Protokoll der Sitzung vom 22.10.2009

Wir kommen damit zum Tagesordnungspunkt 29: a) Beratung des Antrages der Fraktionen der CDU und SPD – Erhalt der Kutter- und Küstenfischerei sichern, Drucksache 5/2848, in Verbindung mit b) Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Zukunft der Kutter- und Küstenfischerei in Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 5/2856.

Antrag der Fraktionen der CDU und SPD: Erhalt der Kutter- und Küstenfischerei sichern – Drucksache 5/2848 –

Antrag der Fraktion DIE LINKE: Zukunft der Kutter- und Küstenfischerei in Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 5/2856 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Lenz von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Am Dienstagmorgen hat sich der Europäische Fischereirat in Luxemburg auf die neue Festlegung für Fangquoten geeinigt. Demnach sollen die erlaubten Fangmengen für den Hering in der westlichen Ostsee um 16,5 Prozent gesenkt werden und die Fangmengen für den Dorsch in der östlichen Ostsee um 15 Prozent und der westlichen Ostsee um 8,6 Prozent erhöht werden. Seitens der Europäischen Union wurde für den Hering in der westlichen Ostsee eine Fangquotenreduzierung von 21 Prozent vorgeschlagen.

Nachdem bereits im vergangenen Jahr die Heringsquote in der westlichen Ostsee um 39 Prozent gekürzt worden ist, wird die Existenz der Kutter- und Küstenfischerei in Mecklenburg-Vorpommern mit der erneuten 16,5 prozentigen Kürzung richtig bedroht. Die Quotenkürzung seitens der Europäischen Kommission erfolgte auf der Grundlage wissenschaftlicher Untersuchungen. So wurden gerade im Bereich der westlichen Ostsee seit mehreren Jahren schlechte Nachwuchsjahrgänge beim Hering festgestellt. Obwohl die wissenschaftlichen Untersuchungen seitens der Kutter- und Küstenfischerei angezweifelt werden, ist die Absicht einer Absenkung der zulässigen Fangmenge nachzuvollziehen.

Die EU hatte bei der Absenkung der Heringsquoten im letzten Jahr zugesagt, bis zum Juni dieses Jahres genau wie beim Dorsch einen Managementplan zu erarbeiten, um den Fischern eine Planungsmöglichkeit zu geben. Die nunmehr erfolgte drastische Reduzierung der Fangmenge für den Hering innerhalb von zwei Jahren ohne Aussicht auf Besserung ist sowohl für die Fischer als auch für den nachgelagerten Bereich nicht tragbar.

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Der Managementplan soll übrigens jetzt bis Januar des nächsten Jahres stehen.

(Vizepräsidentin Renate Holznagel übernimmt den Vorsitz.)

Für mich stellt sich hier die Frage: Was nutzt ein gesunder Heringsbestand ohne Küstenfischer? Und wie kann die Auslastung der Fischverarbeitung – und das nicht nur auf der Insel Rügen – künftig gesichert werden?

Zahlreiche Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern haben sich in den vergangenen Jahren auf die Heringsfischerei spezialisiert, denn sie wurden von der EU aufgefordert, nachdem die Dorschquote gesenkt wurde, sich auf ihren Brotfisch, den Hering, zu konzentrieren. Die nunmehr innerhalb von zwei Jahren erfolgte Kürzung der Heringsquote von 55,5 Prozent dürfte zur Aufgabe mehrerer Unternehmen im Land führen. Allein im Fischverarbeitungszentrum in Sassnitz-Mukran werden jährlich nur circa 11.000 Tonnen Hering aus der deutschen Kutter- und Küstenfischerei verarbeitet. Gebaut und mit EU- und Landesmitteln gefördert wurde das Werk aber für 50.000 Tonnen. Die wurden auch früher von den deutschen Küsten…

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Lassen Sie mich ausreden, Frau Peters!

Früher wurden diese 50.000 Tonnen auch von den Kutter- und Küstenfischern angelandet. Sie sind nicht alle da verarbeitet worden. Zugekauft wurde schon ewig aus dem Nordatlantik, aus Irland, das weiß ich. Aber angelandet worden sind diese 50.000 Tonnen doch in Mecklenburg-Vorpommern.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja, und?!)

Ich habe Sie nicht verstanden, Herr Dr. Methling.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Und nun? – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja, ich wollte wissen, was Sie damit sagen wollten.)

Ja, ich mache weiter.

Ich denke, dass wir – und das müssten eigentlich auch Sie einsehen, Herr Professor Dr. Methling – uns darüber im Klaren sind, dass mit diesen Quoten dramatische

Auswirkungen auf den Bereich der Kutter- und Küstenfischerei zu erwarten sind. Wir wissen aber auch, dass die Fischer nicht vom gefangenen Fisch, sondern vom Erlös leben.

(Angelika Peters, SPD: Richtig.)

Aber zu den Kürzungen von Fangquoten kommen die erhöhten Ausrüstungsanforderungen für die Schiffe der Kutter- und Küstenfischerei. Die aus dem …

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Wie wollen Sie mehr Fische reinbringen? Das ist doch die entscheidende Frage.)

