Meine Damen und Herren, im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Herr Borrmann, nun haben Sie wieder in langer Nachtarbeit fünf Seiten für Ihr Märchenbuch für Erwachsene geschrieben,
und keiner wird es kaufen wollen. Leider werden wir es in unseren Protokollen haben und Sie haben uns wieder Lebenszeit gestohlen.
Zu den Fakten: Ich dachte eigentlich, nach der Nachhilfestunde heute früh, und die war sehr aufschlussreich für alle, die sich mit der Thematik nicht befasst haben, würden Sie diesen Antrag von der Tagesordnung nehmen. Aber wenn man schon so viele Seiten geschrieben hat, macht man das nicht.
Deshalb noch mal zu den Fakten, Herr Borrmann: Zwei Wochen nach dem Verbot des Anbaus der Maissorte MON 810 hat Bundesministerin Aigner den Versuchsanbau der gentechnisch veränderten Kartoffelsorte Amflora der Firma BASF Planet Science auf 20 Hektar in Bütow im Müritzkreis genehmigt. Das haben Sie auch zur Kenntnis genommen. Zuvor hatte das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit das Pflanzen zu Versuchszwecken genehmigt. Das ist so. Die Pflanzung hat am 5. Mai begonnen. Das 20 Hektar große Feld sollte 2009 die bundesweit einzige Versuchsfläche für die Amflora-Kartoffel sein, die die Industrie zur Stärkegewinnung nutzt. Die Nachhilfestunde heute früh und die Presse haben gezeigt, dass so ganz still und heimlich in Bayern ja auch noch ein paar kleine Versuchsflächen bepflanzt worden sind, sodass wir da nicht ganz richtig informiert waren.
Das ist schlecht, aber man hat eben nur laut über Mecklenburg-Vorpommern gesprochen und uns gleich mit 20 Hektar konfrontiert.
Der Genehmigungsbescheid wurde mit verschärften Sicherheitsauflagen versehen. So muss unter anderem, das haben Sie ja zur Kenntnis genommen, das Versuchsfeld rund um die Uhr an allen Tagen gesichert sein, damit Sie nicht immer wühlen können, und um die gesamte Versuchsfläche muss ein Wildschutzzaun errichtet werden, der überwacht wird. Alle Kartoffelpflanzen, die während der Nachkontrolle auflaufen und vor und während der Ernte nicht entfernt werden, müssen noch vor der Blüte durch Einsatz von Herbiziden vernichtet werden. Und dazu, meine Damen und Herren, hat Minister Backhaus sich sehr deutlich geäußert und ich im Übrigen auch in der Presse.
Ein Versuchsfeld mit einer noch nicht genehmigten Sorte als Versuchsanbau ist mit 20 Hektar, für das diese Forderungen stehen, einfach zu groß. Das ist unsere Meinung. Das ist nicht unsere geschlossene Meinung zur Gentechnik, denn über Gentechnik haben wir hier als Parlament sehr häufig diskutiert. Wir sind ständig in der Beratung über dieses Thema, und zwar auch in den Ausschüssen. Da waren Sie auch dabei, manchmal waren Sie auch dabei. Sie hören ja nicht immer zu, aber manchmal sind Sie dabei.
Gentechnik wird seit 1953, seit die Desoxyribonukleinsäure in Zellkernen erkannt wurde, als Wissenschaft wirklich betrieben. Wir wissen, dass vier Basenpaare zur Bildung von Aminosäuren praktisch für das gesamte Erbgut zuständig sind. Das ist ein ganz großer Fortschritt, der erreicht wurde, diese Erkenntnis, wie unser Leben sich aufbaut, worauf die Züchtung basiert, worauf Entwicklungen wie Mutation und Modifikation Einfluss haben. Und dass man heute technisch in der Lage ist, das zu verändern, nämlich genau zu identifizieren, welcher Teil dieser Desoxyribonukleinsäure zuständig ist für welche Aufgaben in einer Pflanze, in einem Körper, das ist ein hoher wissenschaftlicher Fortschritt. Ein hoher wissenschaftlicher Fortschritt birgt immer Chancen, aber auch Risiken in sich. Darüber haben wir hier bisher sehr verantwortungsvoll diskutiert, auch über den Stand, den wir bisher haben.
Wir haben uns auch mit dem Bauernverband gemeinsam dazu verständigt, dass wir gentechnikfreie Regionen in unserem Land ermöglichen, da, wo sie freiwillig zusammenkommen. Wir haben uns aber auch dazu verständigt, das hat der Minister heute sehr deutlich gemacht, dass wir die Forschung vorantreiben wollen, denn Chancen wollen wir nutzen, wenn sie kein Risiko für uns darstellen. Und das muss man auch über Forschung absichern. Deshalb, meine Damen, meine Herren von der CDU, Herr Borrmann, auch...
Entschuldigung, Entschuldigung, Entschuldigung, natürlich von der NPD, das war wirklich nicht in Ordnung.
Herr Borrmann, auch wenn Sie sich so engagieren dafür, auch wenn Sie das so leidenschaftlich tun und...
… Ihre Zeit da reinstecken, wir werden in das Thema immer Kraft stecken, aber zum Wohle der Menschen in unserem Land. Das ist unser Ziel. Und dafür brauchen wir so einen Antrag nicht.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Richtig.)
