Protokoll der Sitzung vom 14.05.2009

4. Es ist doch das wesentliche Ziel der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe gewesen, dass Fördern und Fordern und der Zugang aller Hilfebedürftigen zu den Arbeitsmarktinstrumenten und der Arbeitsvermittlung der Bundesanstalt ermöglicht wird. Mit der geplanten Ausgliederung der Arbeitsmarktpolitik für ALG-II-Empfänger in ein eigenes Bundessozialamt wäre diesem Grundsatz aber widersprochen.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Deswegen machen Sie auch Optionskommunen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es besteht kein Grund zur Panik. Ich bin sicher, dass auf Bundesebene vor Ablauf der Frist am 31.12.2010 eine tragbare Lösung gefunden wird.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Glauben Sie wirklich?)

Dazu bedarf es Ihres Antrages jedoch nicht, den wir folgerichtig daher ablehnen. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Weil die CDU bisher sowieso alles abgelehnt hat.)

Danke schön, Herr Abgeordneter Rühs.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Köster. Bitte, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich halte hier diesen Redebeitrag stellvertretend für meinen Kameraden Michael Andrejewski, der wieder Anklam retten muss, weil dort die Stadtvertretung tagt.

(allgemeine Unruhe – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Der große Retter. – Zuruf von Michael Roolf, FDP)

Über die Sozialagentur in Ostvorpommern kann man zwar keine Loblieder singen, schließlich exekutiert sie Hartz IV, verglichen mit den sogenannten Arbeitsgemeinschaften ist sie aber eindeutig das kleinere Übel.

(Michael Roolf, FDP: Schön fürs Protokoll. – Gino Leonhard, FDP: Fürs Protokoll!)

Das konnte man schon 2005 aufgrund einfacher theoretischer Überlegungen voraussagen.

(Michael Roolf, FDP: Sehr schön. – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Zwei Körperschaften, die Agentur für Arbeit und ein Landkreis oder eine kreisfreie Stadt, zusammengespannt in einem neuen Gebilde, das typische Ergebnis eines politischen Kuhhandels am grünen Tisch. Natürlich lief das auf Streitereien um Kompetenzen hinaus. Machtverhältnisse waren nicht geklärt. Es konnte nichts anderes dabei herauskommen als Chaos. Deshalb verbietet das Grundgesetz ja auch diese Sorte von Mischverwaltungen, was Bundeskanzler Schröder leider nicht beachtete. Er war zu beschäftigt mit seinem Kampf gegen die angeblich ach so verfassungsfeindliche NPD, da blieb wohl keine Zeit für einen Blick ins Grundgesetz.

In der Praxis ist es genauso gekommen wie erwartet: überlange Bearbeitungszeiten für Anträge und Widersprüche, verschlampte Akten, Willkürentscheidungen, die von den Sozialgerichten umgehend wieder kassiert werden. Das kommt bei der Sozialagentur auch des Öfteren vor. Aber die Arbeitsgemeinschaft UeckerRandow ist in allem wesentlich schlimmer und Ähnliches hört man auch von den anderen Arbeitsgemeinschaften. So etwas wie deren stasiähnlichem SED, dem Sozialermittlungsdienst, gibt es bei der Sozialagentur Ostvorpommern in der Schärfte nicht. Das ist wohl der Einfluss der Agentur für Arbeit. Den auszuschalten und die langzeitarbeitslosen Bürger aus einer Hand betreuen zu lassen,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das ist die Politik der Landrätin.)

wie das Bundesverfassungsgericht es fordert, ist also geboten, allerdings nicht auf der derzeit gültigen Rechtsgrundlage, wenn man Hartz IV so nennen kann, was wir bezweifeln.

