Protokoll der Sitzung vom 24.09.2008

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das haben Ihre Vordenker ja schon mal gemacht.)

Noch eine Sache, die noch skandalöser als der Mangel an direkter Demokratie hier in Deutschland, in Mecklenburg-Vorpommern, ist, dass Behinderte nicht Bürgermeister werden können. Ein Blinder oder ein Rollstuhlfahrer darf nicht Bürgermeister werden. Das war mir auch nicht so bewusst bis zur Landratswahl. Er kann Minister werden oder Ministerpräsident. Und was immer man gegen Dr. Schäuble sagen kann, jedenfalls eines nicht, dass er nicht im Stande wäre, sein Amt auszuführen, nur weil er im Rollstuhl sitzt. Das kann er. Aber aufgrund der Gesetzeslage, die wir hier haben, könnte er nicht Bürgermeister oder Landrat werden, weil die rechtliche Konstruktion so ist, dass das Wahlbeamte sind. Er muss sich also einem amtsärztlichen Untersuchungszeugnis unterziehen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

Und wenn seine Sehfähigkeit unter 80 ist, dann darf er schon nicht kandidieren.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

Das heißt, Behinderte dürfen nicht in ein solches Amt. Ein Repräsentant des Volkes, ein Verantwortlicher, der gewählt worden ist als Bürgermeister, der den meisten Leuten noch viel näher steht als der Ministerpräsident, der darf nicht behindert sein, er darf nicht krank sein, er darf nicht ein bestimmtes Alter überschreiten.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Er muss die Ernennungsvoraussetzungen erfüllen.)

Ein großer Teil des Volkes wird ausgeschlossen von diesen wichtigen Ämtern.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Er muss die Ernennungsvoraussetzungen erfüllen.)

Das ist in höchstem Maße der Menschenwürde widersprechend, das ist behindertenfeindlich.

(Peter Stein, CDU: Er muss auch verfassungstreu sein.)

Und wir werden Sie aufgrund dessen auch als Behindertenfeinde darstellen und sagen:

(Dr. Armin Jäger, CDU: Wissen Sie, was Sie darstellen? Bleiben Sie in Ihren Kreisen! Träumen Sie weiter! – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Das geht nicht, Sie verletzen die Menschenwürde.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Wir verlangen, dass die Bürgermeister und Landräte einen neuen Rechtsstatus bekommen: nicht mehr Wahlbeamte, sondern genau wie die Minister und Regierungsmitglieder einen eigenen Rechtsstatus, damit Rollstuhlfahrer nicht mehr ausgeschlossen sind vom Bürgermeisteramt.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Zum Thema!)

Und daran werden wir von nun an permanent erinnern. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Danke, Herr Andrejewski.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/1786 zur Beratung an den Europa- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer diesem Überweisungsvorschlag zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Überweisungsvorschlag mit den Stimmen der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP abgelehnt bei Zustimmung der Fraktion der NPD.

Gemäß Paragraf 48 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung wird der Gesetzentwurf spätestens nach drei Monaten zur Zweiten Lesung auf die Tagesordnung gesetzt.

Ich rufe jetzt auf den Tagesordnungspunkt 15: Beschlussempfehlung und Bericht des Petitionsausschusses gemäß § 10 Absatz 2 des Gesetzes zur Behandlung von Vorschlägen, Bitten und Beschwerden der Bürger sowie über den Bürgerbeauftragten des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 5/1809.

Beschlussempfehlung und Bericht des Petitionsausschusses gemäß § 10 Absatz 2 des Gesetzes zur Behandlung von Vorschlägen, Bitten und Beschwerden der Bürger sowie über den Bürgerbeauftragten des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Petitions- und Bürgerbeauftragtengesetz – PetBüG M-V) – Drucksache 5/1809 –

