Nicht jede nationale Eigenart ist für sie schlecht, nein, das Gegenteil ist hier der Fall. Bewährtes zu erhalten, ist ein urkonservatives Anliegen, das nichts an Aktualität verloren hat.
(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Das hat Herr Rehberg aber ganz anders gesehen in der letzten Rede. – Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der zweite erhebliche Nutzen der Sparkassen betrifft das relativ hohe lokale Steueraufkommen vor Ort. Sparkassen haben nicht nur eine erhebliche Bedeutung als Arbeitgeber und Ausbilder, sondern leisten über ihre Gewinnausschüttung an Kommunen und Kreise einen nicht unerheblichen Beitrag zur Finanzierung von bedeutenden Projekten vor Ort. Diese Projekte sind in der Regel gemeinnütziger Art und unterstreichen somit nochmals den eben genannten Punkt. Gleiches gilt für das Sponsoring, das Sparkassen über Spenden und Stiftungsausschüttungen erbringen. Jeder in diesem Hohen Hause wird mir sicherlich zustimmen, wie wichtig diese Leistungen der Sparkassen im Hinblick auf Kultur-, Sport-, Wissenschafts- und Sozialförderung vor Ort sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Koalitionsfraktionen haben Ihnen heute aus genannten Gründen einen Antrag vorgelegt, der die Landesregierung auffordert, sich weiterhin für den Erhalt des genannten öffentlich-rechtlichen Sparkassenwesens als Bestandteil des 3-Säulen-Modells einzusetzen.
Dabei negieren die Koalitionsfraktionen nicht, dass sich auch Sparkassen den verschärften Anforderungen auf dem Bankenmarkt stellen müssen. Es ist aber wichtig zu betonen, dass es nicht um eine Infragestellung des Sparkassenwesens an sich geht, sondern darum, wie sich die Sparkassenorganisation mit dem Ziel weiterentwickeln kann, die eigene Leistungsfähigkeit weiter zu erhöhen. Ein wichtiger Schritt dazu ist, das Verbundsystem der Finanzgruppen Sparkassen zu stärken und Synergie- und Innovationspotenziale besser zu nutzen. Unter Wahrung der regionalen Erkennbarkeit wird die Landesregierung dabei im Rahmen ihrer Möglichkeit Unterstützung geben.
(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Trauen Sie der Landesregierung nicht oder warum haben Sie den Antrag gemacht?)
(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja, ja, das ist ja die alte Melodie hier. – Zurufe von Michael Roolf, FDP, und Udo Pastörs, NPD)
Meine Damen und Herren, im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.
Um das Wort hat zunächst gebeten die Finanzministerin des Landes Mecklenburg-Vorpommern Frau Keler. Frau Keler, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! „Opas Sparkasse lebt“, so umschrieb der geschäftsführende Präsident des Ostdeutschen Sparkassenverbandes Herr Holtmann kürzlich die Lage der Sparkassen. Ich würde das Bild gern erweitern und damit zugleich den Bogen meiner heutigen Rede spannen. Opa surft heute im Internet und Opas Sparkasse muss auch die Enkel ansprechen.
Das soll heißen, ja, die Sparkassen haben als eine der drei Säulen des deutschen Bankenwesens nach wie vor eine starke Stellung. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Bankenkrise. Aber die Welt verändert sich auch für die Sparkassen und sie müssen sich für die Herausforderung der Zukunft wappnen.
Mit dem vorliegenden Antrag wird die Landesregierung gebeten, sich auch weiterhin für den Erhalt des öffentlich-rechtlichen Sparkassenwesens als Bestandteil des 3-Säulen-Modells aus Sparkassen, Privat- und Genossenschaftsbanken einzusetzen. Ich unterstütze diese Forderung und sie steht in der Tradition unserer Politik der vergangenen Jahre. Von Beginn an haben alle Landesregierungen nach diesen Grundsätzen gehandelt.
Ich persönlich erinnere mich noch ganz besonders an die Jahre 2003 und 2004, als der Versuch unternommen wurde, die Sparkasse Stralsund zu veräußern. Dies haben wir damals als eine Bedrohung des Sparkassenwesens insgesamt bewertet, denn für diejenigen, die den Erwerb betrieben haben, war nicht die Sparkasse Stralsund an sich interessant. Sie war damals nur die Nummer 424 unter den 518 deutschen Sparkassen. Nein, das Ziel war offensichtlich, einen Präzedenzfall zu schaffen und erstmals in Deutschland eine Sparkasse in private Eigentümerschaft zu überführen. Es ist uns gelungen, dieses Szenario unter anderem durch eine sehr schnelle Gesetzesänderung abzuwenden.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Korrekt.)
