Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Ergebnis der Volksabstimmung war noch gar nicht ganz verkündet, da hatte wohl die NPD ihren Antrag schon geschrieben.
(Michael Andrejewski, NPD: Das haben wir vorausgesehen. – Udo Pastörs, NPD: Auf die Iren ist Verlass, auf Sie nicht.)
Das Ergebnis liegt uns vor. Die NPD, so ist zu lesen, möchte mit dem vorliegenden Antrag erreichen, dass sich die Landesregierung gegenüber der Bundesregierung und das Informationsbüro vor Ort in Brüssel für ein Aussetzen des Ratifizierungsprozesses zum Vertrag von Lissabon einsetzen.
Darüber hinaus glaubt die NPD, massive Beeinflussungen der irischen Regierung seitens der Bundesregierung erkannt zu haben.
Natürlich haben diese, so der Antragstext, zu unterbleiben. Richtig ist, der Vertrag ist von den Bürgerinnen und Bürgern Irlands abgelehnt worden.
Und um es gleich vorwegzunehmen: Wohl wissend, dass die hier im Landtag vertretenen demokratischen Fraktionen sowohl zum Vertrag als auch zur Frage der direkten Demokratie unterschiedliche Einschätzungen beziehungsweise Auffassungen haben, werden wir Ihren Antrag ablehnen.
(Udo Pastörs, NPD: Doch! Sie sind doch selbst für Volksabstimmungen. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)
Dennoch werden Sie sich unsere Begründung anhören müssen. Eigentlich könnten wir es uns ganz leicht machen, denn einer undemokratischen und menschenverachtenden Partei
(Stefan Köster, NPD: Sprechen Sie doch jetzt nicht von Ihrer Partei! – Volker Schlotmann, SPD: Und das sagt der Schläger.)
Achtung durch die Annahme auch nur eines noch so sinnvoll erscheinenden Antrages entgegenzubringen, ist einfach zu viel verlangt.
Und, meine Damen und Herren, wer die Inhalte der Landtagssitzungen in der 5. Wahlperiode aufmerksam ver
folgt hat, wird unschwer erkennen können, der Landtag hat sich mit dem Thema der direkten Demokratie in dieser Legislaturperiode schon des Öfteren insbesondere im Zusammenhang mit dem EU-Reformvertrag beschäftigt.
Die Fraktion DIE LINKE hat sich, unterstützt von der FDP, bekanntlich stets für die Stärkung der direkten Demokratie ausgesprochen
und war in diesem Zusammenhang recht antragsfreudig. Das werden wir auch bleiben. Wir erkennen in der direkten Demokratie eine wertvolle Ergänzung zur parlamentarischen Demokratie.
Die Fraktionen der SPD und CDU wiederum, die sich im Übrigen aber auch ganz klar zur direkten Demokratie bekennen,
(Udo Pastörs, NPD: Das ist ja auch Demokratie, dass Sie sich schon gar nicht mehr aussprechen können.)
stehen einer Ausweitung eher skeptisch gegenüber und verweisen auf die bestehende Verfassungslage sowie auf die Erfahrungen in der Weimarer Republik.
Meine Damen und Herren, auch das Thema „Vertrag von Lissabon“ hat den Landtag mehrfach beschäftigt. Die Positionen der demokratischen Fraktionen wurden im Landtag hinlänglich dargestellt. Wir alle kennen die entsprechenden Anträge und Debatten. Und Sie von der NPD-Fraktion sollten sich Zeit nehmen und hier nachlesen! In den Debatten sind die politischen Einschätzungen von CDU, SPD, DIE LINKE und FDP hinreichend ausgetauscht.
Auch das können wir nachlesen. Diese unterschiedliche Bewertung des Reformvertrages der Landtagsfraktionen ist nichts Außergewöhnliches, sie ist vielmehr spiegelbildlich mit der Debatte in der gesamten Europäischen Union. Auch die Frage, ob und inwiefern der Vertrag von Lissabon mit dem Grundgesetz vereinbar ist, wurde unterschiedlich herausgearbeitet.
