Meine sehr verehrten Damen, meine Herren, meine Vorredner haben schon darauf hingewiesen, dass die Zusammenarbeit im Ostseeraum in Zukunft immer wichtiger für unsere Region wird. Wir als Land MecklenburgVorpommern besitzen im Ostseeraum, wie ich finde, eine Schnittstellenfunktion, die wir unbedingt nutzen müssen, wir, die Schnittstelle zwischen den – wenn ich das so sagen darf – alten Volkswirtschaften Mitteleuropas
und den jungen aufstrebenden Volkswirtschaften des Baltikums und Nordwestrusslands. Wir müssen uns hier als Land vernünftig aufstellen, auch das haben meine Vorredner bereits zum Ausdruck gebracht. Dazu verpflichtet uns unter anderem die Wirtschaftsstruktur unseres Landes, denn die Unternehmen bei uns sind im Durchschnitt kleiner als die Unternehmen in unseren Nachbarländern Hamburg und Schleswig-Holstein. Das heißt auch, dass sie mehr auf Unterstützung und Hilfestellung gerade bei der Kontaktaufnahme im Ausland angewiesen sind als die Großunternehmen in den anderen Ländern.
Und auch darauf hat Kollege Kuhn schon hingewiesen: In Artikel 11 unserer Verfassung ist festgeschrieben, dass wir die grenzüberschreitende Zusammenarbeit insbesondere im Ostseeraum fördern sollen. Somit ist das also kein Selbstzweck, es ist ein Auftrag, von dessen Erfüllung unsere Bürgerinnen und Bürger des Landes profitieren durch Arbeitsplätze, Wirtschaft, Tourismus, Export.
Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch das muss hier einmal gesagt werden: Friedliche und gute Nachbarschaft ist ebenfalls sehr wichtig in diesem Zusammenhang, denn die Zusammenarbeit im Ostseeraum ist ein Stück weit auch Friedensarbeit vor unserer eigenen Haustür, was leider sehr häufig vergessen wird. Doch wir sollten uns auch daran erinnern und aktiv an der friedlichen und guten Nachbarschaft weiter arbeiten.
Das setzt voraus, dass wir bei unseren Nachbarn eine gut funktionierende Vertretung haben, eine Vertretung, die den Vereinen und Verbänden, die unserer Wirtschaft Türen öffnen und Kontakte vermitteln kann. Daher begrüße ich für meine Fraktion das, was die Landesregierung, Frau Kollegin Borchardt, bereits bei ihren Verhandlungen im Hinblick auf die Zusammenarbeit zwischen Hamburg, Schleswig-Holstein und dem Delegiertenbüro der deutschen Wirtschaft erreicht hat. Wir haben jetzt endlich, wenn man das so sagen darf, fast zwei Standbeine in Nordwestrussland, St. Petersburg, das Leningrader Gebiet, und das Kaliningrader Gebiet. All dies decken wir nun ab. Besonders positiv hervor
heben möchte ich, dass sich die Wirtschaft – darauf habe ich in meiner Einbringungsrede hingewiesen – aus unserem Land hier auch finanziell beteiligen wird. Denn durch die Selbstbeteiligung wird ganz deutlich, dass wir hier tatsächlich konkrete Interessen der Wirtschaft aus unserem Lande haben.
Natürlich, Frau Kollegin Borchardt, kann man immer mehr verlangen, kann man sagen: Wo ist denn hier die parlamentarische Dimension? Im Grunde genommen haben Sie das hier fast selber beantwortet. Ich glaube schon, dass wir hier eine gewisse parlamentarische Dimension haben und als Parlament auch eine gewisse Verantwortung.
Wie gesagt, natürlich kann man immer mehr verlangen, und gerade als Opposition hat man es leicht, aber ich sage ganz klar:
Lassen Sie uns erst einmal sehen, wie sich die Sache entwickelt, Frau Kollegin Borchardt. Lassen Sie uns sehen, welche praktischen Erfahrungen alle Beteiligten mit dem Hanse-Office und dem Delegiertenbüro der deutschen Wirtschaft machen. Wir werden auch noch im Ausschuss durch die Landesregierung einen Bericht erhalten, wie sich das entwickelt hat. Dann sehen wir weiter, ob nachgesteuert werden muss, ob wir eine Schippe drauflegen müssen, was die Haushaltsberatungen betrifft.
(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Wozu brauchen wir denn einen Beschluss, wenn die Landes- regierung uns immer so schön unterrichtet?)
Warten Sie einmal ab, Kollegin Borchardt, Sie werden sehen, was in dem Bericht steht, und dann schauen wir mal, wie wir weiter verfahren. Für mich und meine Fraktion ist entscheidend, dass die ersten konkreten Projekte, Frau Kollegin Borchardt, bereits in Nordwestrussland geplant werden,
und das ist, wie ich finde, gut so. Daher wird meine Fraktion der Beschlussempfehlung zustimmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Andrejewski. Bitte, Herr Abgeordneter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist sehr fraglich, ob in einer Metropole wie St. Petersburg für eine deutsche Handelsrepräsentanz nicht ein bisschen mehr Rückhalt vorhanden sein sollte, als ihn drei kleine Bundesländer bieten können. Zwar wird der russische Markt für Deutschland immer wichtiger, der Konsum in Russland wächst rasant, die deutschen Exporte steigen an, aber es herrschen auch immer noch weitgehend rechtlose Zustände.
