Bislang gibt es nur erschreckend wenige Daten zu Freisetzung und Umweltverhalten, zur Sicherung und zur Giftigkeit von Nanopartikeln. Es fehlen wissenschaftliche Grundlagen, ja nicht einmal methodische Grundsätze sind vorhanden, um vorläufige Risikobeurteilungen von Nanopartikeln vornehmen zu können, ganz zu schweigen von einer abschließenden.
Zunächst zu den Risiken für die Umwelt. Es muss überprüft werden, ob und wie viele Nanoteilchen bei Produktionsverfahren mit Nanos, bei der Herstellung von Nanos oder beim Gemeingebrauch von Substanzen, die Nanopartikel enthalten, in die Umwelt gelangen und wie sie sich dort verhalten. Das Problem wird noch dadurch vergrößert, dass die Abschätzung für jede Art von Nanopartikeln, je nachdem sogar für jede Anwendung, neu gemacht werden muss.
Wie sind die negativen Folgen? Welche Folgen sind möglich? Diese Nanoteilchen könnten in der Umwelt aufgrund ihrer Winzigkeit mobiler sein als andere toxische Substanzen, sie könnten sich aber auch an andere Schadstoffe binden, diese mobiler machen oder in Kombination ganz neue giftige Wirkung entfalten. Gerade wegen dieser Mobilität könnten sie ins Grundwasser gelangen. Nehmen Pflanzen Nanopartikel über Wurzeln oder Blätter auf, lagern sie diese ins Gewebe ein? Das ist noch wenig bekannt, ebenso ob sich diese Teilchen in der Nahrungskette anreichern. Ihre Wirkung auf die Qualität von Lebens- und Futtermitteln ist noch völlig ungeklärt. Auch die Risikoforschung zu giftigen oder unerwünschten Wirkungen der Nanotechnologie auf den menschlichen Organismus steht am Anfang.
2. Synthetische Nanoteilchen sind teilweise so behandelt, dass sie nicht koagulieren, zusammenbacken. Sie verweilen dadurch länger in der Luft, mit dem Risiko einer erhöhten Akkumulation durch Einatmung.
3. Die Nanopartikel sind wegen ihrer Größe teilweise extrem mobil. Eine Aufnahme durch den Organismus kann über Lunge durch die Luft, durch die Mundhöhle, Magen-Darm-Trakt über Nahrung, Wasser oder über die Haut durch Luft, Wasser, Cremes oder Textilien erfolgen.
4. Einmal im Organismus werden die Nanoteilchen mit Blut und Lymphe transportiert. Auch das Wandern über Nervenbahnen gilt als möglich.
5. Nanos überwinden durch ihre Winzigkeit körperinterne Schranken und dringen in verschiedene Gewebe ein. Die Forschung hat ein Eindringen auch ins Gehirn nachgewiesen.
6. Erste wissenschaftliche Untersuchungen konnten zeigen, dass einzelne Partikel toxisch wirken können.
Nach ihrem Eindringen in Körperzellen lagern sie sich in bestimmten Bereichen an, sind in der Lage, miteinander auf andere Zellbestandteile zu reagieren und den Zellstoffwechsel zu beenden oder zu lähmen, indem sie die Atmungskette der Mitochondrien, die zu 86 Prozent die energetische Basis des Zellstoffwechsels darstellen, unterbrechen.
7. Bis heute ist ungeklärt, ob und wie Nanopartikel vom Körper ausgeschieden und abgebaut werden können.
Bislang stehen noch keine konkreten Produkte in der Kritik. Doch das kann sich schnell ändern. Es ist Gefahr im Verzug, denn die fehlende Deklarationspflicht und die fehlenden Richtlinien machen es möglich, dass ohne unser Wissen bereits Nanopartikelsubstanzen Verbreitung gefunden haben. Zwar sind auf nationaler und internationaler Ebene verschiedene Bemühungen zur Regulierung und Standardisierung im Gang, doch gegenwärtig gibt es weder eine nationale noch internationale rechtlich verbindliche Regelung, Zulassungs- oder Deklarationsvorschriften, ja nicht einmal Definitionen. Dieser Zustand muss im Angesicht fehlender Sicherheit rasch beendet werden.
Im Ältestenrat ist eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vereinbart worden. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Als Erste hat das Wort für die Fraktion der FDP die Abgeordnete Frau Reese. Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte anwesende Abgeordnete! Ich denke, der Grad der Anwesenheit hier zeigt, wie viel Wertschätzung wir diesem Antrag beimessen.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP – Stefan Köster, NPD: Ja, Sie ziehen Ihre Anträge ja zurück.)
