Protokoll der Sitzung vom 29.06.2011

Danke schön.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 17: Zweite Lesung und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung und Änderung von Gesundheitsrecht und zur Änderung des Aufgabenzuordnungsgesetzes, Drucksache 5/4245, hierzu Beschlussempfehlung und Bericht des Sozialausschusses, Drucksache 5/4448. Hierzu liegen Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/4464 sowie ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/4467 vor.

Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung und Änderung von Gesundheitsrecht und zur Änderung des Aufgabenzuordnungsgesetzes (Zweite Lesung und Schlussabstimmung) – Drucksache 5/4245 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Soziales und Gesundheit – Drucksache 5/4448 –

Änderungsantrag der Fraktion der FDP – Drucksache 5/4464 –

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE – Drucksache 5/4467 –

Das Wort zur Berichterstattung hat der Vorsitzende des Sozialausschusses Herr Grabow von der Fraktion der FDP. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Den vorliegenden Gesetzentwurf hat der Landtag in seiner 120. Sitzung am 13. April 2011 zur federführenden Beratung an den Sozialausschuss sowie zur Mitberatung an den Agrarausschuss überwiesen. Wir haben im Ausschuss am 8. Juni 2011 eine umfangreiche öffentliche Anhörung durchgeführt. Dabei ging es vor allem um die beabsichtigte Einrichtung eines Zentralen Klinischen Krebsregisters und um die ärztliche Weiterbildung in der Universitätsmedizin. Die Einzelheiten zu dieser Anhörung und vor allem die teilweise sehr unterschiedlichen Stellungnahmen entnehmen Sie bitte dem vorliegenden Bericht.

In der abschließenden Beratung im Sozialausschuss am 15. Juni 2011 wurden auf Antrag der Fraktion der SPD und CDU einige Änderungen des Gesetzentwurfes beschlossen. Dabei ging es wiederum zum einen um den Artikel 1, nämlich die Einführung des Zentralen Klinischen Krebsregisters. Die Änderungen dazu gehen auf die sehr deutliche Kritik des Landesbeauftragten für Datenschutz zurück.

Weitere Änderungen haben die Fraktionen der SPD und CDU zu Artikel 3 beantragt. Dabei geht es darum, Universitätsprofessoren die Befugnis zur ärztlichen Weiterbildung bereits per Gesetz statt durch Einzelzulassungen einzuräumen. Für einen Widerruf bleibt wie bisher die Ärztekammer zuständig. Zur Begründung wurde auf die Kriterien für die Berufung von Professoren hingewiesen.

Der Ausschuss hat dem mehrheitlich zugestimmt. Die Fraktion DIE LINKE und die FDP hatten hingegen beantragt, auch die Zulassung der Einrichtungen der Universitätsmedizin als Stätte der ärztlichen Weiterbildung von der Einzelfallentscheidung der Ärztekammer abhängig zu machen. Das hätte der bisherigen Rechtslage entsprochen und sollte einer einheitlichen umfassenden Zuständigkeit der Ärztekammer für die Qualifizierung der ärztlichen Weiterbildung dienen. Der entsprechende Antrag ist aber im Ausschuss mit Mehrheit abgelehnt worden.

Meine Damen und Herren, im Namen des Sozialausschusses bitte ich Sie daher, der vorliegenden Beschlussempfehlung und damit dem Gesetzentwurf in der vom Ausschuss vorgesehenen Fassung zuzustimmen.

Ich habe eine kleine redaktionelle Verbesserung an dem Änderungsantrag der FDP: Statt Ziffern sollten da immer Nummern auftauchen. Jetzt stehet immer „Ziffern“ da und da sollte „Nummern“ stehen. Herr Heydorn hat mich darauf hingewiesen.

(Vizepräsident Hans Kreher übernimmt den Vorsitz.)

Ich bedanke mich. Also das ist eine kleine Änderung und die würde ich nachher noch mal ansagen.

Danke, Herr Grabow.

