Protokoll der Sitzung vom 14.11.2007

Für uns, Herr Pastörs, bedeutet Integrationspolitik, menschenunabhängig von ihrer Herkunft,

(Udo Pastörs, NPD: Alle reinzulassen und die Deutschen sollen es bezahlen.)

eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen und sozialen Leben zu ermöglichen.

(Udo Pastörs, NPD: Ja, ja, ja! Dann holen Sie sich doch die Probleme der Welt hier rein!)

Dass Sie das nie begreifen werden, das ist mir völlig klar. Deswegen können Sie sich Ihre Zwischenrufe auch sparen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Richtig. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, viele der eingewanderten oder zu uns gefl ohenen Menschen leben schon lange in Deutschland, manche bis zu dreißig Jahre. Sie sind aus politischen Gründen, zum Studieren oder Arbeiten gekommen,

(Udo Pastörs, NPD: Oder als Asylbetrüger in Massen.)

wurden von ihren Eltern nachgeholt oder sind hier aufgewachsen. Andere sind hier geboren, haben Schule und Studium absolviert und leben immer noch als Migrantinnen und Migranten, also mit einem unsicheren Status. Einige haben als Kinder binationaler Partnerschaften

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

den deutschen Pass und verstehen sich als Deutsche, wieder andere haben sich einbürgern lassen. Und selbst die Letztgenannten bringen in Gesprächen zum Ausdruck, das Gefühl zu haben, ständig als „anders“ markiert zu sein und nicht ernst genommen zu werden.

(Udo Pastörs, NPD: Ja, die sehen ja auch anders aus.)

Wissen Sie, wenn es nach dem Aussehen ginge, Herr Pastörs, dann dürften Sie gar nicht hier sitzen.

(Udo Pastörs, NPD: Darum geht es gar nicht.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, nicht selten erleben diese Menschen vor allen Dingen durch die Abgeordneten der NPD Diskriminierungen auf der Straße, aber auch anderswo und durch andere wie zum Beispiel beim Arzt, in Behörden und in Fußballstadien.

(Michael Andrejewski, NPD: Polizei.)

Zu dem Fünftel der Bevölkerung,

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

das in Deutschland einen Migrationshintergrund hat, gehört Yasemin, von der ich kürzlich in der Zeitung las. Sie kam vor 23 Jahren aus dem Iran nach Deutschland.

(Udo Pastörs, NPD: Ach, wie traurig!)

Ihre Kinder sind hier geboren und zur Schule gegangen. Diese Kinder verstehen sich als Deutsche,

(Udo Pastörs, NPD: Es sind aber keine deutschen Staatsangehörigen.)

aber werden immer wieder als Ausländer behandelt.

(Udo Pastörs, NPD: Das sind sie vielleicht mit einem deutschen Pass.)

Ich zitiere sie: „Ich habe hier studiert und ein Leben aufgebaut. Aber das Wahlrecht habe ich immer noch nicht.“ Zitatende.

Damit sind wir bei dem Ihnen vorliegenden Antrag, meine sehr verehrten Damen und Herren. Er verfolgt das Ziel, dass sich das Hohe Haus für ein kommunales Wahlrecht für Drittstaatenangehörige in der Bundesrepublik ausspricht und die Landesregierung auffordert, einer Bundesratsinitiative von Rheinland-Pfalz ebenso beizutreten, wie es das Land Berlin unlängst getan hat.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Ausländerinnen und Ausländer, die dauerhaft in der Bundesrepublik leben und aus nicht zur EU gehörenden Staaten kommen, können noch immer nicht auf der kommunalen Ebene wählen. Da nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts von 1990 die Einführung des kommunalen Wahlrechts für Ausländerinnen und Ausländer, die Staatsangehörige außerhalb der EU sind, durch Artikel 79 Absatz 3 Grundgesetz nicht ausgeschlossen ist, hat der Bundesrat am 26. September 1997 die Einbringung eines Gesetzentwurfs zur Änderung des Artikels 28 Absatz 1 Grundgesetz beim Deutschen Bundestag beschlossen. Wir sehen also, dass dieser Antrag schon eine lange Geschichte hat.

(Udo Pastörs, NPD: Das hat auch Gründe.)

Dieser Entwurf wurde vom Bundestag in Erster Lesung am 18. Juni 1998 zusammen mit dem Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Bundesratsdrucksache 13/9301, beraten, aber wegen des Ablaufs der Legislaturperiode nicht mehr abschließend behandelt. Die Länder Hessen, Rheinland-Pfalz, Brandenburg und Schleswig-Holstein haben daraufhin die erneute Einbringung des Gesetzentwurfs beantragt, Bundestagsdrucksache 45/99. Hessen scherte dann aus. Der Entwurf ist am 5. Februar 1999 von der Tagesordnung des Bundesrates abgesetzt worden.

