Protokoll der Sitzung vom 23.09.2009

Und da will ich an einem Punkt ansetzen, der mich persönlich auch besorgt macht, nämlich die Frage im Zusammenhang mit dem Arbeitsschutz, dass man dort die Aufgaben überträgt. Ich hatte das auch im Zusammenhang in der Enquetekommission gesagt. Das ist eigentlich ein ganz großes Grauen, was man dort tut. Arbeitsschutz jetzt auf die kommunale Ebene runterzubrechen, ist schlicht und einfach ein Horror, weil damit im Grunde genommen die kommunalen Firmen in die Situation gebracht werden, vor Ort durch Leute, die sie kennen, kontrolliert zu werden. Dass da Tür und Tor geöffnet ist, weil es sich eben an der Stelle um eine sehr hoheitliche Maßnahme handelt, das ist schon ein Problem und deswegen sehen wir das so.

Ja, nun ist meine Zeit begrenzt. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit. Wir werden uns der Stimme an der Stelle enthalten. – Danke.

Danke, Herr Schnur.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Andrejewski von der Fraktion der NPD.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Arbeitsauftrag der Enquetekommission oder der Ausschüsse oder von wem auch immer sollte vielleicht beinhalten, eine realistische Einschätzung der wirklichen Verhältnisse in den Kommunen als Arbeitsgrundlage zu erlangen. Dafür würde ich einen Besuch beim Finanzausschuss von Ostvorpommern empfehlen, der öffentlich tagt, wovon auch Mitglieder der Enquetekommission nicht ausgeschlossen sind.

Folgende Lage soll gemäß des Leitbildes für eine Kreisgebietsreform in Mecklenburg-Vorpommern durch eine Fusion Ostvorpommerns mit Uecker-Randow, Greifswald und einem Teil Demmins bewältigt werden: Im Jahr 2010 erhält Ostvorpommern, dem aktuellen Entwurf des FAG folgend, allein fast 2,2 Millionen Euro weniger Schlüsselzuweisungen, außerdem über 1,1 Millionen Euro weniger Zuweisungen für die Aufgabe „Träger Straßenbaulast“, über 2,74 Millionen Euro weniger an Zuweisungen für Sozialhilfe. Nach dem Prinzip „linke Tasche, rechte Tasche“ gibt es zwar im Gegensatz dazu auch

einige kleinere Zuweisungserhöhungen, etwa immerhin 1.148,78 Euro mehr für die Katasterämter, aber in der Bilanz verringern sich die FAG-Zuweisungen für Ostvorpommern um 5.414.995,89 Euro

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

schlagartig von einem Jahr zum nächsten.

Gleichzeitig schlägt der Bund zu. Das Gesetz zur Neuregelung des Wohngeldrechts und Änderung des SGB II werden 2010 für den Landkreis Mindereinnahmen in Höhe von 2,24 Millionen Euro zur Folge haben. Hinzu kommen noch einmal 750.000 Euro weniger, weil der Bund seine Beteiligung an den Kosten der Unterkunft für Hartz-IV-Empfänger verringert. Geschätzte 8,405 Millionen Euro weniger werden Ostvorpommern im nächsten Jahr zur Verfügung stehen.

Hinzu kommt die langsame Erdrosselung durch die für die bestehenden Kredite zu zahlenden Zinsen. Die Tilgungsraten, die der Kreis noch aufbringen kann, sind so gering, dass der Kreis schließlich das Dreieinhalbfache der ursprünglichen Kreditsumme bezahlen wird. Ich selber hätte das Doppelte geschätzt, aber es ist das Dreieinhalbfache. Dass es in Uecker-Randow und Demmin anders aussieht, möchte ich bezweifeln.

Diese Kreise alle zusammenzuwerfen,

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

wie es die Enquetekommission im Rahmen ihres Arbeitsauftrages gefordert hat und betreibt, heißt doch nur, die Katastrophen zu addieren. Was soll das denn bringen? Und Greifswald kann das auch nicht alles bezahlen, abgesehen davon, dass es da auch viel Armut gibt. Aber wenn den Greifswaldern erst mal klar wird, was da auf sie zukommt, wird sich ihr Widerstand noch verstärken.

