Protokoll der Sitzung vom 14.05.2009

(Zurufe von Gabriele Měšťan, DIE LINKE, und Udo Pastörs, NPD)

die Kirchen und das Wirtschaftsministerium an den Tisch, überbordende, unnötige Regulierungen in der Bäderregelung raus

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

und ein klares vernünftiges Ladenöffnungsgesetz. Stimmen Sie unserem Antrag zu, damit wir das vernünftig bearbeiten können. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Danke, Herr Roolf.

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/2534. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/2534 bei Zustimmung der Fraktion der FDP, Ablehnung der Fraktion DIE LINKE, der SPD, der CDU und der NPD abgelehnt.

Meine Damen und Herren, ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 32: Beratung der Antrages der Fraktion der NPD – Aussaat der gentechnisch veränderten „AmfloraKartoffel“ verhindern, Drucksache 5/2539.

Antrag der Fraktion der NPD: Aussaat der gentechnisch veränderten „Amflora-Kartoffel“ verhindern – Drucksache 5/2539 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Borrmann von der NPD.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Er sieht aus, als wenn er unter den Kartoffelroder gekommen wäre. – Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Herr Präsident! Abgeordnete des Landtags! Bürger des Landes! Wieder einmal sind die Gauen unseres Landes MecklenburgVorpommern Schauplatz einer verantwortungslosen Politik, die es nicht lassen kann, Unternehmen Gott spielen zu lassen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Gaue gibt es schon lange nicht mehr. Das war zu Zeiten Ihrer Vorgänger.)

Ja, es gibt auch noch den Rheingau, Herr Ritter. Vielleicht sollten Sie den mal besuchen.

In Mecklenburg-Vorpommern wird erneut die von BASF gentechnisch veränderte Kartoffelsorte Amflora gepflanzt. Erst am Donnerstag, dem 30. April, hatte der Ludwigshafener Chemiekonzern die schriftliche Genehmigung erhalten. In Bütow im Müritzkreis wurden auf 20 Hektar 1,6 Millionen Knollen ausgebracht. Bis Freitag, den 8. Mai, sollten die Pflanzarbeiten abgeschlossen sein. Im großagrarischen, von industrieller Landwirtschaft geprägten Mecklenburg-Vorpommern durfte man nicht allzu viel Widerstand erwarten. Wieder einmal ist Mecklenburg-Vorpommern das Gentechnikklosett der deutschen Nation, das haben wir auch einem wankelmütigen Minister Backhaus zu verdanken. Er hat sich früher nie eindeutig gegen den Anbau von Amflora ausgesprochen, er hat sich stets für nicht zuständig erklärt und auch für uninteressiert, wie wir das gerade entnehmen können.

Auf meine im Januar 2008 gestellte Frage, welche Maßnahmen die Landesregierung zu unternehmen gedenkt, um die 2007 beklagten Missstände beim Anbau von Amflora 2008 zu verhindern, wusste das Landwirtschaftsministerium nur von seiner Nichtzuständigkeit zu berichten. Durch Landesbehörden sollte unter anderem kontrolliert werden, dass keine unbefugten Dritten sich keimfähige Amflora-Genknollen aneignen. Zitat, Landtagsprotokoll 5/43, Seite 8: „Es konnten dem Genehmigungsinhaber keine Verstöße nachgewiesen werden.“ Zitatende. So weit Frau Ministerin Keler.

Tatsächlich jedoch konnten Mitglieder des BUND, unter anderem Herr Dr. Roloff und ich selbst,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sind Sie auch Mitglied im BUND, Herr Borrmann? Die nehmen nur Fachleute, keine Schwätzer.)

im Januar 2008 keimfähige Kartoffelknollen ungehindert aufsammeln. Was für ein Beispiel der Inkompetenz der Ringstorff-Regierung gegenüber den besorgten Bürgern des Landes, insbesondere der beiden zuständigen Ressortleiter Till Backhaus und Erwin Sellering, heute Ministerpräsident!

