Protokoll der Sitzung vom 30.01.2008

Herr Holter, Mecklenburg-Vorpommern verfügt nicht nur über eine ausgezeichnete Infrastruktur in der Gesund

heitswirtschaft mit all den Facetten, sondern diese ist auch verbunden mit den vielen natürlichen Wettbewerbsvorteilen. Sie hatten die Landschaft erwähnt. Ich will dem aber auch hinzufügen solche ortsgebundenen Heilmittel wie zum Beispiel Kreide, Sole, Moor und Meer.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Richtig. – Peter Ritter, DIE LINKE: Steinkohle.)

Insofern will ich darauf hinweisen, dass seit 1990 mehr als 1,7 Milliarden Euro in die Gesundheitswirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern investiert wurden: Wenn man sich mal die gesamte Breite anschaut: Es gibt bei uns 34 Krankenhäuser mit mehr als 10.000 Betten. Es gibt 66 Kureinrichtungen mit fast 11.000 Betten. Das Land verfügt über 58 Kur- und Erholungsorte. Forschung und Entwicklung, aber auch Firmengründungen im Bereich der Biotechnologie, Biomedizin, Medizintechnik, besonders im Rostocker Raum, sowie in der Pharma- und Kosmetikindustrie prägen diese Branche. In der Gesundheitswirtschaft arbeiten derzeit, das ist die Zahl, die mir zur Verfügung steht, rund 86.000 Menschen. Die Gesundheitswirtschaft ist damit in der Tat eine der größten Branchen im Lande. Und die Gutachten, die uns vorliegen, sagen ein Steigerungspotenzial von 10 bis 15 Prozent bei den Beschäftigten in dieser Branche bis 2010 voraus. Das sind erhebliche Zahlen, die natürlich eine große Bedeutung haben.

Die Gesundheitswirtschaft bietet auch, und das ist wieder ganz wichtig für Mecklenburg-Vorpommern, enorme Wachstumschancen für den ganzjährigen Tourismus. Unser großes Problem ist ja, dass wir stark saisonal ausgerichtet sind. Zu wesentlichen Teilen ist die Gesundheitswirtschaft allerdings eine Dienstleistungsbranche. Dabei ist eines klar: In einem auch hier enger werdenden Markt ist Profi lierung gefordert und, da stimme ich Ihnen gerne zu, da kann man nur mit Qualität entsprechend seine Position im Wettbewerb behaupten. Und wir werden auch das Marketing für die Branche weiter intensivieren.

Wie Sie wissen, haben wir in der Koalitionsvereinbarung, Ziffer 33, die Dinge defi niert, wie sie sich für ein Gesundheitsland darstellen. Wir wollen die Fortentwicklung der Gesundheitsinfrastruktur. Wir wollen eine Qualitätsoffensive in der Aus- und Weiterbildung für Gesundheitsberufe starten. Wir wollen Standards im Gesundheitstourismus setzen. Wir wollen die Vernetzung der Aktionsfelder von Präventivmedizin über den Gesundheitstourismus bis zur Ernährung. Wir müssen die Vermarktung des Gesundheitslandes verbessern, um jetzt nur einige Maßnahmen aufzuzählen, so, wie sie dort formuliert sind.

Meine Damen und Herren, es wurde bereits erwähnt, dass der „Masterplan Gesundheitswirtschaft MecklenburgVorpommern“ ein wichtiger Schritt auf diesem Wege war. Vom Kuratorium Gesundheitswirtschaft erstellt, wurde er Anfang März 2006 der Landesregierung übergeben. Das Kuratorium ist ein durch den Ministerpräsidenten einberufenes Expertengremium, das gerade die strategische Beratung und Begleitung bei der Umsetzung dieses „Masterplanes Gesundheitswirtschaft“ bis in das Jahr 2010 gewährleistet. Zur Umsetzung der vordringlichen Aufgaben, wie sie im Masterplan formuliert sind, hat die Landesregierung bei der BioCon Valley GmbH dieses schon zitierte Büro für Gesundheitswirtschaft eingerichtet. Man kann auch sagen, BioCon Valley ist ein zentraler Ansprechpartner für Biotechnologie, Biowissenschaften und Gesundheit in Mecklenburg-Vorpommern. Die Aufgaben und Zielstellungen des Projektbüros Gesundheitswirtschaft wurden zwischen BioCon Valley

und dem Wirtschaftsministerium unter Beachtung der Strategieziele des Masterplans festgelegt. Klar ist, das Projektbüro übernimmt dabei eine vor allem koordinierende und prozesssteuernde Funktion.

