Tätigkeitsbericht 2008 des Petitionsausschusses gemäß § 68 der Geschäftsordnung des Landtages Mecklenburg-Vorpommern: Die Tätigkeit des Petitionsausschusses des Landtages Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2008 – Drucksache 5/2404 –
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auf der Drucksache 5/2404 liegt Ihnen der Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses für das Jahr 2008 vor. Dieser dokumentiert nicht nur die Arbeit des Petitionsausschusses im vergangenen Jahr, vielmehr spiegelt er die Bedeutung und Relevanz des Petitionsgrundrechtes für die Bürger wider. In keinem anderen Ausschuss haben wir Abgeordneten die Möglichkeit, in den verschiedensten Bereichen so nah am Bürger tätig zu werden.
Deshalb an dieser Stelle ein Dank an die Bürgerinnen und Bürger, die uns als direkten Ansprechpartner gewählt haben, das demokratische Recht genutzt haben. Sie haben uns nicht nur ihre Nöte geschildert, die sie mit der Verwaltung, mit der Bürokratie oder mit uns gehabt haben, sondern auch ihre Finger direkt auf die Gesetzgebung gelegt. Mit ihren persönlichen Fällen haben sie gezeigt, wie Gesetze, die wir verabschiedet haben, im Endeffekt wirken. Das nachzuvollziehen, ist in keinem anderen Ausschuss möglich.
Wenn wir Eingaben erhalten, werden wir ständig zur Reflexion der auch von uns verabschiedeten Gesetze gezwungen. Ja, es gibt Petitionen, die nicht immer freundlich oder leicht zu lesen sind. Nicht selten werden wir angeregt, unsere Gesetzgebung zu hinterfragen, zu fragen, ob wir genau diese vom Petenten geschilderte Wirkung erzielen wollten. Oder wir müssen überlegen, wie wir am besten erklären, warum wir der Auffassung des Petenten nicht folgen können, denn die Bürgerinnen und Bürger haben eine Begründung verdient.
Wir haben als Mitglieder des Petitionsausschusses ebenfalls gelernt, uns zu bescheiden, denn wir haben oft nach sehr intensiven Bemühungen einsehen müssen, dass wir nicht helfen können. Der Petitionsausschuss dient den Bürgern nicht nur als Kummerkasten, vielmehr zeigt die Vielzahl der Eingaben, welche praktischen Auswirkungen die gesetzgeberischen Entscheidungen und Verordnungen der Landesregierung für die Bürgerinnen und Bürger mit sich bringen. So fanden einige Gesetzesnovellierungen der Vergangenheit nicht zuletzt auch in der Wahrnahme des Petitionsgrundrechtes ihren Anfang.
Das Petitionsrecht stellt auch nicht nur ein Frühwarnsystem für den Unmut der Bürger über bestimmte Entscheidungen des Gesetzgebers dar, sondern gewährt diesen ein weitreichendes Individualrecht. So kann sich der Bürger unabhängig von starren Fristen, förmlichen Rechtsbehelfen oder langwierigen Gerichtsverfahren jederzeit an das Parlament, mithin an die von ihm gewählten Abgeordneten wenden. Dieses Recht wird von den Petenten nicht selten als letzte Möglichkeit, Gerechtigkeit zu erfahren, angesehen. In den meisten Fällen haben sie zuvor schon versucht, mit Behörden zu reden oder lediglich Antworten in Form einer Kopie des jeweiligen Gesetzes inklusive langer, nicht nachzuvollziehender Paragrafenketten erhalten.
Hinzu kommt Folgendes: Wie Ihnen, meine Damen und Herren Abgeordnete, sicherlich bekannt ist, sind die Sozialgerichte in Mecklenburg-Vorpommern überlastet. Dies bringt zwangsläufig langjährige Gerichtsverfahren mit sich. Umso mehr steigt das Petitionsrecht, wie die Zahlen zeigen, in seiner Bedeutung. So hat sich die Zahl der Petitionen, die den Arbeitslosengeld-II-Bereich betreffen, seit 2005 nahezu verdoppelt. Insbesondere Petitionen, in denen Arbeitslosengeld-II-Empfänger die Berechnung der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung bemängeln, sind hinsichtlich der Entscheidung eilbedürftig. Es geht für die Petenten in diesen Fällen schlichtweg um das sprichwörtliche Dach über dem Kopf.
Hier wird nicht zuletzt durch die an das zuständige Ministerium gerichteten Stellungnahmeersuchen des Ausschusses eine nochmalige und tiefgründige Prüfung der Bescheide durch die Arge veranlasst. Wenn die Prüfung auch nicht jedes Mal das vom Petenten begehrte Ergebnis hervorbringt, so werden doch nicht selten im
Rahmen dieser Überprüfung einfache Berechnungsfehler seitens der zuständigen Stellen erkannt und unverzüglich zugunsten des Petenten korrigiert. Insofern stellt das Petitionsrecht ein wirksames zusätzliches Rechtsinstrument neben langwierigen Sozialgerichtsverfahren für die Bürger dar.
