Protokoll der Sitzung vom 30.01.2008

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Sie wollen, dass nicht nur Nokia, sondern dass auch Dassow zur Chefsache der Bundeskanzlerin wird.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Aber die sind im Insolvenzverfahren.)

Und eine zweite Forderung wurde aufgemacht und die große Sorge vor Ort war, dass tatsächlich Dassow in einem Bieterverfahren an Heuschrecken, also an Hedgefonds, veräußert wird. Deswegen ist die Stimmung zwischen Hoffnung und Angst. Die Hoffnung verbindet sich in der Tat mit der Transfergesellschaft, die übrigens unterstützt, damit wir uns da, Herr Roolf, einig sind. Und die Angst ist: Was passiert eigentlich innerhalb dieser vier Monate, was passiert nach den vier Monaten und wie sicher ist sein ganz konkreter Standort?

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, na klar.)

Deswegen wollen wir mit unserem Antrag keine rückwärtsgewandte Debatte, sondern wir wollen nach vorne schauen.

(Michael Roolf, FDP: Wir wollen beides.)

Und weil sich zwei Minister in der öffentlichen Kritik befi nden, sind wir der Überzeugung, muss der Ministerpräsident darauf die Antwort geben.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Zurufe von Dr. Armin Jäger, CDU, und Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Deswegen unser Antrag und nichts weiter.

Wir wollen, wenn es schon um das öffentliche Geld geht, über das ja viel gesprochen wird, dass das öffentliche Geld, die Fördermittel von gestern, von heute und auch die von morgen so eingesetzt werden, dass der Standort in Dassow gesichert werden kann.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, das wollen wir doch auch, wollen wir auch, ja.)

Und das, glaube ich, ist unser gemeinsames Ziel und dass die nachhaltige Standortsicherung oberste Priorität haben soll.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Dafür gibt es eine Regierung.)

Die Insolvenz wurde im Oktober 2007 angemeldet, der Antrag dann 2007 letztendlich gestellt. Aber für das CD- und DVD-Werk Dassow fehlte eine öffentliche Kampagne und eine öffentliche Stimmung für den Erhalt dieses Standortes. Das hat mehrere Gründe, auf die will ich jetzt im Einzelnen gar nicht eingehen. Wenn dann aber eine Belegschaftsversammlung stattfi ndet, auf der über das voraussichtliche Ende berichtet wird, und parallel dazu bei Nordex neue Hallen gebaut werden, sprich der Grundstein gelegt wird, und zwei Minister dort einen Spatenstich realisieren, dann halte ich das für eine Verhöhnung der Belegschaft in Dassow.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

So kann man mit der Belegschaft nicht umgehen. Und ich meine, wie in guten Zeiten sollte die Landesregierung auch in schlechten Zeiten zu der Belegschaft in Dassow stehen. Es geht, wie ich heute Mittag schon sagte, nicht nur um 1.100 Beschäftigte, die übrigens auf einem sehr niedrigen Lohnniveau dort beschäftigt sind,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, genau.)

das ist ja bekannt. Es geht um ihre Familien, es geht auch um diejenigen, die letztendlich von dem leben, welches diese Beschäftigten in Dassow und in der Region ausgeben. Deswegen halte ich es für unerträglich, dass bis Montag dieser Woche die Landesregierung zu dem Fall Dassow in der Öffentlichkeit geschwiegen hat.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Das kann nicht sein, meine Damen und Herren! Auch deswegen, bin ich der Überzeugung, ist der Ministerpräsident gefordert, hier und heute das Wort dazu zu ergreifen. Die Opposition, die Öffentlichkeit und, ich bin der Überzeugung, auch der Wahlsonntag haben den Druck erhöht. Die Resultate stehen am Montag in der Zeitung, sie sind bekannt, werden von den Beschäftigten auch heute auf der Straße begrüßt und mit der entsprechenden Hoffnung verbunden. Ich meine aber, es ist ein Stück Trost. Und wenn die Regierung dabei stehen bleibt, ist es ein Feigenblatt für die Regierung, und das sollte es auf keinen Fall sein. Deswegen – noch mal wiederholt – erwarte ich, erwartet meine Fraktion ein klares Wort des Ministerpräsidenten. Er soll hier seine Richtlinienkompetenz wahrnehmen und klar ansagen,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

um das mal so zu formulieren, klar ansagen, wo sich die Politik der Landesregierung für die Zukunftssicherung des CD- und DVD-Werkes in Dassow befi ndet. Dass Handlungsbedarf besteht, haben Sie heute Vormittag entschieden,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, klar.)

das ist auch gut so. Und ich meine, wir brauchen hier ganz klare Verhältnisse, um die Entscheidungen, die im Gläubigerausschuss zu treffen sind,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, eben.)

dann mit dem Rückhalt dieses Parlamentes treffen zu können, damit die Beschäftigten heute nicht noch auf der Straße stehen und frieren und miese Gesichter ziehen, weil sie Angst vor der Zukunft haben, sondern dass hier ein Stück Zuversicht tatsächlich gegeben wird. Das ist unsere Verantwortung. Deswegen unser Antrag, dass der Ministerpräsident hier zu dieser Angelegenheit das Wort ergreift. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Danke, Herr Holter.

