Protokoll der Sitzung vom 30.01.2008

Zweitens spielt bei ihr die Furcht mit, dass, sobald die Gebiete mit DSL erschlossen sind, DSL-Kunden zur Konkurrenz gehen. Ihr Motto: Investition in einen nutzergerechten Ausbau der Infrastrukturen nur, wenn dies unter Beteiligung der öffentlichen Hand geschieht. Mittlerweile sind viele Kleinregionen zur Selbsthilfe übergegangen, indem sie versuchen, Interessen beziehungsweise Nachfrage zu bündeln. Genannt seien in diesem Zusammenhang die AG Breitband im ländlichen Raum in BadenWürttemberg oder bei uns die DSL-Initiative Schönberger Land und die Gegend um Plau am See. Streckenweise wird geplant, WLAN-Funknetze für den jeweiligen Ort errichten zu lassen.

Anfang Dezember 2007 fassten die Agrarminister der Länder den Beschluss, an die breitbandlosen Gemeinden entsprechende Zuschüsse zu zahlen. Geschehen soll das im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“, wie es schon genannt worden ist, wobei die Zuschüsse bis zu 60 Prozent der von den Gemeinden an Unternehmen der Telekommunikation getätigten zuwendungsfähigen Ausgaben betragen sollen. 2008 bis 2010 fl ießen dafür jeweils 10 Millionen Euro vom Bund.

Welche Lösung kann es für unser Land geben?

Erstens. In den Genuss sollten vor allem jene Gegenden kommen, die als besonders strukturschwach gelten, zum Beispiel Ostvorpommern, Uecker-Randow, Demmin. Dabei müsste eine Bevorzugung für kleine und mittlere Unternehmen gefunden werden. Hier besteht aber wiederum ein Problem: In dieser Branche gibt es die mittlerweile fast nicht mehr. Überdies kommen sie alle von außerhalb und sind mit Konzernen verwoben. EUFördermöglichkeiten sollten genutzt werden, auch wenn sie in breitbandtechnischer Hinsicht an andere Verwendungszwecke gekoppelt sind. Immerhin läuft nach jetzigem Stand die letzte große Förderperiode, der Großteil des Geldes kommt aus deutschen Landen.

Zweitens. Besser wäre es, den Endkonsumenten bei entsprechender Anschaffung von Schüsseln, Antennen und so weiter zu unterstützen. Die derzeitig von Berlin vorangetriebene Förderung heißt nichts anderes, als den Konzernen Steuergeld in den Rachen zu werfen. – In der jetzigen Fassung können wir den Antrag nur ablehnen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat jetzt noch einmal der Abgeordnete Herr Schnur von der Fraktion der FDP.

Herr Bluhm, nur mal so, das wurde auch beantragt. Aber gut, darauf wollte ich auch nicht eingehen.

Herr Bluhm, ich bin etwas schockiert.

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Ach nee?!)

Doch, doch, Frau Měšťan.

Die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes – im Grunde genommen ganz Deutschland – haben die Situation, dass sie durch die Deutsche Telekom und die anderen Telefonanbieter, durch den Wettbewerb die günstigsten Preise im Bereich der Telekommunikationskosten seit Jahrzehnten haben. Also wenn ein Wettbewerb funktioniert, dann doch wohl in dem Bereich.

Und, meine sehr geehrten Damen und Herren von der LINKEN, wenn Sie dann weitergehen und Stellung nehmen und den Begriff „Global Player“ immer so wunderbar defi nieren, dann will ich Ihnen an der Stelle auch mal eines sagen: Wir müssen uns von dem Gedanken verabschieden, dass es ein VEB Kombinat Telekom geben wird.

(Udo Pastörs, NPD: Blödsinn!)

Diese Wirtschaftsform, wie Sie sie immer gerne hätten, funktioniert nicht.

Ein „Global Player“ wird sich …

(Helmut Holter, DIE LINKE: Sie haben eine falsche Vorstellung von europäischer Wirtschafts- politik. Sie wissen gar nicht, was die wollen.)

Herr Holter, ein „Global Player“ wird sich auch nicht davon abbringen lassen, ob Sie Gesetze oder nicht Gesetze machen, die machen ihre Sache. Da können Sie immer lauter schreien, Herr Holter, das wird nichts ändern.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Ich kann noch viel lauter.)

Und wenn der Punkt kommt, dass Sie die Umsetzung durch die Kommune infrage stellen, dann will ich Ihnen dazu noch eines sagen: …

(Raimund Borrmann, NPD: Warum sitzen wir hier überhaupt noch? Wenn wir hier überhaupt nicht mitzureden haben, dann können wir ja auch nach Hause gehen.)

Da brauchen Sie auch gar nicht zu schreien.

Ich will Ihnen dazu noch eines sagen: Es ist so, es ist natürlich richtig, dass die Kommunen diese Geschichten umsetzen müssen, das ist auch überhaupt gar kein Problem. Wir wollen ja gar nicht, dass das Geld unbedingt direkt an die Unternehmen geht. Das ist überhaupt nicht das Ziel, da haben Sie auch irgendwie etwas falsch verstanden.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Nein, nein. Ich habe das ja nicht Ihnen unterstellt.)