Wir, meine Damen und Herren, sollten als gewählte Vertreter des Volkes die vorgetragenen Vorschläge, Bitten und Beschwerden sehr ernst nehmen, auch wenn sich der tiefere Sinn der einen oder anderen Eingabe nicht jedes Mal erschließt. Es handelt sich hierbei schließlich um ein Grundrecht der Bürgerinnen und Bürger, welches sowohl durch das Grundgesetz als auch die Landesverfassung sehr weitreichend ausgeprägt und gewährleistet wird.
Insbesondere in Zeiten, in denen wir steigende Politikverdrossenheit beklagen, sollte uns die stetig steigende Anzahl der Petitionen, mithin das Bedürfnis der Bürgerinnen und Bürger, sich an die Abgeordneten zu wenden und mit diesen gemeinsam Lösungen zu finden, erfreuen. Wenn Menschen sich an den Petitionsausschuss wenden, dann formulieren sie damit einen hohen Anspruch an uns Politikerinnen und Politiker. Durch die engagierte Arbeit des Petitionsausschusses kann somit nicht zuletzt auch wieder mehr Vertrauen in die Politik vermittelt werden.
Diese große Bedeutung des Petitionsrechtes begründet gleichzeitig eine hohe Verantwortung der Abgeordneten des Petitionsausschusses im Umgang mit den Petitionen und den Petenten selbst. Dieser Verantwortung entsprechend beraten die Mitglieder des Petitionsausschusses derzeit darüber, wie dem Bürger die Wahrnehmung seines Grundrechtes durch mögliche Änderungen des Petitions- und Bürgerbeauftragtengesetzes beziehungsweise der Verfahrensgrundsätze erleichtert werden kann. Im Mittelpunkt der Beratung steht insbesondere die Einführung der E-Mail-Petition.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Von ihrem Petitionsrecht machten im Jahre 2008 21.567 Bürgerinnen und Bürger Gebrauch und wandten sich mit 1.013 Eingaben an den Petitionsausschuss. Dies stellt eine deutliche Steigerung gegenüber 2007 um mehr als 36 Prozent dar. In einer Sammelpetition brachten 17.742 Menschen ihre Ablehnung des Kabinettsbeschlusses zur Umgestaltung und Umstrukturierung der Theater im Land Mecklenburg-Vorpommern zum Ausdruck. 1.621 Petentinnen und Petenten wandten sich gegen die geplante Schließung einer Zweigstelle eines Amtsgerichtes. 413 Bürgerinnen und Bürger baten um die dringende Erneuerung einer Kreisstraße und 242 Petentinnen und Petenten wandten sich in Form eines Bürgerbegehrens gegen die rückwirkende Erhöhung der Abwassergebühr.
Thematischer Schwerpunkt der Eingaben war die Erhebung von Anschlussbeiträgen für die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, insbesondere für Altanschließer. Hierzu erreichte den Petitionsausschuss unter anderem eine Massenpetition von der Insel Rügen mit 418 Einzelzuschriften. Als weitere Schwerpunkte kristallisierten sich der Bereich Schule und Bildung sowie die bereits erwähnten Probleme im Zusammenhang mit dem Arbeitslosengeld II heraus.
Zur Bearbeitung der Eingaben führte der Petitionsausschuss 2008 26 Sitzungen durch, in deren Verlauf fast 200 Petitionen beraten wurden. Außerdem fanden neun Ortsbesichtigungen statt. 2008 wurden dem Landtag
drei Beschlussempfehlungen vorgelegt und damit durch den Landtagsbeschluss 642 Petitionen abgeschlossen. Hinzu kamen 79 Petitionen, von deren Behandlung abgesehen wurde. In 147 Fällen, also in circa 23 Prozent, konnte dem Anliegen der Petenten entsprochen werden.
Eine Reihe von Problemen, die die Petenten im Bereich Schule und Bildung vortrugen, konnte mit der Novellierung des Schulgesetzes gelöst werden. Gefordert wurde in mehreren Petitionen die Aufnahme von Schülerinnen und Schüler an der örtlich nicht zuständigen Schule, die Verpflichtung der Landkreise zur Übernahme des Schülertransports auch für Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II sowie die Sicherstellung des Schülertransportes für hochbegabte Schülerinnen und Schüler, die an einer der vier Förderklassen des Landes für Hochbegabte unterrichtet werden. Der Petitionsausschuss sah in diesen Fällen Handlungsbedarf und forderte die Landesregierung auf, die Problemfelder im Rahmen der Novellierung des Schulgesetzes einer Lösung zuzuführen, was schließlich auch gelang.
