Protokoll der Sitzung vom 07.03.2008

Meine Damen und Herren, im Rahmen der Debatte sind eine Reihe von persönlichen Beleidigungen getätigt worden, querbeet bei allen Fraktionen. Ich habe Sie deswegen noch einmal zu ermahnen, die Ordnung und Würde des Hauses hier einzuhalten. Ich werde weitere Verstöße dann mit Ordnungsrufen ahnden. Das, was hier jetzt sozusagen von allen Seiten zu hören war, hatte mit parlamentarischer Würde nicht mehr viel zu tun.

Ich rufe jetzt auf den Tagesordnungspunkt 32: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Kindliche Entwicklungsverzögerungen frühzeitig erkennen – Chancengleiche Entwicklung für alle Kinder, Drucksache 5/1299. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/1354 vor.

Antrag der Fraktion DIE LINKE: Kindliche Entwicklungsverzögerungen frühzeitig erkennen – Chancengleiche Entwicklung für alle Kinder – Drucksache 5/1299 –

Änderungsantrag der Fraktion der FDP – Drucksache 5/1354 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Dr. Linke von der Fraktion DIE LINKE. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Wir haben uns ja in den vergangenen Wochen hier in diesem Hause sehr intensiv darüber verständigt, dass es im Interesse einer altersgerechten Entwicklung unserer Kinder sinnvoll ist, ihren Eltern die bestmögliche professionelle Unterstützung an die Seite zu geben, denn es ist bekannt, dass es in keinem anderen Lebensabschnitt

derart große Potenziale gibt, um die Entwicklung eines Menschen zu befördern, die Gesundheit zu stärken sowie das Entstehen von Fehlentwicklungen oder Krankheiten zu verhindern.

2006 hat Mecklenburg-Vorpommern als erstes Land der Bundesrepublik einen Kindergesundheitsbericht vorgelegt. Und eine wichtige Erkenntnis dieses Berichtes besteht darin, dass die Kinder in Mecklenburg-Vorpommern bei denjenigen gesundheitlichen Parametern, die eng an das Niveau der medizinischen Versorgung geknüpft sind, einen guten Gesundheitszustand aufweisen. Ausdruck dafür sind die geringe Säuglingssterblichkeit, der hohe Anteil der Kinder, die bei Vorsorgeuntersuchungen vorgestellt werden, der Impfstatus, die Zahngesundheit, aber auch die Betreuung chronisch kranker Kinder. Kritisch zu beurteilen ist jedoch der Gesundheitszustand unserer Kinder, wenn wir die von der Lebensweise abhängigen Parameter betrachten, wie eben Körpergewicht oder Fein- und Grobmotorik.

Zweifellos sind die Rahmenbedingungen in der Familie für den Gesundheitszustand der Kinder und Jugendlichen von entscheidender Bedeutung. Es sind natürlich die Eltern, die zuallererst die Verantwortung dafür tragen, dass Kinder gesund und behütet heranwachsen. Und selbstverständlich nimmt die übergroße Mehrheit der Eltern in unserem Land diese Verantwortung liebevoll wahr. Dennoch wissen wir, junge Menschen werden Eltern, ohne immer genau zu wissen: Was heißt das, altersgerechte Entwicklung bei meinem Kind? Wann müssen besondere Vorkehrungen im Interesse der Entwicklung getroffen werden? Hierzu bedarf es kontinuierlich der kompetenten Unterstützung. Diese erhalten die Eltern unter anderem durch die Kinder- und Jugendärzte im Rahmen der regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen.

Der hohe Stellenwert, den wir Abgeordnete diesen regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen beimessen, fi ndet unter anderem seinen Ausdruck darin, dass wir uns einig sind, dass alle Kinder an diesen Untersuchungen teilnehmen sollten, um eben die altersgerechte Entwicklung der Kinder zu befördern, die Eltern bei ihrer verantwortungsvollen Aufgabe zu unterstützen, aber auch, um kindliche Fehlentwicklungen und möglicherweise elterliches Fehlverhalten rechtzeitig zu erkennen.

Der Bundesgesetzgeber hat für die Früherkennungsuntersuchung bei Kindern gemäß Paragraf 26 SGB V einen Untersuchungsrahmen vorgegeben, der im ersten Lebensjahr mit sechs Untersuchungen sehr dicht ist. Mit drei weiteren Untersuchungen bis zum sechsten Lebensjahr ist dieser Rahmen allerdings zu weitmaschig, als dass kindlichen Fehlentwicklungen gerade auch unter dem Aspekt der nahenden Einschulung wirksam begegnet werden kann. Eine altersgerechte körperliche und intellektuelle Entwicklung entscheidet aber für die allermeisten Kinder über den Schulerfolg, weshalb gerade in den beiden Jahren vor der Einschulung bei allen Kindern Vorsorgeuntersuchungen erfolgen sollten.

Der Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen gemäß SGB V wird durch die Festlegungen in der Verordnung über kinder- und jugendärztliche sowie zahnärztliche Untersuchungen ergänzt. In Paragraf 3 Absatz 1 Nummer 1 ist die Einschulungsuntersuchung im Rahmen des Schulaufnahmeverfahrens verpfl ichtend geregelt, die jedoch als eine Beschreibung des Status quo wenig geeignet ist, bei erkannten Defi ziten noch helfend bis zum Schulbeginn tätig zu werden. Die in Paragraf 3 Absatz 1 Satz 2 als Ermessensleistung zusätzlich angebotene Untersu

chung ist dahingegen gut geeignet, bei entsprechendem Erfordernis Kindern die geeignete Hilfe zukommen zu lassen. Ziel unseres Antrages ist es deshalb, diese Norm aus einer Kann- in eine Pfl ichtleistung umzuwandeln und somit eine bedeutende Lücke im System der frühkindlichen Vorsorgeuntersuchungen zu schließen.

