Protokoll der Sitzung vom 04.03.2009

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 63. Sitzung des Landtages. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet. Die vorläufige Tagesordnung der 63., 64. und 65. Sitzung liegt Ihnen vor. Wird der Tagesordnung widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Damit gilt die Tagesordnung der 63., 64. und 65. Sitzung gemäß Paragraf 73 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung als festgestellt.

Die Fraktion der FDP hat einen Dringlichkeitsantrag zum Thema „Regierungserklärung zur Konjunkturkrise“ vorgelegt, der auf Drucksache 5/2318 verteilt wurde. Auf Drucksache 5/2323 liegt Ihnen ein Dringlichkeitsantrag der Fraktionen der SPD und CDU zum Thema „Budgethoheit des Landtages verteidigen“ vor. Die Fraktion DIE LINKE hat folgende Dringlichkeitsanträge vorgelegt: „Investitionen aus dem Konjunkturpaket II konsequent zum Ausbau der Barrierefreiheit nutzen“, auf Drucksache 5/2324, sowie „Diskriminierung von Hartz-IV-Empfängerinnen und -empfängern beenden – Äußerungen des JU-Vorsitzenden Mißfelder zurückweisen“. Die Fraktion der NPD hat einen Dringlichkeitsantrag zum Thema „Regierungserklärung zur Lage der Werftindustrie in Mecklenburg und Vorpommern abgeben“ auf Drucksache 5/2326 vorgelegt.

Wir werden diese Vorlagen, um die die Tagesordnung erweitert werden soll, nach der Mittagspause aufrufen, das Wort zur Begründung dieser Dringlichkeitsanträge erteilen sowie die Abstimmung über deren Aufsetzung herbeiführen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 1: Aktuelle Stunde. Die Fraktion der CDU hat gemäß unserer Geschäftsordnung eine Aktuelle Stunde zu dem Thema „Mehr Kinderfreundlichkeit gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten“ beantragt.

Aktuelle Stunde Mehr Kinderfreundlichkeit gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten

Das Wort hat der Fraktionsvorsitzende der CDU-Fraktion Herr Glawe.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! „Mehr Kinderfreundlichkeit gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten“ ist das Thema der Aktuellen Stunde. Die Leitbilder der Familienpolitik sind wertebestimmt und unterliegen auch dem Wandel. Familienpolitik ist gerade in Zeiten wirtschaftlicher Krisen besonders wichtig. Wenn Väter und Mütter einen Arbeitsplatz haben, halbieren sie das Risiko, durch Arbeitslosigkeit in Armut zu rutschen. Kinder sind ein Glück, sie sind sinnbestimmt und Erfüllung fürs Leben. Förderung der Gesundheit und der Gesunderhaltung der Familien ist auch ein wichtiger Bestandteil eines Staates und eines Landes.

(Udo Pastörs, NPD: Warum lebt dann jedes vierte Kind in Armut? So ein Geschwätz!)

Ausgleich von wirtschaftlichen Belastungen durch Kinder ist in vielen Ländern, auch in Mecklenburg-Vorpommern, Staatsziel. Zahlung von Kindergeld, Erziehungsgeld, Ausbildungshilfen, Mietbeihilfen, Steuererleichterung, preisgünstige Wohnungen, Erholungsmöglichkeiten, Ein

Insgesamt muss aber, und das gebe ich gern zu, im Bereich der Kita-Förderung und der Novellierung des Kita-Gesetzes noch einiges auf den Weg gebracht werden. Die Koalitionäre haben Arbeitsgruppen gebildet, in denen beide Fraktionen beteiligt sind, um Eckpunkte zu entwickeln, welche Möglichkeiten wir entwickeln müssen, um der Qualität vor allen Dingen in Bildung, aber auch bei der Frage Einschulung besser gerecht werden zu können, welche Maßnahmen wir dort einleiten müssen, um insgesamt Familie, Beruf und die Chancen für unsere Kinder im Land und für die Zukunft weiter zu verbessern.