Das Problem, dass auch Altanschließer von den Zweckverbänden zur Zahlung von Anschlussbeiträgen herangezogen werden, ist auch wegen der zahlreichen Petitionen mehrfach Gegenstand in Beratungen des fachlich zuständigen Innenausschusses und des Landtages gewesen. Seitens der Oppositionsfraktionen sind zahlreiche Änderungsanträge unterbreitet worden, für die seitens der Regierungsfraktionen keine Notwendigkeit gesehen worden war. Das spiegelte sich auch im Zusammenhang mit der Bearbeitung der Petitionen wider, hier beim Abschluss der entsprechenden Petitionen.
Auch 2008 haben Petitionen dazu geführt, dass Verwaltungen in einigen Fällen eingeschliffenes Verwaltungshandeln überdacht und im Sinne von mehr Bürgerfreundlichkeit verändert haben. Petitionen können aber auch dazu führen, dass Verwaltungen in ihrem Agieren gegenüber dem Bürger ausdrücklich gestärkt und vom Landtag unterstützt werden. So ist in einem Fall mit dem Jugendamt ausdrücklich mitgeteilt worden, dass der Landtag trotz einer vom Bürger heftig vorgetragenen Kritik kein kritikwürdiges Verhalten des Jugendamtes feststellen konnte und sich das Jugendamt intensiv zum Wohle des Kindes mit der Angelegenheit befasst hat.
Dem Petitionsausschuss geht es bei der Bearbeitung der Petitionen um die konkrete Umsetzung von Richtlinien und Gesetzen, einschließlich der Suche nach Ermessensspielräumen zugunsten der Bürgerinnen und Bürger sowie einer gewissen Vermittler- und Dolmetscherfunktion zwischen den Bürgern und der Verwaltung. In diesem Sinne, so viel steht fest, wird der Petitionsausschuss auch im Jahre 2009 tätig werden. Ich bitte um Zustimmung zum vorliegenden Tätigkeitsbericht. – Danke schön.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Ausschussvorsitzende hat eben sehr umfangreich und detailliert den Bericht zahlenmäßig und auch inhaltlich vorgestellt. Ich werde also versuchen, nichts zu wiederholen und mich kurz zu fassen.
Sie sprach auch das Grundrecht der Bürger an, das im Grundgesetzartikel 17 verankert ist und auch in der Landesverfassung verankert ist. Dieses Grundrecht, meine Damen und Herren, gilt für Erwachsene wie für Minderjährige. Ich glaube, das ist auch nicht immer bekannt gewesen, dass auch Minderjährige sich mit ihren Problemen an den Petitionsausschuss wenden können. Und das gilt gleichermaßen für deutsche wie auch für ausländische Staatsbürger. Petitionen können natürlich in eigener Sache, für jemanden anders oder auch im allgemeinen Interesse an die zuständigen Stellen eingereicht werden und nicht nur als Einzeleingaben. So sind auch in Gemeinschaft verfasste Bitten oder Beschwerden möglich, sprich Sammelbeschwerden oder Massenpetitionen.
Und wenn die Vorsitzende angedeutet hat, dass wir in diesem Jahr oder im Bericht 2008 eine erhebliche Steigerung im Vergleich zu den anderen Jahren haben, 2008 also eine Steigerung gegenüber 2007, dann möchte ich nicht unerwähnt lassen, auch das führte die Vorsitzende an, dass es – und da nehme ich jetzt das Beispiel Rügen alleine – über 400 Eingaben zur Anschließerproblematik gab. Und da bin ich ein wenig erstaunt darüber, dass diese Petitionen eigentlich motiviert wurden.
Und jetzt gucke ich mal die FDP an. Ich finde es nicht so sehr seriös – ich weiß es nun aus erster Quelle –, dass hier doch ein bisschen nachgeholfen wurde
und den Bürgern Hoffnung gemacht wurde, mit solchen Petitionen sich dann an den Petitionsausschuss zu wenden.
Das ist keine Unterstellung. Das ist keine Unterstellung. Es ist ein bisschen motiviert worden. Und wenn Sie ehrlich sind, dann sagen Sie es auch. Geben Sie es zu!
Ich meine nur, man sollte Bürgern keine Hoffnung machen, denn die FDP weiß auch ganz genau, dass der Landtag sich mehrfach damit beschäftigt hat und auch mehrfach dem Anliegen nicht zugestimmt hat, das KAG zu ändern.
Meine Damen und Herren, ich will keine weiteren Zahlen vortragen. Wie gesagt, die Vorsitzende hat es getan, ganz ausführlich. Stattdessen lassen Sie mich einige Beispiele in gewohnter Weise noch mal darstellen, Beispiele, deren Inhalt und Bedeutung über die einzelne Petition hinausgehen.