Es hat jetzt das Wort zur Begründung des Antrages der Fraktionen der CDU und SPD der Abgeordnete Dr. von Storch. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Herr Professor Tack hat eben den Antrag der Linkspartei begründet. Wir haben einen Dringlichkeitsantrag eingebracht, der sich im Detail mit den notwendigen Forderungen befasst, zu denen wir die Landesregierung auffordern. Sie alle wissen, seit über einer Woche dauert der Lieferboykott der Milchbauern in unserem Land und auch in Deutschland insgesamt. Und wir alle wissen, dass wir zurzeit kostendeckende Auszahlungspreise für Rohmilch nicht haben und deshalb die Bauern mit dem Rücken an der Wand stehen und sich zu diesen jetzt in der Öffentlichkeit sichtbaren dramatischen Maßnahmen entschließen mussten, um deutlich zu machen, dass ihre Existenz bedroht ist. Dass ein Rohmilchpreis von unter 30 Cent die Kosten für Arbeitserledigung, Futter, Energie und Vermarktung nicht deckt, müsste inzwischen auch angesichts der Kostensteigerungen insgesamt in der Landwirtschaft deutlich werden. Und Fachleute haben errechnet, dass in unserem Land ein Auszahlungspreis von jedenfalls mindestens 40 Cent pro Liter verlangt werden müsste.
Vor diesem Hintergrund ist nachzuvollziehen, wenn auch sehr bedauerlich, dass Landwirte zu dramatischen Maßnahmen greifen und ein hochwertiges Lebensmittel lieber entsorgen als zu Dumpingpreisen auszuliefern. Wir haben für das Vorgehen der Landwirte volles Verständnis und wir sind auch solidarisch mit dem Beschluss des
Landesbauernverbandes, den dieser heute Vormittag verfasst und in der Öffentlichkeit mitgeteilt hat. Meine Damen und Herren, es kann nicht sein, dass mit jedem gelieferten Liter Milch der Landwirt ein Stück weiter in die Schuldenfalle gedrängt wird.
Meine Damen und Herren, im vorigen Jahr hat es in der Tat eine eindrucksvolle Entwicklung des Milchpreises über 40 Prozent gegeben. Aber es hat gleichzeitig eine Preisentwicklung im Bereich der Futtermittel, der Düngemittel und der Energie das, was an positiver Entwicklung kam, wieder zunichte gemacht. Und wenn seitens der Medien seinerzeit billige Lebensmittel, insbesondere Milchprodukte, gefordert wurden, so ist das eine einseitige Forderung, die jedenfalls den Interessen unserer Landwirte für kostendeckende Preise in keiner Weise gerecht wird. Und es ist geradezu kontraproduktiv, dass die Europäische Union mit einer ersten Ausweitung der Milchquote reagiert hat. Die Milcherzeuger haben aufgrund der guten Preise ihre Produktion drastisch erhöht und aufgrund des daraufhin überhöhten Milchangebots und der geringeren Nachfrage einzelner Lebensmittelkonzerne kam es gleichzeitig innerhalb von Wochen zu einem drastischen Preisverfall von teilweise über 10 Cent im Bereich der Rohmilch. Und gerade diese Situation verdeutlicht, wie sensibel der Milchmarkt reagiert und wie schnell die Existenz zahlreicher Milcherzeuger infrage gestellt werden kann.
Aus diesem Grund fordern wir, dass im Rahmen der Beratungen zum Gesundheitscheck der gemeinsamen Agrarpolitik insbesondere über eine wirksame Anpassungsstrategie für das Auslaufen der Milchquotenregelung in den Jahren 2014 bis 2015 diskutiert wird. Hierbei ist insbesondere darauf zu achten, dass die wettbewerbsfähigen Strukturen in Mecklenburg-Vorpommern bei diesen Anpassungsmaßnahmen ausreichende Berücksichtigung finden. Die seitens der EU-Kommission vorgeschlagene Quotenaufstockung führt zu drastischen Einkommensverlusten für Milcherzeuger in Mecklenburg-Vorpommern, wie wir jetzt gesehen haben. Deshalb sprechen wir uns verstärkt für die Senkung der sogenannten Superabgabe wegen Überziehung der zugeteilten Milchquote und eine europaweite Saldierung aus.
