Nachdem also zum Beispiel nach drei Jahren Hartz IV auch bei der SPD die Erkenntnis gereift ist, dass es eines kinderspezifi schen Regelsatzes bedarf, in welchem unter anderem auch die Kosten für die Bildung der Kinder ausreichend Berücksichtigung fi nden, hat es sich – man höre – dank der gemeinsamen Analyse des Finanzministers von Sachsen-Anhalt und unseres Sozialministers auch bei der SPD herumgesprochen, dass den Menschen im Lande Altersarmut droht.
Wenn es nicht so ernst mit diesem Thema wäre, könnte man das für eine weitere Posse im landespolitischen Theater halten.
(Torsten Koplin, DIE LINKE: Man könnte losheulen. – Udo Pastörs, NPD: Das ist wohl richtig, das Theater geht weiter.)
Herr Minister, Herr Kollege Sellering, die Sozialverbände, die Landesarmutskonferenz, die Schuldnerberatungsstellen und nicht zuletzt DIE LINKE haben seit Jahren auf diese Probleme aufmerksam gemacht,
ebenso Studien der OECD, der Deutschen Rentenversicherung, des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung sowie weitere. Bedurfte es wirklich einer weiteren, einer eigenen Analyse? Sie glauben offensichtlich nur dem, was Sie selber in Auftrag gegeben haben. Aber immerhin, wenn es denn zu dieser Erkenntnis führt, ist das ja in Ordnung. Fakt ist, die Realrenten sinken seit Jahren und sie sinken auch in diesem Jahr weiter. Die Rentenerhöhung von 1,1 Prozent nach etlichen Nullrunden
wird durch die Preissteigerung aufgefressen. Hinzu kommen ab 1. Juli nochmals 0,25 Prozentpunkte für die Pfl egeversicherung. Preisbereinigt sanken die Renten seit dem Jahr 2000 um mindestens 6 Prozent, nicht zuletzt, weil die Beschäftigten Lohneinbußen in Größenordnungen hinnehmen mussten.
Obwohl auch schon heute für die große Masse der Rentnerinnen und Rentner von Luxusrenten wirklich nicht die Rede sein kann, sieht die Situation der zukünftigen Rentnerinnen und Rentner noch bedeutend düsterer aus. Woher aber kommt das? SPD-Bundeskanzler Schröder hat mit seiner Agenda 2010 und den daraus abgeleiteten Hartz-Gesetzen alle Schleusen für wachsende Armut geöffnet,
in schöner Einmütigkeit mit der CDU. Mit Hartz IV haben Sie nicht nur die Langzeitarbeitslosen in eine menschenunwürdige Situation gebracht, sondern auch Tausende …
(Udo Pastörs, NPD: Da haben Sie doch mitgemacht von der PDS, Herr Professor. Da haben Sie doch mitgemacht. Lesen Sie doch mal nach! Lesen Sie doch mal nach! – Regine Lück, DIE LINKE: Das ist doch Quatsch, Herr Pastörs.)
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Michael Andrejewski, NPD: Sie haben es vollstreckt. – Udo Pastörs, NPD: Sie haben es vollstreckt. Das wissen Sie ganz genau, dass Sie beteiligt waren.)
Wir waren die einzigen, die im Bundesrat nicht zugestimmt haben, weil unsere Fraktion nicht zugestimmt hat.
Es sind also viele in eine menschenunwürdige Situation gebracht worden, Tausende, insbesondere Frauen, die von jeglichem Leistungsbezug und von der Arbeitsvermittlung ausgeschlossen sind. Auch zu Ihnen kommen sicherlich Frauen in die Sprechstunde, die davon berichten, dass sie kein Anrecht haben auf einen Vermittlungsschein, obwohl sie noch 30 Jahre bis zur Rente von ihrem Mann ernährt werden müssen, Frauen, die dafür kein Geld bekommen und uns ihr Leid vortragen, damit wir es in der Politik berücksichtigen.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen DIE LINKE und NPD – Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Torsten Koplin, DIE LINKE: Hört, hört!)
Sie haben mit Hartz IV den Zwang eingeführt, der Arbeitslose unabhängig von der Qualifi kation nötigt, jeden noch so mies bezahlten Job anzunehmen. Sie haben Leiharbeit von einem richtigen Instrument zum Abfangen von Auftragsspitzen in normale dauerhafte Beschäftigung verwandelt,
Es ist doch kein Zufall, dass gerade seit Hartz IV der Niedriglohnsektor und die Zahl der sogenannten Aufstocker, also die Zahl derjenigen Beschäftigten, die trotz Arbeit zusätzliche staatliche Leistungen benötigen, beispiellos gewachsen ist. Das ist die Wirkung von Hartz IV, meine Damen und Herren von der CDU und von der SPD.