Für uns ist das Ziel, dass die Kommunen die Breitbandversorgung begleitend durchführen und das Geld im Grunde genommen verwalten und einsetzen,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

sodass wir dahin kommen, dass wir eine Versorgung im ländlichen Raum haben. Und wenn Sie an der Stelle sagen, dass der Antrag mangels Masse von Ihnen unter Umständen abgelehnt werden sollte, dann muss ich Ihnen sagen: Das eigentliche Problem ändert sich auch mit einer Ablehnung nicht. Die Leute haben deswegen immer noch kein DSL vor Ort. Das ist unser Hauptproblem und das ist das Anliegen, das wir immer wieder deutlich machen wollen.

Und wissen Sie …

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Der Antrag hilft dabei auch nicht. – Michael Roolf, FDP: Schade drum.)

Ja, gut, Ihre Anträge haben ja nun besonders viel beigetragen zur Hilfe im Land.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Deswegen komme ich darauf.)

Was ich Ihnen nur an der Stelle sagen will, ist eben der Punkt, dass wir die Initiative ergreifen wollen.

(Irene Müller, DIE LINKE: Einen Antrag zu schreiben, der hilft.)

Und wenn wir es in den Ausschüssen diskutieren können, was uns die Regierungskoalition angeboten hat, dann können Sie ja der mangelnden Masse etwas mehr Klasse hinzufügen. Dann haben wir vielleicht am Ende noch einen viel besseren Antrag, als er jetzt ohnehin schon ist. Und ich freue mich auf die Beratung im Ausschuss.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Helmut Holter, DIE LINKE: DIE LINKE steht für Qualität. Das ist ganz klar.)

Vielen Dank.

Ich schließe die Aussprache.

Im Rahmen der Debatte ist seitens der Koalitionsfraktionen beantragt worden, den Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/1188 zur federführenden Beratung an den Agrarausschuss sowie zur Mitberatung an den Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag bei Zustimmung der Fraktionen der SPD, CDU und FDP sowie Gegenstimmen der Fraktion DIE LINKE, der Fraktion der NPD und einer Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 15: Beratung des Antrages der Fraktion der NPD – Gleichbehandlung arbeitsunfähiger Hilfsbedürftiger beim Schonvermögen, auf Drucksache 5/1202.

Antrag der Fraktion der NPD: Gleichbehandlung arbeitsunfähiger Hilfsbedürftiger beim Schonvermögen – Drucksache 5/1202 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Andrejewski von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Hartz-IV-Parteien haben leider noch nicht genug Angst vor dem Wähler, um dieses Regelwerk gleich ganz abzuschaffen. Aber immerhin sind sie schon nervös genug, um bei einzelnen Ungerechtigkeiten einen Rückzieher zu machen, etwa bei der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I. Also machen wir sie noch etwas nervöser und lenken die Aufmerksamkeit der

Öffentlichkeit auf einen weiteren skandalösen Sachverhalt, die Diskriminierung erwerbsunfähiger oder älterer Hilfsbedürftiger beim Schonvermögen.

Erwerbsfähige Hilfsbedürftige, die Leistungen nach SGB II beziehen, durften ursprünglich für jedes vollendete Lebensjahr 200 Euro Schonvermögen behalten, wobei jedem eine Mindestsumme von 4.100 Euro zugestanden wurde. Das war den Parteien, die sich im Bundestag gerade wieder im Blitzverfahren die Diäten erhöht haben, viel zu viel. Deshalb haben sie schleunigst die Beträge herabgesetzt auf 150 Euro pro Jahr bei einem Mindestwert von 3.100 Euro und einem Höchstwert von 9.750 Euro für einen 65-jährigen Erwerbslosen. Bestraft wird der, der gespart hat. Was er sich in seinem ganzen Arbeitsleben zurücklegte, das hat er erst einmal zu verbrauchen, bevor er Leistungen erhält, er wird faktisch enteignet.

Aber es kann noch schlimmer kommen. Wenn der arbeitsfähige Erwerbslose nämlich krank wird, und zwar so krank, dass er als dauerhaft erwerbsgemindert gilt, also nicht länger als drei Stunden pro Tag arbeiten kann, dann sinkt das Volumen der ihm zugestandenen kleinen Barbeträge oder sonstiger Geldwerte auf 1.600 Euro, wenn er unter 60 Jahre alt ist. Hat er das 60. Lebensjahr gerade vollendet und wird dann dauernd erwerbsgemindert, besteht sein Geburtstagsgeschenk, verabreicht von diesem Sozialstaat, darin, dass sein Schonvermögen auf 2.600 Euro gekürzt wird. Wer schließlich das 65. Lebensjahr vollendet, kann auch noch gesund sein, wird aber aus Altersgründen mit einer Absenkung seines Schonvermögens ebenfalls auf 2.600 Euro bestraft – Rentenstrafrecht einmal anders.

