Protokoll der Sitzung vom 02.04.2009

(Helmut Holter, DIE LINKE: Aber Sie sind ja vorbereitet.)

Genau. Es läuft alles wunderbar.

Wir haben in der letzten Sitzung das Staatshaftungsrecht Mecklenburg-Vorpommern aufgehoben per Gesetz. In den letzten Tagen ist das entsprechend auch in Kraft getreten und wir haben uns mit der Aufhebung dieses Gesetzes an die Rechtslage in anderen Bundesländern angeglichen. Es diente nicht dem Zweck, den Bürger, dem durch staatliches Handeln ein Schaden zugefügt wurde, schlechterzustellen, denn – und jetzt ist es wichtig, auch vielleicht für die Nichtjuristen und insbesondere die von der FDP, zuzuhören –

(Michael Roolf, FDP: Na, na, na!)

durch die bundesweit weiter geltenden haftungsrechtlichen Regelungen wird dem Bedürfnis nach angemessener Entschädigung nach wie vor hinreichend Rechnung getragen.

(Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

Ich will das mal kurz darlegen, ohne dass ich meine Redezeit hier ausnutzen möchte, weil man das auch selbst in zehn Minuten gar nicht hinbekommen würde.

Das zentrale gesetzliche Institut der Staatshaftung folgt aus Paragraf 839 BGB in Verbindung mit Artikel 34 des Grundgesetzes. Hierbei handelt es sich um eine an ein Verschulden des Amtsträgers anknüpfende Staatshaftung. Durch die Rechtsprechung sind darüber hinaus Institute einer unmittelbaren und verschuldensunabhängigen Staatshaftung entwickelt worden. Ich will hier nur als Beispiel nennen den enteignungsgleichen Eingriff. Dieser ermöglicht eine Entschädigung für rechtswidrige Eingriffe in alle vermögenswerten Rechtspositionen. Weitere Rechtsinstitute sind der von den Verwaltungsgerichten entwickelte Folgenbeseitigungsanspruch und der von den Sozialgerichten entwickelte sozialrechtliche Herstellungsanspruch. Es besteht also ein umfassendes Haftungssystem. Allerdings – und da gehe ich mit der

FDP durchaus konform – halte ich eine bundeseinheitliche Kodifizierung der staatshaftungsrechtlichen Regelungen für notwendig und erstrebenswert.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Das habe ich auch in meiner Rede zur Einbringung des Gesetzes zur Aufhebung des Staatshaftungsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern anklingen lassen und daran halte ich auch weiter fest.

Meine Damen und Herren, es kann nicht sein, dass es der Gesetzgeber seit Jahren der Rechtsprechung überlässt, das Staatshaftungsrecht der stetigen Fortentwicklung in Staat, Gesellschaft und Wirtschaft anzupassen. Der Preis ist nämlich bis heute eine Vielzahl praktischer Rechtsprobleme im Rechtsalltag. Insofern sind wir uns sicher weitgehend einig, dass das unübersichtliche und zum Teil auf Gewohnheitsrecht basierende staatliche Haftungssystem reformbedürftig ist. Eine gesetzliche Neuordnung des Staatshaftungsrechtes würde Rechtsklarheit schaffen und Rechtssicherheit fördern.

Die Bundesregierung hat eine Kleine Anfrage Anfang des Jahres dahin gehend beantwortet, dass sie zwar an dem Ziel einer grundlegenden Reform des Staatshaftungsrechtes festhält, dieses jedoch weiterhin nicht als vordringlich ansieht und daher zurückstellt. Damit soll es aber nicht sein Bewenden haben. Die Justizstaatssekretäre der Länder werden sich deshalb auf ihrem nächsten Treffen in drei Wochen, am 23. April, mit dem Thema einer möglichen Reform des Staatshaftungsrechtes befassen. Ziel ist es, ein Meinungsbild zu der Frage der Neugestaltung des Staatshaftungsrechtes herbeizuführen. Erörtert werden soll auf diesem Treffen, ob gegebenenfalls eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingerichtet werden soll.

Sie sehen, meine Damen und Herren, wir haben bereits den ersten Schritt getan. Daher erübrigt sich aus meiner Sicht der Antrag der FDP-Fraktion.

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

Insofern denke ich …

Ja, auch immer einen Schritt voraus, immer einen Schritt voraus. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Danke schön, Frau Ministerin.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Dankert. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Herr Ratjen, Offenheit gegen Offenheit: Lateinisch kann ich nicht, eine Teflonweste habe ich auch nicht. Und da die Justizministerin das Fachliche hervorragend zitiert und vorgetragen hat, kann ich mir das auch sparen.