Dies hat uns eine bis heute andauernde überregionale Anerkennung eingebracht. Das anhaltend hohe Engagement der Landesregierung für die Sparkassen ist von großer Bedeutung für Mecklenburg-Vorpommern, denn gerade in unserem Land ist eine fl ächendeckende Versorgung mit kreditwirtschaftlichen Leistungen ohne die Sparkassen nicht sicherzustellen. So werden in Mecklenburg-Vorpommern derzeit 45 Prozent der Kredite für Selbstständige, das heißt, für die Händler, Handwerker und Freiberufl er von den Sparkassen vergeben. Aber diese regionale Verwurzelung verhindert nicht notwendigerweise, wie oft behauptet wird, die Renditeoptimierung.
Das zeigen uns die aktuellen Turbulenzen an den Finanzmärkten. Unsere Sparkassen sind hiervon nicht unmittelbar betroffen, weil sie aufgrund ihrer dezentralen konservativen Anlagestrategie nicht in hochriskante Anlagengeschäfte verwickelt waren. Gleichzeitig haben die Sparkassen kaum Schwierigkeiten bei der Refi nanzierung am Kapitalmarkt, da sie diese überwiegend über die Einlagen ihrer Kunden sicherstellen. Diese Unempfi ndlichkeit gegenüber den Entwicklungen des Finanzmarktes zeigt, wer über eine Vielzahl von Wurzeln verfügt, den bläst ein Sturm nicht so leicht um.
Während sich in der Boomzeit der New Economy viele Kunden von der Sparkasse abwendeten, erleben wir derzeit ihre Renaissance. Sicherheit wiegt wieder schwerer als riskante Gewinnoptimierung. Dies gilt auch mit Blick auf jüngst publik gewordene Kreditverkäufe von Banken und vereinzelten Sparkassen an Fondsgesellschaften. Zwar sind solche Verkäufe rechtlich zulässig, aber nach
allen mir vorliegenden Erkenntnissen haben die Sparkassen in unserem Land in den letzten Jahren dieses Mittel nicht angewendet. Es besteht Einvernehmen mit unseren Sparkassen, dass der Verkauf ungekündigter Kredite nicht der Sparkassenpolitik entspricht und davon abzuraten ist. Der Ostdeutsche Sparkassenverband hat die Sparkassen im Land entsprechend informiert.
Zu Recht hat inzwischen der Bundesgesetzgeber hier Handlungsbedarf zum Schutz insbesondere vertragstreuer Kreditnehmer erkannt und will dem möglichen Missbrauch durch Aufnahme von Regelungen in das geplante Risikobegrenzungsgesetz einen Riegel vorschieben. Das Bundesjustizministerium hat Vorschläge hierzu vorgelegt und ein Gesetzesantrag Bayerns liegt vor. Die Verabschiedung des Gesetzes wird nach derzeitiger Planung im April erfolgen.
Meine Damen und Herren Abgeordnete, trotz einer langen Erfolgsgeschichte leben auch die Sparkassen nicht auf einer Insel der Glückseligen, sondern müssen sich den kommenden schwierigen Herausforderungen stellen. Ungeachtet ihrer regionalen Wurzeln unterliegen sie einer Reihe von überregionalen Einfl üssen. Bundesweit haben alle Sparkassen mit verschärfter Konkurrenz, insbesondere der Direktbanken, zu kämpfen. Der Enkel scheut sich nicht, sein Bankgeschäft über das Internet abzuwickeln, dabei ein kostenfreies Girokonto zu nutzen und sein Erspartes dort zu parken, wo es die höchsten Zinsen gibt. Hier gilt es auch für die Sparkassen, wettbewerbsfähige Angebote zu machen und die Kosten zu senken.
Ein bundesweit relevantes Thema ist die wiederkehrende Forderung nach Bildung von Stammkapital, um Beteiligungen Dritter zu ermöglichen. Hessen und RheinlandPfalz haben dies bereits zugelassen. Hier ist allerdings die Übertragbarkeit dieses Kapitals auf öffentliche Träger beschränkt. Ziel dieser Bemühungen soll die Verbesserung der Ertragsstärke und Wettbewerbsfähigkeit der Sparkassen sein. Meines Erachtens bergen diese Überlegungen aber alle die Gefahr, dass Anteile an Sparkassen veräußerbar werden.