Die Regelsätze müssen auf ein menschenwürdiges Maß erhöht werden und die Bestimmungen, die auf Bevormundungen, Enteignung und auch Zwangsumsiedlung hinauslaufen, müssen weg. Jetzt zeigen sich nämlich immer mehr die Langzeitauswirkungen von Hartz IV. Wer 2005 noch über ein Schonvermögen verfügte, der dürfte dieses selbst bei größter Sparsamkeit mittlerweile verbraucht haben. Auch die Haushaltsgeräte geben nun nach und nach den Geist auf – Waschmaschine, Fernsehgerät, Kühlschrank und Herd. Wenn man Pech hat, alles gleichzeitig. Und auch wenn die Darlehen für die Neuanschaffung gewährt werden, kein Hartz-IV-Empfänger kann vier Raten parallel bezahlen.

In unseren Hartz-IV-Sprechstunden erscheinen verstärkt Leute, die durchaus die Kenntnisse hätten, ihre Widersprüche selbst zu schreiben – ich komme zum Schluss –, aber der Computer oder auch der Drucker ist kaputt oder das Geld reicht nicht für eine Druckerpatrone. Auch im Petitionsausschuss tauchen vermehrt handschriftlich geschriebene Petitionen auf. Es muss dringend etwas unternommen werden. Die NPD stimmt dem Antrag zu.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Es hat jetzt noch einmal das Wort für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Lück. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Also ich habe den Eindruck, Ihr Gedächtnis ist entweder kurz, das heißt, Sie haben vergessen, wie lange es gedauert hat, bis dieses mit der heißen Nadel gestrickte Hartz-IV-Gesetz in seiner Umsetzung wenigstens einigermaßen lief, oder – was wahrscheinlich ist – es interessiert Sie nicht, was die Umstellung auf ein neues System an Arbeitsaufwand bedeutet. Mit anderen Worten, es interessiert Sie nicht, wie die Beschäftigten von Bundesagentur und Kommunen das bewältigen und ob die Langzeitarbeitslosen wenigstens pünktlich ihre 354 Euro bekommen.

(Udo Pastörs, NPD: Hauptsache Diätenerhöhung. – Zuruf von Michael Roolf, FDP)

Sie denken wohl, den Langzeitarbeitslosen kann es letztlich egal sein, vor welcher Behörde sie sich völlig nackt machen müssen, aber dass sie es wenigstens nicht vor zwei verschiedenen Anlaufstellen machen müssen, sollte doch nicht zu viel verlangt sein.

Und deshalb, meinen wir, ist es notwendig, diesen Zeitdruck aufzumachen. Wenn es denn nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes wenigstens Versuche gegeben hätte, Erwerbslose nicht mehr in zwei Klassen aufzuteilen, dieselbe Anlaufstelle mit den gleichen Rechten und Pflichten für alle Erwerbslosen zu schaffen, könnte ich ja verstehen, dass die Umsetzung des Urteils so lange dauern und die widerstreitende Diskussion hervorrufen würde. Aber nein, es ging nur darum, ich sage es noch einmal, den diskriminierenden Murks Hartz IV auf eine saubere verfassungsrechtliche Grundlage zu stellen. Und da wird wie so oft ganz schnell mal die Verfassung geändert. Denn egal, wie das Kind jetzt heißt, ob Jobcenter oder Zentrum für Arbeit und Grundsicherung, die Ähnlichkeit mit den Argen ist doch nicht zufällig.

Mit dem Urteil hätte die Chance bestanden, das System Hartz IV zu überdenken. Das wäre dringend nötig, wie die zahlreichen Gerichtsurteile zu Einzelfragen der Gesetze auch deutlich machen, aber nein, das kümmert die Große Koalition nicht. Die Aufteilung in zwei Klassen von erwerbsfähigen Arbeitslosen wird weiter vertieft. Rechte und Pflichten der Erwerbslosen entscheiden gemäß der Zuordnung zum SGB III und SGB II. Eine Aufteilung der Arbeitslosen in zwei unterschiedliche Systeme ist aber sachlich nicht zu rechtfertigen. Die Bedarfe der meisten SGB-II-Bezieher/-innen unterscheiden sich nicht von denen der SGB-III-Leistungsbezieher/-innen. Die Optionskommunen sollten entfristet werden. Setzt sich die CDU mit ihrer Forderung nach einer diesbezüglichen Verfassungsänderung auch noch durch, steht einer einfachen gesetzlichen Ausweitung der Option nichts mehr im Weg. Eine Kommunalisierung der Verantwortung für das SGB II wäre zu befürchten, die langfristig auch die finanzielle Verantwortung auf die Kommune überträgt. Das muss man nämlich dabei grundsätzlich auch bedenken. Der sozial ausgleichende Charakter einer Bundesfinanzierung von Erwerbslosigkeit wäre damit langfristig auch nicht mehr gesichert. Bei den Bundeszuweisungen zu den Kosten der Unterkunft haben wir ja bereits erlebt, wie es dann weiterlaufen wird.