Es ist erfreulich, dass auch die Kollegen der FDPFraktion nach Lesen unseres Antrages die Bedeutung dieses Anliegens erkannt und durch den Änderungsantrag 5/1347 zum Antrag 5/1288 der Koalitionsfraktionen in das parlamentarische Verfahren eingespeist haben.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ich glaube, die haben abgeschrieben.)

Und dennoch, Herr Grabow, verehrte Kollegen der FDPFraktion, es ist schon sehr eigenwillig, auf welche Weise Sie Ihre Änderungsanträge fertigen. Da nahmen Sie doch gestern tatsächlich unseren fristgerecht eingereichten Antrag und brachten diesen im Wesentlichen unverändert ganz keck als Änderungsantrag zum Antrag der Koalition „Stärkung der Kindergesundheit“ ein.

(Zurufe von Torsten Koplin, DIE LINKE, und Hans Kreher, FDP)

Das erweckt ja schon ein wenig den Eindruck einer Urheberrechtsverletzung.

(Zuruf von Heinz Müller, SPD)

Aber gut, wir wollen den Diebstahl geistigen Eigentums mal lieber nicht anzeigen und auch nicht beklagen,

(Zuruf von Ralf Grabow, FDP)

haben Sie doch mit unserem Antrag, Herr Grabow, einen richtig guten Fang gemacht.

(Ralf Grabow, FDP: Oh ja! Klar!)

Wir wissen nun, Qualität setzt sich auch in Ihrer Fraktion durch. Bedauerlich ist nur, lieber Herr Grabow,...

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Na, na, na! Da würde ich aber nicht so weit gehen.)

Manchmal, manchmal. Ja, ja, manchmal. Entschuldigung für diese Eingrenzung.

(Zuruf von Hans Kreher, FDP)

Bedauerlich ist nur, dass aus einer konkreten Verpfl ichtung der Landesregierung, die wir beantragen, mal wieder nur einer von zahllosen Prüfanträgen wurde. Auch wenn die Koalitionsfraktionen bekanntlich ihrer eigenen Landesregierung oftmals eh nicht mehr zutrauen, von uns Herr Grabow, von uns als Opposition ist mehr gefordert, ist Mut gefordert, ist Verbindlichkeit gefordert.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Herr Grabow! Verehrte Kollegen der FDP! Ich empfehle Ihnen sehr, nicht nur aus Anstandsgründen, sondern gerade für eine gedeihliche parlamentarische Zusammenarbeit zukünftig so etwas zu unterlassen. Das hat keinen Stil. Die Methode ist für gleichberechtigte Partner ein bisschen billig. Es ist so ein bisschen wie Abschreiben in der Grundschule und die Phase sollten wir hinter uns gelassen haben.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Deshalb, verehrte Kollegen der FDP, verehrter Herr Grabow, arbeiten Sie gleich mit uns zusammen.

(Zuruf von Ralf Grabow, FDP)

Zumindest dann, wenn Sie für soziale Gerechtigkeit, insbesondere für die Stärkung der Entwicklungschancen der Kinder eintreten, sind wir, bin ich für eine Zusammenarbeit mit Ihnen immer offen.

(Zuruf von Ralf Grabow, FDP)

Wir halten gerade auch nach den umfangreichen Debatten, die wir hier in dieser Woche geführt haben, die im Zuge der Anhörung im November zum Doppelhaushalt und zur Kindertagesbetreuung geführt wurden, es für dringend erforderlich, die Landesregierung aufzufordern, unverzüglich zu handeln und die Verordnung, wie in unserem Antrag gefordert, kurzfristig zu novellieren. Ein wie auch immer gearteter Prüfauftrag ist an dieser Stelle tatsächlich nicht zielführend und läuft Gefahr, wie manche Unverbindlichkeit sich im Morgennebel des Schweriner Sees zu verlieren. Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete, in diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke, Frau Abgeordnete.

Im Ältestenrat ist eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 45 Minuten vereinbart worden. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Als Erster hat ums Wort gebeten der Minister für Soziales und Gesundheit Herr Sellering. Bitte schön, Herr Minister.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Drei Tage sind wir nun hier zusammen,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das ist Ihr letzter Auftritt, ja, ja.)

haben schwierige Debatten geführt, auch schwierige Punkte gehabt. Ich fi nde es ganz schön, dass wir zum Abschluss noch mal einen unterhaltsamen Tagesordnungspunkt haben. Ich habe mich zunächst gewundert, dass dieser Tagesordnungspunkt von Ihnen nicht zurückgezogen worden ist, nachdem wir ja nun gestern in der Sache ausdrücklich darüber gesprochen haben.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Ich habe mich zunächst auch gewundert, Frau Linke, wie lange Sie das Wort halten konnten und zu Dingen gesprochen haben, die mit dem Antrag nicht direkt was zu tun haben.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und FDP – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Aber Sie sind ja dann doch zum Kern gekommen. Sie sind zum Kern gekommen,

(Dr. Marianne Linke, DIE LINKE: Ja, das ist so meine Art.)

nämlich zu der Urheberrechtsfrage

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und FDP)

und die fi nde ich ungeheuer interessant. Da würde ich aber, bevor Sie sich untereinander streiten,