Protokoll der Sitzung vom 22.10.2009

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Danke schön, Herr Lenz.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Darin steht nämlich nicht, wie Sie den Fischbestand erhöhen wollen. Das war nämlich meine Frage.)

Das Wort zur Begründung des Antrages der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/2856 hat der Abgeordnete Herr Professor Dr. Tack von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich finde es gut, dass unser Antrag gemeinsam mit dem Antrag der Koalition „Erhalt der Kutter- und Küstenfischerei sichern“ in einer verbundenen Aussprache beraten wird. Damit kann man unnötige Doppelungen vermeiden und gleichzeitig eine allseitige Betrachtung des wichtigen Themas erreichen.

Wenn sich auch die Überschriften beider Anträge gleichen, werden Sie gesehen haben, dass sie doch inhaltlich unterschiedlich angelegt sind, ohne – und das kann ich schon jetzt sagen – dass sie sich gegenseitig im Wege stehen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Andreas Bluhm, DIE LINKE: Genau so.)

Unser Antrag sieht vor, dass die Landesregierung im Rahmen des laufenden Reformprozesses der EU-Fischereipolitik einen notwendigen Beitrag leisten soll, der für die Zukunft den Erhalt der Kutter- und Küstenfischerei sowie der Hochseefischerei bei gleichzeitiger nachhaltiger Nutzung der Ressourcen der Ostsee beinhaltet.

Der Antrag der CDU-SPD-Koalition läuft darauf hinaus,

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

anhand einzelner wichtiger Maßnahmen geeignete Möglichkeiten zur Unterstützung der Kutter- und Küstenfischer zu finden. Ich halte, wie gesagt, beide Anträge für notwendig und hilfreich, denn die Lage der Fischer an unserer Ostseeküste ist sehr ernst. Die Fischer brauchen sowohl sofort Hilfe als auch eine gesicherte Perspektive.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Meine Damen und Herren, das Ziel der Fischereipolitik muss es sein, die Ressource Fisch zu erhalten und nachhaltig zu nutzen. Das verlangt, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Bedingungen und Interessen herzustellen. Sind die wirtschaftlichen Interessen wie gegenwärtig in höchster Gefahr, werden wir zu Recht von den Fischern nachdrücklich darauf aufmerksam gemacht.

Die Interessen der Fische, das heißt deren Nachwuchssorgen oder deren Lebensbedingungen in der Ostsee, können wir nur über das Votum der Wissenschaftler vernehmen. Deren Prognosen und Einschätzungen zur Entwicklung unserer sogenannten Quotenfische, das heißt des Ostseeherings und des Ostseedorsches, beeinflussen letztendlich die Fangvorgaben. Diese Empfehlungen werden dann im Rahmen der gemeinsamen europäischen Fischereipolitik über verschiedene Ebenen in Fangquoten umgesetzt, die in der Regel durch politische Einflussnahmen und Abwägung von Interessen nach oben verändert werden können.

Die Europäische Kommission hat im Jahre 2008 damit begonnen, die bisherige gemeinsame Fischereipolitik auf den Prüfstand zu stellen. Sie ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die bisherige Politik gescheitert ist. Insbesondere sind es fünf strukturelle Schwächen, die die Kommission auch selbstkritisch für das Scheitern der bisherigen Politik ausmacht:

die Flottenüberkapazitäten

die unpräzisen politischen Ziele

ein falsches Beschlussfassungssystem

zu wenig Verantwortung der Fischereiwirtschaft

und zu wenig Kontrollen und Kohärenz zu anderen Politikgebieten

Joe Borg, der zuständige Fischereikommissar, hat sich mit der Veröffentlichung eines Grünbuches im April dieses Jahres für einen Neuanfang ausgesprochen und damit den öffentlichen Dialog bis zum Ende dieses Jahres eingeleitet. Die Kommission sieht in einer tief greifenden Reform der Fischereipolitik die einzige Chance, die Fischversorgung in Europa zu sichern und für Arbeitsplätze und auskömmlichen Lebensunterhalt der Fischer in den Küstenregionen zu sorgen.

