Im Interesse der Einführung gerechterer und der Lebenswirklichkeit entsprechenden Gebührenbefreiungstatbeständen ist aus unserer Sicht künftig sicherzustellen, dass in Ergänzung der derzeitigen Gebührenbefreiungen natürlicher Personen aufgrund formeller Leistungsbescheide nach Paragraf 6 Absatz 1 Nummern 1 bis 10 Rundfunkgebührenstaatsvertrag weitergehende Befreiungs- oder Ermäßigungstatbestände aus sozialen und Billigkeitsgründen, insbesondere für Personen mit geringem Einkommen oder in gleicher Weise benachteiligter Personen, eingeführt werden sollte, und zwar, dass die Gebührenbefreiung auch ab dem Tag der Antragstellung erfolgt, die Gebührenfreiheit der in Kleingartenlauben nach dem Bundeskleingartengesetz vorhandenen Rundfunkgeräte klargestellt wird und eine klare Regelung für Hotels und Ferienwohnungen rechtlich entsteht, dass das Antragsverfahren zur Gebührenbefreiung durch eine Verordnungsermächtigung wieder in Zuständigkeit und Verantwortung der vertragsschließenden Länder durchgeführt wird und dass Hartz-IV-Empfänger sowie andere Befreite von der Rundfunkgebühr befreit bleiben, selbst wenn der Folgeantrag nicht zum Monatsersten eingegangen ist.
Dritter Hauptkritikpunkt ist, dass viele Fragen, die dringend geklärt werden müssten, ungeklärt bleiben. Verwiesen sei hier auf die Frage, von wem sich die Rundfunkanstalten und die GEZ die Daten der Rundfunkteilnehmerinnen und -teilnehmer besorgen dürfen, auf Fragen der Vielfalt ostdeutscher Sichten und Produzenten innerhalb der kommerziellen Sender, denn die haben ja ihre regionalen Programme abgeschafft, auf die Fragen der Förderung unabhängiger Produzenten und die zunehmende ARDinterne Schiefl age bei den Gebühreneinnahmen der ostdeutschen Anstalten durch höhere Befreiungsquoten sowie Abwanderung der ostdeutschen Länder, weshalb die Intendanten von RBB und MDR schon einen ARDinternen Finanzausgleich gefordert haben. Denn während die ostdeutschen Anstalten unterhalb des anerkannten Bedarfs fi nanziert werden, erhalten der WDR, der SWR, der Bayerische Rundfunk und auch der NDR mehr Mittel, als sie eigentlich bewilligt bekommen.
(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Wie denn das?! – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das ist ja interessant.)
Vierter Ablehnungsgrund ist die vorgesehene Regelung in Artikel 5. Kritikwürdig ist in diesem Zusammenhang der Entwurf des Zehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrages bei der geplanten Änderung des Rundfunkgebührenstaatsvertrages. Dort soll in Paragraf 8 Absatz 4 den Landesrundfunkanstalten und der GEZ das Recht eingeräumt werden, zur Feststellung des Bestehens eines Rundfunkteilnehmerverhältnisses und zu deren Verwaltung personenbezogene Daten bei nichtöffentlichen Stellen ohne Kenntnis des Betroffenen zu erheben, zu verarbeiten und zu nutzen. Zusätzlich dazu soll noch die nach den jeweiligen Landesgesetzen in den Meldegesetzen geregelte regelmäßige diesbezügliche Datenübermittlung durch die Meldebehörden fortgelten.
Dies hat zur Folge, dass das vor einiger Zeit in den Medien scharf kritisierte Vorgehen der GEZ, Daten am grauen Markt zum Beispiel von ahnungslosen Gewinnspielteilnehmern aufzukaufen und mit den eigenen Datenbeständen abzugleichen, mit einer derartigen Datenerhebungsermächtigung legalisiert wird. Eine derartig weitreichende Datenerhebung und insbesondere unkontrollierbare Zusammenführung der von öffentlichen und nicht öffentlichen Stellen erhobenen personenbezogenen Daten lehnen wir wegen der damit verbundenen ungerechtfertigten Eingriffe in das verfassungsmäßige Recht der informationellen Selbstbestimmung entschieden ab.