Letztendlich versuchen sich die oberen Ebenen, Bund und Land, auf Kosten der unteren Ebene, der Kommunen, zu sanieren und zu Wahlen mit ausgeglichenen Haushalten zu protzen, wenn sie noch können. Die Enquetekommission will genau das kaschieren. Es wird heutzutage häufig gesagt, für all die Bankenrettungsprogramme und Wahlgeschenke, wie die Abwrackprämie, käme die große Rechnung noch nach der Bundestagswahl. Dann kämen die bitteren Wahrheiten auf den Tisch. Die sind schon da in den Kommunen und leider übersehen von der Enquetekommission auf ihrer Wolke Sieben.

Seltsamerweise wird die Politik immer substanzieller, je weiter unten sie stattfindet, und immer hohler, je weiter sie oben angesiedelt ist. Ich wage mir gar nicht die Ausschusssitzungen im Europaparlament vorzustellen. Die müssen total hohl sein.

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Der Arbeitsauftrag der Kommission ist von Grund auf verfehlt

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

und ist durch irgendwelche Änderungen nicht zu retten.

Und falls es mal eine Bundeskabinettssitzung geben sollte, die genauso abläuft wie die Finanzausschusssitzungen in Ostvorpommern, wo der Finanzminister der Bundeskanzlerin sagt:

(Angelika Peters, SPD: Wir sind hier im Landtag und nicht in Ostvorpommern, mein Gott!)

„Wir haben nichts mehr zu verkaufen, wir wissen nicht mehr weiter, wir können diese zusätzlichen Lasten nicht tragen“, und die Bundeskanzlerin sagt: „Ich weiß auch nicht mehr weiter, wir könnten nur noch auf Hilfe von oben hoffen“, dann ist der Staatsbankrott da. Gehen Sie mal zum Finanzausschuss in Ostvorpommern, das wäre eine schöne Realitätsdusche für Sie. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Danke.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Heinz Müller von der Fraktion der SPD.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach den Ausführungen der Kollegin Martina Tegtmeier und des Kollegen Wolf-Dieter Ringguth bleibt für mich inhaltlich nicht mehr sehr viel zu sagen. Ich kann feststellen, dieser Antrag, der hier von den beiden Koalitionsfraktionen vorgelegt worden ist, ist in der Sache richtig. Eine Oppositionsfraktion will ihm zustimmen, eine andere will sich der Stimme enthalten und hat in der Argumentation –

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Oooh!)

Herr Schnur, gestatten Sie mir diese wertende Äußerung – eigentlich auch nicht die großen Argumente gegen diesen Antrag gebracht, sondern hat eher andere Probleme angesprochen. Von daher … nun gut.

Also, meine Damen und Herren, lassen Sie es uns so vollziehen, wie der Antrag es vorsieht, und den Arbeitsauftrag der Enquetekommission wieder auf den Ursprungsauftrag zurückbringen und damit die Arbeit der Enquetekommission. Also der Antrag ist richtig. Und die Position, es immer schon gewusst zu haben, ist ja keine, mit der man Beliebtheitspunkte einsammelt. Dann kriegt man höchstens die Diskussion, wann denn eigentlich der richtige Zeitpunkt ist, einen solchen Antrag zu stellen.

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Ich glaube aber, meine Damen und Herren, eine solche Diskussion führt uns und führt die Arbeit der Enquetekommission überhaupt nicht weiter, und ich würde gerne in dieser Arbeit inhaltlich weiterkommen.

Lassen Sie mich an diesem Punkt, wo wir so eine Zäsur in der Arbeit der Enquetekommission haben, wo wir einen Zwischenbericht vorgelegt haben und wo wir jetzt den Arbeitsauftrag so verändern als Landtag, dass wir als Kommission wieder zum Ursprungsauftrag zurückkommen, doch noch mal eine etwas nachdenkliche Bemerkung machen und ein wenig zurückschauen.