Frau Schildt, Sie haben angeführt, dass der Landtag des Öfteren über Gentechnik diskutiert hat. Dazu stelle ich fest, dass wir die einzigen sind, die Nationaldemokraten die einzigen sind, die Gentechnik in ihrem jetzigen Zustand und in ihrem jetzigen Erkenntnisstand konsequent ablehnen.
Und zwar nicht deshalb, weil wir gegen den Fortschritt sind oder weil wir sagen, wir sind konservativ-reaktionär, wir halten an bestimmten mittelalterlichen oder industrietechnischen Anlagen oder Verfahren fest, sondern deshalb, weil wir sagen, der jetzige Kenntnisstand – und Sie haben ja auch von Erkenntnissen gesprochen, Sie haben ja von 1953/54 gesprochen, Erkenntnis der Desoxyribonukleinsäure –,
dieser Erkenntnisfortschritt ist zwar da, aber er hat dazu geführt oder die Erkenntniskritiker haben erkannt, dass diese Erkenntnis noch keine Beherrschung eines Problemfeldes bedeutet.
Sie haben von der Entschlüsselung des menschlichen Genoms gesprochen. Ich hatte in einem früheren Antrag dargelegt, und das ist nicht widerlegt worden, dass die Wissenschaftler erstaunt waren, dass bestimmte Pflanzen eine wesentlich höhere Anzahl von Gensequenzen haben als Menschen und Tiere, und dass bestimmte Eigenschaften sich eben nicht nur aus einem Vorhandensein von Gensequenzen erklären lassen, sondern aus der Komplexität, und diese Komplexität eben nicht monokausal ist.
Das ist der entscheidende Grund, weshalb man mit den bisherigen Forschungs- und Entwicklungsmethoden innerhalb der Gentechnologie nicht auf der sicheren Seite ist und weshalb man die Risiken nicht ausschließen kann, ganz einfach deshalb, weil die gegenwärtige Gentechnik oder Gentechnologie, die ja auch mit industriellen Interessen verknüpft ist, immer nur auf eine monokausale und immer nur auf eine bestimmte Zweckrichtung hin orientiert ist, also entweder bestimmte Eigenschaften oder bestimmte Verfahren hervorzurufen.
Und dieser Tunnelblick führt dann dazu, dass man sagt: Okay, was müssen wir jetzt machen, damit wir diese Eigenschaft bekommen? Dann macht man das und sagt: Okay, jetzt haben wir einen Erfolg und eigentlich kann da ja nichts weiter passieren. Dann werden vielleicht ein paar Versuche gemacht von den Unternehmen, die das beantragen, in den USA wird das ja sehr kritisch beleuchtet, Europa ist da etwas schärfer. Trotzdem ist das so, dass dieser Tunnelblick eben auch bei der kritischen Überprüfung vorhanden ist. Aber die Komplexität, das Risiko, das sich ergibt aus der Veränderung des Stoffwechsels dieser gentechnisch veränderten Organismen, lässt sich nur über einen sehr langen Zeitraum hin erkennen und beobachten. Das geht nicht in zwei, drei oder zehn Jahren, das kann auch durchaus länger dauern.
Die Schöpfung, wenn Sie so wollen, ist ja auch nicht in ein paar tausend Jahren entstanden, sondern es waren über drei Milliarden Jahre. Und wir Menschen maßen uns an, innerhalb von zwei, drei oder vier Jahren über ein Risiko eines komplexen Organismus entscheiden zu können. Das können wir gar nicht. Es gibt Erkenntnistheoretiker, die sagen, wir haben einen bestimmten Erkenntnishorizont, aber wir können bestimmte komplexe Einheiten einfach nicht berechnen. Das lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht machen.
Solange Einsprüche gegen bestimmte komplexe Vorgänge, die dort ablaufen in diesen Organismen, nicht einwandfrei, sozusagen restlos geklärt sind, muss man mit dieser Technologie vorsichtig sein. Und das, was bei Amflora abläuft – das hat ja auch der Minister dargelegt –, ist kein Forschungsvorhaben mehr, das ist sozusagen die Planstufe null. Es wird bereits Saatgut in einer Menge produziert, damit bei Genehmigung der entsprechenden Kartoffelsorte sofort genügend Saatknollen zur Verfügung stehen.
Deshalb werden sie schon auf 20 Hektar angebaut. Deshalb hat man keine kleine Fläche von vielleicht 50 mal 50 Metern, wo man sagt: Okay, wir bauen jetzt mal ein paar Knollen an und dann testen wir die, sondern es wird die massenhafte Produktion auf großen Flächen vorbereitet. Und deshalb sind wir ganz konkret gegen den Anbau in Mecklenburg-Vorpommern. Wir lehnen diesen Großversuch, der kein Großversuch mehr ist, ab und wir werden auch in Zukunft alles unternehmen, um die Bevölkerung darüber aufzuklären, dass Gentechnik in der jetzigen Form keine Zukunft, sondern eine Gefahr für unser Land und für die Bürger des Landes ist. – Danke.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/2539. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/2539 bei Zustimmung der Fraktion der NPD sowie Ablehnung der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP abgelehnt.