Meine Damen und Herren, im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Um das Wort hat in Vertretung der Sozialministerin gebeten der Bildungsminister des Landes Mecklenburg Herr Tesch.

(Heinz Müller, SPD: Vorpommern vergessen. Unerhört!)

Herr Tesch, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Unser gemeinsames Anliegen ist es, die medizinische Versorgung zu sichern und zu verbessern. Der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf ist ein weiterer Schritt dafür. Mit ihm sollen im Wesentlichen drei Ziele verfolgt werden:

Erstens. Die Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Krebs soll verbessert werden.

Zweitens. Wir wollen durch den Verzicht auf Erinnerungsschreiben zu einer Säuglingsuntersuchung, die ohnehin fast jeder wahrnimmt, Bürokratie abbauen.

Und drittens. Wir wollen im Einklang mit anderen Bundesländern die Bürokratie bei der Weiterbildung von Ärztinnen und Ärzten verringern.

An Krebs erkrankte Menschen setzen ihre Hoffnung darauf, nach den neuesten Erkenntnissen behandelt und sorgfältig nachbetreut zu werden. Sie wollen zunehmend auch gut informiert werden. Eine wichtige Grundlage hierfür bilden Klinische Krebsregister, die richtige Behandlung am richtigen Ort, so einfach könnte man die Qualitätssicherung in der Krebsbehandlung beschreiben, die durch die Nutzung von Krebsregisterdaten ermöglicht werden soll.

Klinische Krebsregister tragen also dazu bei, dass die betroffenen Patientinnen und Patienten informierte Entscheidungen treffen können und Ärztinnen und Ärzte

den Erfolg ihrer Behandlungsstrategien auch durch Vergleiche überprüfen können. Es ist daher nur zu begrüßen, dass im Zuge des nationalen Krebsplanes durch ein Gutachten nachgewiesen wurde, welch großer Nutzen Klinische Krebsregister haben können. Sehr erfreulich ist auch, dass Mecklenburg-Vorpommern zu den Ländern gehört, die bereits eine gute Ausbaustufe in der Krebsregistrierung erreicht haben. Aber nichts ist so gut, als dass es nicht noch verbessert werden könnte.

Und genau da setzt unser Gesetzentwurf an, der in der Anhörung ja auch von überregionalen Experten positiv bewertet wurde. Wir wollen die Zusammenarbeit der Klinischen Krebsregister auf eine sichere rechtliche Grundlage stellen. Durch die schon vorhandene gute Vernetzung der Meldewege an die klinischen Register mit den Meldungen an das bevölkerungsbezogene gemeinsame Krebsregister ist gewährleistet, dass kein neuer bürokratischer Aufwand auf die Ärztinnen und Ärzte unseres Landes zukommt.

Weiterhin ist es uns sehr wichtig, dass der Schutz hochsensibler Patientendaten gewährleistet wird. Der Landesbeauftragte für den Datenschutz hat in der Anhörung den Vorschlag gemacht, für einen besseren Schutz der personenidentifizierenden Daten eine gesonderte Treuhandstelle einzurichten, in der die Pseudonymisierung der Daten stattfindet. Das entspricht auch dem Vorschlag der Universitätsmedizin Greifswald. Diesen Vorschlag haben wir aufgegriffen, die Meldungen der Ärzteschaft werden dann an diese Stellen gehen. Das wird in der Tat zu einer noch höheren Datensicherheit führen.

In der Anhörung ist auch von mehreren Seiten da rauf hingewiesen worden, dass Überschneidungen mit den Auswertungsroutinen nach den Bestimmungen des SGB V zu vermeiden sind. Das war von Anbeginn der Diskussion über ein Zentrales Krebsregister die Intention unseres Hauses. Auch dies ist durch eine Präzisierung im Gesetzestext klargestellt worden.

