In den Ausschusssitzungen wurden die Argumente aus der Landtagsdebatte fortlaufend wiederholt und auch die öffentlichen Anhörungen brachten keine neuen Argumente zutage. Dementsprechend fällt auch die Beschlussempfehlung aus. Der Antrag soll abgelehnt werden. Gleichzeitig aber soll das Anliegen an sich gutgeheißen und mit einer Entschließung gekrönt werden. Das ist auch nicht neu und wurde vor einem Jahr an dieser Stelle schon mehrmals gesagt.
Kinder sollen wohlbehütet in intakten Familien aufwachsen. Dazu bedarf es nicht der Verankerung von besonderen Kinderrechten im Grundgesetz. Kinder sind ganz normale Menschen. Daher stehen ihnen auch alle Rechte zu, die sich aus den Artikeln des Grundgesetzes ergeben. Wenn es Ihnen wirklich darum geht, finanzielle Hilfen für Familien bereitzustellen, dann sind Sie, meine Damen und Herren, ganz kleinlaut. Hören Sie einfach auf, sich selbst etwas vorzumachen und die Menschen im Land hinters Licht zu führen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ja, die meisten von uns haben Kinder oder Enkelkinder. Wir wissen, Kinder wollen ernst genommen werden. Kinder brauchen für ihre Entwicklung die Liebe ihrer Eltern und umfassende Entwicklungsmöglichkeiten in der Gesellschaft. Aus diesem Grunde hat meine Fraktion vor einem Jahr den Antrag in den Landtag eingebracht, der Ihnen vorliegt, also Drucksache 5/1197.
Der Antrag ist im Rechtsausschuss behandelt worden, wir haben es gehört. Er wurde jedoch im Sozialausschuss, dem eigentlichen Kinder- und Jugendhilfeausschuss, auf Drängen der Koalitionsfraktionäre immer wieder vertagt, also nicht einmal behandelt.
Meine Fraktion und auch ich persönlich, wir haben immer wieder Hilfe zur Standpunktbildung angeboten, um den Erkenntnisprozess …
(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das ist aber wirklich reizend, was Sie für nette Leute sind.)
Lieber Herr Ringguth, ich hätte Sie gerne persönlich beraten. Ich hätte gerne mit Ihnen auch persönlich diskutiert, um diesen Erkenntnisprozess ein wenig zu beschleunigen.
Es stellte sich aber heraus, dass der Erkenntnisprozess für die Damen und Herren der Koalitionsfraktion leider ein Auf-der-Stelle-Treten war.
So ist es leider, dass wir mit unserer Forderung eben uns nicht in dem Maße durchsetzen konnten, wie wir es gern getan hätten.
Meine Fraktion und mit uns große Verbände, internationale Verbände wie UNICEF oder eben das Deutsche Kinderhilfswerk, der Deutsche Kinderschutzbund, aber auch viele kleinere Vereine und Verbände teilen unsere Auffassung, Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern.
Es wurde schon gesagt, in Mecklenburg-Vorpommern haben wir bereits im Juni 2006 auf Vorschlag der damaligen Regierungsparteien PDS und SPD die Landesverfassung um den Grundsatz der chancengleichen Teilhabe von Kindern und Jugendlichen am gesellschaftlichen Leben erweitert. Kinder sind unsere Zukunft. Das betonen wir fast jeden Tag. Wir lesen es auch fast jeden Tag. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Koalitionsparteien, sie sind auch unsere Gegenwart. Kinder sollen in unserer Gesellschaft willkommen sein und sie sollen sich auch willkommen fühlen. Eigene Kinderrechte im Grundgesetz sollten deshalb als Grundrecht, und das betone ich, und nicht etwa als Staatsziel formuliert werden. Denn als Inhaber eines eigenen Grundrechts könnte das Kind dieses einfordern, nicht
nur gegenüber den Eltern, wie das schon jetzt nach Artikel 6 des Grundgesetzes der Fall ist, sondern eben auch, und darum geht es schließlich, gegenüber dem Staat.
Insofern ist unser Antrag überhaupt nicht erledigt, wie es im Beschlussentwurf Punkt 1 heißt. Nein, angesichts der Entscheidungen des Landessozialgerichts Hessen am 26. Januar und des Bundessozialgerichtes gestern zeigt sich erneut, dass Kinder einer besonderen Lobby, eines besonderen Grundrechts bedürfen, das – und das ist das Entscheidende – den Gesetzgeber bindet und für Fachgerichte dann auch Entscheidungsmaßstab ist.
Es ist doch unerträglich, dass nach einem langen Rechtsweg wir gerade bei den Hartz-Gesetzen eine ähnliche Tendenz wie auch im Rentenrecht haben: Erst die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts beenden für viele Menschen den Leidensweg. Das sollte verändert werden, indem die Verfassung geändert wird und der Maßstab für den Gesetzgeber eindeutig ist.
Sie ist leider nicht zugegen, tut mir schrecklich leid. Sie wird es hoffentlich erfahren. Sie fordert einen Kinderbeauftragten.
Ja, das hört sich gut an, aber damit schieben wir doch die Verantwortung ab, statt sie zum Maßstab staatlichen Handelns eben beim Gesetzgeber und bei den Gerichten zu machen.