Zu Paragraf 19a: Der letzte Satz, der die Möglichkeit des Ausstiegs aus der analogen Fernsehversorgung eröffnet, sollte aus unserer Sicht im Kunden- und Zuschauerinteresse eine konkrete Begrenzung dahin gehend beinhalten, dass dieser nur dann möglich ist, wenn der ausschließlich analoge Fernsehempfang in weniger als fünf Prozent der Haushalte im Sendegebiet erfolgt. Die Folgen einer anderen Regelung ohne entsprechende Begrenzung, sehen wir bei der Umschaltung auf DVB-T in bestimmten Regionen unseres Landes.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme zum Schluss, denn wir haben ja noch eine Zweite Lesung. Aus unserer Sicht ist der gegenwärtig vorliegende Staatsvertrag nicht geeignet, grundlegende Fragen des Rundfunks zu lösen. Die Beratungen des Elften sind angekündigt. Ich gehe davon aus, dass wir sowohl im Ausschuss zum Zehnten als auch dann im Parlament zum Elften eine sehr intensive Diskussion, intensiver als bisher, haben werden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn meiner Rede klarstellen, worüber wir hier heute eigentlich nicht beraten.
Das mag etwas ungewöhnlich sein, bringt die Sache aber vielleicht auf den Punkt und verhindert Feindebatten, die wir hier dann möglicherweise führen. Schließlich geht es um den uns konkret vorliegenden Staatsvertrag, und zwar den Zehnten.
In der öffentlichen Debatte werden bereits Dinge diskutiert, die weit über das hinausgehen, was in dem jetzt vorliegenden Staatsvertrag geregelt werden soll,
(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Ja, da sollte aber was anderes drinstehen. – Regine Lück, DIE LINKE: Das ist ja das Problem. – Irene Müller, DIE LINKE: Ja, das ist ja das Problem.)
die Gegenstände sind von folgenden Staatsverträgen, und, da gebe ich Ihnen recht, Kollege Bluhm, über die wir hier sicherlich noch heftigst und spannend diskutieren werden. Wir reden also in der Ersten Lesung zum Zehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag.
Das wird Gegenstand des Elften Rundfunkänderungsstaatsvertrages sein. Und wir reden auch nicht über neue Finanzierungsmodelle, auch wenn Mecklenburg-Vorpommern zu dem hier vorliegenden Staatsvertrag zwei Protokollerklärungen abgegeben hat, die ich im Übrigen voll und ganz unterstütze. Das wird Gegenstand des Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrages sein.
Es geht hier heute auch nicht darum, welchen Auftrag die öffentlich-rechtlichen Anstalten zukünftig haben sollen. Aber da sei mir erlaubt, einen Schlenker zu machen. Das, und ich glaube, da sind sich die meisten hier einig, ist eigentlich die alles entscheidende Frage, denn da geht es dann tatsächlich um die Frage, wie soll denn der Öffentlich-Rechtliche seinem bisherigen, zumindest von uns Demokraten so verstandenen Auftrag gerecht werden, und nicht darum, sage ich jetzt mal, irgendwelchen Privatisierungsvorstellungen geopfert zu werden, denn die Bestrebungen sind ja nun seit etlichen Jahren im Gang und haben zurzeit an Schärfe zugenommen.
Meine Damen und Herren, es geht auch heute nicht um die Frage von Werbung oder Werbefreiheit oder das sogenannte Sponsoring öffentlich-rechtlicher Programme. Und schließlich geht es heute beim Zehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag auch nicht um Befreiungstatbestände im sozialen Bereich oder auch darüber
Das ist aber nicht Gegenstand des heute hier vorliegenden Zehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrages, darauf möchte ich nur hinweisen.
Ich betone das alles deshalb ausdrücklich, damit wir uns hier im Rahmen der Debatte, aber auch in den Ausschussberatungen darauf besinnen und beschränken, worum es bei dem vorliegenden Staatsvertrag geht.
Deshalb sage ich, ich habe das zumindest so verstanden. Wenn das so nicht gemeint war, würde es mich freuen, wenn Sie das korrigieren, Kollege Bluhm. Nur war ich etwas enttäuscht, als Sie sagten, DIE LINKE wird dem nicht zustimmen.
Lassen Sie uns doch in den Beratungen des Ausschusses die Debatte noch mal führen, weil ich denke, da gehört sie letztendlich hin. Ich muss sagen, ich kenne das auch von Ihnen etwas anders. Die ganzen Punkte, die Sie hier als Forderungskatalog aufgemacht haben, das klang so nach dem Motto: „Alles, was ich will, und zwar sofort“, und dass das unrealistisch ist bei den Machtverhältnissen in den Gremien der Öffentlich-Rechtlichen, das, glaube ich, muss ich Ihnen nicht sagen,
(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Das ändert sich ja jetzt, Herr Schlotmann. – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Aber wir können doch sagen, was wir wollen. Auch Sie.)