Also bleibt die Frage: Warum, meine Dame, meine Herren von der FDP, machen Sie diesen Antrag? Sicherlich ein wenig, weil wir das Staatshaftungsrecht der DDR, das die Einheit überlebt hat als eines der wenigen Gesetze, vor kurzer Zeit abgeschafft haben und es in einigen Bundesländern in modifizierter Form noch weiterlebt. Über das Ziel der Bundesregierung hat Frau Kuder berichtet. Also fragt man sich, warum bringt die FDP das heute ein, zumal Sie sagen, ein Ziel soll ein bundeseinheitliches Staatshaftungsrecht sein. Allerdings tun Sie dies, ohne

zu sagen, was denn und vor allen Dingen wie es reformiert werden soll. Was hindert Sie denn, diese Initiative im Rahmen der FDP zu machen? Sie haben doch sogar Justizminister in anderen Landesregierungen. Versuchen Sie doch mal diesen kollegialen Weg zu gehen und das dort vielleicht zu machen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Warum brauchen Sie dazu unsere Landesregierung?

Vielleicht wissen Sie ja als FDP-Fraktion, und das ist keine Schande, nicht genau, was denn alles gemacht werden muss. Es ist in der Tat eine sehr komplexe Materie. Frau Kuder hat es angedeutet, und wenn man es richtig versucht zu durchdringen, dann braucht man sicherlich mehr als eine Landtagssitzung dazu.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Na ja, Herr Ratjen hat uns eine Kurzfassung gegeben.)

Ja, das ist auch okay. Es ist auch sehr schwierig, sich so einem Thema zu nähern. Ich gebe das ehrlich und offen zu.

Also könnte man vielleicht sagen, es ist ein aktionistischer Antrag.

(Michael Roolf, FDP: Nein.)

Ist es nicht, okay.

(Michael Roolf, FDP: Ein populistischer.)

Nein, das Wort „populistisch“ benutze ich nicht. Das habe ich eigentlich nie benutzt in meiner langen Tätigkeit hier im Landtag. Ich mag dieses Wort überhaupt nicht.

Also weiß man nicht so richtig, was Sie machen wollen. Also schieben Sie es auf die Landesregierung. Die wird dann schon wissen, was sie macht. Aber ich bitte Sie: Schieben Sie es Ihren Brüdern und Schwestern in anderen Landesregierungen zu innerhalb der FDP!

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Zuruf von Hans Kreher, FDP)

Lassen Sie das die Justizministerien, die von der FDP geführt werden – noch –, machen, vielleicht kommen wir dann weiter.

(Zuruf von Hans Kreher, FDP)

Sie wissen ganz genau, dass das mit der Bundesregierung nicht mehr erfolgt. Die FDP-Fraktion im Bundestag hatte eine Anfrage gemacht, sie hat eine Antwort bekommen. Also was soll’s? Wir können ihn eigentlich nur ablehnen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Hans Kreher, FDP: Das war schwach, das war schwach.)

Danke schön, Herr Abgeordneter.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Borchardt. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die FDP spricht sich im vorliegenden Antrag für eine Reform des Staatshaftungsrechts aus und will die Landesregierung auffordern, eine bundeseinheitliche Regelung anzustreben. So weit, so gut.

Dieses Anliegen teilen wir, das wird niemanden überraschen, immerhin haben wir dies in der Debatte zur Abschaffung des DDR-Staatshaftungsgesetzes deutlich gemacht,

(Vincent Kokert, CDU: Sie haben es mal eingeführt.)

nicht weil wir, wie Sie uns unterstellt haben, ein Relikt der DDR erhalten wollten, sondern weil wir fest davon überzeugt waren und sind, dass diese Regelung weitergehend ist als die in Relikten vorhandenen Staatshaftungen der Bundesrepublik Deutschland. Gleichzeitig haben wir zur Kenntnis genommen, dass alle demokratischen Fraktionen im Sinne einer Rechtsvereinheitlichung ein Bundesgesetz grundsätzlich befürworten. Auch die Justizministerin Kuder, das hat sie eben noch mal deutlich gemacht, hat sich dafür ausgesprochen. Zugleich hat sie bedauert, dass das angestrebte bundeseinheitliche Staatshaftungsgesetz bis heute leider nicht in Sicht sei. Insofern bringt der Antrag der FDP keinen Erkenntnisgewinn. Allerdings kann es ja auch nicht schaden, nunmehr auch formell die Landesregierung auffordern zu wollen, sich für eine bundeseinheitliche Lösung einzusetzen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Dieses Anliegen begrüßen wir.

(Vincent Kokert, CDU: Oh, man staunt!)

Dennoch, meine Damen und Herren von der FDP und insbesondere Sie, Herr Kollege Leonhard, drei Vorwürfe müssen Sie sich an dieser Stelle gefallen lassen.