Der Agrarausschuss hat sich in dieser Legislaturperiode bereits mehrfach mit den Fischereiverbänden und den Vertretern der zuständigen wissenschaftlichen Einrichtungen zu Fragen der Entwicklung der Fischerei, der Fischbestände und der Zusammenarbeit der Fischer und der Wissenschaftler beraten. Herausgekommen ist für uns unter anderem die Erkenntnis, dass für die Zukunft der Kutter- und Küstenfischer eine aktive Mitwirkung aller Beteiligten unseres Bundeslandes an diesem Meinungsbildungs- und Gestaltungsprozess unabdingbar ist.

Andere Ausführungen haben uns darin bestärkt, dass es an der Zeit ist, nicht nur den Ereignissen hinterherzulaufen, sondern eine regionale Entwicklungsstrategie für die Kutter- und Küstenfischerei einzufordern. Das war auch von meinem Vorredner angesprochen worden.

Die grundlegende Reform, die die EU-Kommission im Grünbuch andeutet, wird sich nicht in einem neuen System der Quotenzuteilung erschöpfen dürfen. Möglicherweise wird das jetzige Quotensystem abgeschafft und durch einzeln übertragbare Rechte ersetzt, die handelbar sind. Wenn sich das Land MecklenburgVorpommern in den Diskussions…

(Udo Pastörs, NPD: Also eine neue Börse wird aufgemacht.)

Wenn sich das Land Mecklenburg-Vorpommern

(Udo Pastörs, NPD: Wahnsinn!)

in den Diskussionsprozess um die Reform der gemeinsamen Fischereipolitik einbringen wird und weiter einbringen muss, dann muss man auch wissen, wie sich die zukünftige Kutter- und Küstenfischerei vorgestellt wird, so war der Tenor der Ausschussberatung.

Die Perspektive der handwerklichen Fischerei – so wird das im Grünbuch für unsere Küstenfischerei beschrieben – im Gegensatz zur industriellen Fischerei, liegt nicht allein in der Höhe der Quote begründet. Am Ende – und auch das war vom Kollegen Lenz so gesagt worden – ist es der wirtschaftliche Ertrag, von dem der Fischer leben kann und seine Kosten bezahlen kann. So hat die Erhöhung der Dorschquote in der Ostsee bei stark gefallenen Aufkaufpreisen keine positive Wirkung für die wirtschaftliche Lage der Fischer. Es wurden in der Anhörung zahlreiche Anregungen gegeben, wie die Fischerei mehr Wertschöpfung in der Vermarktung und Verarbeitung erreichen kann.

Der untrennbare Zusammenhang zwischen dem Tourismusland Nummer eins mit seinem maritimen Flair, welches ohne Fischer kaum denkbar ist, sollte auch Gegenstand der eingeforderten Konzeption sein. Die Anregungen gingen hin bis zur Übertragung von Quoten auf Küstengemeinden, die Fischer beschäftigen könnten. Beklagt wurde in der Anhörung auch, dass die Fischer selbst zu wenig aktiv seien und sich nicht genügend in

den entscheidenden Gremien einbringen. Hier stellt sich aber andererseits die Frage, ob die Landes- und Bundespolitik es bisher vermocht haben, gemeinsam mit den Fischern nach Alternativen zu suchen.

Die Empfehlung der Vertreterin der Europäischen Kommission, Generaldirektion Maritime Angelegenheiten und Fischerei, für das Überleben und die Weiterentwicklung der Fischerei in Mecklenburg-Vorpommern lautete im Ausschuss folgendermaßen: Strategien für das Fischereimanagement inklusive Management der Fangflotte zu erarbeiten, damit Rentabilität und Einnahmen im Lichte verfügbarer Ressourcen und der existierenden Marktdynamik im Einklang mit den sozialen Zielen erreicht werden können. Dazu, meinen wir, sind die entscheidenden Beiträge im Lande zu erarbeiten und über die Bundesregierung weiterhin in den laufenden Entscheidungsprozess der EU-Kommission einzubringen.

(Udo Pastörs, NPD: Die Karawane zieht weiter.)