Schließlich sind in der Anhörung aber auch die unterschiedlichsten Interessenlagen der Beteiligten deutlich geworden. Das Zentrale Klinische Krebsregister wird nur funktionieren, wenn neben der Datensicherheit auch die fachliche Expertise, auch die Akzeptanz der Leistungserbringer, der Leistungsträger und der wissenschaftlichen Experten für diese Einrichtung gegeben ist. Deshalb finden sich in dem jetzt präzisierten Entwurf Regelungen, die möglichst einvernehmliche Entscheidungen mit den Beteiligten sowohl bei der Bestimmung dieser Einrichtung als auch bei der weiteren Begleitung und Steuerung anstreben. Da in fünf Jahren eine Evaluation vorgesehen ist, werden wir von Beginn an genau beobachten, ob sich die gewählte Form der zentralen Datenauswertung bewährt. Frau Ministerin Schwesig wirbt dafür, dieses Gesetz zu unterstützen. Wir werden damit eine bessere Qualität der onkologischen Versorgung erreichen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, darüber hinaus trägt der Gesetzentwurf zur Verwaltungsvereinfachung und Entbürokratisierung bei. Dies gilt zum einen für den Verzicht auf ein unnötiges Erinnerungsverfahren bei der zweiten Neugeborenenuntersuchung, die nach unseren jetzigen Erkenntnissen ohnehin fast jeder wahrnimmt, und zum anderen für eine gesetzliche Anerkennung von Professorinnen und Professoren sowie Universitätseinrichtungen als Weiterbildungsstätten für die ärztliche und tierärztliche Weiterbildung.

Die vorgesehene Regelung des Heilberufsgesetzes, den Status der Universitätskliniken als Weiterbildungsstätten in Greifswald und Rostock gesetzlich zu regeln, entspricht zum einen den Vorgaben der Musterweiterbildungsordnung der Bundesärztekammer und dient somit der bundesweiten Harmonisierung. Die Vorgaben der Weiterbildungsordnung sind zu erfüllen, gleichzeitig soll die Rotation der weiterzubildenden Ärzte in Paragraf 38 Absatz 1 Heilberufsgesetz ausdrücklich hervorgehoben werden. Hauptberufliche Professorinnen und Professoren an den beiden Universitäten erhalten im Ergebnis der Anhörung nach der neuen Formulierung in Paragraf 38 Absatz 2 Heilberufsgesetz per se eine Weiterbildungsermächtigung in ihrem Fachgebiet oder Teilfachgebiet.

Mit der beabsichtigten Formulierung werden nur die in den Besoldungsgruppen B 2 und B 3 sowie C 3 und C 4 hauptberuflich tätigen Professoren und Professorinnen erfasst. Damit scheiden Juniorprofessoren, außerplanmäßige Professoren und Honorarprofessoren aus dem Kreis der gesetzlich Ermächtigten aus. Dem notwendigen Kontrollanliegen der Kammern wird beim letztgenannten Punkt durch entsprechende Anwendung der Rücknahme und Widerrufsmöglichkeiten nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz Rechnung getragen.

Diese angestrebte Verfahrensregelung für Weiterbildung folgt einem Trend weg von einem Zulassungsverfahren mit anschließender Genehmigung hin zu einer gesetzlichen Erlaubnis. Dies dient dem Abbau der Bürokratie, also Verkürzung der Zulassungsverfahren. Daraus folgt gleichzeitig die Einsparung von Verwaltungskosten und in der letzten Konsequenz der Erhöhung der Attraktivität der medizinischen Standorte in Mecklenburg-Vorpommern ebenso.

An die Universitätsmedizin gerichtet bedeutet dieser mehr Verantwortung und mehr Transparenz. Frau Ministerin Schwesig wird jedenfalls sehr genau beobachten, wie die Universitätskliniken diese neuen Spielräume gesetzeskonform ausgestalten.

