Mit der Änderung des Landesbehindertengleichstellungsgesetzes in Artikel 6 soll im Wesentlichen die Berichtspflicht des Integrationsförderrates auf grundsätzlich einmal pro Berufungsperiode festgelegt werden. Der Integrationsförderrat hat in seiner Stellungnahme keine Bedenken gegen diese Regelung geäußert.
Die Änderung des Landesblindengeldgesetzes in Artikel 7 ist aus Gründen der Rechtssicherheit für die Betroffenen erforderlich. Die Regelung legt die Höhe des Anspruches auf Landesblindengeld für hochgradig sehbehinderte Menschen fest, die in Einrichtungen leben. Dies dient vor allem der Gleichbehandlung von blinden und hochgradig sehbehinderten Menschen. Der Blinden- und Sehbehindertenverein hat diese Änderung ausdrücklich begrüßt.
Und an dieser Stelle, Herr Grabow, möchte ich Ihre öffentliche Äußerung, dass es sich hierbei um eine Kürzung oder Schlechterstellung handele, zurückweisen. Das Gegenteil ist der Fall. Und wenn Sie der Sozialministerin nicht glauben, dann glauben Sie vielleicht der Vorsitzenden des Blinden- und Sehbehindertenvereins Mecklenburg-Vorpommern, Frau Gudrun Buse. Sie hat in der Anhörung gesagt: „Der Blinden- und Sehbehindertenverein Mecklenburg-Vorpommern begrüßt den vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung des Landesblindengesetzes. Die Änderungen schaffen für die genannte Gruppe der hochgradig Sehbehinderten Rechtsicherheit und enthalten keine Leistungsverschlechterungen.“ – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Dann muss er das doch anmelden. Ist das angemeldet bei Ihnen? Ist das bei Ihnen angemeldet, Herr Vorsitzender? – Zuruf von Dr. Fritz Tack, DIE LINKE – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Herr Präsident, Entschuldigung!)
Herr Präsident! Liebe Kollegen! Es gibt auch eine Stellungnahme, die dem Hause des Sozialministeriums vorliegt, von der AWO, von der Caritas, vom Deutschen Roten Kreuz, von der Diakonie und von den Paritätern. Aus der lese ich jetzt einfach den einen Absatz vor, insofern kann man nachher im Ausschuss darüber diskutieren:
„Nach dem Gesetzesentwurf soll, Satz 1, ein weiterer Satz eingefügt werden, nach dem das Landesblindengeld des hochgradig sehbehinderten Menschen auf circa 50 Prozent gekürzt werden soll, er Leistungen der sozialen Pflegeversicherung erhält, die übrigen Kosten seiner Betreuung jedoch mit seinem eigenen Einkommen deckt. Der Inhalt dieser Regelung erschließt sich uns nicht. Nach unserem Dafürhalten enthält Paragraf 4 eine ausführliche Regelung zur Anrechnung von Leistungen der sozialen Pflegeversicherung. In diesem Zusammenhang möchten wir nochmals deutlich zum Ausdruck bringen, dass wir die Anrechnung und damit die Kürzung des Landesblindengeldes bei einem Bezug von Leistungen der sozialen Pflegeversicherung grundsätzlich als systemwidrig bewerten, da die jeweiligen Leistungen verschiedenen Bedarfen bei ganz unterschiedlichen Voraussetzungen dienen. Aufgrund …“ und da geht das weiter.
Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 5/2842 zur Beratung an den Sozialausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Damit ist dem Überweisungsvorschlag einstimmig zugestimmt worden.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 9: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Qualität in Einrichtungen für Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen sowie zur Stärkung ihrer Selbstbestimmung
Gesetzentwurf der Landesregierung: Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Qualität in Einrichtungen für Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen sowie zur Stärkung ihrer Selbstbestimmung und Teilhabe (Einrichtungenqualitätsgesetz – EQG M-V) (Erste Lesung) – Drucksache 5/2843 –
Das Wort zur Einbringung hat die Ministerin für Soziales und Gesundheit Frau Schwesig. Frau Schwesig, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Vor gut zwei Jahren hat der Bundesrat die Föderalismusreform I verabschiedet. Und wie Sie wissen, votierte Mecklenburg-Vorpommern seinerzeit gegen das Gesetzespaket.
Einer der Gründe: Die Reform hatte zur Folge, dass jedes Bundesland für jene pflege- und betreuungsbedürftigen Menschen, die in Einrichtungen leben, ein eigenes Gesetz schreibt. Ein solches Gesetz garantiert einerseits Schutz, andererseits Selbstbestimmung. Gleichzeitig hilft es, den Grundsatz „ambulant vor stationär“ durchzusetzen. Inhaltlich ist dagegen natürlich nichts zu sagen. Allerdings bedingt die Reform, dass in 16 Ländern 16 unterschiedliche Gesetze entstehen. Eine der Folgen: Diejenigen Träger, die in mehreren Bundesländern tätig sind, müssen sehr unterschiedliche Regeln beachten.
