Protokoll der Sitzung vom 17.10.2007

(Zurufe von Michael Andrejewski, NPD, und Raimund Borrmann, NPD)

Und Ihnen wird sicherlich auch wieder sofort aufgefallen sein, dass die Staatsgewalt in verschiedener Art und Weise ausgeübt wird, unter anderem durch Abstimmung. Wir reden hier also einmal mehr über ein durch die Landesverfassung verbrieftes Recht der Einwohner, der Bürger unseres Landes, und ich gehe davon aus, dass die Mehrheit dieses Hauses dieses Recht auf Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide nicht infrage stellen will.

Wenn wir uns aber mehrheitlich dafür aussprechen, die Bürger aktiv an der Demokratie zu beteiligen, dann müssen wir natürlich auch Bedingungen dafür schaffen, dass dies überhaupt möglich ist. Ich rede hier von den formalen Voraussetzungen, Frau Borchardt ist ja vorhin darauf eingegangen. Bei den Rechten und Pfl ichten der Initiatoren müssen wir uns alle darüber im Klaren sein, wer A sagt, muss auch B sagen.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Aber nicht immer, wenn A falsch ist.)

Und damit komme ich zum konkreten Gesetzentwurf der LINKEN. In der Begründung des umfassenden Gesetzentwurfes zum Volksabstimmungsgesetz heißt es: „In der nunmehr 13-jährigen Anwendungspraxis des Volksabstimmungsgesetzes hat sich erwiesen, dass vor allem die hohen Teilnahme- und Erfolgsquoren, die die Verfassung als Rahmen setzt, die praktische Wirksamkeit und Erfolgsaussichten von Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheiden unverhältnismäßig einengen. Aber auch die Verfahrensregelungen des Volksabstimmungsgesetzes selbst beinhalten eine Reihe substantieller und förmlicher Schranken, die Plebiszite nicht fördern, sondern im Gegenteil vielmehr überreglementiert einschränken.“

Ob das so ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, darüber sind sich die Fraktionen in diesem Hause offensichtlich nicht einig. Herr Müller hat ja die Auffassung der Regierungskoalition dazu vorgetragen. Einige mögen sogar gänzlich Angst vor dem Bürger haben, auch das soll es geben,

(Udo Pastörs, NPD: Ja, zu Recht.)

davor, dass der Bürger selbst Entscheidungen treffen könnte. Wir als Liberale haben davor jedenfalls grundsätzlich keine Angst. Schließlich sehen wir uns zwar als Vertreter des Volkes, aber wir werden auch nur auf Zeit gewählt, also von der Bevölkerung entsendet. Letztlich sind die Bürger dieses Landes unsere Auftraggeber. Wir wollen deren Interessen vertreten.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Herr Pastörs, nun machen Sie mal nicht ganz so ’n Lauten!

Wir wollen deren Interessen vertreten. Aus welchem Grunde also könnten wir Abstimmung und damit Interessenbekundung der Bürger ablehnen oder erschweren?

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja, eben.)

Es gibt keinen.

Die FDP-Fraktion ist fest davon überzeugt, dass plebiszitäre Elemente zum Abbau der aufkommenden Politikverdrossenheit beitragen können.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Und so war es auch die FDP, die eine Volksabstimmung über die EU-Verfassung gefordert hat.

(Udo Pastörs, NPD: Das wäre sehr vernünftig. – Michael Andrejewski, NPD: Das haben wir natürlich auch gewollt.)

Über den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE …

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Aber das haben wir auch.)

Ja, aber Sie müssen immer mehr und mehr von uns lernen, Herr Bluhm.

(Beifall Michael Roolf, FDP – Heiterkeit bei Andreas Bluhm, DIE LINKE: Okay, okay! – Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Über den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE konnten wir leider nicht im Ausschuss beraten. Das ist grundsätzlich schade gewesen, nun gut.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Es entspricht aber nicht dem Anspruch der FDP, alles gemeinsam zu beraten.)

Eine notwendige umfassende Anhörung und Evaluierung zur derzeitigen Gesetzeslage zum Volksabstimmungsgesetz blieb uns leider verwehrt. Die Regierungskoalition hat sich einer fachlichen Sachdebatte einmal mehr entzogen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP und Andreas Bluhm, DIE LINKE)

Das ist sehr schade und wirft – Frau Borchardt hat es gesagt – eine grundsätzliche Frage auf das Demokratieverständnis an der Stelle der Regierungskoalition.

Da keine Anhörung möglich war, fehlt aber der für Änderungsanträge notwendige Hintergrund. Ich hätte schon gern gewusst, welche praktischen Erfahrungen mit bürokratischen Aufl agen und Mindestquoren bei den Urhebern ehemaliger Initiativen bestehen. Das hätte man ja diskutieren können.

(Reinhard Dankert, SPD: Das können Sie doch machen. Sie können als FDP alles machen.)

Insofern bleibt es bei der Sympathie für einige Änderungsvorschläge,

(Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

aber auch bei der Kritik an einzelnen Punkten. Die FDPFraktion glaubt zum Beispiel nicht, dass die Festschreibung eines Rederechts der Initiatoren in allen befassten Ausschüssen und sogar im Plenum des Landtages hilfreich ist. Gleiches gilt natürlich auch für die Quoren. Gerade hier ist eine Diskussion dringend erforderlich.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sie würden die erhöhen oder was?)

Aus diesem Grunde werden wir uns bei diesem Antrag enthalten,

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Oh! – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das ist ein scharfes Schwert.)

weil wir der Auffassung sind, dass die Diskussion an der Stelle wichtiger ist als das Ergebnis.

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Oh!)

Wir können uns mit dem Ergebnis so in der Form noch nicht anfreunden. Deshalb werden wir uns an der Stelle enthalten. – Recht herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das war aber sehr moderat, Herr Schnur. Das machen Sie gut.)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Schnur.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Dr. von Storch von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die Argumente sind hinreichend ausgetauscht, ich mache es kurz.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Oh!)

Wir haben kein Demokratiedefi zit,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Doch, Sie haben eins.)

wir wollen kein Weimar. Ich habe mit großem Interesse Ihren Worten, Frau Kollegin Borchardt, gelauscht, habe mich aber gefragt, und das will ich hier auch wiedergeben: Warum ist eigentlich Ihrer Vorgängerpartei, der SED, eine solche Volksabstimmung nicht schon vor 40 Jahren eingefallen? Dann hätten wir …

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Weil sie Demokratiedefi zite hatte.)

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Das ist einfach zu simpel, sich damit auseinanderzusetzen.)

Dann hätten wir eine andere politische Landschaft hier.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)