Protokoll der Sitzung vom 14.12.2007

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Landtag fordert die Landesregierung auf, einen Handlungsrahmen für die Vermittlung von Gesundheitsbewusstsein und vollwertiger Ernährung in den Schulen zu entwickeln und bereits im Schuljahr 2008/2009 mit der Umsetzung zu beginnen. Ziel muss es sein, die Schülerinnen und Schüler für Gesundheitsthemen zu interessieren und eine bestmögliche gesundheitliche Bildung aller Altersklassen sicherzustellen. Der Handlungsrahmen soll folgende Grundsätze enthalten:

Vermittlung des Wissens, wie Krankheiten entstehen und wie die Gesundheit gestärkt werden kann

Vermittlung des Wissens, wie man mit seinem Körper und seinem Leben verantwortungsvoll umgeht

Wissen und Erlernen von bewusster und gesunder Ernährung

Sicherstellung von ausreichender und vielseitiger Bewegung durch regelmäßigen Sportunterricht

Mecklenburg-Vorpommern will das Gesundheitsland in Deutschland werden. Hierzu bedarf es aber nicht nur blumiger Worte, sondern der praktischen Umsetzung. In der Koalitionsvereinbarung wird in Punkt 165 angestrebt, ein Konzept zur Weiterentwicklung des Faches „Sport“ zum Fach „Sport und Gesundheitslehre“ zu erarbeiten.

Meine Damen und Herren der Regierung, Ihre Parteien haben seit 17 Jahren die Regierungsgewalt inne. Seit der Antike ist die Wichtigkeit der Kombination gesunder Körper und gesunder Geist bekannt. Sie scheinen diese Notwendigkeit in Ansätzen erst jetzt erkannt zu haben.

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Das müssen Sie gerade sagen! – Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Ist es denn nicht so, dass bei der Gratulation zum Geburtstag nicht zufällig der Gesundheitswunsch an oberster Stelle steht? Wenn ich mich hier im Raum um gucke, dann ist mir durchaus bewusst, dass die eine Abgeordnete oder der andere Abgeordnete nicht unbedingt zum besten Vorbild reicht. Dass Gesundheit aber keine Selbstverständlichkeit ist, sondern immer wieder erhalten werden muss, wird vielen Menschen erst bewusst, wenn sie erkrankt sind. Jede Erkrankung hat aber mindestens eine Ursache.

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Gesundheitsbewusste Erziehung hat deshalb bereits in den Schulen zu beginnen. Gesund zu leben und gesund zu essen, muss daher in der Schule bereits ausführlich erlernt werden. Auch der Sport hat in seiner Bedeutung im schulischen Lehrplan und darüber hinaus einen größeren Stellenwert einzunehmen.

(Angelika Peters, SPD: Das steht in der Begründung, das brauchen Sie nicht noch mal vorzulesen. – Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Durch eine tägliche Sportstunde ist dem zunehmenden Gesundheitsverfall und der Übergewichtigkeit, die auch hier im Saale großen Zuspruch fi ndet,

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

von Schülern entgegenzuwirken. Denn bei einer frühzeitigen Vorbeugung und Vorsorge können viele entstandene Gesundheitsschäden vermieden werden. Die Vermittlung von grundsätzlichem Wissen über den menschlichen Körper, vollwertige Ernährung und Sport, wenn es um die Gesundheitserhaltung und -förderung geht, spielt eine große Rolle.

(Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Ich weiß, Herr Dankert, mit Sport haben Sie nicht viel im Sinn.

Auf sich allein gestellt, reichen die Maßnahmen aber nicht aus. Dieses ergab auch eine Langzeitstudie zur Prävention von Übergewichtigkeit bei Kindern,

(Reinhard Dankert, SPD: Steineweitwurf mache ich nicht, das stimmt.)

welche die Techniker Krankenkasse gemeinsam mit der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg durchführte.

(Angelika Peters, SPD: Deswegen haben Sie ja auch so einen schlanken Geschäftsführer.)

Dass sich der Gesundheitsunterricht insgesamt positiv auf das Verhalten der Kinder auswirkte, ist aber die wichtigste Feststellung der Studie. „Die Schüler greifen seltener zu ungesunden Lebensmitteln, spielen mehr draußen, gucken weniger Fernsehen. Sie sind weniger gestresst und fühlen sich insgesamt wohler“, betonte Professor Dr. Joachim Westenhöfer von der zuvor genannten Hochschule in einer dpa-Mitteilung vom 29. Juni dieses Jahres.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Fällt Ihnen auch was Eigenes ein?)

Auch der Arzt und Fachbuchschriftsteller Dietrich Grönemeyer fordert das Schulfach „Gesundheit“.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Der möchte auch gerne von Ihnen zitiert werden!)

Dass Sie nicht gesund aussehen, Frau Borchardt, das weiß ich.

(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Jetzt reicht es! – Helmut Holter, DIE LINKE: Das ist ja wohl eine Unverschämtheit. Herr Präsident, greifen Sie ein! – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

„Das Wissen darüber, wie Krankheiten entstünden und Gesundheit gestärkt werden könne, sollte zur Basisausrüstung jedes Menschen gehören“, plädierte Grönemeyer in einem Beitrag für die Zeitschrift „Focus-Schule“ für die Notwendigkeit. Weiterhin forderte er die Bildungsminister der Länder auf: „Schaffen Sie ein Schulfach Gesundheit... Gesundheit sollte als Fach genauso wichtig sein wie Rechnen oder Lesen“.

