiben zu wollen, das wäre angesichts der ernst zu nehmenden Probleme der Petenten nicht seriös, meine Damen und Herren.
Wie formulieren Sie in Ihrem Gesetzentwurf unter „Alternativen“: „Beibehaltung der bestehenden Regelungen.“ Richtig, sagen wir, Beibehaltung der bestehenden Regelungen. Das wollen wir heute und hier auch nicht ändern. Wenn der nächste Landtag das ändern möchte, dann bitte schön, wir heute und hier nicht. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum vorliegenden Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE möchte ich dann doch noch einige Worte verlieren und insbesondere auf den Redebeitrag von Frau Peters eingehen.
Frau Peters, die FDP-Fraktion hat bei der Überweisung des Gesetzentwurfes ja auch zugestimmt. Wir wollten die Überweisung. Ich halte es für grundsätzlich überlegenswert, ob man nicht das Verfahren an der Stelle vielleicht ändert und langfristig mal darüber nachdenkt, ob nicht Gesetzentwürfe grundsätzlich in die Beratungen der entsprechenden Ausschüsse gehen sollten
(Angelika Peters, SPD: Das können Sie in der nächsten Legislaturperiode alles machen, Herr Schnur, wenn Sie dabei sind.)
und nicht mit Mehrheitsbeschluss im Grunde genommen abgelehnt werden, und dann hier ein Verfahren entsteht, wo sich der Antragsteller fast am Ende noch rechtfertigen muss dafür, dass er einen Antrag gestellt hat. Da würde ich an der Stelle doch darum bitten, dass man da vielleicht auch etwas fairer mit denjenigen umgeht, in der Regel ja mit der Opposition.