Wir haben, alle demokratischen Kräfte, gesagt, wir wollen in der Diskussion um die notwendigen Reformen in diesem Land auf der kommunalen Ebene nicht nur über die kommunale Ebene reden, sondern wir wollen mit ihr reden. Und ich halte diese grundsätzliche Ausrichtung, die wir alle wollten und alle wollen, nach wie vor für richtig. Und wir haben deshalb, nicht nur in der Koalition, sondern deutlich darüber hinaus – wir haben gerade noch mal kurz darüber gesprochen, Frau Měšťan und ich, auch die LINKEN haben dem Erweiterungsantrag seinerzeit zugestimmt –,

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Stimmt!)

wir alle haben gesagt: Es ist eigentlich ein Gremium, diese Enquetekommission,

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

das sich anbietet, in einen Gesetzgebungsprozess vorbereitend mit eingebunden zu werden,

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das haben wir wirklich gesagt.)

weil wir dort eben nicht nur über Kommunale reden, sondern mit ihnen reden. Deswegen hat dieser Landtag hier beschlossen, den Arbeitsauftrag so zu erweitern, wie er es getan hat. Dazu haben die Demokraten gestanden.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Richtig.)

Und vielleicht sollten wir uns alle als Demokraten im Nachhinein fragen, ob es richtig ist, wenn wir eine Enquetekommission, die einen spezifischen Charakter hat als parlamentarisches Gremium, so eng an einen Gesetzgebungsprozess ankoppeln,

(Helmut Holter, DIE LINKE: Das ist eine berechtigte Frage.)

oder ob es nicht sinnvoller ist, eine Enquetekommission so anzusiedeln,

(Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

dass sie deutlich im Vorfeld von konkreten Gesetzgebungsvorhaben ihre Ergebnisse erarbeiten soll, und erst auf dieser Basis arbeitet dann das Parlament und macht konkrete Gesetzgebung.

Meine Damen und Herren, ich glaube, und ich höre das auch an Ihren Zwischenrufen, dass Sie diese Frage ebenfalls als eine wichtige empfinden

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Wir wollten 1999 schon eine Enquetekommission. – Helmut Holter, DIE LINKE: Das unterschreibe ich sofort.)

und dass wir uns vielleicht gemeinsam darauf verständigen, wie wir zukünftig mit solchen Gremien umgehen. Aber dann bitte ich auch darum, dass hier nicht der eine mit dem Finger auf den anderen zeigt und sagt: Ihr seid die Bösen. Sie haben das zum Glück nicht getan. Die Debatte fand ich eigentlich sehr sachlich. Aber wir sollten dies auch zukünftig so halten, nicht auf den anderen zu zeigen und zu sagen, ihr seid die Bösen, wenn wir dies eigentlich gemeinsam so gemacht haben, nämlich eine Enquetekommission an ein Gesetzgebungsverfahren andocken, obwohl dies eigentlich nicht dem Charakter einer solchen Kommission entspricht.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich an dieser Stelle auch die Hoffnung zum Ausdruck bringen, dass wir in den zwei Jahren, die diese Enquetekommission maximal noch Zeit hat bis zu den nächsten Landtagswahlen, das, was wir an Arbeitsauftrag haben, tatsächlich abarbeiten können, dem Landtag ein gutes, ein vernünftiges und ein hoffentlich breit getragenes Arbeitsergebnis vorlegen, das dann Basis für die Gesetzgebung in der nächsten Legislaturperiode ist. Der Reformdruck ist groß und wir müssen hier zu vernünftigen Lösungen kommen. Ich hoffe sehr, dass uns das im Geiste einer solidarischen Auseinandersetzung gelingt. Dazu wollen wir unseren Teil beitragen und ich hoffe, dass wir uns auf dieser Ebene dann in der Arbeit wiederfinden. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)