Wir fordern zu Recht: Hartz IV muss weg. Bis es aber so weit ist, wollen wir helfen, für die Betroffen die größtmöglichen Spielräume zu schaffen. In diesem Falle sind die Beschäftigten und die Langzeitarbeitslosen betroffen. Die Verabschiedung der entsprechenden Gesetze ist

dringend erforderlich, weil, wie Sie alle wissen, der reine Gesetzestext nicht ausreicht. Da sind Verordnungen zu verfassen, die Partner Bundesagentur und Kommunen müssen sich neu finden, die Länder sind dann in einer neuen Verantwortung. Allein diese Verantwortung wahrzunehmen kann dauern, wie wir alle immer wieder festgestellt haben. Die Beschäftigten sollten die Möglichkeit zur Qualifizierung haben und wegkommen von standardisierten Zielvorgaben hin zu einer einzelfallbezogenen Betrachtungs- und auch Arbeitsweise, nämlich im Interesse der Betroffenen.

Tun Sie alles, um wenigstens den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden, und das noch vor der Sommerpause! Wir haben in unserer Begründung ja auch schon geschrieben, dass bei drei Argen die Verträge auslaufen zum Jahresende. Wir halten es also für dringend notwendig, für diesen Antrag zu stimmen. Das soll mein letzter Appell zu diesem Thema sein.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke schön, Frau Abgeordnete.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/2544.

Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um sein Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/2544 bei Zustimmung durch die Fraktion DIE LINKE und der Fraktion der NPD und Ablehnung durch die Fraktion der SPD, der CDU und der FDP abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 31: Beratung des Antrages der Fraktion der FDP – Überarbeitung des Ladenöffnungsgesetzes als Beitrag zur Stützung der Binnenkonjunktur, Drucksache 5/2534.

Antrag der Fraktion der FDP: Überarbeitung des Ladenöffnungsgesetzes als Beitrag zur Stützung der Binnenkonjunktur – Drucksache 5/2534 –

Das Wort zur Begründung hat der Fraktionsvorsitzende der FDP Herr Roolf. Bitte schön, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie sagte der Kollege Rühs vorhin so schön: Was nützt es, wenn einem schlechten Gesetz ein schlechtes Gesetz folgt? Um das auf das jetzige Thema rüberzubringen: Was nützt es, wenn eine schlechte Bäderregelung einer schlechten Bäderregelung folgt? Dann haben wir nämlich auch nicht viel gekonnt.

In welcher Situation befinden wir uns? Wir befinden uns in der Situation, dass wir aus unterschiedlichen Informationsquellen hören, dass die Bäderregelung, so, wie sie jetzt schon mehrfach geändert worden ist, offensichtlich immer noch nicht zu einem Konsens zwischen den Kirchen und dem Wirtschaftsministerium in Mecklenburg-Vorpommern führt.

(Hans Kreher, FDP: So ist es.)

Am 17. April vermeldete ein öffentlich-rechtlicher Sender hier im Land, dass es eine neue Bäderregelung in Mecklenburg-Vorpommern gibt. Wir haben dann versucht,

Licht ins Dunkel zu bringen und uns diese neue Bäderregelung zu organisieren, die wir überraschenderweise in der Veröffentlichung vom 29. April dieses Jahres auch zu sehen bekommen haben. Die Situation ist relativ klar und relativ einfach: Das, was wir in den letzten zweieinhalb Jahren hier zum Thema Ladenöffnung und Bäderregelung gemacht haben, ist einfach nicht kontinuierlich, ist einfach nicht stringent und ist einfach auch nicht darauf ausgelegt, Vertrauen bei denjenigen zu erwecken, die mit der Bäderregelung tagtäglich umgehen müssen.

