Ich habe dort so meine Zweifel. Bisher hat in jedem Fall zu dieser Frage die CDU Sie als Koalitionspartner sowohl in Berlin als auch in Schwerin im Regen stehen lassen
und deswegen ist es notwendig, dass der Landtag nicht nur heute hier darüber debattiert, sondern wir auch in geeigneter Form ein klares Bekenntnis zu Mindestlöhnen in Deutschland abgeben sollten. Welche Vorstellungen die Fraktion der Linkspartei.PDS hat, haben wir schon diskutiert, will ich aber an anderer Stelle noch einmal wiederholen.
Herr Seidel hat gesagt, dass die Sachverständigen aus Deutschland sich gegen den Mindestlohn erklärt haben, also gegen einen gesetzlichen fl ächendeckenden nationalen Mindestlohn. Ich kann aber hier den Bericht der Arbeitsgruppe Arbeitsmarkt SPD/CDU auf Bundesebene aus dem Kopf zitieren, wo es heißt, dass es klar ist, dass es Sachverständige gibt, die den Mindestlohn ablehnen, aber wenn der Mindestlohn eingeführt wird, dann in der Phase des konstitutionellen Aufschwungs.
Na, was haben wir denn jetzt gerade? Die Zeit ist günstiger denn je. Jetzt ist es Zeit, den Mindestlohn in Deutschland einzuführen.
Die Argumentation, die Herr Seidel hier gebracht hat, lässt sich nachvollziehen, weil man erstens sagt, wir wollen in Bezug auf Branchen tarifl iche Lösungen und die freie Vereinbarung von Löhnen, so, wie es Usus ist zurzeit in Deutschland, und damit also auch ein unterschiedliches Preis-Leistungs-Verhältnis zwischen den Unternehmen und damit verschiedene Wettbewerbssituationen von Unternehmen entstehen lassen.
Wir wollen, das ist ganz klar, das haben wir beide, Herr Roolf, auch schon diskutiert, einen nationalen fl ächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn als untere Auffanglinie. Von da an sollen alle tarifl ichen Verhandlungen und Aufbauten, sprich höhere Lohngruppen, Entlohnungsformen gesetzt werden.
Das ist der deutliche Unterschied zwischen den Parteien. Der zweite Unterschied besteht darin, dass wir, so habe ich die SPD zumindest verstanden, das über Verordnungsregelungen erreichen wollen. Und während die CDU auf den Tarifausschuss setzt, wo die Arbeitgeberseite oder möglicherweise auch die Arbeitnehmerseite immer die Chance des Vetorechtes hätte, führt das genau dazu, dass es keinen fl ächendeckenden Mindestlohn in Deutschland geben wird, weil sicherlich die Arbeitgeber immer diesen Einspruch erheben.
Ich möchte Sie, Herr Jäger, und die CDU fragen: Was machen Sie denn nun, wenn, so, wie das hier schon dargestellt wurde, Tarifpartner aus den konkreten Bedingungen heraus ableitend einen Tarifl ohn, auch einen unteren Tarifl ohn vereinbaren, einen Einstiegslohn vereinbaren, der unterhalb des Existenzminimums liegt?
(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Dann zahlt der Staat. – Zuruf von Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS)
Dann zahlt der Staat drauf, entweder nach Ihrem Modell mit den Kombilöhnen oder, wie es zurzeit üblich ist, mit ergänzendem Arbeitslosengeld II.
Das muss man bei dieser Debatte natürlich mit berücksichtigen. Und deswegen geht es meines Erachtens hier nicht darum, über branchenbezogene Mindestlöhne zu sprechen, das können die Tarifpartner heute schon längst vereinbaren, sondern es geht um die Politik. Heute ist die Politik gefragt, hier ein klares Zeichen zu setzen, damit Menschen auch von ihrer Arbeit leben können. Und wenn ich mir Mecklenburg-Vorpommern anschaue, verdient jeder Sechste von den 480.000 sozialversicherungspfl ichtig Beschäftigten monatlich weniger als 1.300 Euro brutto. Das ist zu wenig, um die eigene Existenz, schon gar nicht die der Familie, zu sichern. Von Arbeit muss man leben können. Das hat auch immer etwas mit der Würde des Menschen zu tun.
Armutslöhne sind eben Alltag. Und deswegen, Herr Sellering, haben Sie in dem Punkt nicht recht. Da möchte ich Ihnen ausdrücklich widersprechen. Niedriglöhne haben nicht nur etwas mit geringer Qualifi zierung oder gar keiner Qualifi zierung zu tun,
(Beifall Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS – Irene Müller, Die Linkspartei.PDS: Sehr richtig, genau.)
es sind auch viele Facharbeiter, Meister, Ingenieure, Hochschul- und Universitätsabsolventen in der Situation, zu niedrigen sittenwidrigen Löhnen arbeiten zu müssen.
Was machen Sie nun, meine Damen und Herren, wenn der vereinbarte Tarifl ohn in einer Branche – darüber ist schon öfter berichtet worden – unter dem Existenzminimum liegt? Beispielsweise im Bewachungsgewerbe liegt der Bruttomonatslohn bei 840 Euro, im Transport- und Verkehrsgewerbe bei 731 Euro, bei den Friseuren bei 569 Euro und nun höre ich einfach mal auf. Jetzt, Herr Jäger,
stellen wir uns alle einmal eins vor, wie wir hier sitzen, zumindest die hier im Sitzungssaal für die Parlamentarier sitzen: Wir schließen unsere Konten, die Miete ist bezahlt und wir nehmen 700 Euro und versuchen, nicht nur einen Monat, sondern lange Zeit mit 700 Euro eine vierköpfi ge Familie durchzubringen.
Deswegen, meine ich, ist es nicht nur Gegenstand der Aktuellen Stunde, sondern eine klare Aufgabe an die Politik sowohl in Berlin als auch in Mecklenburg-Vorpommern, deutlich zu sagen: Schluss mit der Lohnspirale nach unten! Wir ziehen einen gesetzlichen fl ächendeckenden Mindestlohn ein, damit das Realeinkommen der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes tatsächlich steigt, meine Herren von der NPD, auch für die ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Gabriele Měšťan, Die Linkspartei.PDS: Sehr richtig.)
Den Satz will ich noch sagen: Aker hat gestern erklärt, die Tarifgemeinschaft zu verlassen. Ich bin der Überzeugung, ein gesetzlicher bundesweiter Mindestlohn sichert allen, ob tarifgebundenen oder nicht tarifgebundenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern,
(Dr. Armin Jäger, CDU: Dann wären aber die Werftarbeiter traurig, Herr Holter! Also das war nicht gut. Die Werft- arbeiter haben keinen Mindestlohn.)
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Um es vorwegzusagen: Es gibt hier keinen Showdown und es gibt hier auch keine Auseinandersetzung um des Kaisers Bart und auch nicht nur um Prinzipien. Aber, Herr Holter, eins muss ich Ihnen sagen: Das letzte Beispiel mit den Werftarbeitern war nun dicke daneben.
Das zeigt im Grunde Ihren Fehlschluss. Der Fehlschluss liegt darin: Wenn wir einen Mindestlohn haben, dann bekommen alle Arbeit,
(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Das glauben Sie doch selber nicht! – Zuruf von Gabriele Měšťan, Die Linkspartei.PDS)