Meine Damen und Herren, die Erfahrungen im letzten Jahr haben verdeutlicht, dass eine aktive Milchmengensteuerung in der Eigenverantwortung der Wirtschaft und der Landwirte notwendig ist, um Angebot und Nachfrage im Gleichgewicht zu halten. Vor diesem Hintergrund fordern wir die kurzfristige Einrichtung einer Arbeitsgruppe, die sich mit diesem Thema befasst. Unter Punkt 5 unseres Antrages fordern wir, dass eine verbesserte investive Förderung der milchviehhaltenden Betriebe im Rahmen der Maßnahmen der Gemeinschaftsaufgabe für Agrarstruktur und Küstenschutz zum Tragen kommt.
Meine Damen und Herren, weitere Maßnahmen zur Unterstützung der Milchviehbauern in unserem Land werden nach Auffassung unserer Fraktion die Aufhebung des Fütterungsverbots von Tiermehl als Substitut für Sojaschrot
und die verstärkte Unterstützung von Grünlandstandorten als typische Standorte der Milchproduktion im Rahmen von Kulturlandschaftsprogrammen oder der Unterstützung benachteiligter Gebiete sein.
Meine Damen und Herren, unsere Milchbauern im Land fordern zu Recht ein klares Signal des Landtages, welches ihnen unsere Unterstützung zusichert. Mit dem vorliegenden Antrag haben wir Vorschläge zur Unterstützung der milcherzeugenden Landwirtschaftsunternehmen in unserem Land unterbreitet und diese im Einzelnen auch dargestellt. Wir wollen damit deutlich machen, dass wir hinter unseren Landwirtschaftsunternehmen stehen. Aus diesem Grund bitten wir, unserem Antrag zuzustimmen. – Danke schön.
Im Ältestenrat ist verabredet worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 30 Minuten vorzusehen. Ich sehe keinen Widerspruch, dann verfahren wir so. Ich eröffne die Aussprache.
Als Erster hat ums Wort gebeten der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Dr. Backhaus. Bitte schön, Herr Minister, Sie haben das Wort.
Ich bin eben noch mal angesprochen worden, ob Sie monetär gefördert oder privilegiert gefördert worden sind,
Sie sind privilegiert worden und damit durch die Verwaltung gefördert worden unter der Angabe von bestimmten Gründen, nämlich – und das halte ich für das Protokoll fest und zum Glück bleibt das dann auch so – dass Sie im Außenbereich gebaut haben.
(Udo Pastörs, NPD: Auf meine Kosten, ohne Subventionen, junger Mann. – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Es gibt keine Baugenehmigungen im Außenbereich.)
Es gibt normalerweise keine Baugenehmigungen im Außenbereich, wenn Sie nicht bestimmte Privilegierungen nachweisen, Herr Pastörs.
Und das, was Sie dort an dem Standort gemacht haben, da wage ich zu behaupten, dass es da erhebliche Privilegierungen gegeben hat.
Sie haben noch Redezeit im Rahmen dieser Debatte und dann können Sie hier von vorne Ihre Auffassung dartun. Das Wort hat jetzt der Landwirtschaftsminister.
dann hätte ich noch weitere Ausführungen machen können, auch zu dem anderen Thema, aber darauf will ich mich jetzt nicht konzentrieren, sondern mir liegen die Probleme, die wir in der Landwirtschaft zurzeit haben, insbesondere bei den Milchbauern, natürlich besonders am Herzen.
Es ist hier schon deutlich geworden, dass im Wesentlichen das Hohe Haus darin übereinstimmt, dass wir hohes Verständnis für die Landwirte haben, die sich deutschlandweit an dem Lieferstreik beteiligten. Und ich glaube, es wäre gut, wenn wir bei der Aussage „an dem Lieferstreik beteiligten“ bleiben, denn daran wird auch noch mal die Dramatik deutlich, dass wir in Deutschland, in Mecklenburg-Vorpommern zurzeit keine kostendeckenden Milchpreise haben. Die Erzeugerpreise schwanken zwischen 30 und 35 Cent,
Ich bin sehr froh darüber, dass jetzt im Wesentlichen die Blockaden in den Molkereien aufgelöst worden sind, und zwar in ganz Deutschland. Und ich will an dieser Stelle auch noch mal darstellen, ich glaube, dass, wenn es nicht zu einem Ergebnis zwischen dem Milchindustrieverband, dem Lebensmitteleinzelhandel und dem Bauernverband und BDM kommt, wir weitere Maßnahmen zu erwarten haben. Die deuten sich an. Ich will nur alle zur Besonnenheit auffordern, insbesondere auch diejenigen, die sich gegebenenfalls an Boykottmaßnahmen beteiligen, dass die rechtsstaatliche Ordnung und die Nötigung für Betriebe oder Unternehmen auch in Richtung der lieferwilligen Landwirte aus meiner Sicht durchzusetzen ist. Wir dürfen hier nicht zu weiteren Eskalationen kommen.