Ende Oktober 2007 unterzeichneten die BioCon Valley GmbH und die Norgenta GmbH in Abstimmung mit den Landesregierungen Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein einen Kooperationsvertrag. Ziel dieser Zusammenarbeit ist es, die vorhandenen Potenziale der norddeutschen Life Sciences vor allem im Hinblick auf den internationalen Wettbewerb zu stärken. Denn ich glaube, auch hier müssen wir sehen, dass wir, wenn wir den Blick mal etwas weiter hinaus wenden, doch besser aufgestellt sind, wenn wir diese Zusammenarbeit zwischen den Ländern, so, wie ich sagte, organisieren. Dazu sollen regionale Akteure in Firmen und Forschungseinrichtungen durch regelmäßigen Informationsaustausch besser vernetzt werden. Projekte, die im beiderseitigen Interesse liegen, werden gemeinsam initiiert und durchgeführt werden. Das Standortmarketing für den Life-Science-Standort Norddeutschland soll hier besonders entwickelt werden.

Meine Damen und Herren, die Aktionsfelder, die der Masterplan insbesondere beschreibt, sind:

1. Prävention

2. Gesundheitstourismus

3. Rehabilitation

4. Ernährung

5. 50-plus-Generation

Ich glaube, Sie wissen, was damit gemeint ist.

6. Life Science, Biotechnologie, Hochschulmedizin und Prävention

Die Prävention, das ist klar, steht richtigerweise an erster Stelle der Handlungsfelder. Mecklenburg-Vorpommern ist auf diese Entwicklung mit seiner medizinischen Infrastruktur vorbereitet, zum Beispiel durch die Universitätskliniken in Rostock und Greifswald, aber auch durch die Fachhochschule in Neubrandenburg mit dem Fachbereich Gesundheit und Pfl ege und dem Institut für Gesundheitsforschung und Prävention.

Beim Gesundheitstourismus muss man natürlich davon ausgehen, dass hier insbesondere hochqualifi ziertes Fachpersonal auch in der Zukunft gebraucht wird. Einige Studieneinrichtungen in Mecklenburg-Vorpommern haben spezielle Studienangebote auf dem Gebiet des Gesundheitstourismus geschaffen. So wurde zum Beispiel an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität in Greifswald eine Juniorprofessur für Gesundheitstourismus eingerichtet. Auch das Baltic College in Güstrow bietet ein Studium im Gesundheitstourismus an. An der Universität Greifswald gibt es einen viersemestrigen Aufbaustudiengang, in dem vertiefte Kenntnisse in Betriebs- und Volkswirtschaftslehre, Gesundheitsmanagement und Gesundheitsökonomik erworben werden können. Diese Absolventen sollen befähigt werden, Gesundheitssysteme zu gestalten und Gesundheitsdienstleister wie Krankenhäuser und Krankenkassen zu führen.

Aus den Mitteln des Europäischen Sozialfonds unterstützen wir die Qualitätsoffensive in der Aus- und Weiterbildung für Gesundheitsberufe zum Beispiel durch Fortbildungsangebote zur Komplementärmedizin. Ein besonderes Beispiel aus der Praxis ist der Verein Gesundheitsinsel Rügen,

(Helmut Holter, DIE LINKE: Genau.)

im Juni 2004 gegründet. Die Hauptziele des Gesundheitsinsel Rügen e. V. sind die Optimierung der gesundheitlichen Betreuung sowie der systematische und konzeptionelle Ausbau der Urlaubsregion Rügen.

(Zuruf von Ute Schildt, SPD)

Dazu zählen auch so innovative Projekte wie das „Abnehmen per Telefon“ – ich muss da auch mal anrufen –

(Helmut Holter, DIE LINKE: Das brauchen Sie nicht, Herr Seidel. – Volker Schlotmann, SPD: Ich kann Ihnen gleich die Nummer geben.)

und als Nachbetreuung von …

Danke schön, aber das weiß ich besser.

Dazu zählt, wie gesagt, auch die von mir genannte Möglichkeit als Nachbetreuung von übergewichtigen Gästen, die es ja auch geben soll auf der Insel Rügen.