Gleichzeitig mit Hartz IV, und das fi nden wir besonders perfi de, hat die rot-grüne Bundesregierung den Vermögenden der Bundesrepublik Steuergeschenke in Milliardenhöhe gemacht.
Die Vermögenden können preisbereinigte Einkommenssteigerungen um 35 Prozent verbuchen. Sie sind wahrlich auf der Sonnenseite des Lebens in unserer Republik.
Aber die rot-schwarze Regierung ist auch nicht besser, denn sie lässt die Geschenke an die Vermögenden durch die kleinen Leute unter anderem durch die um drei Prozent höhere Mehrwertsteuer bezahlen, nachdem die SPD im Bundestagswahlkampf gesagt hat, mit uns gibt es keine Erhöhung der Mehrwertsteuer. Aus zwei plus null wurden drei. Wundert sich da noch jemand über PISAErgebnisse in unserem Land?
Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Zahlen und deren Auswirkungen im wirklichen Leben, da draußen vor unserem Schloss, bedrohen den sozialen Frieden und die sozialen Systeme dieses Landes, ja, sie bedrohen letztlich auch den Wirtschaftsstandort Deutschland. Eine völlig inakzeptable Neiddebatte machen daraus diejenigen, die den Anspruch der Renterinnen und Rentner in Abrede stellen.
Renterinnen und Rentner werden um ihre Lebensleistung betrogen, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden an den Gewinnen und dem wirtschaftlichen Aufschwung nicht oder nur unzureichend beteiligt, dabei wird dieser Aufschwung vor allen Dingen durch ihre Arbeit mit Hand und Kopf möglich.
Diese Republik hat sich in den letzten Jahren durch die Bundesregierung unter Führung der CDU und SPD nicht zum Guten verändert. Die Riester-Rente zum Beispiel war der Einstieg in den Ausstieg aus der paritätischen gesetzlichen Altersvorsorge.
(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Sehr richtig. – Torsten Koplin, DIE LINKE: Das ist der Punkt. – Zuruf von Gabriele Měšťan, DIE LINKE)
Private Vorsorge ist heute das Zauberwort. Und dann wird schließlich, wenn es spannend wird, gegengerechnet. Welch ein Anreiz, sich privat zu versorgen!
Dabei ist jedem normal denkenden Menschen klar, dass Hartz-IV-Empfänger und Beschäftigte im Niedriglohnsektor keine Möglichkeit haben, private Vorsorge für das Rentenalter zu treffen. Auch Selbstständige, die massive Selbstausbeutung betreiben, die gezwungenermaßen ihre Dienstleistungen zu Dumpingpreisen anbieten, haben keine freien Kapazitäten für private Vorsorge.
Und was ist mit den Jungen? Nicht alle, aber sehr viele, viel zu viele, steigen unter denkbar ungünstigen Bedingungen ins Arbeitsleben ein. Selbst für Hochschulabsolventen und nach abgeschlossener Berufsausbildung macht das gefl ügelte Wort von der „Generation Praktikum“ die Runde, weil sie ein unbezahltes oder schlecht bezahltes Praktikum nach dem anderen absolvieren in der Hoffnung auf einen festen Arbeitsplatz. Zwei Tage zum Eingewöhnen, dann sechs Wochen umsonst arbeiten in der Hoffnung, einen Arbeitsplatz zu bekommen.
(Udo Pastörs, NPD: Das war zu Ihrer Regierungszeit hier in Mecklenburg-Vorpommern nicht anders, Herr Professor Methling.)
(Udo Pastörs, NPD: Ja, das weiß ich. Das ist Ihnen unangenehm, aber das ist so. – Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Sie haben ja keine Ahnung. – Irene Müller, DIE LINKE: Sie haben doch keine Ahnung, was hier läuft. – Zuruf von Angelika Gramkow, DIE LINKE)
Das System von Betriebsrenten fällt für viele ebenfalls unter den Tisch, weil sie heute kaum noch mit einer ununterbrochenen Betriebszugehörigkeit rechnen können – es wird von ihnen Mobilität, Disponibilität und so weiter erwartet –,