Doch Amflora wird auch 2009 wieder angebaut, aber nicht nur zur Forschung, sondern auch zu Zuchtzwecken, damit bei Genehmigung genug Pflanzgut zur Verfügung steht. Um die Kritiker zu besänftigen, werden gleichzeitig mit der Aussaat Arbeiter – einer Firmensprecherin zufolge – damit beginnen, einen Zaun um das Feld zu bauen. So soll verhindert werden, dass Wildschweine die Kartoffeln fressen können. Kleintiere dürfte der Zaun wohl nicht abhalten.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Was Sie so alles wissen, Herr Borrmann!)

Und hier mögen viele den Kopf schütteln und sagen: Was soll diese Erbsenzählerei, wenn wenige Karnickel, Hasen und Feldmäuse ein paar Knollen anknabbern? Die Warnungen einiger Aktivisten scheinen überzogen.

Doch die eigentliche Gefahr von Amflora liegt in der künftigen Dimension des Projektes. Die Genmanipulatoren haben es geschafft, den Stoffwechsel der Amflora zu modifizieren. Normalerweise lagern Kartoffeln 20 bis 30 Prozent Amylose und 70 bis 80 Prozent Amylopektin als Stärke in ihren Zellen an. Amylose ist ein Polysaccharid, ein Vielfachzucker, mit einer molaren Masse zwischen 15.000 und 220.000 Gramm pro Mol und aus etwa 100 bis 1.400 Traubenzuckermolekülen zusammengesetzt,

(Reinhard Dankert, SPD: Nee, da fehlen noch drei, die haben Sie vergessen. – Peter Ritter, DIE LINKE: Die haben Sie vergessen.)

die in α-1,4-glykosidisch miteinander unverzweigt schraubenförmig verbunden sind.

Im Unterschied dazu hat das Polysaccharid Amylopektin eine wesentlich größere molare Masse von 200.000 bis 1.000.000 Gramm pro Mol

(Reinhard Dankert, SPD: Siehste!)

und weist auch entsprechend mehr Traubenzuckermoleküle auf, etwa 1.200 bis 6.200 Ringmoleküle. Auch diese sind wie bei der Amylose α-1,4-glykosidisch, das heißt über das Sauerstoffatom miteinander verbunden, aber im Unterschied zur Amylose ist bei jedem 25. Ringkettenglied eine α-1,6-glykosidische Verknüpfung vor handen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ah ja! Und was ist mit dem 26.?)

Dadurch entsteht eine baumartige Verzweigung, sodass Amylopektin auf molekularer Ebene Knäuel beziehungsweise verzweigte Strukturen ausbildet.

(Ute Schildt, SPD: Irgendwie müssen Sie die Zeit hier nutzen, ne?!)

Dadurch, dass Amflora-Kartoffeln gentechnisch manipuliert in den Zellen nur noch Amylopektin produzieren, kann deren Stärke zu industriellen Zwecken wie der Herstellung von Papier und reißfestem Garn, aber auch als Bindemittel an den Wänden von Sprühbeton genutzt werden.

(Reinhard Dankert, SPD: Zum Plakatekleben?)

Diese Stoffwechseleigenschaften, das Etikett eines nachwachsenden Rohstoffes und der billige Anbau lassen der an der Profitmaximierung orientierten Großindustrie alle Zweifel abhanden kommen. Geplant sind großflächige Anbaugebiete, besonders in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg. Die aber lassen sich schwerlich alle einzäunen. Und dann sind es nicht mehr nur ein paar Hasen und Karnickel, die vereinzelt an ein paar Knollen knabbern, ganze Wildbestände, besonders Wildschweine, werden sich genüsslich an dem vermeintlichen Leckerbissen laben. Viele ärmere Menschen werden stoppeln gehen und die Kartoffeln für ganz normal und essbar halten. Denn welche Landesbehörde will schon garantieren, dass an Hunderten von Amflora-Feldern das ganze Jahr über Warnschilder so

eng beieinanderstehen, dass jeder über sie stolpert, wo doch unsere eigene Behörde nicht einmal die Auflage eines Feldes überwachen konnte. Aber warum so viel Lärm um eine Kartoffel, die statt zweier Stärkesorten nur noch eine, das Amylopektin, produziert? Eigentlich völlig harmlos.