Meine Damen und Herren, dies ist eines der wichtigen Ziele im Jahre 2009 und 2010 und dazu sage ich auch, wir müssen darum ringen, den Landesanteil bei der Finanzierung im KiföG zu erhöhen, um insgesamt den Mehrbedarfen gerecht zu werden. Das ist eines der wichtigen Ziele, für die wir als CDU mit stehen, und die Diskussion muss jetzt angeschoben werden, denn der Doppelhaushalt ist nicht mehr fern. In dem Sinne glaube ich, dass wir insgesamt interessanten Verhandlungen entgegensehen. Aber ich sage Ihnen voraus, wir, die SPD wie die CDU, werden uns intensiv im Interesse der Bürgerinnen und Bürger, der Familien, der Eltern, der Alleinerziehenden insgesamt dafür starkmachen, dass wir eine gute konstruktive Lösung im Interesse der Menschen auf den Weg bringen, und dazu lade ich auch für die Diskussion die Opposition mit ein. Ich bitte aber darum, dass konstruktive Vorschläge gemacht werden und nicht nur destruktiv die Dinge betrachtet werden oder immer nur das Negative hervorgestellt wird. Ich glaube, die Familien, die Kinder in unserem Land haben es verdient, dass wir intensiv darüber diskutieren. Ich will auch einschließen, dass wir den Rat der Kirchen insbesondere wieder nutzen wollen, um gute Ideen zu veranschlagen. Insgesamt ist es ja auch so, dass die Wohlfahrtsverbände schon einige Vorschläge gemacht haben. Alles muss diskutiert werden.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Darüber muss entschieden werden.)

Dazu sind wir bereit und ich lade Sie ein, an der Diskussion teilzunehmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Peter Ritter, DIE LINKE: Alles wird gut. – Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Glawe.

Ums Wort gebeten hat die Sozialministerin des Landes Mecklenburg-Vorpommern Frau Schwesig.

Sehr geehrte Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Kinderfreundlichkeit, damit hat die CDU-Fraktion heute ein wichtiges Thema in der Aktuellen Stunde platziert und, Herr Fraktionsvorsitzender Glawe, ich darf mich entschuldigen, dass ich einige Minuten später gekommen bin. Das liegt nicht daran, dass mir das Thema nicht am Herzen liegt, das wissen Sie, sondern daran, dass ich vor dem Landtag noch mit den Vertretern der Blindenverbände gesprochen habe und im Gespräch war. Das wird ja auch noch mal ein Thema in dieser Landtagssitzung sein.

Kinderfreundlichkeit ist kein weiches Thema für Sonntagsreden und deswegen bin ich Ihnen sehr dankbar, dass dieses Thema zentrales Thema der Aktuellen Stunde ist. Allerdings für meinen Geschmack ist der Titel leicht missverständlich, denn wir kümmern uns nicht nur um Kinder, wenn die Wirtschaft in der Krise steckt. Kinderfreundlichkeit ist kein Saisonthema, es ist Dauerbrenner.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und FDP – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sehr richtig. – Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Und die Kinderfreundlichkeit zieht sich im wahrsten Sinne des Wortes wie ein roter Faden durch die Politik der Landesregierung. Bereits der damalige Sozialminister und heutige Ministerpräsident hat das Thema Kinderland Mecklenburg-Vorpommern aus der Taufe hervorgehoben

(Zuruf von Hans Kreher, FDP)

und ich als Sozialministerin bin froh, dass Kinderfreundlichkeit in unserem Land Chefsache ist und nicht als Gedöns bezeichnet wird.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Hans Kreher, FDP: Wort gehalten ja, aber sonst nichts.)

Ja, natürlich hatte Schröder gesagt …

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Herr Glawe, ich scheue mich auch nicht, Kritik in meinen eigenen Reihen zu machen,

(Harry Glawe, CDU: Sehr gut, sehr gut.)

wenn es um wichtige Themen geht, aber deswegen bin ich sehr froh, dass wir einen Ministerpräsidenten haben, der das zur Chefsache gemacht hat,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Der vorhergehende wohl nicht?! Das kann doch nicht sein.)

und natürlich ist auch Mittelpunkt meiner Sozialpolitik die Familienfreundlichkeit, die Kinderpolitik.

Zu dem vorhergehenden Ministerpräsidenten werde ich noch was Freundliches sagen, Herr Methling. Haben Sie keine Sorge!

Kinderfreundliche Familienpolitik wird eben auch über die Zukunft unseres Landes entscheiden, denn Kinderfreundlichkeit ist nicht nur eine Frage der Familienpolitik und eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, sondern das ist eine ökonomische Frage. Wir stehen vor großen demografischen Herausforderungen, wir brauchen die Kinder in unserem Land und wir müssen vor allem Sorge dafür tragen, dass die Kinder, die da sind und noch geboren werden, dass wir für diese Kinder Chancen bieten, dass wir wirklich kein Kind zurücklassen, denn auch das ist nicht nur eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, sondern das ist auch eine ökonomische Frage. Wir brauchen Kinder mit guter Bildung, später mit guten Schulabschlüssen, dass sie in Arbeit kommen, dass wir gute Fachkräfte in unserem Land haben und dass wir uns die Sozialleistungen, die Reparaturleistungen, die wir immer wieder nach hinten heraus bezahlen, sparen können und dass wir frühzeitig investieren. Das ist Ziel der Sozialpolitik der Landesregierung,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Zuruf von Hans Kreher, FDP)

denn die größte Krise in Deutschland ist doch die Krise der Kinderlosigkeit, auch wenn wir eine leichte Tendenz verspüren, dass wieder mehr Kinder in unserem Land geboren werden. Deswegen brauchen wir diese Kinder und wir dürfen kein Kind zurücklassen.

