Ich beantrage namentliche Abstimmung, einmal für den Gesetzentwurf der Regierung beziehungsweise jetzt der Beschlussempfehlung aus dem Sozialausschuss und einmal namentliche Abstimmung für unseren Antrag. – Danke.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU der Fraktionsvorsitzende Herr Glawe. Bitte schön, Herr Glawe, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! Der Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung von Nachteilsausgleichen für Menschen mit Behinderung steht heute zur Abstimmung auf der Tagesordnung. Wir haben sehr lange darüber diskutiert, miteinander die Meinungen ausgetauscht. Fakt ist eins: Im Koalitionsvertrag sind die Dinge verabredet worden. Wir haben ein Benchmarking gemacht. Das Sozialministerium hat einen Gesetzesentwurf vorgelegt und dort waren Kürzungsvorschläge auf 333 Euro, angelehnt an das Landesblindengeld in Sachsen. Das Benchmarking war nötig, um Vergleiche zwischen den einzelnen Bundesländern herzustellen. Als der Gesetzentwurf den Landtag erreicht hat, ist natürlich wie üblich auch überall mit den Abgeordneten, mit den Fraktionen und mit den Vertretern von Fraktionen diskutiert worden, und zwar durch die Blinden- und Sehbehindertenverbände. Sie waren in allen Fraktionen, natürlich auch in der CDU-Fraktion.
Insgesamt darf man feststellen, dass damals in den Gesprächen mit den Beteiligten gesagt worden ist, dass wir eine Nachbesserung erreichen wollen. Die Kürzung auf 333 Euro haben wir, und das einvernehmlich zwischen SPD und CDU, im Koalitionsausschuss mit den Fraktionsvorsitzenden, mit den Fraktionen, mit den Mitgliedern und auch mit den Blindenverbänden besprochen. Wir haben in dieser Frage bei der Nachbesserung Wort gehalten. Natürlich muss man auch, wenn man eine gesamtwirtschaftliche Betrachtung im Auge haben muss, die Interessen des Landeshaushaltes sehen. Und im Lichte dieser Entscheidung liegt heute der Antrag vor, das Landesblindengeld auf 430 Euro entgegen dem Vorschlag des Sozialministeriums zu erhöhen,
und zwar 273 Euro und 5 Cent zu belassen. Und auch die Neuregelung des Inkrafttretens wird zum 1. Mai 2009 geregelt, eigentlich war das für den 1. Januar vorgesehen.
Meine Damen und Herren, ich weiß, dass ich damit keine Jubelarien hier auslösen werde und auch, dass viele
Betroffene durchaus die Sache ganz anders sehen. Das ist auch völlig legitim. Nichtsdestotrotz müssen eine Landesregierung und auch ein Landtag Entscheidungen treffen. Wir sind im Bundesvergleich weiterhin im oberen Mittelfeld bei der Zahlung von Landesblindengeld angesiedelt. Dieses Landesblindengeld wird gewährt, ohne dass man das Einkommen der Blinden kontrolliert, es wird einkommensunabhängig gewährt. Das will ich hier noch mal sagen, dass das auch jeder noch mal von den Bürgerinnen und Bürgern weiß.
Meine Damen und Herren, die Kürzungen fallen auch uns als Christdemokraten schwer. Nichtsdestotrotz sage ich noch mal: Wir haben im Auftrag auch vieler CDU-Mitglieder mit vielen Verbänden gesprochen. Ich glaube, wir haben eine vertretbare Lösung vorgelegt. Deswegen werbe ich hier um Zustimmung.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Herr Köster. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Selten hat ein Gesetz in den letzten zweieinhalb Jahren so viel Unverständnis erzeugt wie der Entwurf des Gesetzes zur Neuregelung von Nachteilsausgleichen für Menschen mit Behinderung.
„Schwerin will Blinden ans Portemonnaie“, titelte beispielsweise die „Ostsee-Zeitung“. Aber nicht nur die Tatsache, dass wieder einmal Sozialleistungen gestrichen werden, ist schon schlimm genug, gerade die Vorgehensweise dieses Sozialabbaus steht sinnbildlich für die Politik einer abgehobenen politischen Klasse.
Offenbar hat man in den Reihen der Koalition nicht mit dem Ausmaß des Prozesses gerechnet. Ehe sich die damalige Finanzministerin Keler, die als Verantwortliche für die Kürzung erst einmal herhalten musste, versah, hatte sie die eigenen Genossen als Gegner. Auch die CDU-Landtagsfraktion tat vollkommen unwissend und meldete plötzlich weiteren Gesprächsbedarf an. Haben Sie, Vertreter der Regierungskoalition, wirklich daran geglaubt, dass die Bürger im Land diese Streichungen nicht bemerken? Dabei hatte doch das Kabinett, dem auch CDU-Vertreter angehören, diese Kürzung beschlossen. Die Banker bekommen vom Staat Kapital und Kaviar, während beim Bürger gespart wird, was das Zeug hält.
Er fühlte sich sogar von der Landesregierung im Allgemeinen und dem jetzigen Ministerpräsidenten Sellering im Besonderen getäuscht und bezeichnete das Vorgehen von Herrn Sellering als unseriös. Tarnen und Täuschen, ist dieses der Politikstil der Landesregierung? Und seriöse Arbeit ist von der Hartz-IV-Partei nun wirklich nicht zu erwarten. Auch andere SPD-Landtagsabgeordnete empörten sich gegenüber den Medien und gaben an, dass ihnen die vollständigen Zahlen vorenthalten worden sein sollen. Der SPD-Arbeitskreis „Landesblindengeld“ habe sich sogar einhellig gegen das Gesetz ausgesprochen.