Und wie wir alle wissen, wird nun das Bundesverfassungsgericht zu entscheiden haben. Dort sind zwei Verfassungsbeschwerden der Mitglieder des Bundestages Peter Gauweiler, CSU, und Diether Dehm, DIE LINKE, und eine von der Bundestagsfraktion der LINKEN eingereichte Organklage anhängig.
Sie sehen also, meine Herren von der NPD, eine juristische Prüfung wird in der Bundesrepublik höchstrichterlich vorgenommen. Es ist nichts Außergewöhnliches, gab es doch auch zum EU-Verfassungsvertrag Verfassungsbeschwerden.
Und auch die Frage, die Sie, meine Herren der NPD, in Ihrem Antrag aufwerfen, ist umstritten. Also die Frage: Wie nun weiter nach dem irischen Referendum in der EU? Zunächst ist festzuhalten, dass die Situation nicht so einfach ist, wie es die NPD in der Antragsbegründung glauben machen will. Richtig ist, der Vertrag von Lissabon kann erst in Kraft treten, wenn die Ratifizierungen in allen Mitgliedsstaaten gemäß ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften erfolgreich durchgeführt wurden. Richtig ist aber auch, dass nach dem Votum der Iren der Ratifizierungsprozess in den Mitgliedsstaaten nicht zwangsläufig gestoppt werden muss. Mehrere Varianten werden aus juristischer und politischer Sicht diskutiert. Es ist naheliegend, dass diese von den jeweiligen Parteien, Vereinen, Verbänden und auch interessierten Bürgerinnen und Bürgern unterschiedlich bewertet werden. Diskutiert werden unter anderem folgende Fragen: Sollen die Iren in einem Jahr vielleicht noch einmal abstimmen?
(Udo Pastörs, NPD: Ja, so lange, bis das Ergebnis passt. Das kennen wir aus Dänemark von der Euroeinführung. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)
Oder soll der Vertrag zunächst ohne Irland beziehungsweise nur in Teilen in Irland in Kraft treten, so, wie es bei „Spiegel online“ am 13. Juni 2008 nachzulesen ist, dass Frankreich juristische Arrangements mit Irland plane?
Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat als mögliche Option den vorübergehenden Ausstieg Irlands aus dem europäischen Integrationsprozess genannt. Möglicherweise soll der Reformvertrag auch vollkommen neu verhandelt werden, gegebenenfalls von allen Mitgliedsstaaten durch Referenten verabschiedet werden. Das alles wird diskutiert und unterschiedlich bewertet.
Auch die Frage, ob denn das Referendum der Iren für die EU ein Rückschritt oder eher eine Chance für einen Neuanfang ist, werden wir hier im Landtag heute und wahrscheinlich auch morgen unter den demokratischen Fraktionen nicht abschließend beraten können.
Die Frage jedoch, ob denn die NPD einen ernst zu nehmenden Beitrag leistet, kann heute und ziemlich sicher auch morgen eindeutig von den demokratischen Fraktionen beantwortet werden: Nein, das kann sie nicht.
Als einzige Fraktion ist die NPD verfassungsfeindlich und der Europäischen Union gegenüber feindlich eingestellt.
(Udo Pastörs, NPD: Ja, Sie doch auch. Sie werden doch vom Verfassungsschutz auch beobachtet. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)
Um es klar zu sagen, meine Herren von der NPD: Kritik an der Europäischen Union ist natürlich legitim und das Recht,
zuweilen gar die Pflicht jeder Fraktion. Davon machen die demokratischen Fraktionen des Landtages auch Gebrauch, wenn auch mit unterschiedlicher Intention und Intensität. Sie jedoch kritisieren nicht die Europäische Union, Sie verachten die Europäische Union.