Protokoll der Sitzung vom 04.06.2008

(Udo Pastörs, NPD: Können Sie das überhaupt?)

Ich kann mich über Bürgerbeschwerden aufregen, weil ich mit tatsächlichen Bürgern spreche und nicht wie Sie mit virtuellen.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Lassen Sie mich doch ausreden!

Im Mai 2007 hat ein Bürger dieses Landes seinen Sohn, der eine Auslandsbeschäftigung aufgenommen hat, bei der Gebühreneinzugszentrale abgemeldet. Das war im Mai. Im Dezember meldet sich die Gebühreneinzugszentrale, der er im Mai geschrieben hat, mahnte die Gebührenzahlung an und verhängt Säumniszuschläge. Daraufhin wandte sich dieser Bürger erneut an die GEZ, ein ordentlicher Bürger, und diese teilt ihm dann im Januar 2008 mit, dass es eine rückwirkende Gebührenbefreiung nicht gäbe.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Da haben sie aber schnell reagiert. – Raimund Borrmann, NPD: Das kenne ich alles.)

Was ist passiert? Man hat einfach ignoriert, dass dieser treu und rechtsstaatlich handelnde Bürger seinen Sohn, der auf Auslandsverwendung, wie man so schön sagt, also beruflich im Ausland für längere Zeit ist, abgemeldet hat. Er bekam wunderschöne Schreiben, die vorgefertigt sind, in denen ihm die Rechtslage mitgeteilt wird, und zwar jedes Mal noch mit einem Säumniszuschlag versehen. Und dieser Mensch hat sich nun gemeldet.

Meine Damen und Herren, wenn wir die Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Gebührensystems erhalten wollen – und ich habe gesagt, warum ich das für nötig halte –, dann müssen wir dringend dazu auffordern, dass diejenigen, die das handhaben, mehr Empfindsamkeit und mehr Bürgerfreundlichkeit zeigen.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Das kann auf Dauer nicht so sein. Und da gebe ich jetzt der Kollegin recht, das ist Gegenstand vieler Eingaben im Petitionsausschuss und des Bürgerbeauftragten, daran sollten wir gemeinsam arbeiten.

(Dr. Marianne Linke, DIE LINKE: Na, und wie ist das Ergebnis?)

Ich sage jedenfalls, der Elfte und der Zwölfte Änderungsstaatsvertrag werden hier nicht durchgehen, ohne dass wir darüber noch mal sehr eingehend gesprochen haben,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Oh, oh!)

auch über die Fragen der Finanzierung, die Herr Schlotmann angesprochen hat, wo es unterschiedliche Vorstellung querbeet im Bund gibt, übrigens nicht parteipolitisch begründete, sondern mehr praktikabel begründete. Ich glaube, da kann ich mich mit Herrn Bluhm bei bestimmten Dingen genauso verständigen wie mit anderen auch.

Meine Damen und Herren, richtig die Musik abgehen wird aber, wenn wir diesem hier zugestimmt haben. Und ich sage Ihnen, wir stimmen ihm zu. Richtig die Musik abgehen wird, wenn wir dann ans Eingemachte kommen. Wir haben ein unterbrochenes Verfahren der EU-Kommission wegen der Regelung der Gebühren in der Bundesrepublik Deutschland. Wir sind aufgefordert zu handeln. Das muss spätestens mit dem Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag erfolgen. Wir haben ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das formal zwar die Forderungen

der Anstalten stärkt, aber inhaltlich sagt, dass wir es sind, die Landtage, die über die Sozialangemessenheit der Gebühren entscheiden. Das heißt, wir müssen sehr frühzeitig bei Gebührenregelungen auch gefragt werden und miteinander diskutieren.

Und schließlich, meine Damen und Herren, müssen wir über den öffentlichen Auftrag und mit den Rundfunkanstalten diskutieren. Ich fand die Veranstaltung in Bremen, deswegen habe ich sie erwähnt, als Auftaktveranstaltung ausgesprochen gut. Dort haben die Intendanten sowohl von der ARD als auch vom ZDF ihre Vorstellungen vorgetragen. Wir hatten die Gelegenheit, diese kritisch zu diskutieren. Diesen Dialog möchte ich gerne weiterhin fortsetzen, dann kommen wir in der Sache weiter. Ideologische Hemmschilder sollten wir hier nicht haben.

Ich glaube, dass sich das duale Rundfunksystem in der Bundesrepublik Deutschland bewährt hat und verdient, dass wir die Voraussetzungen schaffen, dass es auch weiterhin wirksam sein kann. Aber ich glaube genauso, dass es erforderlich ist, dass die Veranstaltung von Rundfunk sich auch an wirtschaftlichen Maßstäben messen lassen muss. Schließlich und endlich ist es unsere Aufgabe als Abgeordnete, als Parlamentarier darüber zu wachen, dass die Gebühr nicht höher wird, als sie für den Bürger erträglich ist. Das ist unsere vornehmste Aufgabe. Dieser Aufgabe werden wir gerecht, wenn wir uns das bei Gebührenveränderungen vorlegen lassen. Wir werden ihr nur dann gerecht, wenn wir den sogenannten öffentlichen Auftrag, der einer neuen Definition bedarf, auch angemessen definieren werden.