Das Wort hat jetzt der Wirtschaftsminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern Herr Seidel. Herr Seidel, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Genau das, was ich eben gerade gehört habe, haben die Menschen in diesem Lande, fi nde ich, nicht verdient.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig. – Zuruf von Angelika Gramkow, DIE LINKE)

Wissen Sie, wenn die Opposition in diesem Hause, und jetzt wende ich mich an beide Parteien, Sie sprechen von scharfen Schwertern, nichts Besseres zu tun hat, als in einem solchen Fall, wo in der Tat 1.100 Menschen dort mit sich selbst kämpfen und tatsächlich nicht wissen, wie die Zukunft morgen aussieht, wenn Sie da nichts anderes zu bieten haben, als eine Regierungserklärung zu fordern – und, Herr Roolf, es tut mir jetzt leid, aber Ihnen muss ich sagen, eine Antwort ja schon haben, Sie sagen ja schon, das liegt alles an der Förderung, das ist die Sache und deswegen ist das Ding passiert –, dann tun Sie mir leid als Opposition. Dann, das sage ich Ihnen, werden Sie Ihrer politischen Verantwortung diesem Land gegenüber und den Menschen dieses Landes gegenüber in keinster Weise gerecht.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Armin Jäger, CDU: So ist das. Richtig. – Andreas Bluhm, DIE LINKE: Das war aber ein glattes Selbsttor jetzt. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

So, wer Unrecht hat, der schreit.

(Zuruf von Angelika Gramkow, DIE LINKE)

Insofern will ich mal versuchen, Ihnen ein paar Worte darzustellen, die, wie ich fi nde, an dieser Stelle gesagt werden müssen. Ich nehme für mich und für die Landesregierung in Anspruch, dass wir uns mühen, die erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung im Lande insgesamt voranzutreiben. Und es gibt ja auch ein paar Ergebnisse.

Vermutlich werden Sie das auch irgendwo eingestehen müssen. Und trotzdem ist es richtig, dass wir mit diesem Problem Dassow einen schweren Rückschlag erleiden. Das ist so.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

Genau das habe ich den Menschen gestern gesagt. Ich will Ihnen auch verraten – Sie müssen nicht alles wissen, deswegen sage ich es Ihnen auch jetzt –, dass wir uns natürlich vor der Insolvenz nach allen Kräften bemüht haben, den Prozess im vergangenen Jahr so zu unterstützen, um eine Fortführung dieses Unternehmens zu garantieren, denn die Schwierigkeiten, die dort aufgetreten sind, haben mich erreicht, so will ich sagen, relativ kurz nachdem ich mein Amt angetreten habe. Und da ging es um viele Fragen. Es ging um Fragen des Finanzamtes, es ging um Fragen, wo die Realisierung von Investitionen nicht so gelaufen ist, wie man das nach der Förderung erwarten muss. Es waren viele Fragen da. Frau Keler hat vernünftig und wie sich das gehört in der Landesregierung mit uns zusammengearbeitet, um zu helfen, dass Forderungen des Finanzamtes nicht so geltend gemacht werden, dass morgen das Ding am Ende ist.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig, ja.)

Also es hat viele Aktivitäten diesbezüglich gegeben. Aber richtig ist auch, es gab ganz offensichtlich Fehlentwicklungen. Zum Beispiel muss man konstatieren, dass staatsanwaltschaftliche Untersuchungen in der Firma liefen und eigentlich noch laufen. Das hat dazu geführt, dass es einen Auszahlungsstopp gegeben hat bei den Fördermitteln. Ich glaube, Sie wissen, dass 10 Millionen Euro dort gesperrt wurden. Und es gab auch aus Gründen von Unregelmäßigkeiten, wie ich sie eben schilderte, im Hinblick auf Mittelverwendungen Rückforderungen durch uns zu einem Betrag von etwa einer halben Million, die da auffällig waren. Trotz aller Bemühungen, die über Monate gingen, mussten wir konstatieren, dass am 05.10.2007 die Insolvenz angemeldet und am 01.12.2007 das Verfahren eröffnet wurde.

Und, Herr Holter, da will ich an Ihren wirtschaftspolitischen Sachverstand, den ich immer noch hoffe zu fi nden, appellieren.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Den haben Sie schon gefunden.)

Ja, das muss ich sagen. Nach Ihren Worten habe ich dafür kein Verständnis. Wir haben es hier mit einem rechtlich abgesicherten, rechtlich geforderten, nach Gesetz vorgeschriebenen Verfahren zu tun. Und das ist eben der große Unterschied zu Nokia.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Da helfen keine Regierungserklärungen. Ja, richtig. – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Das sollten Sie eigentlich wissen. Ein Insolvenzverfahren läuft nämlich so, dass ein Gericht einen Verwalter einsetzt und dann die Gläubiger entsprechend im Ausschuss ihre Aufgaben wahrzunehmen haben, wo wir natürlich drin sind. Und da haben wir uns wiederum um die Fortführung dieses Unternehmens bemüht. Und das mit Nokia zu vergleichen, ist dieser kleine fahrlässige Trick, den Sie da anwenden. Das ist Populismus pur, muss ich Ihnen sagen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig, genau so.)

Und ich sage Ihnen, genauso habe ich das den Mitarbeitern dort gestern erklärt. Ich glaube, dass viele es auch verstanden haben.

Wir waren im Ausschuss bemüht, uns immer wieder für die Fortführung einzusetzen, und wer das kennt, weiß, dass die Dinge nicht so einfach sind. Da sitzen Banker.

(Irene Müller, DIE LINKE: Die Menschen fühlen sich genauso beschissen in Dassow wie bei Nokia.)