Protokoll der Sitzung vom 24.09.2009

Zum Zweiten. Herr Renz, ich meine, auch wenn man im Ministerium gearbeitet hat,

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

dachte ich, müsste man vielleicht lesen können.

(Toralf Schnur, FDP: Das ist das Schwierige manchmal.)

Und im gemeinsamen Antrag, Herr Renz, der FDP und der LINKEN steht eben nicht, dass die Landesregierung den Gesetzentwurf stoppen soll, sondern es steht drin, sie soll ihn unverzüglich überarbeiten mit dem Ziel,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen DIE LINKE und FDP – Helmut Holter, DIE LINKE: Richtig.)

die unstreitigen Kritikpunkte der öffentlichen Anhörung, insbesondere die fehlende Gewährleistung einer angemessenen finanziellen Mindestausstattung auszuräumen.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Aber da brauchst du doch nur einen Punkt zu ändern, Masse erhöhen, Neuverschuldung. Alles klar.)

Ich glaube, das ist etwas anderes als stoppen.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Da müssen Sie gar nicht mit Herrn Caffier reden, da müssen Sie mit Frau Polzin reden. Sie brauchen Geld. – Zurufe von Marc Reinhardt, CDU, und Toralf Schnur, FDP)

Meine Damen und Herren, eigentlich wollte ich mit meinem Beitrag das von meiner Kollegin Frau Měšťan Gesagte untersetzen. Und, Frau Reese, auch uns erreichen fast täglich Briefe aus Städten, Ämtern und Gemeinden, in denen die Kommunalpolitiker aller demokratischen Fraktionen ihre Sorgen und ihre Bedenken über die geplante Novellierung des FAG äußern,

(Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

insbesondere nachdem in den Amtsstuben am 02.09.2009 per E-Mail der Orientierungsdatenerlass des Innenministeriums ankam, denn jetzt endlich können die gewählten kommunalen Vertreterinnen und Vertreter konkret für ihre Kommunen erkennen, was die Umsetzung des FAG in den beiden kommenden Jahren bedeutet. Man könnte ja fast glauben, wenn man Böses im Schilde hätte, dass die Landesregierung mit diesem Orientierungserlass endlich auf die Aufforderung des Städte- und Gemeindetages reagiert hat, gemeindescharfe Zahlen vorzulegen.

(Toralf Schnur, FDP: Genau.)

Das denken wir nicht.

(Torsten Renz, CDU: Sagen Sie doch mal etwas zur Struktur des FAG, was Sie da ändern wollen.)

Wenn die Betroffenen die Veränderungen auf die Gemeinden jetzt erst zu erfahren bekommen, wenn das parlamentarische Verfahren weit fortgeschritten ist, wie sollen sie sich sozusagen da noch beteiligen können?

(Toralf Schnur, FDP: Richtig.)

Und das trifft auch für die Abgeordneten in diesem Landtag zu, in diesem Hohen Hause, denn auch wir kannten keine gemeindescharfen Zahlen bis zum 2. September, um wirklich entscheiden zu können.

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Wir haben es ja noch fünf Tage später bekommen als die Kommunen. – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Das ist wohl wahr.

Erst jetzt können kommunale Vertreterinnen und Vertreter ermessen, welche Leistungseinschnitte bevorstehen und wie hoch die Abgaben für Bürgerinnen und Bürger sein werden.

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: So viel zum Dialog.)

Aber, meine Damen und Herren, lebendige Gemeinden und Städte, die ihren Pflichtaufgaben nachkommen können und dazu noch über die wichtigen freiwilligen Aufgaben entscheiden können, sind das Fundament unserer Demokratie. Denn hier in den Städten und in den Gemeinden wird demokratisches Engagement im wahrsten Sinne des Wortes ge- und auch erlebt. Aber weil die Kommunen die letzten beiden guten oder fetten Steuerjahre dazu genutzt haben, ihre Rücklagen zu füllen, nämlich um Investitionen tätigen zu können, beziehungsweise die Rücklagen nutzen, um die Verwaltungshaushalte stabil zu halten, waren die guten Steuerjahre nicht automatisch gute Jahre für die Erfüllung von freiwilligen

und von pflichtigen Aufgaben. Und das weiß jeder, der in der Kommunalpolitik tätig ist, sei es in der Gemeinde, in der Stadt oder im Kreis.

Na klar, meine Damen und Herren, es gibt Gemeinden, denen es so gut geht, dass sie für ihre Dorfjugend einen Sport- und Bolzplatz bauen können, der auch in eine große Weltstadt passen würde.

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Ist das schlimm?)