Das Wort zur Berichterstattung hat die Vorsitzende des Petitionsausschusses Frau Barbara Borchardt von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auf der Drucksache 5/1809 liegt Ihnen die Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses für den Zeitraum vom 1. Mai bis zum 31. Juli 2008 vor. Der Beschlussempfehlung können Sie einerseits entnehmen, dass uns 147 weitere Eingaben erreicht haben, davon 16 Eingaben zu Fragen der kommunalen Angelegenheiten, 13 Anliegen zum Landtag, 10 Anliegen zum Arbeitslosengeld II, 8 Eingaben zum Anliegen Schulwesen sowie 7 Eingaben in Richtung Gesundheitswesen. Gleichzeitig können Sie der Übersicht entnehmen, dass der Petitionsausschuss 183 Petitionen abgeschlossen hat. 183 Petitionen! Dazu haben wir in den letzten Monaten im Berichtszeitraum acht Ausschusssitzungen durchgeführt, wobei vier Sitzungen im Rahmen einer Ortsbesichtigung stattgefunden haben. Zwölf Petitionen haben wir mit Vertreterinnen und Vertretern der zuständigen Ministerien beraten, also nicht einmal zehn Prozent. Warum betone ich das? Um diese Frage zu beantworten, möchte ich ein paar Ausführungen zum Verfahren machen:

Nachdem im Ausschusssekretariat die Petition eingeht, wird in Absprache mit mir entschieden, von welcher Behörde eine entsprechende Stellungnahme einzuholen ist. Wenn dann die Stellungnahme vorliegt, wird der Petent durch das Sekretariat über den Inhalt informiert. Ziel ist es, dem Petenten die entsprechende Antwort zu übermitteln und ihm Gelegenheit zu geben, Nachfragen zu stellen beziehungsweise neue ergänzende Sachverhalte vorzutragen. Macht der Petent von diesem Recht Gebrauch, dann wenden wir uns erneut an das jeweilige Ministerium. Auch die dann erfolgte Antwort wird dem Petenten übermittelt. Sollte der Petent keine weiteren Nachfragen haben, erarbeitet das Sekretariat einen entsprechenden Verfahrensvorschlag. Die Abgeordneten des Petitionsausschusses erhalten nun die entsprechende Petition mit der Stellungnahme und dem Vorschlag des Ausschusses, um über den weiteren Umgang zu befinden. Selbstverständlich kann jeder/jede Abgeordnete vom Vorschlag des Sekretariats abweichen oder einen anderen Vorschlag unterbreiten. Aber das nur nebenbei.

Wird nun von einem Abgeordneten die Beratung mit Regierungsvertretern beantragt, dann wird die Petition auf die Tagesordnung gesetzt. Von diesem Recht wurde, wie gesagt, in zwölf Fällen Gebrauch gemacht. Nun kann man diese Zahl unterschiedlich bewerten. Wenn man wie ich positiv denkt, dann ist diese Zahl ein Beweis dafür, dass die Regierung in ihren Stellungnahmen nachvollziehbar den Entscheidungsweg dargestellt hat, es keine weiteren Nachfragen gibt oder auch keinen Handlungsspielraum. Es kann aber auch Ausdruck dafür sein, dass die Abgeordneten Ermessensspielräume gesehen haben, diese in Anspruch nehmen oder eine Gesetzeslücke schließen wollen. Motive gibt es sicherlich genügend. Ich möchte aber an dieser Stelle zum Ausdruck bringen, dass sich die Abgeordneten bei der Inanspruchnahme dieser Möglichkeit bewusst entscheiden und nicht, wie es manchmal so dargestellt wird, sorglos mit diesem Instrument umgehen.

Meine Damen und Herren, wie Sie weiterhin der Beschlussempfehlung entnehmen können, wurden 14 Petitionen nicht einstimmig abgeschlossen. Bei diesen Petitionen handelt es sich im Wesentlichen um Fragen des kommunalen Abgabengesetzes und Fragen des Nichtraucherschutzgesetzes, Themenkomplexe also, die wir hier im Landtag nicht nur einmal behandelt haben,

und wo von daher die unterschiedlichen Positionen bekannt sind. Auch hier eine Quote von unter zehn Prozent.