Also, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete, auch wegen Hartz IV mit seinen Folgen der verheerenden Kinderarmut brauchen wir die Kinderrechte im Grundgesetz. Kinderarmut – das ist materielle Armut, Kinderarmut ist zunehmende geistige Armut, ist Ausgrenzung aus dem geistig-kulturellen Leben. Das ist in keiner Weise akzeptabel.
Dass Sie sich letztendlich auf den Entschließungspunkt 2 geeinigt haben, der unseren Ursprungsantrag unterstützt, ist nicht zu kritisieren, ist es doch inzwischen über Parteigrenzen hinweg, angefangen bei der CDU-Bundesfamilienministerin bis hin zum SPD-Außenminister akzeptiert, dass Kinderrechte in das Grundgesetz gehören. Leider hat sich der Bundesrat am 19. September des vergangenen Jahres entschlossen, den Entschließungsantrag der Länder Bremen und Rheinland-Pfalz nicht zu beschließen. Deshalb wird meine Fraktion, weil der Antrag dem Grundsatz der Diskontinuität unterliegt, dieses Anliegen nach der neuen Bundestagswahl erneut aufgreifen.
Sie, meine verehrten Damen und Herren von den Fraktionen von CDU und SPD, aber auch FDP bitte ich darum, bis dahin in Ihren Parteien dafür zu werben, dass diese Initiative im nächsten Bundestag Erfolg hat, im Interesse der Kinder unseres Landes. Kinderrechte im Grundgesetz, Rechte der Kinder im Grundgesetz verankert – ich denke, wir haben dieses Ziel erreicht, wenn es dann so heißt, ähnlich wie in Artikel 24 der Grundrechtecharta, wo formuliert ist, das Kind hat Anspruch auf Schutz und Fürsorge. Es kann seine Meinung in allen es selbst berüh
renden Angelegenheiten frei äußern. Seine Meinung wird in Angelegenheiten, die es selbst betrifft, in einer seinem Alter und seinem Reifegrad entsprechenden Weise berücksichtigt. Bei allen das Kind betreffenden Maßnahmen öffentlicher oder privater Einrichtungen ist das Wohl des Kindes eine vorrangige Erwägung. Dem Kind wird Gelegenheit gegeben, in allen es selbst betreffenden Gerichts- oder Verwaltungsverfahren entweder unmittelbar oder durch einen Vertreter gehört zu werden. Das Kind hat ein Recht auf Bildung und bestmögliche Förderung zur Erreichung der Chancengleichheit. Das Kind hat das Recht auf einen seiner körperlichen, geistigen, seelischen, sittlichen und sozialen Entwicklung angemessenen Lebensstandard. In diesem Sinne hoffe ich, dass wir dann in Kürze hier gemeinsam zu einem erfolgreichen Abschluss dieser Debatte kommen.
Es sei mir gestattet, einen besonderen Dank zum Abschluss an dieser Stelle an Frau Dr. Lore Maria Peschel-Gutzeit zu richten. Diese ehemalige Senatorin für Justiz in Hamburg und Berlin, die sich seit Jahren für Kinderrechte im Grundgesetz engagiert, konnte meine Fraktion als Anzuhörende gewinnen. Frau Dr. PeschelGutzeit konnte sehr überzeugend ihre umfangreichen rechtswissenschaftlichen, politischen, aber auch persönlichen Erfahrungen zu diesem Thema einbringen. Ich empfehle insbesondere den Abgeordneten der CDUFraktion, sich dieses Gutachten anzuschauen, sich noch einmal damit zu befassen, um die eigene Standpunktbildung zu qualifizieren.
In diesem Sinne sehe ich mit Interesse und Hoffnung den weiteren Debatten entgegen und sehe das Anliegen des Antrages meiner Fraktion 5/1197 nicht als erledigt an. – Danke.
In Ziffer 1 seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 5/2158 empfiehlt der Europa- und Rechtsausschuss, den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/1197 abzulehnen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Damit ist die Ziffer 1 der Beschlussempfehlung des Europa- und Rechtsausschusses auf Drucksache 5/2158 bei Zustimmung eines großen Teils der Fraktion DIE LINKE, drei Abgeordnete haben sich enthalten, aber Zustimmung der Fraktion der SPD, der CDU, der FDP und der NPD zugestimmt.
In Ziffer 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Europa- und Rechtsausschuss, einer Entschließung zuzustimmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Danke. Damit ist die Ziffer 2 der Beschlussempfehlung des Europa- und Rechtsausschusses auf Drucksache 5/2158 bei Zustimmung der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, aber Ablehnung der Fraktion DIE LINKE, Enthaltung der FDP …
Gut, ich korrigiere mich noch einmal: Also DIE LINKE und die NPD haben sich enthalten und die anderen Fraktionen haben zugestimmt.
(allgemeine Unruhe – Zurufe aus dem Plenum: Nein! Nein! – Michael Andrejewski, NPD: Machen Sie mal eine Fraktionsbesprechung!)
und Enthaltung der Fraktion DIE LINKE und der NPD. Damit ist die Ziffer 2 der Beschlussempfehlung des Europa- und Rechtsausschusses auf Drucksache 5/2158 bestätigt.
Meine Damen und Herren, ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 11: Einspruch des Abgeordneten Stefan Köster gegen einen erteilten Ordnungsruf im Rahmen der Beratung des Tagesordnungspunktes 11 in der 57. Sitzung des Landtages am 17. Dezember 2008.