(Stefan Köster, NPD: Sie haben den schon mal nicht verstanden. – Beate Schlupp, CDU: Den haben Sie schon mal selber nicht verstanden.)
Ich will nun ein paar Dinge klarstellen, die Sie hier angesprochen haben. Die Nanotechnologie ist keine neue Erfindung. Bekannte Anwendungsfelder sind beispielsweise die Oberflächenbeschichtung, die Chipherstellung in der Computertechnik und in der kosmetischen Industrie. Hier wird sich die Größe der Teilchen von einem millionstel Millimeter, oder anders ausgedrückt einem milliardstel Meter, zu Nutze gemacht. Nanotechnologie heißt einfach formuliert nur so viel, dass die einzelnen Stoffe in kleinster Größe verwendet werden. Eine Anwendung der Nanotechnologie bei Lebensmitteln wird als durchaus denkbar angesehen. Kritiker vermuten, dass weltweit circa 600 Lebensmittel, weltweit 600 Lebensmittel mit Nanozusätzen auf dem Markt sind. Inwieweit diese
Zahlen allerdings Anspruch auf Richtigkeit haben, kann derzeit kaum jemand beurteilen. Die praktische Anwendung ist also noch die Ausnahme. Mit Ihrem Antrag wollen Sie lediglich eine Panik bei den Verbrauchern erreichen und ein unbegründetes Schutzbedürfnis schüren.
In der Fachliteratur wird von Anwendungsmöglichkeiten berichtet, sodass Nanomaterialien in Lebensmitteln als Hilfs- und Zusatzstoffe zum Einsatz kommen können. Beispielsweise als Rieselhilfe für Kochsalz, als Verdickungsmittel oder um das Zusammenkleben von Kochsalzkristallen zu vermeiden. Aus der Anwendung der Nanotechnologie ergibt sich keine Veränderung der stofflichen Zusammensetzung. Es werden lediglich herkömmliche Zutaten in Form nanoskalierter Strukturen eingesetzt. Insofern stimmt es also nicht, dass durch die Anwendung der Nanotechnologie Lebensmittel und Arzneimittel in ihrer ursprünglichen Beschaffenheit verändert werden.
Wie an der selbst von den Kritikern benannten mutmaßlichen Zahl der Anwendungshäufigkeit weltweit zu ersehen ist, ist die Anwendung der Nanotechnologie in der Lebensmittelbranche die Ausnahme. Eine Nanoflut auf die Konsumenten ist nach Aussagen des Bundes für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde nicht zu erwarten. Durch die Anwendung der Nanotechnologie soll erreicht werden, dass die Lebensmittel besser aussehen, länger frisch bleiben und dass die Vitamine und andere Zusatzstoffe aufgrund der Ummantelung tatsächlich ihre Wirksamkeit entfalten können.
Von den Befürwortern der Nanotechnologie wird die zukünftige Bedeutung für die Menschheit als sehr hoch eingeschätzt. Experten sehen in ihr eine der Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts. So wurde beispielsweise in 2006 von der Supermarktkette Penny ein Spray mit dem Namen „Magic Nano“ zur Behandlung von Oberflächen angeboten. Bei dieser Anwendung traten Atembeschwerden bei den Nutzern auf. Penny nahm das Produkt vom Markt. Im Ergebnis der sich anschließenden umfangreichen Untersuchung durch das Bundesinstitut für Risikobewertung kam dann allerdings heraus, dass gar keine Nanoteilchen darin enthalten waren und vermutlich die Aerosole des Treibgases Auslöser der Beschwerden waren und der Name nur zufällig gewählt wurde. Die Schlagzeilen waren gemacht und die Angst in der Bevölkerung geschürt.