Denn jeder, der sich beteiligt, möchte natürlich ausreichend Rendite erwirtschaften und wird auf hohe Gewinnausschüttungen achten. Die Gemeinwohlorientierung der Sparkassen würde in den Hintergrund treten. Hinzu kommt, dass private Teilhaber vom Haftungsverbund der Sparkassen profi tieren wollen. Es kann aber nicht sein, dass Gewinne privatisiert, aber Verluste in Richtung der Sparkassen sozialisiert werden.
Für mich gibt es daher keinen Grund, von der bisher so erfolgreichen Trägerstruktur, also von der Bindung der Sparkassen an die kommunalen Gebietskörperschaften ihres Geschäftsgebietes, abzuweichen.
Was die Sparkassenlandschaft in Mecklenburg-Vorpommern betrifft, bin ich der festen Überzeugung, dass weitere Fusionen sinnvoll sind. Unser Ziel sollte es mittelfristig sein, etwa vier Sparkassen im Land zu haben.
Sicherlich scheint eine enge regionale Verbundenheit bei einer kleinen Sparkasse auf den ersten Blick eher gegeben zu sein, doch werden es kleine Sparkassen auf Dauer schwerer haben, sich den Herausforderungen der Zukunft zu stellen.
Unsere zehn Sparkassen im Land haben im Schnitt eine Bilanzsumme von 1,2 Milliarden Euro und liegen damit deutlich unter dem bundesdeutschen Schnitt von 2,25 Milliarden Euro. Sogar die OSPA als größte Sparkasse des Landes lag 2006 nur auf Platz 79 im Bundesvergleich und hatte mit 3,2 Milliarden Euro eine um mehr als die Hälfte geringere Bilanzsumme als die größte Sparkasse im OSV-Bereich. Das ist nämlich die Mittelbrandenburgische Sparkasse mit mehr als 8 Milliarden Euro Bilanzsumme. Hinzu kommt, dass in Ostdeutschland die Bilanzsummen in den letzten Jahren immer weiter zurückgegangen sind. Angesichts der demografi schen Entwicklung im Land dürfte sich dies fortsetzen.
Größere Sparkassen haben mehr Spielräume bei Kreditgeschäften und werden zukünftig Effi zienzvorteile haben. Genannt seien hier nur die Anforderungen durch das sich stetig verschärfende Aufsichtsrecht und die steigenden Anforderungen an den Verbraucherschutz. Für mich gilt daher, dass nur starke Sparkassen auf lange Sicht in der Lage sind, zum Nutzen der Region zu handeln. Derzeit besteht die Gefahr, dass die vorhandenen Fusionsbestrebungen eingestellt werden, weil man zuerst die neue Kreisgebietsreform abwarten möchte.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung steht ohne Einschränkungen hinter den Sparkassen und wird sich auch überregional weiter für sie einsetzen. Aber für die Schaffung zukunftsfähiger Strukturen sind die Sparkassen weitestgehend selbst verantwortlich. Die Landesregierung kann hier keinen Zwang ausüben, sondern erst nach klaren Entscheidungen der Träger oder des Verbandes unterstützend tätig werden. Für mich gilt hierbei: Sparkassen müssen so kundennah sein wie irgend möglich und so groß wie unbedingt nötig. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für meine Fraktion und, ich denke, für die demokratischen Fraktionen dieses Hauses ist genauso klar, dass es am Sparkassenwesen für unser Land und insgesamt kein Rütteln gibt.
Privatisierungsbestrebungen und Privatisierungsanforderungen, die immer wieder aufkeimen, wenn negative Schlagzeilen in unseren Zeitungen stehen, lehnen wir ganz klar ab. Die im Sparkassengesetz festgeschriebene Aufgabe, die Bevölkerung auf breiter Basis mit Finanzierungsdienstleistungen zu versorgen, ist für uns unumstößlich. Und weil wir dafür sind, werden wir natürlich Ihrem Antrag zustimmen.
Mir bricht auch kein Zacken aus der Krone, wenn ich sage, dass das, was von Frau Ministerin Keler hier gesagt wurde, von mir auch hundertprozentig zu unterschreiben ist.