(Irene Müller, DIE LINKE: Wie wichtig bei Ihnen Rechnen war, haben Sie ja gestern bei Ihrem Antrag gezeigt. – Zurufe von Reinhard Dankert, SPD, und Barbara Borchardt, DIE LINKE)

„Wie man mit seinem Körper und seinem Leben verantwortungsvoll umgeht, müsse in der Schule gelernt werden.“ Wie sollen Eltern ihre Kinder gesund ernähren und

zu einer gesunden Lebensführung erziehen, wenn ihnen selbst die notwendigen Kenntnisse fehlen. Guter Wille allein reicht hier nicht aus. „Jedes fünfte Kind in Deutschland isst“ – einer Untersuchung des Forschungsinstituts für Kinderernährung an der Uni Bonn zufolge – „jeden Tag ein Fertiggericht. Fast neun von zehn Kindern … essen mindestens jeden dritten Tag eine Tiefkühlpizza, eine Dosensuppe oder Kartoffelknödel aus der Tüte“, so die Studie. Fachleute halten diesen Trend zu Recht für sehr bedenklich. Fertiggerichte seien meist fettreicher als empfehlenswerte herkömmliche Gerichte. Zudem enthalten sie häufi ger Zusätze wie Konservierungsmittel oder Geschmacksverstärker.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

„Diese Geschmacksverstärker hätten zur Folge, dass die Kinder gewissermaßen auf einen Einheitsgeschmack eingeordnet werden“, so die „Lübecker Nachrichten“ in ihrer Ausgabe vom 02.11.2007.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Deshalb, Frauen, bleibt zu Hause und kocht! – Udo Pastörs, NPD: Das ist richtig.)

Dass Ihnen dieses gefällt, weil Sie die Menschen auch auf eine Einheitspartei des selbsternannten demokratischen Blocks richten wollen, das ist mir auch bekannt.

(Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)

Hinzu kommt, was häufi g gar keine Berücksichtigung fi ndet, wenn über Gesundheitserziehung in der Schule gesprochen wird,

(Reinhard Dankert, SPD: Sie müssen die Gesundheit von Körper und Geist auch erst mal in Übereinklang bringen, Herr Köster.)

dass die Raucher immer jünger werden und auch der erste Genuss von Alkohol in immer jüngeren Jahren erfolgt. Um solchen Entwicklungen etwas entgegenzusetzen, müssen die Kinder und Jugendlichen sich bereits frühzeitig in der Schule mit dem Thema Gesundheit intensiv auseinandersetzen.

Auch die Bundesgesundheitsministerin Schmidt sagte im Mai dieses Jahres Ernährungsproblemen und Bewegungsmangel den Kampf an und wollte schon in der Schule mit der Aufklärung anfangen.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Offensichtlich wieder einmal nur ein PR-Gag, denn umgesetzt wurde bislang nichts. Dabei sagte sie im ZDF, dass Sportunterricht genauso wichtig ist wie Mathematik und Deutsch.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Haben Sie noch mehr Zitate oder wissen Sie auch selber was?)

Der unter anderem von ihr vorgestellte Aktionsplan für „Gesunde Ernährung und mehr Bewegung“ ist solange nichts wert, wie die entsprechende Umsetzung nicht erfolgt. Mecklenburg-Vorpommern hat auch in dieser Sachfrage die Möglichkeit voranzugehen, um für die übrigen Bundesländer eine Vorbildrolle einzunehmen.

Zum Schluss möchte ich auf den Planungsstand in unserem Land eingehen. Frau Dr. Gudrun Zander vom Landesinstitut für Schule und Ausbildung in Schwerin referierte auf einer Tagung der Techniker Krankenkasse am 27. Juni 2007 über ihre Arbeit im Auftrage der Landesregierung. In ihrem Vortrag bestätigte Frau Dr. Zander

unseren Antrag. „Kaum ein Bereich und Aufgabengebiet besitzt eine größere Praxis- und Lebensrelevanz für die Schüler.“

(Reinhard Dankert, SPD: Das hat sie bestimmt nicht gesagt.)

„Eine Fülle von Themen und Problemen lässt sich diesem... Gebiet zuordnen: gesunde Lebensführung und Ernährung, Drogenprävention, Sexualerziehung, Hygiene, Organtransplantation, Impfschutz, Unfallschutz, Gewaltprävention usw. Alle einzelnen Bereiche sind lebensnotwendig und erfordern umfassendes Wissen und Kenntnisse“, führte Frau Dr. Zander weiter aus. In ihrem Redebeitrag bestätigte sie zwar, dass es Gesundheitserziehung an den Schulen in Mecklenburg-Vorpommern schon lange gibt, sie verdeutlichte aber weiter, dass die Erfahrungen der letzten 16 Jahre zeigen, dass die Arbeit in Projekten nicht genug ist, wenn man die „Gesunde Schule“ etablieren will. In diesem Zusammenhang sprach sich Frau Dr. Zander für ein eigenständiges Schulfach „Gesundheit“ aus. Wir gehen noch weiter und fordern die Landesregierung auf, den Sport und die Gesundheit Mathematik und Deutsch gleichzustellen!

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Meine Damen und Herren, im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.