Kommen wir nun wieder auf Ihren Antrag zurück. Sie befürchten Auswirkungen auf die Gesundheit des Menschen durch die Anwendung der Nanotechnologie bei Lebensmitteln und Arzneimitteln. Der Bund und die Länder haben sich bereits vorausschauend mit dem Thema befasst. Es wurde klargestellt, dass durch die Anwendung der Nanotechnologie bei der Herstellung von Lebensmitteln die EG-Verordnung über neuartige Lebensmittel und Lebensmittelzutaten oder die Zusatzstoff-Zulassungsverordnung berührt werden. Damit ist für die Anwendung der Nanotechnologie als Anwendung eines nicht üblichen Herstellungsverfahrens zwingend ein Genehmigungsverfahren vorgeschrieben. Die so hergestellten Lebensmittel dürfen somit erst in Verkehr gebracht werden, wenn der Nachweis zur Unbedenklich
Es laufen zurzeit Untersuchungen, in denen mit extrem hohen Dosen mögliche Effekte der Anwendung nachgewiesen werden sollen. Bisher ist kein Fall bekannt, in dem Nanopartikel die Gesundheit gefährdet hätten. Damit ist die Kennzeichnungspflicht für die Anwendung der Nanotechnologie bei Lebensmitteln, die im Sinne eines Warnhinweises zu werten wäre, überflüssig. Diese Kennzeichnung würde unserer Meinung im Gegenteil eher dazu führen, dass die Verbraucher sehr verunsichert werden. Die Lebensmittelkennzeichnung erfolgt durch die Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung und die Verordnung zur Neuordnung der Nährwertkennzeichnungsvorschriften für Lebensmittel auf Bundesebene.
Bisher gibt es in den einzelnen Staaten eine Vielzahl von unterschiedlichen Richtlinien, die bestimmte Einzelfälle der Kennzeichnung regeln. Derzeit wird auf europäischer Ebene die Erstellung einer EU-Verordnung vorangetrieben, um die Kennzeichnung von Lebensmitteln und die Nährwertkennzeichnung in Form einer Verordnung regeln zu können. Auf diesem Wege ist man schon sehr weit vorangekommen. Auch Mecklenburg-Vorpommern hat sich im Bundesrat über den Agrar- und Umweltausschuss an der Diskussion beteiligt.
Meine Herren in der rechten Reihe, ich gehe davon aus, dass auch Ihnen meine Ausführungen offengelegt haben, dass Ihre Forderung nach einer Kennzeichnungspflicht für Arznei- und Lebensmittel deshalb unbegründet, völlig überzogen und unverhältnismäßig ist. Wir lehnen Ihren Antrag ab.
Es hat jetzt noch einmal das Wort für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Herr Borrmann. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Vielleicht helfen Sie mir mal, Herr Brodkorb, ich glaube, es war Heraklit der sagte: „Einer ist mir mehr wert als Zehntausend“. Also die Menge und der Wahrheitswert, die müssen nicht unbedingt übereinstimmen.
Und ob es viele sind, die sich heute Gedanken machen oder wenige, das spielt für die Gefahr einer Sache überhaupt keine Rolle.
In Deutschland ist die Wertschätzung von Lebensmitteln gegenüber anderen Ländern, und ich denke da beispielsweise auch an Frankreich, durchaus nicht so, wie sie eigentlich sein sollte. Es gibt da diesen bekannten Scherz oder Witz, dass drei Europäer nach Spanien fahren – Großhändler –, um Tomaten dort einzukaufen. Der Engländer kauft die gesündesten Tomaten, der Franzose kauft die, die am besten schmecken, und der Deutsche nimmt die, die am besten aussehen.
Alles, was man nicht riechen, schmecken oder sehen kann, das ist auch nicht gefährlich. Radioaktivität beispielsweise kann man auch nicht schmecken und die ist dann dementsprechend offenbar auch nicht gefährlich.
Die toxische Wirkung dieser Materialien, oder einiger von diesen Nanomaterialien, ist durchaus gegeben. Ich habe zum Beispiel „Argus“ dazu mit verwandt, für Literaturrecherchen. Das ist zwar nur eine Sonntagszeitung, aber unter dem Titel „Kratzer in der Mini-Welt“ wird dort auf Untersuchungen hingewiesen, neuere Untersuchungen, die den Einfluss von Nanoteilchen auf Lungenzellen berühren. Da werden zum Beispiel Siliziumnanooxid, Nanoxid, äh Nanopartikel
ausgesetzt und diese bleiben gesund. Asbestfasern, das wissen Sie ja sicher alle, greifen diese Lungenzellen an und lassen sie nach kurzer Zeit absterben. Bei Eisenoxid-Nanopartikeln tritt ein ebenfalls toxisches Verhalten auf und diese Nanopartikel setzen der Zellkultur stark zu.
Wie ich schon in meinem Redebeitrag betont habe, muss man von Fall zu Fall unterscheiden. Und gerade das macht die Nanotechnologie so gefährlich, weil man