Das sind Regelungen, die in der Bevölkerung noch weitgehend unbekannt sind, umso größer ist die Überraschung der Betroffenen. Nachdem sie krank geworden sind oder das entsprechende Alter erreicht haben, sagt man ihnen, dass sie nun keinen Anspruch mehr auf Arbeitslosengeld II gemäß SGB II hätten, sondern auf Grundsicherung gemäß SGB XII. Die beantragen sie und ahnen nichts Böses. Sie geben ihr Schonvermögen in der Gewissheit an, dass sie es wie bisher behalten dürften, und dann kommt der Schock. Ein 60-Jähriger, der ein Leben lang gearbeitet hat und noch über 9.000 Euro verfügt, darf davon noch 2.600 Euro behalten, weniger als ein 18-jähriger ALG-II-Empfänger, der noch nie gearbeitet hat. Der darf 3.100 Euro behalten. Noch mehr Pech hätte ein 59-jähriger Hilfsbedürftiger mit 8.850 Euro. Dem bleiben, sobald er wegen Krankheit zum SGB XII wechseln muss, nur 1.600 Euro, etwas mehr als die Hälfte dessen, was dem 18-Jährigen mit SGB-II-Leistungen gewährt wird. Warum ist das so?

Dass die arbeitsfähigen Empfänger von Arbeitslosengeld II überhaupt etwas Restvermögen behalten dürfen und nicht alles bis zum letzten Pfennig verbrauchen müssen, wird damit begründet, dass die Hilfsbedürftigkeit nicht zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der vorhandenen Lebensgrundlagen führen soll. „Dem Hilfebedürftigen … soll – nicht zuletzt, um ihn in seinem Bestreben zu unterstützen, sich von der Hilfe unabhängig zu machen – ein gewisser Spielraum in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit erhalten bleiben.“ Weiter heißt es in dem Kommentar zum SGB II von Eicher/Spellbrink: „Überdies soll verhindert werden, dass es beim Bezug von Alg II und Sozg, die lediglich eine vorübergehende Hilfe sein sollen, zu einem wirtschaftlichen Ausverkauf kommt, damit der Wille zur Selbsthilfe nicht gelähmt wird und der Leistungsbezug zu keiner nachhaltigen sozialen Herab

stufung führt“. Dies alles gilt offenbar nicht für Erwerbsunfähige und ältere Hilfebedürftige.

In der Durchführungsverordnung des Paragrafen 90 Absatz 2 Nummer 9 SGB XII sind ihre geringeren Schonvermögensbeträge festgelegt und damit die Ungleichbehandlung. Lediglich für Härtefälle sind im Paragrafen 90 Absatz 3 SGB XII Ausnahmen vorgesehen. Es müssen besondere Härtefallgründe angeführt werden, warum in einem bestimmten Fall all dies, die Bewahrung der Lebensgrundlagen und der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit, mit dem geringeren Schonvermögen nicht mehr zu gewährleisten sei. Das heißt, während gesunden und jüngeren Menschen ohne Weiteres ein Mindestschonvermögen von 3.100 Euro zugestanden wird und einem 50-Jährigen 7.500 Euro, wird den Alten und Kranken zugemutet, mit Behörden und vor den Gerichten um den Nachweis zu kämpfen, dass bei ihnen ein atypischer Ausnahmefall vorliege, sodass sie nicht mehr als 1.600 beziehungsweise 2.600 Euro haben dürfen.

Warum benötigt ein 50-jähriger Erwerbsfähiger ohne weitere Begründung 7.500 Euro, er muss es also nicht begründen, er muss keinen Härtefall angeben, um nicht zum Ausverkauf und zur nachhaltigen sozialen Herabsetzung verdammt zu sein, während das bei einem 65-jährigen oder einem 50-jährigen Erwerbsgeminderten nur ausnahmsweise der Fall sein soll, wobei dann noch besondere Umstände dargelegt werden müssen? Wie kommt der Staat darauf, dass Ältere und Kranke weniger Geld brauchen? Abgesehen davon, dass sich der Staat mit den Regelungen zum Schonvermögen und deren Begründung ja eingesteht, dass die Menschen, die gar kein Schonvermögen mehr haben, gar nicht längere Zeit existieren können, ohne nachhaltig sozial herabgestuft zu werden und ohne zu einem wirtschaftlichen Ausverkauf gezwungen zu sein. Bei älteren und kranken Hilfebedürftigen wird sich dieser totale Verarmungsprozess eher noch schneller vollziehen, weil sie – nicht zuletzt dank der Gesundheitsreform – höhere Ausgaben haben. Es wird nicht immer das wirksamste Medikament auch bezahlt, das ist meistens teurer.

Der wahre Grund dafür, dass die Bürger auf diese Weise diskriminiert werden, liegt darin, dass sie für die Wirtschaft nicht mehr zu gebrauchen sind. „Wer nicht mehr arbeiten kann, der soll auch nicht essen“, soll Lenin gesagt haben, und hier heißt es, der braucht auch kein Schonvermögen mehr, der kann gerne restlos enteignet werden, und das in einem politischen System, das sich pausenlos als „Hüter der Menschenwürde“ aufspielt.