Herr Abgeordneter Borrmann, ich weise Sie auf die Ordnung dieses Hauses hin und darauf, dass eine Beschuldigung dieser Art, wie
Sie sie eben geprägt haben, nicht unbedingt den parlamentarischen Spielregeln dieses Hauses entspricht.
Herr Abgeordneter Andrejewski, Sie haben Äußerungen des amtierenden Präsidenten nicht zu kommentieren. Ich weise Sie darauf hin, dass ich Sie, falls Sie das noch einmal tun, mit einem Ordnungsruf belege. Ich habe hier die Ordnung und die vernünftige Sitzungsabfolge zu gewährleisten, und eine solche Beschuldigung, wie sie eben geäußert wurde, empfinde ich als unparlamentarisch, weise sie an dieser Stelle zurück und mache darauf aufmerksam, dass sie, wenn sie wieder erfolgt, zu Ordnungsmaßnahmen führt.
Ich darf noch einmal sagen, das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Deshalb ist es auch aus meiner Sicht unredlich, das eine gegen das andere auszuspielen, wie es in der Anhörung mehrfach versucht wurde. Gerade jetzt müssen wir uns für eine verantwortungsbewusste Haushaltspolitik starkmachen, denn, meine Damen und Herren, staatliche Konjunkturhilfen sind keine Konsolidierungsprogramme für strukturell angeschlagene Landeshaushalte. Sie werden einzig und allein zu dem Zweck vergeben, in der schwersten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten einen Zusammenbruch unserer Ökonomie zu verhindern.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal deutlich darauf hinweisen: Die SPD steht zu der Verantwortung einer nachhaltigen Haushaltspolitik. Über die konkrete Umsetzung sind wir aber auch bereit zu streiten, so auch beim Thema Landesblindengeld.
Hier mussten wir versuchen, einen Ausgleich herzustellen zwischen den finanzpolitischen Zwängen, das heißt einer deutlichen Absenkung des Landesblindengeldes, und unseren sozialpolitischen Wünschen, das heißt einer Beibehaltung des ursprünglichen Niveaus. Wie Ihnen bekannt sein dürfte, hat es im parlamentarischen Verfahren zahlreiche Änderungen zugunsten der betroffenen Blinden und Sehbehinderten gegeben. Wir haben uns intensiv mit der Kritik und den Argumentationen, die an uns herangetragen wurden, beschäftigt und wesentliche Verbesserungen an dem ursprünglichen Gesetzentwurf der Landesregierung durchgesetzt.
Besonders wichtig war es uns, dass den Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen Rechnung getragen wird.
Deshalb bin ich froh, dass wir es durchsetzen konnten, die Leistung für blinde und hochgradig sehbehinderte Kinder und Jugendliche bei der Neuregelung unverändert auf gleicher Höhe zu belassen.
So soll das Blindengeld jetzt 430 Euro betragen. Das sind immerhin fast 100 Euro mehr, als im Gesetzentwurf vorgesehen war.
Ich denke, dass wir unter den eingangs erwähnten Prämissen der notwendigen Haushaltskonsolidierung einen vernünftigen Kompromiss gefunden haben. Wer jetzt bemängelt, dass aber der wirkliche Bedarf eines blinden Menschen damit nicht abgedeckt werden könne, dem sei gesagt: Pauschalbeträge können niemals den tatsächlichen individuellen Bedarf für einen Nachteilsausgleich abbilden.
Wie unterschiedlich die Bedarfsdeckung beurteilt wird, zeigt die politische Diskussion zum gleichen Thema in unserem Nachbarland Niedersachsen. Dort soll das Landesblindengeld von 220 Euro auf lediglich 265 Euro angehoben werden. Der Geschäftsführer des Blinden- und Sehbehindertenverbandes Niedersachsen, HansWerner Lange, kommentiert dies wie folgt, ich zitiere: Die Anhebung „,ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber unser Ziel bleibt weiterhin die Angleichung des Blindengeldes an die Sätze der Pflegestufe II, die bei 420 Euro monatlich liegen.‘“
„,ist es blinden Menschen möglich, ihr Leben weitestgehend unabhängig und selbstständig zu führen.‘“
Wohlgemerkt, meine Damen und Herren, hier fordern die Betroffenen als Voraussetzung für ein weitgehend unabhängiges und selbstständiges Leben ein Blindengeld von 420 Euro. Mit unseren 430 Euro liegen wir also noch oberhalb der Forderung des niedersächsischen Blindenverbandes.
Die damalige Abgeordnete und heutige Finanzministerin Heike Polzin hatte bei der Einbringung des Gesetzes angekündigt, dass die SPD-Fraktion konstruktiv in den Diskussionsprozess gehen, Spielräume ausloten und einen tragfähigen Kompromiss finden wird. Ich denke, das haben wir getan.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Gäste, natürlich weiß ich, dass uns deshalb niemand zujubeln wird. Eine Kürzung bleibt eine Kürzung und sie wird für viele Menschen mit Sehbehinderungen in unserem Land mit Sicherheit schmerzlich sein. Das ist uns allen durchaus bewusst. Aber ich bitte die Betroffenen um Verständnis für diese schwierige Entscheidung. Glauben Sie mir, niemand von uns, niemand von uns hat es sich dabei leicht gemacht. Unser Land hat große finanzielle und strukturelle Probleme, die seine Handlungs- und Zukunftsfähigkeit gefährden. Wir können sie nur lösen, wenn wir alle an einem Strang ziehen und jeder seinen Teil dazu beiträgt. Dabei werte ich es schon als ein klares sozialpolitisches Signal und Bekenntnis, wenn unser Land unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen beim Thema Blindengeld im Vergleich aller Bundesländer im oberen Mittelfeld liegt, genau gesagt, auf Platz sieben,
(Peter Ritter, DIE LINKE: Man sollte mal Spitze sein und nicht nur Mittelfeld. – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)
Im Vergleich mit den ostdeutschen Flächenländern bleiben wir auch nach der Kürzung immer noch diejenigen mit dem höchsten Landesblindengeld.
Ich bitte Sie daher um Zustimmung zur Beschlussempfehlung. Den Antrag der FDP lehnen wir ab. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Müller. Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Werter Herr Landtagspräsident! Meine Damen und Herren! Ich gebe ja zu, Herr Fraktionsvorsitzender von der SPD, dass es für Sie verdammt schwierig ist, eine Sache hier zu propagieren und noch schönreden zu wollen, wo Sie ganz genau wissen, dass es weder schön noch gerecht noch notwendig ist.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ich war ehrlich, Frau Müller. Ich habe nichts schöngeredet.)
Wenn Sie ehrlich wären, Herr Dr. Nieszery, dann hätten Sie sich auf die Argumente beziehen müssen, die Sie gesprochen haben, als Sie mit dem Blindenverband Güstrow zusammen waren.
In diese Richtung habe ich hier heute sehr, sehr viel zu sagen, weil ich von Anfang an erklären muss, diese Änderung des Landesblindengeldes,