Wenn man sich weiterhin die inhaltlichen Schwerpunkte ansieht, ist Folgendes zu sagen: Nach wie vor wenden sich Bürgerinnen und Bürger an uns, die sowohl das kommunale Abgabengesetz kritisieren als auch die entsprechenden Satzungen. Es ist davon auszugehen, dass dieser Themenkomplex jetzt in Richtung Trinkwasser uns auch weiterhin begleiten wird. Gleichzeitig wird die Frage des Nichtraucherschutzgesetzes ebenfalls nach wie vor thematisiert, wobei hier deutlich wird, wie unterschiedlich doch die Sichtweise ist. Dem einen gehen die bestehenden Regelungen nicht weit genug, dem anderen viel zu weit. Auffällig ist der Rückgang der Petitionen im Bereich Strafvollzug. Es wird Sie sicherlich nicht wundern, dass ich diesen Rückgang auf unseren gemeinsamen Besuch vor Ort und selbstverständlich auch auf die frühzeitige Aufnahme von Anliegen der Insassen durch den Strafvollzug selbst zurückführe.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Abschluss möchte ich Sie darüber informieren, dass wir im Ausschuss die erste Auswertung unseres Gespräches im Bayerischen Landtag mit den Mitgliedern des Petitionsausschusses vorgenommen haben. Gemeinsam haben wir diskutiert, wo aus Sicht der Mitglieder des Ausschusses in unserem Land Handlungsbedarf in Bezug auf die Veränderung des Petitions- und Bürgerbeauftragtengesetzes gesehen wird. Wir haben uns dazu verständigt, dass ein möglicher Änderungsbedarf in den nächsten Wochen konkretisiert wird. Wir werden in den Fraktionen notwendige Änderungen beraten und dann gemeinsam abstimmen.

Als Ausschussvorsitzende würde ich mich freuen, wenn es den demokratischen Fraktionen des Landtages gelingen würde, einen gemeinsamen Antrag auf den Weg zu bringen. Bedanken möchte ich mich zum Abschluss bei den Abgeordneten des Ausschusses für die gute Zusammenarbeit und bei den Mitarbeiterinnen des Ausschusssekretariates für die gute Unterstützung unserer Arbeit sowohl bei der Abarbeitung der Petitionen im Ausschuss beziehungsweise bei den Terminen vor Ort. Ich bitte um Zustimmung zu unserer Beschlussempfehlung. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke schön, Frau Borchardt.

Es wurde vereinbart, eine Aussprache nicht durchzuführen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Der Petitionsausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 5/1809, die in der Sammelübersicht aufgeführten Petitionen entsprechend den Empfehlungen des Petitionsausschusses abzuschließen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Danke. Damit ist die Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses mit den Stimmen der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion der NPD angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 16: a) Beratung des Antrages der Fraktion der FDP – Bibliotheksförderprogramm für Mecklenburg-Vorpommern, Drucksa

che 5/1774, in Verbindung mit b) Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU – Entwicklung der Bibliotheken in Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 5/1793. Zum Tagesordnungspunkt 16 b) liegen Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/1824 und ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/1825 vor.

Antrag der Fraktion der FDP: Bibliotheksförderprogramm für Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 5/1774 –

Antrag der Fraktionen der SPD und CDU: Entwicklung der Bibliotheken in Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 5/1793 –

Änderungsantrag der Fraktion der NPD – Drucksache 5/1824 –

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE – Drucksache 5/1825 –

Das Wort zur Begründung des Antrages der Fraktion der FDP hat der Abgeordnete und Vizepräsident Herr Kreher von der Fraktion der FDP.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben noch die Anhörung zu den Bibliotheken im Kulturausschuss vor Augen und in den Ohren. Die Hilferufe, insbesondere von kleineren Bibliotheken auf dem Land, waren schließlich nicht zu überhören. Da wundert es schon, dass sich die Koalitionsparteien im Ergebnis gerade einmal zu einem sehr schmal formulierten Prüfauftrag aufraffen können.

Wir Liberalen wollen hier mehr für die Bibliothekslandschaft und wir wollen sofort handeln.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Mit dem Ihnen vorliegenden Antrag zu einem Bibliotheksförderprogramm für Mecklenburg-Vorpommern sollen mehrere Ziele erreicht werden. Es soll die von der Enquetekommission „Kultur in Deutschland“ des Deutschen Bundestags geforderte angemessene Aufwertung des Bibliothekswesens erreicht werden. Es soll all das erreicht werden, was die Große Koalition erst noch prüfen möchte: die Anerkennung der Bibliotheken als kulturelle Bildungseinrichtung, eine flächendeckende und qualitativ hochwertige Bibliotheksversorgung auch mit Präsenz im Internet, flächendeckende Versorgung durch fahrende Bibliotheken sowie eine entsprechende Fort- und Weiterbildung der Bibliotheksmitarbeiter. Zudem wollen wir aber auch die Optimierung der Zusammenarbeit und Aufgabenverteilung zwischen den verschiedenen Bibliotheken im Land erreichen. Auch hier scheint es Nachholbedarf zu geben. Wir wollen vor allem, dass Bibliotheken als wichtiger Bestandteil des lebenslangen Lernens gesehen werden und entsprechend auszustatten sind.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)