Ich will in dem Zusammenhang auch auf den Anlieferungsstopp hinweisen. Wir haben die Zahlen, sie schwanken zwischen 20 und 30 Prozent der Milch, die zurzeit in den Molkereien nicht ankommt. Das heißt aber unterm Strich auch, dass 65 bis 70 Prozent der Landwirte sehr wohl ihre Milch liefern wollen. Auch das müssen wir bei diesen Dingen berücksichtigen. Auf der anderen Seite steht der Kampf um die eigene Existenz bei vielen im Vordergrund. Dafür habe ich volles Verständnis. Auf der anderen Seite sind sich alle Landwirte sehr wohl auch der Verantwortung für die Bereitstellung von hochwertigen Lebensmitteln bewusst.
Aus zahlreichen Gesprächen, die ich geführt habe, weiß ich, dass die Milchbauern mit großer Überwindung gearbeitet haben und es viel Überwindung gekostet hat, die
wertvolle Milch in die Gülle oder auch auf den Acker zu bringen. Jeder von uns weiß schließlich, wie es in vielen ärmeren Regionen dieser Welt um die Menschen bestellt ist, wo Hunger auf der Tagesordnung steht. Auch in unserem Land gibt es nicht wenige Menschen, die jeden Euro mehrmals umdrehen müssen und für die 10 Cent mehr, die wir dringend benötigen, für jeden Liter mehr aufzubringen, auch kein Pappenstil ist. Den streikenden Milcherzeugern steht auf der anderen Seite ein Prozess entgegen, nämlich die wirtschaftliche Situation, um damit auch Entscheidungen treffen zu können. In der Praxis ist das in jedem Fall immer ein Abwägungsprozess.
Ich glaube, dass es richtig war, dass wir in unserem Bundesland zwei Milchgipfel abgehalten haben und dass wir damit auch in Richtung der Landwirte, die an den Protestaktionen oder auch an dem Boykott beteiligt waren, beruhigend eingewirkt haben und Lösungen vor allen Dingen für die Zukunft möglichst erreicht haben. Ich will an dieser Stelle ausdrücklich sagen, solche Gespräche hat es in anderen Bundesländern in der Form nicht gegeben, und ich bin froh, dass es mit dem Bauernverband und mit dem BDM in unserem Land wieder zu einem Gesprächsfaden gekommen ist, der auch Früchte trägt.
Ich will mich an dieser Stelle bei der Polizei und beim Innenministerium bedanken. Die Art und Weise, wie wir zusammengearbeitet haben, ist aus meiner Sicht mit dazu angetan, deutlich zu machen, dass die Lage eben nicht eskaliert ist, auch wenn der eine oder andere – auch das wissen Sie, Herr Pastörs – ein großes Interesse daran hatte, vielleicht ein Eskalieren dieser Lage mit zu unterstützen. Mein Appell richtet sich von dieser Stelle auch an die handelnden Personen, nach wie vor nach vorne zu schauen, diese Krise als Chance zu nutzen und gemeinsam das Notwendige zu tun.
Was ist denn eigentlich das entscheidende Problem? Die Erzeugung und Produktion hochwertiger Lebensmittel ist dauerhaft nur mit auskömmlichen Erzeugerpreisen gesichert. Das habe ich bereits ausgeführt. Und das gilt eben nicht nur für Milch, das gilt in gleicher Weise für Rindfleisch, für Schweinefleisch, Geflügel, für Gemüse, für alle Lebensmittel, und die stehen alle unter Druck, auch das muss man wissen. Das Grundproblem ist nach wie vor das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage. Am Milchmarkt ist das sehr deutlich zu erkennen, trotz Milchquotenregelung. Diese Situation – eine starke Bündelung des Lebensmitteleinzelhandels – führt im Übrigen auch dazu, dass der Lebensmitteleinzelhandel bei den Preisverhandlungen in einer sehr vorteilhaften Position ist und diese nach den Spielregeln des Wettbewerbes knallhart ausnutzt. Und wenn man weiß, dass wir in Deutschland noch über hundert Molkereien haben, dann wird auch deutlich, vor welchem Problem wir gerade in Deutschland in der Molkereistruktur stehen. Um dauerhaft die Milchproduktion und die Verarbeitung in Mecklenburg-Vorpommern, aber auch in ganz Deutschland zu sichern, sind daher strukturelle Veränderungen unabdingbar. Diese Veränderungen werden im Bereich der Milcherzeugung und Verarbeitung, in der Vermarktung und im Milchmengensteuerungssystem erforderlich sein. Hier brauchen wir Impulse und die werden wir auch setzen.