Ich wünsche uns, dass wir das gemeinsam tun können. Das ist kein Schlachtfeld für Ideologie, sondern eine Frage, wie bekommen wir es hin. Deswegen knüpfe ich an den ersten Tagesordnungspunkt an: Der Auftrag politische Bildung wird gerade von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in sehr hohem Maße getragen und wir sind auch sehr mit der Regionalisierung von Sendungen zufrieden, wo Landesbilder sehr viel deutlicher herausgestellt werden können. Deswegen hat der öffentlichrechtliche Rundfunk es auch verdient, dass wir uns mit ihm zwar kritisch – das tun wir mit jeder Einrichtung – auseinandersetzen, aber dafür sorgen, dass er sich weiterhin entwickeln kann in einer sich völlig verändernden, da stimme ich Kollegen Schlotmann und auch Kollegen Bluhm zu, Welt der Medien. Aber ich habe immer gesagt, nicht der Übertragungsweg entscheidet, sondern der Inhalt. Und das erwarten wir vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk, dass er dieser Leitfunktion, die er hat, auch nachkommt.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Danke schön, Herr Dr. Jäger.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Herr Ratjen. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir leben in einer Mediendemokratie, man könnte auch sagen, in der Mediokratie. Es ist doch heute oftmals wesentlich wichtiger, am Sonntagabend bei Anne Will einmal im halben Jahr aufzutreten, als eine Rede im Plenum irgendeines Parlaments zu halten.

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Das ist leider das Volk, weil sie das Volk dort viel mehr erreichen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Dann müssen wir direkt übertragen.)

Damit kann man durchaus leben.

Das Problem ist natürlich, wer entscheidet, wer in diesen Sendungen präsent ist. Da hat der Landtag natürlich den Vorteil, dass er wirklich repräsentativ vom Volk gewählt ist. Deshalb ist Pluralität in allen Medien zu gewährleisten und muss auch in Zukunft gewährleistet werden. Ob der vorliegende Vertrag das positiv begleitet, mag bezweifelt sein.

Ich möchte aber die heutige Debatte dazu nutzen, um die kommende Erhöhung der Rundfunkgebühren zu besprechen. Die Kommission hat eine Erhöhung des Bedarfes festgestellt und eine Erhöhung um 95 Cent auf dann 17,98 Euro im Monat ab 1. Januar 2009 beschlossen. Die Neustrukturierung der Rundfunkgebühren bringt natürlich auch die Frage nach der Gebührenpflicht für den Internet-PC wieder auf den Tisch. Für den öffentlichrechtlichen Rundfunk ist durch diese gesamte Debatte eigentlich nur eines gekommen, und zwar ein enormer Imageschaden. Die Einnahmen machen nicht einmal 0,5 Prozent des gesamten Finanzaufkommens wirklich aus. Da sollte man sich wirklich überlegen, ob man diesen Beschluss nicht zurücknimmt, denn das Image als ein etwas raffgieriger Verein hat sich im weiten Bereich von Internet- und PC-Usern durchaus ausgebreitet.

Man muss natürlich auch ein bisschen über die Inhalte und die Programmgestaltung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten reden. Stylingsendungen mit Bruce Darnell haben wir im werbefinanzierten Fernsehen ausreichend. Und das bedeutet natürlich, wir brauchen auch wieder mal eine grundsätzliche Debatte über die Kernaufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und keine dauernde Flickschusterei.

Ich kann es Ihnen nicht ersparen, hierbei die Debatte über die GEZ noch einmal anzufeuern, die Herr Dr. Jäger schon eingeleitet hat. Ich muss es auch machen, ich habe es dem Bürger versprochen, das heute anzubringen:

Ein Bürger auf der Insel Rügen hatte eine Ferienwohnung. Anfang 2007 meldete er diese bei der GEZ ab, weil er vorhatte, nicht weiter zu vermieten. Dies wurde von der GEZ negativ beschieden mit der Angabe, er hätte bitte schön eine Bescheinigung des Einwohnermeldeamtes seiner Gemeinde zu bringen, dass er das nicht mehr täte. Daraufhin hat sich dieser an den Landesdatenschutzbeauftragten gewendet. Ein langer Schriftverkehr mit dem Landesdatenschutzbeauftragten folgte. Ein weiterer Schriftverkehr mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten und anschließend mit dem NDR-Datenschutzbeauftragten folgte, um dann endgültig im Mai 2008 eine gütliche Einigung herbeizuführen, dass die Abmeldung akzeptiert wurde.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir weiterhin so verfahren und solche …

Herr Ratjen, kommen Sie bitte zum Schluss.