(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Na, nicht nur da. – Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, die umfangreichen Thermalsolevorkommen in unserem Lande will ich aber auch unbedingt erwähnen. Sie sind ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal für Mecklenburg-Vorpommern. Allerdings, und das ist eine Erkenntnis, die wir seit ein paar Monaten vorliegen haben, ist nur eine Kombination von Gesundheitstourismus und geothermischer Nutzung, wie zum Beispiel in Neustadt-Glewe, in Waren, in Neubrandenburg, auch am Ende ökonomisch vertretbar. Das sagen uns zumindest die Gutachter.

Entscheidend vor Ort: Potenzielle Investoren und die Landesregierung brauchen sicherlich hier fundierte Grundlagen für die Nutzung der Thermalsolevorkommen unter wirtschaftlichem Aspekt. Deshalb wurde diese Studie „Regionale Zentren der Gesundheitswirtschaft – Thermalsolevorkommen in Mecklenburg-Vorpommern“ in Auftrag gegeben. Wichtig ist für uns, dass Investitionen in Gesundheitseinrichtungen auf Thermalsolebasis die Angebote des Gesundheitslandes Mecklenburg-Vorpommern erheblich erweitern können. Dabei muss man in Rechnung stellen, dass natürlich auch in anderen Ländern Thermalsolevorkommen existieren. Doch wir in Mecklenburg-Vorpommern haben hier ein bisschen die Nase vorn, weil unsere Thermalsole besonders jodhaltig ist, was sie für eine Heilbehandlung in besonderer Weise prädestiniert.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich kurz eingehen auf das Thema Rehabilitation in Mecklenburg-Vorpommern. Hier will ich nicht nur verweisen auf die 66 RehaKliniken, sondern auch auf das KompetenzNetzwerk Orthopädie. Dabei handelt es sich um eine beispielhafte Vernetzung mehrerer Partner, wie wir sie in unserem Gesundheitsland auch anstreben. Die Idee des KompetenzNetzwerkes Orthopädie ist die Entwicklung einer bis dahin in Deutschland einmaligen gesundheitswirtschaftlichen Produktlinie. Die Grundzüge des Netzwerkes sind schnell beschrieben: die klare Orientierung an den Bedürfnissen der Patienten, die erstklassige klinische Behandlung, hochwertige medizinische und orthopädische Produkte und die Rehabilitation mit anschließender Erholung, ob im 4-, 3- oder im 5-Sterne-Hotel, das sei mal dahingestellt, natürlich auch in Begleitung der Angehörigen, wenn gewünscht.

Sehr geehrte Damen und Herren, ein weiteres wichtiges Handlungsfeld ist der Umgang mit der berühmten Generation 50 plus. Die Zunahme des Seniorenanteils in der Bevölkerung, auch das ist ja schon erwähnt worden, ist nun mal zur Kenntnis zu nehmen, auch wenn es mancher nicht wahrhaben will.

(Zuruf von Helmut Holter, DIE LINKE)

Die Ergebnisse der Untersuchung einer Zuwanderungsstudie vom Dezember 2007 wurden vom TransferNetzwerk Community Medicine in einem Projekt der Universität Greifswald und des BioCon Valley Mecklenburg-Vorpommern e. V. mit Unterstützung des Wirtschaftsministeriums durchgeführt. Von 1995 bis 2005 zogen über 40.000 Menschen nach ihrem aktiven Arbeitsleben in den Nordosten. Die Zuwanderer kamen hauptsächlich aus dem Norden, also aus SchleswigHolstein, Hamburg, Niedersachsen, Brandenburg, Berlin und Nordrhein-Westfalen. Motive, Wünsche und Erwartungen von Menschen aus anderen Bundesländern, die sich für einen, wie man das dann nennt, Alterswohnsitz in Mecklenburg-Vorpommern entschieden haben, wurden analysiert und ausgewertet.

Das ist natürlich ein wichtiges Potenzial für den Gesundheitsstandort Mecklenburg-Vorpommern, denn man darf davon ausgehen, dass drei Viertel dieser Bürgerinnen und Bürger zusätzlich in gesundheitliche Leistungen investieren. Wir verfügen über ausgezeichnete gesundheitsbezogene Dienstleistungen und Technologien der Life Science Industrie in unserem Land und im Regelfall verfügen die Leute auch über das notwendige Kleingeld, um diese in Anspruch zu nehmen.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

So fragen vermehrt Ältere beispielsweise Dienstleistungen und Produkte nach, die ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben unterstützen und somit Lebensqualität erhalten. Außerdem bedingt das Wohnen im Alter besondere handwerkliche, haushaltsnahe und persönliche Dienstleistungen, alles Dinge, die marktwirtschaftlich gesehen wichtig sind. Man kann auch sagen, dass hier gesundheitstouristische Angebote wirklich zunehmend auf das Interesse älterer Menschen stoßen. Ich glaube, darauf sind wir gut vorbereitet.

