Protokoll der Sitzung vom 30.01.2009

Danke schön, Herr Schnur.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Borrmann von der Fraktion der NPD.

Herr Präsident! Abgeordnete des Landtages, die keine Bürger des Landes mehr sein wollen! Bürger des Landes!

(Peter Ritter, DIE LINKE: Spaßvogel des Jahres!)

Habt ihr euch schon einmal als Politikverbraucher die Frage gestellt,

(Irene Müller, DIE LINKE: Was? Was heißt hier „euch“?)

wie unterscheide ich einen richtigen Politiker von einem Salonlöwen?

(Sylvia Bretschneider, SPD: Also ich verbitte mir, dass Sie mich hier duzen! – Udo Pastörs, NPD: Gnädige Frau! Gnädige Frau!)

Die NPD gibt hier Tipps. Salonlöwen überlassen die Politik anderen und sonnen sich in Berichten, die sie von diesen anderen abgefordert haben.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Politiker hingegen gestalten und verschaffen sich neben dem Berichtswesen ein eigenes kritisches Urteil. Die Antragssteller der Drucksache 5/2142 sind ganz offensichtlich Schlosslöwen. Sie grummeln, wenn es um ihre Würde geht, aber sie handeln nicht. Sie fordern die Regierung auf, die Neue Verbraucherzentrale in Mecklenburg-Vorpommern im Haushaltsentwurf 2010/2011 „auf eine stabile finanzielle Basis zu stellen“. Handelt es sich um eine vorgezogene Haushaltsberatung? Warum wird da nicht eine Beschlussvorlage eingereicht, die einen Geldbetrag festlegt, der in den nächsten Haushaltsentwurf eingestellt wird? Über diesen Betrag kann man dann mit Gehalt streiten. Hier aber haben wir nur eine nichtssagende, schwammige Floskel: „Die Landesregierung wird aufgefordert, die … Verbraucherzentrale … weiterhin auf eine stabile finanzielle Basis zu stellen.“ Aufgefordert wird man vielleicht beim Tanz.

(Angelika Peters, SPD: Wer will denn mit Ihnen schon tanzen? Meine Güte!)

Was aber heißt das, eine finanzielle Basis?

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Stabilität vor der Insolvenz auf dem Niveau der Armseligkeit? Was heißt „weiterhin“? Ein Fingerzeig auf die Pleite der letzten Verbraucherzentrale? Ein Grund, weshalb sich die gegenwärtige „Neue Verbraucherzentrale“ nennt. Was aber soll man von so einer Beschlussfloskel halten? Wir meinen, nichts. Was soll man von den Verfassern halten, die so etwas fabrizieren? Nichts. Denn wer als Gesetzgeber keinen Willen der Gestaltung hat, der ist nur noch Staffage in einer obrigkeitshörigen, undemokratischen Gesellschaft, einer Gesellschaft, die von fremden Interessen gesteuert wird, durch die Europa

bürokratie in Brüssel, von internationalen Finanzkonzernen, die die Nation ausplündern,

(Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

und von Produzenten,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Guck mal, wie schön die weißen Bäume draußen sind! Ist das nicht herrlich?)

die irgendwo auf dem Planeten Dinge herstellen, deren Verfahren und Risiken nur noch Experten begreifen.

Bürger!

(Dr. Marianne Linke, DIE LINKE: Und Bürgerinnen, bitte! – Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)

Diese Politlöwen stehen einem System vor, dessen Gesellschaft sich von sich selbst entfremdet hat.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Was ist mit den Bürgerinnen, Herr Borrmann?)

Ihr Bürger habt euch in den Augen dieser vermeintlichen Löwen der Demokratie zu bloßen Verbrauchern verwandelt, deren einziger Trost eine Zentrale sein soll, die Hilfe zur Orientierung in dieser wahnhaften Wirtschaftsordnung anbietet. Die Regierung soll berichten. Heerscharen von Bürokraten werden wieder ins Laufrad geschickt, um emsig Papierseiten zu füllen, deren einziges Ergebnis eine zeitfüllende Ausschusssitzung sein wird.

Warum, Bürger des Landes, mischen sich diese Damen und Herren, die in eurem Namen zu regieren behaupten, nicht einfach unters Volk und sehen selbst, wie es um den Schutz von Verbrauchern bestellt ist? Was sind das für Zustände in einem Land, in dem Profite durch Verbrauchertäuschung, siehe Finanzkrise, erzielt werden, aber für finanzschwache Ratsuchende keine kostenlose Beratung möglich ist? Was ist das für ein gemeines System, in dem die Bänkster und Bankrotteure alleine in Deutschland 480 Milliarden Euro in den Arsch geblasen bekommen? Was ist das für ein böses System, in dem arme Leute auch noch Geld dafür bezahlen müssen, wenn sie dringend Rat benötigen? Was ist das für ein unwürdiges, niemandem nutzendes Parlament, dessen Abgeordnete sich noch nicht einmal aufraffen können, ein paar Millionen für kostenlose Bürgerberatung zu beschließen? Was ist das für eine Demokratie, in der der Ministerpräsident, offenen Verfassungsbruch begehend, dem Land Millionen auferlegt, damit das System von Spekulanten und Devisenschiebern straflos weiter auf Kosten der Bürger des Landes agieren kann?