Aber da ist noch etwas, erinnern wir uns: Vor ein paar Jahren beantragte BASF bei zuständigen Behörden in Großbritannien die Zulassung von Amflora zur Verwendung als Lebens- und Futtermittel und die Zulassung von Lebens- und Futtermitteln, die Bestandteile dieser Pflanzen enthalten. In Schweden beantragt BASF die Genehmigung der Gentechnikkartoffel zum Anbau, zur Saatgutherstellung und als Rohstoff für die Stärkeindustrie. Laut Antragsteller werden Anbau und Verarbeitung dieser Gentechnikkartoffel nach einem bestimmten System, einem IPD-System, durchgeführt, mit dem eine Vermischung mit konventionellen Kartoffeln vermieden werden soll, dem Resistenzgen „nptll“. Die findigen Götter von BASF, Schöpfer neuer Welten, haben nämlich in den Zellkern der Kartoffel noch zusätzlich ein Resistenzgen gegen das medizinische Antibiotikum Kanamyacin als Marker hineinkonstruiert. Die EFSA, Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, geht davon aus, dass die Kartoffel EH92-527-1, der Code für Amflora, im Rahmen ihres vorgesehenen Verwendungszwecks keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier oder Umwelt haben wird. Dabei urteilt sie, dass die Kartoffelknolle nicht für den menschlichen Verzehr und als Tierfutter im Ganzen gedacht ist, obwohl beantragt.

Auf Empfehlung der Europäischen Lebensmittelbehörde schlägt dann der Kommissar für Verbraucherschutz und Gesundheit Stavros Dimas im Namen der Kommission vor, die Kartoffel zum Anbau und als Rohstoff zur industriellen Weiterverarbeitung zuzulassen. Am 7. April 2007 erklärt die EFSA die gentechnisch veränderte Kartoffelsorte Amflora durch ein Gutachten für unbedenklich. Die Weltgesundheitsorganisation WHO und die EU-Arzneimittelbehörde EMEA lehnen die Freisetzung von Amflora strikt ab, denn sie produziert, wie bereits erwähnt, das Resistenzgen „nptll“ gegen das medizinische Antibiotikum Kanamyacin. Antibiotikaresistente Markergene sind äußerst umstritten, weil Antibiotika in der humanmedizinischen Therapie angewendet werden. Die schleichende Verbreitung von Resistenzgenen könnte die Wirksamkeit der Medikamente langfristig beeinträchtigen. Gemäß EU-Recht dürfen derartige Genkonstrukte seit 2004 keine Zulassung mehr erhalten.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Da ist die EU doch zu was gut, oder?!)

10. Oktober 2007: Trotz Ablehnung bei der Weltgesundheitsorganisation WHO, der EU-Arzneimittelbehörde EMEA und in der Bevölkerung gegen gentechnisch veränderte Pflanzen kündigt die Kommission an, die gentechnisch veränderte Industriekartoffel Amflora nicht nur als Industriekartoffel, sondern auch als Futtermittel zulassen zu wollen. Gleichzeitig will sie Verunreinigungen mit Amflora-Bestandteilen sogar erstmals in Lebensmitteln zulassen, obwohl Amflora keine Zulassung als Lebensmittel hat und die Risikoprüfung zur Verwendung als Lebensmittel nicht einmal abgeschlossen wurde.

Wir Nationaldemokraten fordern:

(Peter Ritter, DIE LINKE: Nationalsozialisten! – Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Die Aussaat der gentechnisch veränderten Kartoffel sorte in unserem Land muss beseitigt werden!

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Bürger des Landes,

(Reinhard Dankert, SPD: Scheint die Sonne noch so schön … Ach nee!)

wir Nationaldemokraten werden diese Republik so lange unterwühlen,

(Reinhard Dankert, SPD: Bis die Kartoffel gefunden ist.)

bis keine Amflora mehr wächst.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Reinhard Dankert, SPD: Sie haben die Sonne vergessen.)

Danke, Herr Borrmann.