Im März 2005 beschlagnahmte beispielsweise der Zoll am Moskauer Flughafen einfach mal so 167.500 Moto
rola-Handys im Wert von 19 Millionen Dollar mit der Begründung, die Firma habe den Einfuhrzoll nicht bezahlt. Motorola konnte aber Zahlungsbelege vorlegen. Der Zoll überlegte einen Augenblick und verkündete dann, die Handys würden Strahlenrichtwerte überschreiten. Dies konnte Motorola durch Gutachten widerlegen, worauf sich eine Moskauer Firma mit dem Vorwurf meldete, Patentrecht sei verletzt worden, und Anzeige erstattete. Die Sache zog sich hin, die Handys ver schwanden und tauchten auf dem Schwarzmarkt wieder auf. Polizei und Justiz stellten sich taub. So etwas geschieht dort öfter.
Wer in Russland nicht über den Tisch gezogen werden will, muss in der Lage sein, der Willkür der Behörden und den noch häufig mafiosen Praktiken der Wirtschaft etwas entgegenzusetzen. Mecklenburg-Vorpommern ist dazu sicherlich nicht alleine imstande. Zusammen mit Hamburg und Schleswig-Holstein mag es besser aussehen, aber am sinnvollsten wäre es, wenn die Interessen der deutschen Handeltreibenden in St. Petersburg zentral von einer Institution vertreten werden, hinter der die deutsche Wirtschaft und der deutsche Staat insgesamt stehen, wie das beim Delegiertenbüro der deutschen Wirtschaft hoffentlich der Fall ist. Hier sollte man sich wirklich keine Kleinstaaterei leisten. Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern, das klingt auch zu sehr nach Nordstaat, in dem MecklenburgVorpommern nur ein einflussloses Anhängsel wäre.
Interessant ist auch noch der Verweis auf Artikel 11 der Landesverfassung, wonach Mecklenburg-Vorpommern auf die europäische Integration und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit hinwirken solle, woraus dann der Auftrag für die Bildung einer solchen Repräsentanz abgeleitet wird. Falls hier nicht endgültig der Größenwahn ausgebrochen ist und eine Einbeziehung Russlands in die EU ernsthaft angestrebt werden sollte, heißt das, dass die europäische Integration nicht unbedingt in Gestalt eines Superstaates erfolgen muss. Souveräne Staaten, die ihre kulturellen und wirtschaftlichen Kontakte untereinander ausbauen, ohne sich gleich einer eurokratischen Monsterbürokratie mit Einheitswährung und einer Unzahl von Richtlinien zu unterwerfen, sind auch eine Form von europäischer Integration. Dagegen wäre nichts zu sagen. Falls die EU aber weiterhin mit den USA die systematische Einkreisung Russlands betreibt, werden wir weiter das Gegenteil von Integration in Europa erleben.
Die Beschlussempfehlung selber ist so substanzlos, dass man weder dafür noch dagegen sein kann. Sie besteht aus drei Grüßen und einer Aufforderung, da kann man besser eine Postkarte schicken. Wir werden uns deswegen enthalten.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Raimund Borrmann, NPD: Das ist ein Postkastenbeschluss.)
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Herr Ratjen. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Lieber Herr Andrejewski, Ihr Beitrag ist wie eine Art Fehlberatung. Sie sagen: Ihr habt keine Chance, also gebt gleich auf, und gebt euch auf, denn ihr seid Loser.
Das ist Ihr Beitrag. Sie sagen, wir schaffen es eh nicht, Russland ist groß und Russland ist böse, also kneifen wir den Schwanz ein und hauen ab.
Also, liebe Landesregierung, ich meine, das muss man auch mal so sehen, wenn man erste Schritte geht, wie bei einem Neugeborenen, dann will man dem ja nicht gleich sagen, dass er nicht gerade läuft.
Es ist bestimmt nicht alles Gold, was in diesem Antrag glänzt, aber es sind erste Schritte. Deshalb stimmen wir als FDP-Fraktion diesem Antrag zu.
Lieber Herr Andrejewski, um noch einmal auf Sie zurückzukommen, es gibt sehr erfolgreiche kleine und mittelständische Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern, die in Russland sehr aktiv im Ex- und Importgeschäft sind. Die haben nämlich noch ein irrsinniges Know-how aus DDR-Zeiten mitgebracht. Die wissen, mit wem sie dort Handel betreiben.
Man muss nur nicht glauben, dass man mit einer Handelsvertretung, welcher Größe auch immer, alles sofort erreicht. Man sollte sich davor hüten zu glauben, wenn wir eine deutsche Gesamtstaatsvertretung machen, dass das insbesondere den Interessen von Mecklenburg-Vorpommern guttäte.
Ich habe so etwas schon einmal mitgemacht. Ich war in Dubai bei der deutschen Handelsvertretung, weil ich dort 2003 als Zahnarzt eingeladen war. Dort gab es ein riesiges Büro mit 38 Mitarbeitern.
Ich fragte nach, ob man mir helfen könne. Man erklärte mir, in zwei Wochen dürfte ich mich wieder melden. Ich könnte mir aber problemlos das Buch „Investieren in Dubai“ für 38,90 Euro kaufen. Das ist auch nicht die Lösung des Rätsels. Und da ist ein kleines, wenn auch zugegebenermaßen nicht überfinanziertes Büro vielleicht in irgendeiner Form insbesondere für unsere Interessen günstig.
Wir als FDP sind sehr gespannt auf den nächsten Bericht und hoffen, dass er etwas faktenreicher als dieser Bericht wird.
(Udo Pastörs, NPD: Sehr schön ausgedrückt. Sehr schön ausgedrückt. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)