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Unter einer nationalen und sozial orientierten Regierung, in der das Volk oberste Würde genießt und nicht seine Parlamentsangehörigen,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ha, ha, ha!)

wird diesem Spuk ein radikales Ende bereitet.

(Peter Ritter, DIE LINKE: So eine Volksregierung hatten wir schon mal, Herr Borrmann!)

Sie meinen, das wird nie geschehen? – Scheint die Sonne noch so schön, einmal muss sie untergehn.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Peter Ritter, DIE LINKE: Einmal wird der Borrmann untergehen, richtig. – Zuruf von Jörg Heydorn, SPD)

Herr Borrmann, ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf. Sie haben eben den Minister des Verfassungsbruchs bezichtigt.

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Wir werden das rechtlich prüfen lassen. – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Na denn mal zu!)

Meine Damen und Herren, das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Irene Müller von der Fraktion DIE LINKE.

Werter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich gebe zu, als ich diesen Antrag zum ersten Mal las – und deswegen ergänze ich auch noch zu meinem Kollegen Herrn Tack –, habe ich überlegt und gedacht, was ist dieser Antrag für eine Dreistigkeit. Als Nächstes habe ich überlegt und für mich festgestellt, na ja, entweder die Koalitionäre haben hier nicht begriffen, was ich, was meine Fraktion seit Herbst 2007 machen, sie haben Wahrnehmungsstörungen oder ganz einfach nicht den Sinn für die Einsicht.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Wir haben hier im Punkt 3 stehen, dass die Koalition plötzlich begriffen hat, dass die private Verschuldung in Mecklenburg-Vorpommern immer größer wird und dass man geeignete Maßnahmen treffen muss, um da entgegenzuwirken. Ja, meine Damen und Herren Koalitionäre, wieso denn jetzt plötzlich das?

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Was habe ich hier im Namen meiner Fraktion am 5. November, nicht 1870 oder so, sondern 2008 beantragt?

(Udo Pastörs, NPD: 1871 war ein gutes Jahr.)

Ich habe genau dieses beantragt, genau dieses, allerdings im Zusammenhang mit den Schuldnerberatungen. Nun mögen ja bei der Koalition plötzlich Probleme mit Geldumgang, Schulden was anderes sein, als wenn ich diese Probleme definiere mit der Neuen Verbraucherzentrale. Das sehen wir nicht so. Das sehen wir überhaupt nicht so. Und dass nun das Feststellen, dass dieses Problem besteht, schon irgendwas ändert an dem Problem, das kann es ja wohl auch nicht sein.

Wir hatten hier im November ganz eindeutig beantragt, dass ein Konzept erarbeitet wird, wo die Schuldnerberatung – und ich betone: die Schuldnerberatung – präventiv tätig werden kann, aus dem Wissen heraus, dass die Schuldnerberatung das kann, dass sie dementsprechende Fachkräfte hat, dass sie dementsprechend flächendeckend ist und dass sie auch dementsprechend über Analysen und Wissen um das Wie und Warum verfügt. Das haben Sie alles abgelehnt. Sie haben in der Sache abgelehnt, dass es das Problem Schulden hier in Mecklenburg-Vorpommern überhaupt gibt. Sie haben abgelehnt, dass Kinder und Jugendliche mit diesem Problem konfrontiert werden sollen, damit sie dann mit Geld umgehen können. Und nun haben Sie es plötzlich entdeckt? Das ist aber eine merkwürdige Änderung der Einsicht, zumal das Ganze ja mehr als unangenehm dahin gehend ist, ich musste jetzt überlegen, welches Wort ich nehme, alldieweil Sie doch ganz genau wissen, die Neue Verbraucherzentrale ist überhaupt nicht flächendeckend.

(Egbert Liskow, CDU: Kommen Sie mal zur Sache!)

Sie wissen ganz genau, dass sie mit ihrem Personal schon gar nicht die Möglichkeit hat, dementsprechend zu arbeiten, und Sie wissen ganz genau, dass vom Parlament aus das Aufoktroyieren einer neuen Aufgabe auf einen eingetragenen Verein überhaupt nicht geht. Wenn von der CDU hier zum Beispiel jemand oder wenn Herr Schulte hier gestanden hätte und wir hätten diesen Antrag hierher gegeben, genüsslich hätte er ihn zerrupft, genüsslich in alle Einzelteile zerrupft.

(Angelika Peters, SPD: Was wissen Sie von Herrn Schulte?)

Das Erste: Berichte, Berichte! Nanu, Berichte!

(Angelika Peters, SPD: Das ist ja erstaunlich.)

Sie als Koalition verlangen von Ihrer eigenen Regierung Berichte? Das ist aber merkwürdig. Eine Unterrichtung hätte ich ja noch verstanden.

(Angelika Peters, SPD: Um Sie zufriedenzustellen!)