Frau Tegtmeier forderte sodann, Zitat, „erhebliche Korrekturen zur Schadensbegrenzung“. Pleiten und Pannen, so kann dieser Politikstil des Herrn Sellering auch bezeichnet werden. Man sollte ihm zurufen: „Schuster, bleib bei deinem Leisten!“,
denn seine Zeit als Sozialminister als auch als Ministerpräsident ist wahrlich kein Ruhmesblatt für Mecklenburg-Vorpommern.
Fakt ist, dass das Landesblindengeld einzig und allein gekürzt wird, damit dem Land Einsparungen in Millionenhöhe zugute kommen. Eine sachliche Begründung, warum die blinden und sehbehinderten Bürger des Landes mit weniger Geld auskommen können, blieb die Landesregierung bis heute schuldig. Sie konnte bislang ja noch nicht einmal darlegen, in welchem Ausmaß der finanzielle Aufwand von Sehbehinderten und Blinden durchschnittlich höher ausfällt als bei nicht Sehbehinderten. Der gemeinsamen Stellungnahme des Blinden- und Sehbehindertenvereins Mecklenburg-Vorpommern, des Deutschen Vereins der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf und des Vereins für Blindenwohlfahrt Neukloster wurde eine Aufstellung angefügt, aus der bei einzelnen Produkten und auch Gegenständen des täglichen Lebens der erhöhte Aufwand für Blinde und Sehbehinderte dargelegt wurde. Die NPD-Fraktion hat den Eindruck, dass die politisch Verantwortlichen in den Ministerien diese Aufstellung nicht deuten können, wobei sachliche Argumente, so gut sie auch seien, absolut keine Rolle spielen für die Landesregierung und demzufolge auch nicht gewichtet werden. Ziel ist die Einsparung von Finanzmitteln durch Streichung von Sozialleistungen auf dem Rücken aller Bürger, die sowieso schon wenig zum Leben haben.
Auch viele Kommunen haben der Landesregierung und dem Landtag sehr deutlich gemacht, was sie von den Kürzungsabsichten der SPD-CDU-Koalition halten. Für die Anhörung zur Kürzung des Blindengeldes hatten wir als NPD-Fraktion unter anderem folgende Fragen an die Anzuhörenden gestellt:
Erstens. Wie beurteilen Sie die Entwicklung der Kaufkraft des Landesblindengeldes seit der letzten Erhöhung des Landesblindengeldes 1999 unter Beachtung der Geldentwertung?
Zweitens. Welche Ausgaben werden aus Ihrer Sicht von den Betroffenen durch das Landesblindengeld getätigt?
Diese Fragen sind von grundsätzlicher Bedeutung, denn erst einmal muss doch ermittelt werden, wie hoch der Bedarf einer Maßnahme ist, um dann eventuelle Einsparmöglichkeiten zu prüfen. Dieser Weg wäre der vernünftige und auch seriöse gewesen. Die Landesregierung
hat aber von solider Arbeit eine andere Auffassung. Sie beschließt erst einmal selbstherrlich eine Kürzung, um dann den Betroffenen im Anschluss darlegen zu lassen, warum diese in dieser Art und Weise nicht gerechtfertigt sein soll. Politik für das Volk lässt sich mit dieser Grundhaltung nicht bestreiten. Und so wird man dann in einigen Jahren hoffentlich hier in Mecklenburg-Vorpommern nur von einer sehr kurzen Episode der Sellering-Regierung sprechen.
Diesen Politikstil der eingeschlafenen Hand benötigen wir und auch die Bürger nicht, wobei auch nicht vergessen werden darf, dass die rot-rötere Regierung bereits die reelle Kürzung des Blindengeldes einleitete, indem sie den Dynamisierungsfaktor aus diesen wichtigen Bezügen herausgenommen und mit bestehender Geldentwertung selbst für eine faktische Kürzung von 20 Prozent gesorgt hat. Noch einmal zur Verdeutlichung: Ausgerechnet die Linkspartei stellt sich nun an die Spitze jener Benachteiligten, denen das Landesblindengeld drastisch gekürzt werden soll, obwohl sie die Kürzung vor ein paar Jahren einleitete.
(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Frau Müller hat Ihnen das doch erklärt. – Irene Müller, DIE LINKE: Er hat nichts verstanden.)
Mein Kamerad Raimund Borrmann machte für die NPDFraktion in seinem Redebeitrag im letzten Jahr auf diesen Sachverhalt aufmerksam
Bleibt zum Schluss festzuhalten: Für die SPD reicht es in diesem Land noch nicht einmal für einen notdürftigen sozialpolitischen Anstrich. Während Banken und international agierende Heuschrecken von der SPD, Bund und Land mit großzügiger Unterstützung bedacht werden, streichen die Sozialdemokraten den Blinden massiv die Hilfen.
Die SPD-Fraktion im Landtag ist inzwischen sozialpolitisch so inkompetent, dass deren Fraktionsvorsitzender Dr. Nieszery auf meine Frage hin noch nicht einmal erklären konnte,
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ihnen brauche ich nichts zu erklären, Herr Köster, Ihnen brauche ich nichts zu erklären.)
wie der Betrag von 430 Euro für blinde Menschen nach Vollendung des 18. Lebensjahres ermittelt wurde.