Das ist doch Quatsch.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja?)

Das ist doch Quatsch, Herr Professor Methling. Diese erhöhten Anforderungen an die Ausrüstung können nur aus dem Erlös bezahlt werden. Und wenn Sie unseren Antrag gelesen haben, …

(Vincent Kokert, CDU: Hätten, hätten! Das hört man ja.)

Hätten, ja.

… dann machen wir dort Vorschläge, wie man bessere Erlöse erzielen kann. Und dann haben die Fischer auch die Möglichkeit, aus diesen Erlösen wieder die erhöhten Anforderungen der Ausrüstung zu bezahlen. Aber ich denke, Sie haben unseren Antrag gar nicht erst gelesen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Erklären Sie mir das doch noch mal!)

Das kann ich gerne machen.

Weitere Belastungen neben den Anforderungen an die Ausrüstung gehen mit der Ausweisung von FFH- und Vogelschutzgebieten, der Errichtung von Offshoreanlagen und der Kormoranproblematik einher.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Richtig.)

Vor diesem Hintergrund müssen wir alle erdenklichen Maßnahmen ergreifen, um auf Landes-, Bundes- und europäischer Ebene die Existenz der Fischereibetriebe und das Einkommen der Fischer in unserem Land zu sichern,

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Das ist wohl wahr, aber das sagt Ihr Antrag nicht.)

um auch in Zukunft wirtschaftlich lebensfähig zu sein. Bei der Kutter- und Küstenfischerei in MecklenburgVorpommern muss die Landesregierung verstärkt unterstützend tätig werden.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Wie denn? – Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Wir brauchen eine auf das Land abgestimmte regionale Entwicklungsstrategie,

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Das reicht nicht.)

die Marketing und Vermarktung genauso beinhaltet wie begleitende Unterstützung bei der Zertifizierung zur Umsetzung der Konzepte zur nachhaltigen Fischerei. Gleichzeitig müssen wir alle Maßnahmen ergreifen, um eine Reduzierung von Quoten im Gebiet der westlichen Ostsee zu unterbinden. Gleichzeitig aber muss überprüft werden, inwieweit Möglichkeiten bestehen, um nicht genutzte Fischereiquoten einzelner EU-Mitgliedsstaaten auf Deutschland zu übertragen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es kann nicht sein, dass aufgrund von administrativen Vorhaben 343 Haupterwerbsfischer und 144 Nebenerwerbsbetriebe in ihrer Existenz bedroht werden. Schon heute führen die Festlegungen hinsichtlich von Fangquoten und Fangtagen und die damit einhergehenden Kontrollen zu erheblichen Aufwendungen für die Fischerei. Vor diesem Hintergrund ist es unverständlich, dass sich der Europäische Fischereirat auf die Grundzüge für eine neue EU-Verordnung zur besseren Kontrolle der Fischerei geeinigt hat. Meines Erachtens ist es vielmehr notwendig, dass die bisherigen Vorgaben in allen Mitgliedsstaaten der EU umgesetzt werden.

Wenn auch Einigkeit darüber besteht, dass die Fischbestände der Ostsee nachhaltig genutzt werden müssen, so gibt es doch unterschiedliche Auffassungen darüber, wie eine nachhaltige Nutzung der Fischbestände aussieht. Ob eine Bewirtschaftung in Wirtschaftszonen, die Kürzung von Quoten oder die Beschränkung der Fangzeiten für die Bestandserhaltung zielführend sind, ist nach wie vor fraglich. Nicht fraglich aber sind die Auswirkungen dieser Maßnahmen auf das Einkommen der Fischer. Meines Erachtens sieht eine vorausschauende Umwelt- und Fischereipolitik den Menschen als Bestandteil der Umwelt an und sichert ihm Perspektiven und auch Einkommen.

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Dies muss auch für die Kutter- und Küstenfischer unseres Landes und an der gesamten Ostsee gelten.

In den Vordergrund unserer Bemühungen sollten wir, meine sehr verehrten Damen und Herren, Maßnahmen stellen, die wir auf Landesebene umsetzen können. Eine Reduzierung des Kormoranbestandes, die Unterstützung von Marketingmaßnahmen im Bereich der Fischereiwirtschaft,

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

die Unterstützung regionaler Vermarktungsansätze und die Nutzung aller rechtlichen und finanziellen Möglichkeiten des Europäischen Fischereifonds sind nur einige Maßnahmen, die wir selbst in der Hand haben. Die Fischerei braucht verlässliche Rahmenbedingungen und faire Wettbewerbsbedingungen.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Das ist schwierig in der Natur.)

Nur so kann den Kutter- und Küstenfischern eine Perspektive aufgezeigt werden. Die Fischerei ist maßgeblich an der wirtschaftlichen und touristischen Entwicklung dieser Küstenregion unseres Landes beteiligt. Aus diesem Grund ist es in unser aller Interesse, die Existenz der Kutter- und Küstenfischerei in Mecklenburg-Vorpommern zu sichern. Ich bitte Sie um Zustimmung zu unserem Antrag. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)