Wir erinnern uns: Ende 2007 haben wir die Bäderregelung, erst mal das Ladenöffnungsgesetz, hier neu beschlossen. Dann hat es fast ein Dreivierteljahr gedauert, bis die Bäderregelung in der Form mit der Einbeziehung der kreisfreien Städte entwickelt worden ist. Dann, nach welchem Kriterium auch immer, nach Belieben, Städte mit rein, Ortsteile raus, Straßenzüge mit rein, Berufszweige raus, Geschäftsbereiche mit rein und raus, hatten wir irgendwann ein Ergebnis, sodass eine Bäderregelung in der Grundstruktur vorhanden gewesen ist. Diese Bäderregelung ist kurzerhand danach noch mal verändert worden. Eines der entscheidenden Beispiele ist die Bernsteinmanufaktur in Ribnitz-Damgarten, die dann herausgenommen worden ist. Es hat auch Veränderungen bei der Anzahl der Tage gegeben,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

sodass wir wieder in der Situation sind, dass das, was als Bäderregelung einmal angestrebt worden ist, wieder verändert worden ist.

Was sagt uns das? Offensichtlich sagt uns das, dass die Landesregierung in der Art und Weise, wie man sich der Ladenöffnungszeit hier in Mecklenburg-Vorpommern nähern möchte und wie man sie vernünftig gestalten will, den falschen Weg geht, nämlich über die Regelungen aus dem Wirtschaftsministerium heraus. Man sollte viel lieber ein vernünftiges Ladenöffnungsgesetz machen, in dem diese Dinge dauerhaft, transparent und verlässlich für alle hier in Mecklenburg-Vorpommern geregelt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Und eines muss man dann auch sagen, und über den Weg möchte ich mich der inhaltlichen Diskussion nähern, dass man sich irgendwann überlegen muss, was man eigentlich will, und man muss ehrlich zu sich selber sein.

Wenn das Wirtschaftsministerium jetzt kritisiert und es bedauert, dass die Kirchen gegen das Gesetz klagen, dann muss ich sagen, das bedaure ich nicht, das bedauern wir Liberalen nicht. Das ist das gute Recht der Kirchen, dass sie das tun. Wenn wir dann die Situation haben – wir haben vorhin von den Visionen für Mecklenburg-Vorpommern gesprochen, von dem, was wir in Mecklenburg-Vorpommern an Wirtschaftskraft, an Dingen für die weitere Entwicklung wirklich notwendig haben –, müssen wir uns auch vor Augen führen, das eins unserer entscheidenden Themenbereiche in Mecklenburg-Vorpommern das Tourismusland Nummer eins und das Gesundheitsland Nummer eins ist. Und wer das für sich in Anspruch nimmt, muss konsequenterweise all das, was er gesetzlich regelt, auch diesem Ziel, dieser Ausrichtung anpassen und konform machen. Wenn er das nicht tut, dann muss er entweder seine Ansprüche, Tourismusland Nummer eins zu sein, wieder wegnehmen oder er muss die Regelungen so gestalten, dass sie diesen Ansprüchen gerecht werden.

(Vizepräsident Hans Kreher übernimmt den Vorsitz.)

Und da will ich Ihnen das Thema Wertschöpfungskette ein Stückchen näherbringen. Die Wertschöpfungskette im Tourismus, die Tourismuswirtschaft, wenn wir uns die einmal anschauen, besteht aus fünf Säulen. Eine Säule ist der Einzelhandel, der hier auch ganz breit aufgebaut wird. Das heißt, wir können eine Wertschöpfung im Tourismus in dem entscheidenden Spektrum hier in Mecklenburg-Vorpommern nur dann schaffen, wenn wir eine Antwort finden beim Thema Beherbergung, wenn wir eine Antwort finden beim Thema Gastronomie, wenn wir eine Antwort finden beim Thema Freizeit und Unterhaltung, beim Thema sonstige Dienstleistungen und beim Thema Einzelhandel.