… Methoden bei der GEZ zulassen, dann werden wir dem öffentlich-rechtlichen Dienstrundfunk einen Bärendienst erweisen. – Danke.

Danke schön, Herr Ratjen.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Andrejewski. Bitte, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Gesetzentwurf ist schon deshalb abzulehnen, weil er inhaltliche Änderungen bei der Erhebung der Rundfunkgebühr auf einen weiteren Staatsvertrag irgendwann in den Nebel der Zukunft verschieben will. Hier ist ein Handeln aber unverzüglich geboten.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Der Zeitplan steht fest.)

Wenn man von den Höhen des Schlosses einmal in die Niederungen der Sterblichen herabblickt, was Sie vielleicht mal tun sollten, Herr Dr. Jäger, dann nimmt man dort die Vorgehensweise der GEZ wahr,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist doch albern, was Sie erzählen.)

die so nicht mehr länger geduldet werden sollte. Ein Fall aus unserer Beratungstätigkeit in Lübtheen gegenüber einem wirklichen Bürger, keinem virtuellen, ich habe noch nie einen virtuellen Bürger gesehen,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Doch.)

aber bitte schön: Der sogenannte GEZ-Außendienst taucht vor der Wohnungstür auf und trifft die bei der Familie lebende Großmutter an. Er überrumpelt sie, verschafft sich mit linken Tricks aus der Abteilung „Nepper, Schlepper, Bauernfänger“ Einlass und entlockt ihr Angaben zur Sache. Um so etwas zu verhindern, gab es früher zum Schutz vor unseriösen Zeitschriftenwerbern oder sonstigen Verkäufern das Haustürwiderrufsgesetz, das jetzt Teil des BGB ist. Gegen die GEZ existieren solche Sicherungen leider nicht. Im selben Fall verfasst die GEZ dann ein Schreiben, mit dem sie trickreicherweise ausführt: „Die Gebühreinzugszentrale handelt im Auftrag der Landesrundfunkanstalten und kann von Rundfunkteilnehmern Auskunft über diejenigen Tatsachen verlangen, die Grund, Höhe und Zeitraum ihrer Gebührenpflicht betreffen. Die Auskunft kann auch von Personen verlangt werden, die mit den genannten Personen in häuslicher Gemeinschaft leben.“

Kann verlangen, das klingt nach Anspruch, kommt auch so herüber. Staatlich verfügte Auskunftspflicht ist aber pure Täuscherei und die Anschreiben sind auch sehr amtlich und sehr einschüchternd aufgemacht. Zutreffender wäre die Formulierung, der GEZ-Außendienst darf vielleicht mal fragen, bevor man ihm die Tür vor der Nase zuknallen darf und auch sollte.

Und wenn er der Großmutter dann sachdienliche Hinweise abgerungen hat, werden die auch noch zur Ab zocke von Kindern benutzt, denn wie es in einem Brief des GEZ-Außendienstes Hamburg weiter heißt: „Halten Haushaltsangehörige mit eigenem Einkommen über dem einfachen Sozialhilferegelsatz für Haushaltsangehörige, zum Beispiel berufstätige Kinder, Kinder mit BAföG, auch Großeltern mit Rente, ein Rundfunkgerät im Haushalt oder Kfz zum Empfang bereit, so sind sie selbst Rundfunkteilnehmer und müssen diese Geräte gesondert anmelden“, Paragraf 5 Absatz 1 Rundfunkgebührenstaatsvertrag. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um eigene oder zur Verfügung gestellte Rundfunkgeräte handelt.

Das heißt, ein vierzehnjähriger Lehrling bekommt von den Eltern das alte Fernsehgerät ins Zimmer gestellt, die

GEZ kassiert doppelt, nicht nur vom Haushaltsvorstand, sondern auch noch von ihm. Theoretisch reicht es sogar, dass der Lehrling bei Abwesenheit der Eltern Zutritt zum Fernsehrraum hat, auch das wäre ein Zurverfügungstellen. Da müssen die Eltern wohl versichern, dass sie das immer abschließen. Wenn die Großmutter dies dem Außendienstler in aller Unschuld und nichts Böses ahnend mitteilt, genügt das bereits, um die Gebühreneinzugsmaschinerie anlaufen zu lassen, mit jeder Menge Ärger.

Da kann man nur sagen, letzter Satz: Was immer an den Stasivorwürfen gegen Gysi dran ist, zumindest ist bisher nicht bekannt, dass er für die GEZ gearbeitet hat. Das müsste mal zu seinen Gunsten bewertet werden. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das war ja klasse!)