Kinderfreundlichkeit ist mittlerweile in der Landesregierung so ein breites Feld, dass ich fast die ganze Aktuelle Stunde für mich bräuchte, aber die Aktuelle Stunde ist die Stunde des Parlaments, deswegen möchte ich mich auf drei Schwerpunkte beschränken.

(Harry Glawe, CDU: Sie können ruhig durchziehen.)

Wir brauchen zum einen einen Mentalitätswechsel und deswegen ist Kinderfreundlichkeit eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

(Vincent Kokert, CDU: Sehr richtig, Frau Ministerin.)

Kinderfreundlichkeit ist nicht nur eine Frage der Familienministerin, Kinderfreundlichkeit geht alle in unserem Land was an und deshalb kann ich nur daran appellieren, dass wir gemeinsam das Thema Kinderfreundlichkeit weiter befördern.

(Harry Glawe, CDU: Das unterschreiben wir glatt.)

Wir brauchen natürlich auch Unterstützung für Familien, ganz konkret finanzieller und struktureller Art, und wir brauchen eben die Chancengleichheit für unsere Kinder. Dieser Mentalitätswechsel ist deswegen wichtig.

Wir reden viel davon, dass Kinder Lebensglück sind, dass Kinder Erfüllung sind, dass die Kinder Liebe, Sicherheit und gerechte Lebenschancen brauchen. Dafür brauchen wir natürlich in erster Linie die Eltern, aber auch den Staat, die Wirtschaft und die Gemeinschaft, und wir müssen eingestehen, dass trotz aller Bemühungen in Mecklenburg-Vorpommern, in Deutschland zu Teilen doch immer noch ein kinderfeindliches Klima herrscht. Ich kann es einfach nicht verstehen, dass es, wenn man mit der Bahn von Norden nach Süden quer durch Deutschland fährt, es kein Kinderabteil gibt, es keine Kinderspielecke gibt. Ich kann es nicht verstehen, dass es in Deutschland möglich ist, zu klagen gegen KitaNeubauten in Wohngebieten, weil diese stören würden.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP)

Und ich kann auch nicht nachvollziehen, dass es in Schwerin möglich ist, Spielgeräte abzubauen, weil die Kinder stören im Wohngebiet. Ich würde mir auch manchmal wünschen, dass es eher ein freundliches Lächeln als einen bösen Blick gibt, wenn die Kinder im Restaurant zappeln und sich nicht wie die Erwachsenen am Weinglas festhalten.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und FDP – Harry Glawe, CDU: Sehr richtig.)

Deshalb ist es richtig, dass die Landesregierung eben mit „Kinderland M-V“ genau dieses Thema Kinderfreundlichkeit in die Mitte der Gesellschaft rückt und dass wir versuchen, diesen Mentalitätswechsel voranzutreiben.

Kinderfreundlichkeit fängt vor Ort an, in der Kommune. Wir haben den Landeswettbewerb „Familienfreundliche Kommune“, wir haben die lokalen Bündnisse. Wir werden in diesem Jahr erstmalig den Familienkonvent hier im Landtag durchführen. Dafür auch herzlichen Dank an die Unterstützung der Landtagspräsidentin! Wir haben den Familienbeirat, einen großen breiten gesellschaftlichen Beirat, der die Sozialministerin berät. Und wir überprüfen zukünftig alle Gesetzgebungsvorhaben auf Familienfreundlichkeit, weil, wie gesagt, Familienfreundlichkeit alle Ressorts und alle Lebensbereiche angeht.

Aber es geht auch um ganz konkrete Unterstützung, die Familien brauchen, und jetzt komme ich zum wichtigsten Thema. Das Wichtigste für Familien ist gute Arbeit, von der die Familien leben können.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Und da bin ich beim Ministerpräsidenten a. D., dessen Regierungsziel von Anfang an war, Arbeitsplätze in Mecklenburg-Vorpommern zu sichern. Das wird natürlich unter der aktuellen Regierung fortgesetzt.

(Udo Pastörs, NPD: Dafür haben wir auch so viele verloren. – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)