(Udo Pastörs, NPD: Sehr gut.)

Damals erklärte die Bundesregierung, dass zur Einführung des kommunalen Wahlrechts eine Verfassungsänderung erforderlich sei, für die die politische Mehrheit – Zitat – „derzeit nicht besteht“,

(Udo Pastörs, NPD: Was für ein Glück!)

und das, obwohl in der Koalitionsvereinbarung von SPD und Grüne nach der Bundestagswahl 1998 ausdrücklich angekündigt wurde, dass besagte Ausländerinnen und Ausländer das Wahlrecht in Kreisen und Gemeinden erhalten sollen.

Diesen interessanten Hergang, meine sehr verehrten Damen und Herren, wollte ich Ihnen nicht vorenthalten, zumal Anfang September das Land Rheinland-Pfalz auf Bundesratsdrucksache 623/07 die vom Bundesrat am 26. September 1997 beschlossene Fassung des Gesetzentwurfs wiederum in den Bundesrat einbrachte.

Einen Auszug aus der Einbringungsrede des Staatsministers Bruch, vollständig nachzulesen im Plenarprotokoll der 836. Sitzung am 21. September 2007, möchte ich zitieren. Herr Staatsminister Bruch führte aus: „Die Integration von Ausländerinnen und Ausländern ist eines der aktuellen politischen Ziele, das beim Bund und bei den Ländern auf der Prioritätenliste ganz oben steht. … Auf Grund der aktuellen Diskussion über die Integration von Ausländerinnen und Ausländern in den Ländern und Kommunen sind wir der Meinung, dass es erforderlich ist, auch Drittstaatlern das kommunale Wahlrecht zu geben. Die Bundesrepublik Deutschland ist eines von wenigen Ländern, in denen dies noch nicht erfolgt ist. Die Vizepräsidentin des Deutschen Städtetages, Frau Oberbürgermeisterin Roth, hat sich dieser Forderung angeschlossen.“ Zitatende.

Auch meine Fraktion schließt sich dem Anliegen an und erhofft Gleiches von den demokratischen Fraktionen von SPD, CDU und FDP.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Die erneute Bundesratsinitiative verfolgt das Ziel, Artikel 28 Absatz 1 Grundgesetz so zu ändern, dass die in Deutschland lebenden Drittstaatenangehörigen nach Maßgabe von Landesrecht

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden wahlberechtigt und wählbar sind.

(Michael Andrejewski, NPD: Noch mit dreifachem Wahlrecht.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist uns natürlich bekannt, dass der federführende Rechtsausschuss und der Ausschuss für Innere Angelegenheiten des Bundesrates inzwischen die Empfehlung ausgesprochen haben, den Gesetzentwurf nicht beim Bundestag einzubringen. Diese Entscheidung ist zwar bedauerlich,

(Udo Pastörs, NPD: Aber vernünftig.)

aber es ist hoffentlich noch nicht das letzte Wort. Deshalb auch die Aufforderung an die Landesregierung, der Initiative von Rheinland-Pfalz beizutreten oder diese selbst wieder in den Bundesrat einzubringen. Das wäre auch ein wichtiges Signal dafür, dass die Landeskonzeption zur Integration der in Mecklenburg-Vorpommern lebenden Migrantinnen und Migranten, speziell ihre Leitlinie 5, mit Leben erfüllt werden soll, siehe Punkt 1.1 unserer Entschließung. Integration ist schließlich eine kulturelle und eine Bildungsaufgabe, aber auch eine politische.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind, ob es nun Herrn Pastörs passt oder nicht, ein Einwanderungsland. Auch er ist schließlich irgendwann einmal nach Mecklenburg-Vorpommern eingewandert.

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Leider! – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Er kann auch wieder auswandern.)

Es hat sich in diesem Zusammenhang aber auch eine neuartige Zweiklassengesellschaft von deutschen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern einerseits und sogenannten ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern andererseits herausgebildet.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Das Wahlrecht wird den etwa 4,6 Millionen Ausländerinnen und Ausländern und auch denen in MecklenburgVorpommern verweigert, die länger als fünf Jahre anderswo – zum Teil bis weit über 20 Jahre – rechtmäßig ihren ständigen Wohnsitz in Deutschland haben.