Ich denke dabei nur an die Gemeinde Lambrechtshagen in meinem Kreis. Andererseits gibt es aber mehr Gemeinden, die in finanzielle Not geraten sind, weil sie einfach nur gute Arbeit für die Einwohnerinnen und Einwohner gemacht haben.

Und auch da gibt es ein Beispiel in meinem Landkreis, das ist die Gemeinde Retschow: Zum 30. Juni 2009 hat die Gemeinde mit 928 Einwohnern einen Schuldenstand in Höhe von 1,136 Millionen Euro. Das sind ausschließlich Verbindlichkeiten aus Krediten für die Wohnungsverwaltung und die Photovoltaikanlage, die wiederum langfristig Geld in die Haushaltskasse spülen wird.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Sozusagen wird dann eine nachhaltige Entscheidung der Gemeindevertreter hier bestraft. Und sicher hatten die Gemeinden im letzen Jahr sehr gute Gewerbesteuereinnahmen, viele Gemeinden.

(Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Aber, meine Damen und Herren, gerade heute Abend darf ich als Gemeindevertreterin in meiner Gemeinde Satow über den Nachtragshaushalt entscheiden. Mit diesem Nachtragshaushalt zahlen wir eben 40.000 Euro Gewerbesteuer zurück. Und im Hinterkopf haben wir gleichzeitig, dass wir für das Haushaltsjahr 2010 die Gewerbesteuerumlage aus dem Jahr 2007, aus dem guten Steuerjahr 2007, zurückzahlen müssen. Insofern hat die FDP nämlich recht: Die Gewerbesteuer ist keine gute Grundlage dafür, um die Kommunen auf finanziell stabile Füße zu stellen.

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Für die Landkreise schon gar nicht.)

Deshalb fordern die...

(Heinz Müller, SPD: Wollen Sie die denn auch abschaffen, so wie die FDP? Das wäre ja mal interessant zu wissen.)

Deshalb fordern die Kommunen für die nächsten Jahre mehr als eine Schicksalsgemeinschaft in guten und schlechten Jahren durch die Anwendung des Gleichmäßigkeitsgrundsatzes. Sie fordern nämlich eine aufgabengerechte und eine angemessene Finanzausstattung, nicht mehr und nicht weniger.

Apropos Gleichmäßigkeitsgrundsatz, meine Damen und Herren, dieser führt dazu, dass die Zuweisungen aus dem FAG an die Kommunen erheblich, in Millionenhöhe, in den kommenden beiden Jahren sinken. Im ländlichen Raum werden nach Schätzungen des Landkreistages mindestens 100 Euro je Einwohner weniger Einnahmen zur Verfügung stehen. Für meinen Landkreis Doberan bedeutet das durch die Auflösung der Vorwegabzüge weniger Infrastrukturmittel und trotz Ausgleich mit Schlüsselzuweisungen in der Summe 3,3 Millionen weniger. Ich weiß, meinem Kreis geht es gut.

(Toralf Schnur, FDP: Eben.)

Wir haben auch einen hervorragenden Landrat, der das alles immer hinbekommt.

(Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

Wir werden auch die Kreisumlage angemessen erhöhen.

Allerdings, meine Damen und Herren, erhielt ich gerade heute einen Brief aus dem Amt Bad Doberan Land, mit dem mir der Amtsvorsteher die Auswirkungen des Finanzausgleichsgesetzes im Amt Bad Doberan Land auf die Gemeinden zur Kenntnis gibt. Und hier möchte ich ihn gern zitieren.

Erstens schreibt er mir: „Durch die Mindereinnahmen im Bereich der Schlüsselzuweisungen erhalten unsere Gemeinden 1,166 Millionen Euro weniger.“

(Reinhard Dankert, SPD: Das liegt doch aber an der Masse. – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das liegt doch aber an der Masse und nicht am Gesetz.)

Zweitens: „Geringere Erträge bei der Einkommens- und Umsatzsteuer vermindern die Einnahmen im Vergleich zu 2009 um weitere 384.529 Euro.“

(Heinz Müller, SPD: Liegt das an der FAG-Novelle? – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Ja, das liegt an der Krise und nicht am FAG.)

Und drittens: „Die Stadt-Umland-Umlage belastet drei unserer Gemeinden, Ostseebad Nienhagen, Admannshagen-Bargeshagen, Börgerende-Rethwisch, außerdem mit 251.922 Euro.“ So weit das Zitat.

Summa summarum sind das im Amtsbereich 1,8 Millionen Euro weniger. Und wenn wir dann im Kreis diskutieren über die Kreisumlage, wird das schon ein ganz anderer Schnack.

Herr Schnur, wie mag es da nur im Landkreis Ostvorpommern aussehen,

(Toralf Schnur, FDP: Ja.)