Weitere Regelungen in dem von Ihnen vorgelegten Mantelgesetz sind infolge von Änderungen von Bundes- oder Landesrecht und auch aktueller Rechtsprechung notwendig geworden. Im Interesse einer qualitätsgerechten gesundheitlichen Versorgung bitte ich Sie hiermit im Namen meiner Kollegin insgesamt um Unterstützung des Gesetzvorhabens. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort, meine Damen und Herren, hat jetzt die Abgeordnete Frau Dr. Linke von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Mit Datum vom 23. März hat uns die Landesregierung den Entwurf des Mantelgesetzes vorgelegt, zu dem der Minister soeben gesprochen hat. Artikel 1 enthält das Gesetz über das Klinische Krebsregister MecklenburgVorpommern, hierauf richtet sich auch Ziffer 1 des Ihnen vorliegenden Änderungsantrages meiner Fraktion. Artikel 3 des Mantelgesetzes beinhaltet Normen zur Änderung des Heilberufsgesetzes und auf diesen Artikel bezieht sich die Ziffer 2 des Ihnen vorliegenden Änderungsantrages meiner Fraktion.

Lassen Sie mich zum Artikel 1 des Mantelgesetzes, also zum Klinischen Krebsregistergesetz, kurz Stellung neh

men. Die Koalitionsfraktionen sahen sich aufgrund massiver Einwände im Rahmen der Anhörung zum Gesetzentwurf gezwungen, umfangreich nachzubessern, wobei die wesentlichste Änderung in der zusätzlichen Einrichtung einer Treuhandstelle zur Anonymisierung der Daten besteht.

Unklar bleibt nach dem Gesetzentwurf, wo, also bei welcher Institution dieses Krebsregister angesiedelt werden soll. Insofern dient der neue Absatz 4 im Artikel 1 des Gesetzentwurfes einer gewissen Präzisierung, aber eben nur einer gewissen, denn er ermächtigt das Ministerium für Gesundheit und Soziales, im Einvernehmen mit den bei den Krankenhäusern des Landes geführten regionalen Klinischen Krebsregistern, mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen, der Kassenärztlichen Vereinigung sowie der Landeskrankenhausgesellschaft (Beteiligte) durch Rechtsverordnung die Einrichtung zu bestimmen und die Aufgaben festzulegen.

Im Entwurf der Landesregierung war ursprünglich lediglich vorgesehen, die Landesverbände der Krankenkassen und der Ersatzkassen in die Entscheidung einzubinden. Die Koalition hat diesen Kreis nun um die Kassenärztliche Vereinigung und die Landeskrankenhausgesellschaft erweitert. Nicht berücksichtigt bleibt, aus welchen Gründen auch immer, die Ärztekammer des Landes.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das hat doch nichts damit zu tun.)

Meine Fraktion beantragt deshalb ergänzend die Aufnahme der Ärztekammer, die ebenfalls zu den Beteiligten – ein Begriff, den wir aus der Krankenhausplanung kennen – gehört und maßgeblich für die Qualität der gesundheitlichen Versorgung im Land Verantwortung trägt.

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Mit Ziffer 2 unseres Antrages bezieht sich meine Fraktion auf beabsichtigte Änderungen des Heilberufsgesetzes. Meine Fraktion plädiert für die Beibehaltung der bisherigen Regelungen und beantragt, den neu eingefügten Paragrafen zu streichen.

Worum geht es? Nach bisheriger Rechtslage wacht die Ärztekammer als öffentlich-rechtliche Einrichtung der ärztlichen Selbstverwaltung über die Qualität der fachärztlichen Weiterbildung des medizinischen Nachwuchses im Land.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das tut sie auch weiterhin.)

Die Ärztekammer ermächtigt zu diesem Zweck Einrichtungen des Gesundheitswesens zur fachärztlichen Weiterbildung, also zum einen Einrichtungen. Daneben ermächtigt die Ärztekammer nach entsprechender Antragstellung durch Fachärzte eben diese zur Weiterbildung. Hierbei wird deren personale sowie fachliche Eignung zur Weiterbildung festgestellt. Überdies stimmt die Ärztekammer die Weiterbildungsinhalte ab und garantiert somit in allen Einrichtungen des Landes, also in allen, wo Ärzte tätig sind, eine gleichwertige Facharztausbildung.