Meine Damen und Herren, abschließend will ich Ihnen noch einige aktuelle Projekte in der Gesundheitswirtschaft auf der Basis des Masterplanes nennen, als da wäre einmal die Erstellung einer Studie zur Erwartungshaltung der Gäste unter besonderer Berücksichtigung des Marktsegments ,,Medical Wellness“. Verantwortlich ist die Universität Greifswald in Kooperation mit der Universität Rostock. Zum anderen ist anzuführen die Ausschreibung eines Ideenwettbewerbs – das haben Sie wahrscheinlich gerade gelesen – für das erste Halbjahr 2008, wo wir mit EFRE-Förderung auch entsprechende Unterstützung geben können im Bereich der Gesundheitswirtschaft mit dem Themenschwerpunkt, den wir besonders herausheben: Qualitätsstandards im Medical Wellness und Bewegung und Ernährung.

Wir haben im Regionalen Förderprogramm 2008 ein wesentliches Gewicht gelegt auf Vorhaben, die dem Gesundheitstourismus dienen. Hierbei wird besonderer Wert auf Prävention und Medical Wellness gelegt. Die BioCon Valley GmbH wird im Rahmen ihres Dienstleistungsvertrags mit dem Ministerium, also mit meinem Ministerium, im Februar mit der Herausgabe eines Newsletters „Gesundheitswirtschaft“ beginnen. In Abstimmung mit

dem Kuratorium Gesundheitswirtschaft wird die BioCon Valley GmbH am Wettbewerb „Gesundheitsregionen der Zukunft“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung teilnehmen. Hier gibt es einen Termin, der für uns wichtig ist, nämlich der 15. April dieses Jahres. Ein Branchenatlas Gesundheitswirtschaft wird derzeit erstellt. Nahziel ist die Herstellung einer CD mit den wichtigsten Daten der Unternehmen der Gesundheitswirtschaft bis spätestens Mitte des Jahres 2008, Juli, wie auch immer. Mittelfristig soll eine Informationsplattform für und von Unternehmen und Akteuren der Gesundheitswirtschaft im Internet geschaffen werden.

Sie sprachen die Branchenkonferenz an. Hier ist natürlich auch erheblicher Aufwand notwendig, den wir gegenwärtig leisten. Diese Branchenkonferenz soll stattfi nden vom 8. bis 9. Juli 2008 mit dem Thema „Bewegung und Ernährung“. Sie soll die Masterplanhandlungsfelder „Bewegung gleich Prävention“ und „Ernährung“ aufgreifen und wiederum entsprechende, auch überregionale Impulse setzen.

Meine Damen und Herren, die Zusammenarbeit aller Bereiche der Gesundheitswirtschaft von der Produktion gesunder Nahrungsmittel über qualitätsgeprüfte medizinische Anwendungen zur Vorbeugung oder Behandlung von Beschwerden bis hin zur Komplementärmedizin stellt am Ende eine doch erhebliche Wertschöpfungskette in unserem Gesundheitsland dar. Also wir sind alle aufgerufen, hier mitzuarbeiten, dass diese Wertschöpfungskette sich auch in der Praxis am Ende in Arbeitsplätzen darstellt, damit wir wirklich alle in unserem Lande davon profi tieren können. Ich möchte dies mit einem Zitat eines italienischen Theologen formulieren, der hieß Thomas von Aquin. Für ihn war „Gesundheit … weniger ein Zustand als eine Haltung, und sie gedeiht mit der Freude am Leben.“ – Vielen Dank.

(Beifall und Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP)

Danke schön, Herr Minister.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Schildt. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein spannendes Thema, wenn auch am späten Abend. Das ist sehr wichtig und deshalb vielen Dank, Herr Minister, für Ihren Bericht zum Thema Gesundheitswirtschaft.

(Zuruf von Angelika Gramkow, DIE LINKE)

Die Koalitionsfraktionen der letzten Legislatur haben...

(Zuruf von Helmut Holter, DIE LINKE)

So ist das.