Ich sehe also hier keinen Widerspruch zwischen beiden Anträgen. – Ich danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke schön, Herr Professor Dr. Tack.

Im Ältestenrat wurde eine verbundene Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Herr Dr. Backhaus.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hatte es ja schon angedeutet, ich bin froh, dass ich Ihnen heute noch mal die Situation und auch die Ziele der Fischereipolitik der Landesregierung vorstellen darf. Diese beiden Anträge geben mir erneut die Möglichkeit – es ist ja schon darauf hingewiesen worden, dass sich dieses Hohe Haus mehrfach damit beschäftigt hat –, deutlich zu machen, wo wir mit unserer kleinen, angepassten Kutter- und Küstenfischerei in Deutschland und Europa stehen und auf der anderen Seite, wie wir Hilfestellung geben können,

(Udo Pastörs, NPD: Kurz vor dem Bankrott sind wir.)

damit wir diese Phase der Problematik, wie sieht es mit den Fischbeständen tatsächlich innerhalb der Ostsee, der östlichen und westlichen, insgesamt aus, wie können wir dort Hilfestellung geben, bewältigen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei einer Branche mit insgesamt 836 Fischereifahrzeugen, die in Mecklenburg-Vorpommern existieren – und ich will an dieser Stelle schon mal andeuten, ich glaube, dass wir uns in naher Zukunft sehr intensiv mit den Haupterwerbsfischereiunternehmen stärker beschäftigen müssen als mit den Nebenerwerbsfischereifahrzeugen oder den Hobbyfahrzeugen –,

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Wenn es die dann noch gibt.)

kann man eines feststellen, dann wird nämlich schon deutlich, dass wir uns um diejenigen, die im Haupterwerb sind, das sind noch etwa 350 Fahrzeuge, intensiv

zu kümmern haben. Das haben wir auch über die letzten Jahre hinweg permanent getan.

Und in dem Zusammenhang ist es wichtig, auch zu erkennen, dass die Haupterwerbsbetriebe – immerhin 350 Haupterwerbsfischereifahrzeuge und 718 Beschäftigte – für mich und für unser Haus eine wichtige Rolle im Rahmen der fischereilichen Entwicklung dieses Landes spielen. Und es geht nicht nur um die fischereiliche Ressource. Ich glaube, darin stimmen wir überein, wenn wir uns überlegen, auch da ist das Konzept, Herr Professor Tack, doch klar, wenn Sie sich das in Ruhe anschauen. Ich habe es auch im Ausschuss immer wieder erklärt, wir haben eine klare Strategie in den letzten Jahren gefahren, nämlich, den Rohstoff, der aus der Ostsee kommt, in einem hohen Grad und möglichst zu guten Preisen im eigenen Land zu veredeln.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Das hat offensichtlich nicht ausgereicht.)

Das war die Strategie und dabei bleiben wir auch.

Wenn Sie sich überlegen, wir haben 78 Unternehmen der Fischverarbeitung in Mecklenburg-Vorpommern allein in den letzten zwei Perioden über den Europäischen Fischereifonds und auch über die Landes- und Bundesmittel gefördert. Das sind über 100 Millionen Euro an Investitionen, die damit ausgelöst worden sind. Auf der anderen Seite nehmen wir einfach zur Kenntnis und müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Quotierung, das Quotensystem der zurzeit wichtigsten Wirtschaftsfischarten, dem Hering und Dorsch, das Thema für die deutsche Fischerei, ja, die Ostseefischerei insgesamt darstellt.

Aus meiner Sicht ist vollkommen klar, mit dem Grünbuch der Europäischen Union wird es eine Veränderung geben müssen. Wir können – und daran arbeiten wir auch – Alternativen zu der Quotensystematik aufbauen, weil es aus meiner Sicht vollkommen klar ist: Wir brauchen insbesondere in der Ostsee mehr Fischereischutzzonen, wo PS-starke Fahrzeuge aus Dänemark, aus Polen oder auch aus anderen Regionen Europas eben nicht hineinkommen,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Richtig, sehr richtig.)