Die Landesregierung kann sich aber natürlich nicht aus der Föderalismusreform I ausklinken, also haben wir ein Einrichtungenqualitätsgesetz erarbeitet. Dafür haben die Fachleute aktuelle betreuungs- und pflegewissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt. Gleichzeitig setzen wir damit Ziffer 238 der Koalitionsvereinbarung um, die da heißt: „Festlegung von Anforderungen an neue Wohnformen für ältere, pflege- und betreuungsbedürftige Menschen“. Zweck des Gesetzes ist es, Selbstbestimmung und Teilhabe jener Menschen zu stärken, die in Einrichtungen leben. Sie sollen an der Gestaltung ihres Alltags mitwirken und sich beschweren können, wenn dies ihrer Meinung nach nicht klappt.
Ein Beispiel: Bisher sah das Gesetz lediglich ein zweistufiges System zur Mitsprache vor, unser Landesrecht macht daraus jetzt drei Stufen. Erste Stufe – die Bewohnerschaft wählt eine Vertretung. Wenn die nicht zustande kommt, wählt die Bewohnerschaft einen externen Beirat. Wenn auch dieser scheitert, bestellt die Heimaufsicht einen sogenannten Fürsprecher. Man kann den Trend vielleicht so zusammenfassen: Die Einrichtungen öffnen sich. Und Transparenz kann nie schlecht sein.
Gleichzeitig grenzt das Gesetz erstmals die verschiedenen Wohn- und Betreuungsformen klar voneinander ab. Einige neue Angebote genießen künftig einen Mindestschutz, weil sie bei der zuständigen Behörde angezeigt werden müssen, die so ein „Noteingriffsrecht“ bekommt.
Zudem wird Bürokratie abgebaut, insbesondere bei den Anzeigepflichten. Die Bürokratiekosten wurden erstmals nach dem Standardkostenmodell ermittelt und konnten deshalb nachhaltig gesenkt werden.
Besonders erfreulich finde ich, dass gesetzlich festgeschrieben wird, dass mindestens die Hälfte des Perso
nals aus Fachkräften besteht. Kein Bundesland hat eine höhere Quote. Erstmals werden die besonderen Bedürfnisse von geistig Behinderten, psychisch Kranken und Suchtkranken berücksichtigt. Im bisherigen Heimgesetz des Bundes hatte sich diese Fachkraftquote nur in der Personalverordnung gefunden. Moderner als bei uns in Mecklenburg-Vorpommern ist so ein Gesetz also nicht zu machen, Herr Koplin.
Wo wir gerade beim Personal sind, lassen Sie mich noch ein paar Worte zur Bezahlung der Pflegerinnen und Pfleger sagen. Vorweg: Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich in diesem Hohen Haus irgendjemand findet, der deren Löhne und Gehälter nicht angehoben sehen möchte. Diese Frauen und Männer leisten eine Arbeit, die den Körper belastet und die Seele beschwert. Es ist eine Arbeit im Dienst an den Menschen und wird natürlich bisher viel zu wenig honoriert. Weil das so ist, habe ich mich an einer Unterschriftenaktion des Diakonischen Werkes mit dem Titel „Pflege ist mehr wert“ beteiligt, aber in erster Linie ist dies natürlich ein Problem, das die Tarifpartner lösen müssen.
In diesem Zusammenhang ist zu bedenken, dass höhere Bezahlung und bessere Personalausstattung vor allem zulasten des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe gehen, dessen Gesamtbudget derzeit im Rahmen des Sozialhilfefinanzierungsgesetzes verhandelt wird. Und natürlich ist es auch wichtig, dass, wenn man die Fachkräfte besser bezahlen will, auch höhere Pflegesätze durch die Pflegekassen gelten müssen. Das setzt natürlich voraus, dass mehr Geld in dieses Gesamtsystem kommt. Und das wäre nach meiner Auffassung nur möglich, wenn wir uns wirklich für eine solidarische Pflegeversicherung entscheiden, um mehr Geld ins System zu bekommen. Wir haben es in Mecklenburg-Vorpommern bitter nötig, denn die Fachkräfte, die ich während der Gesundheitstouren und vielen anderen Besuchen in Pflegeeinrichtungen, ob ambulant oder stationär, besucht habe, werden eben noch nicht ausreichend bezahlt.
Und an der Stelle bin ich bei Ihnen, Herr Koplin, bei Ihrer Kritik. Aber Sie wissen, das kann man nicht in diesem Gesetz regeln. Es ist eine Frage, wie man die Pflegeversicherung aufstellt.
An der Stelle muss ich auch sagen, dass ich Sorge habe vor dem, was die neue Bundesregierung vorhat, dass ein Teil der Pflegeversicherung auch noch mehr privatisiert werden soll. Das würde dazu führen, dass sich viele Menschen in unserem Land eine gute Pflege nicht leisten können.
Und das geht natürlich nicht, denn die Pflege, insbesondere im hohen Alter, gehört dazu, dass Menschen selbstbestimmt und würdig altern können. Das ist eine Frage der Menschenwürde und die Menschenwürde darf nicht vom Geldbeutel abhängen.
Ein Punkt ist mir im Zusammenhang mit dem Heimgesetz besonders wichtig. Es wurde eben gerade nicht von „oben“ diktiert, sondern gemeinsam mit den Praktikern erarbeitet. Auch das ist ein sinnvoller Unterschied zu den Gesetzen anderer Bundesländer und steht für meinen Politikstil, dass wir die Dinge nicht am grünen Ministertisch erarbeiten, sondern mit den Praktikern, die es betrifft.
Vor mehr als zwei Jahren hat der Landespflegeausschuss zu diesem komplizierten Thema eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen. Sie setzte sich aus Vertretern der Heimaufsicht, des Städte- und Gemeindetages, des Landkreistages, des Integrationsförderrates, der Pflegekassen und des Kommunalen Sozialverbandes zusammen. Dazu kamen natürlich auch die Träger der Einrichtungen. Auf dieser breiten Basis konnte es gelingen, das bis dato altenpflegelastige Heimgesetz des Bundes sinnvoll zu novellieren, so, wie es Ihnen heute vorliegt.
Deswegen, Herr Koplin, kann ich Ihre Kritik, die Erarbeitung des Gesetzes habe zu lange gedauert, nicht verstehen. Im Gegenteil, ich finde es richtig, dass man sich Zeit für Gespräche mit den Betroffenen nimmt, um so ein praxisnahes Gesetz vorzulegen.
Hervorheben möchte ich außerdem, dass nicht nur das Gesetz neu ist. Nein, dies gilt auch für die dazugehörigen Verordnungen zum Personal, zum Bau und zur Mitwirkung, die gleichzeitig in Kraft treten sollen. Prüfbehörden und Einrichtungen bekommen damit gleichzeitig die Werkzeuge an die Hand, mit deren Hilfe sie das Gesetz umsetzen können. Auch diesem Prozedere, sehr geehrter Herr Koplin, sind andere Bundesländer nicht nachgekommen und finden es ziemlich gut, was wir hier machen.
Wie Sie wissen, diskutieren die Fachleute derzeit über den Begriff der „Pflegebedürftigkeit“. Er soll den aktuellen Entwicklungen angepasst werden. Dieses Thema wird auf der Arbeits- und Sozialministerkonferenz im November eine Rolle spielen. Die Amtschefkonferenz behandelt in diesen Tagen einen Beschlussvorschlag der Länder, darunter ist auch Mecklenburg-Vorpommern. Darin wird die Vorarbeit des „Beirats zur Überprüfung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs“ begrüßt. Sie wissen, ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff ist notwendig, um die Pflege an aktuelle Entwicklungen anzupassen.
Eine Reihe von Fragen ist allerdings noch offen. Ich will nur eine nennen: Wie wollen wir das Leistungsrecht der Pflegeversicherung an den neuen Begriff von Pflegebedürftigkeit anpassen? Diese und andere Fragen müssen bundesrechtlich geregelt werden. Mit unserem Heimgesetz haben diese nichts zu tun.
Lassen Sie mich zum Schluss betonen, dass ich trotz der eingangs formulierten grundsätzlichen Bedenken das neue Gesetz für bedeutsam halte. Wenn wir einen Blick auf die demografische Entwicklung unserer Bevölkerung werfen, können wir nur zu dem Schluss kommen, dass der Bereich Pflege in den kommenden Jahren und Jahrzehnten an Bedeutung gewinnen wird.
Uns stellen sich also zwei Aufgaben: Zum einen müssen wir Pflege auch künftig finanziert bekommen, ich habe es angesprochen.
Das neue Heimgesetz verbessert die Qualität in den Einrichtungen, stärkt die Mitbestimmung. Natürlich wird es nicht immer einfach sein, den Spagat zwischen Selbstbestimmung und staatlichem Schutz hinzubekommen. Das Motto muss lauten: „So viel Selbstbestimmung wie möglich, so viel Schutz wie nötig.“ – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.