Protokoll der Sitzung vom 22.10.2009

dies auch noch in unsere Schulen tragen zu wollen, das ist schon starker Tobak. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen. Das werden wir Ihnen nicht ermöglichen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP – Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

Namens der demokratischen Fraktionen des Landtages bekräftige ich hier ausdrücklich die von der Bundeskanz

lerin Angela Merkel am 1. September in Gdaƒsk geäußerte ewige Verantwortung Deutschlands für den Zweiten Weltkrieg.

(Michael Andrejewski, NPD: So ein Schwachsinn!)

Diese grundsätzliche Position ist entgegen der Begründung im NPD-Antrag eben auch durch neue Dokumente nicht infrage gestellt. Darauf werde ich im Einzelnen später eingehen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Natürlich macht es immer wieder Sinn, sich mit Geschichte, mit historischen Prozessen, Fakten, Tatsachen und ihren Folgen zu befassen. Gerade auch deshalb ist ein guter Geschichtsunterricht für die allseitige Bildung und Persönlichkeitsentwicklung insbesondere junger Menschen so wichtig.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Das gilt aber auch weit über die Schule hinaus

(Ilka Lochner-Borst, CDU: Halten Sie doch einfach mal den Mund!)

für die gesamte Gesellschaft,

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

für die Politik und natürlich ganz besonders im Rahmen der Auseinandersetzung mit Revanchismus, Revisionismus, Geschichtsklitterung und allen Versuchen, Fakten umzuinterpretieren, wie es auch mit diesem Antrag der NPD und der Begründung durch den Abgeordneten Borrmann hier wieder geschieht.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Blicke in die Geschichte, meine Damen und Herren und meine Herren von der NPD-Fraktion, machen auch Schluss mit so manchem Mythos, so zum Beispiel der Rolle Hitler-Deutschlands bei der Vertreibung der Südtiroler aus Italien nach Österreich beziehungsweise nach Deutschland im Jahre 1939. So findet sich in den Aufzeichnungen des Legationsrates Hainburg vom 5. April 1939 folgender Text – ich zitiere, wenn Sie gestatten, etwas ausführlicher –, Zitat:

„Gesandter Graf Magistrati suchte mich heute auf, um, wie von Botschafter Attolico gelegentlich seiner Unterredung mit dem Herrn Staatssekretär am 1. April bereits angekündigt war, mit mir Fragen betreffend Südtirol zu besprechen.“

Und weiter heißt es: „Die natürliche geografische Grenze am Brenner stimme leider mit den ethnografischen Grenzen nicht überein. Die Südtiroler fühlten sich als Deutsche und würden, solange sie zu Italien gehörten, nicht zufriedenzustellen sein. Man müsse daher eine radikale Regelung der Südtirolfrage in Erwägung ziehen. Nach seiner Ansicht sei die einzige Lösung die Umsiedelung aller Südtiroler nach Deutschland. Für den Duce sei es schwer, dem Führer einen derartigen Plan zu unterbreiten, da es sich bei den Südtirolern um italienische Staatsangehörige handele.“

(Raimund Frank Borrmann, NPD: Ja, ja.)

„Dagegen würde Mussolini einem solchen Plan, wenn ihn der Führer zur Sprache bringe, gerne seine Zustimmung erteilen.“ Ende des Zitats.

(Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

Nun, meine Damen und Herren, die Ergebnisse kennen wir und diese Kenntnis räumt auf mit der immer wieder von Ihnen suggerierten Position, meine Herren von der Fensterfront, es gehe um Heimat als einer der übergreifenden Positionen, die Sie vertreten. In gar keinem Fall! Ihnen ist das scheißegal, auf Deutsch gesagt, Hauptsache, es entspricht Ihren Machtinteressen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Stefan Köster, NPD: Südtirol ist weiterhin deutsch. – Gelächter bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP)

Schön, dass es im Protokoll steht.

Dieser Plan ging damals allerdings erst auf, als die Annexion Österreichs vollzogen war.

(Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Die Annexion Österreichs wurde auch

(Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

durch die zunehmende Beteiligung deutscher Unternehmen an bedeutenden österreichischen Unternehmen oder deren Übernahme vorbereitet. Dabei waren insbesondere österreichische Firmen betroffen, die für Deutschlands Rüstungswirtschaft interessant und bedeutsam waren. Interessant ist das deshalb, weil in einer der Niederschriften der Beratungen der Wirtschaftsgruppe Eisenschaffende Industrie am 13. März 1937 Göring wie folgt zitiert wird: „In dieser Beziehung sei es wichtig, daß der Boden Österreichs im Kriege zu Deutschland rechne. Was in Österreich an Vorkommen erworben werden könne, das müsse geschehen zur Erhöhung der Versorgungskapazität.“ Ende des Zitats. Also das war doch eine klare Botschaft. Es geht um die Vorbereitung eines Krieges, klar.

Und auch in dieser Folge zettelte Deutschland dann den Krieg an, der hinsichtlich der Führung und der Folgen so unmenschlich und zerstörerisch war, dass er bis heute nachwirkt. Wer dies leugnet,

(Michael Andrejewski, NPD: Wer ist in Polen einmarschiert?)

meine Herren von der Fensterfront, macht sich gemein mit den Tätern von damals.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP)

Das Beispiel der Annexion Österreichs lässt ein Grundmuster erkennen, das von Deutschland auch in den Kriegen und Annexionen, die folgten, angewendet wurde. Am Anfang standen Friedensbekundungen, so zum Beispiel die Erklärung Hitlers in seiner Rede vor dem Reichstag am 21. Mai 1935, die die „territorialen Bestimmungen“ und „das Zusammenleben der Nationen betreffenden Artikel“ des Versailler Abkommens einzuhalten, „Revisionen nur auf dem Wege einer friedlichen Verständigung durchführen“ zu wollen, und seine propagierte Bereitschaft zum Abschluss von „Nichtangriffspakten mit allen Nachbarstaaten“ sowie seine Zusage – Zitat –, sich niemals in „österreichische(…) Verhältnisse“ einzumischen. Ende des Zitats.

Am 11. Juli 1936 wurde dann eine deutsch-österreichische Vereinbarung geschlossen, in der die deutsche

Regierung die volle Souveränität Österreichs anerkannte und beide Seiten auf jede Einmischung in die inneren Angelegenheiten des jeweils anderen Staates verzichteten. Heute wissen wir, alles hohle Phrasen und Lügen. Was folgte, waren nicht Maßnahmen zur Einhaltung der vertraglichen Vereinbarungen, sondern der Einmarsch der Wehrmacht am 12. März 1938. Damit nämlich kam Hitler der für den 13. März geplanten Volksabstimmung über die Unabhängigkeit Österreichs zuvor. Aber noch vor der Wehrmacht kamen die sogenannten Sonderkommandos der Sicherheitspolizei SS und mobile Polizeiverbände in die Alpenrepublik, die gemeinsam mit der österreichischen SA und SS und den Beamten des Kaltenbrunner Sicherheitsdienstes mit Massenverhaftungen gegen Hitler-Gegner vorgingen.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Allein für Wien werden für die ersten Wochen nach dem 11. März 1938 insgesamt 79.000 Inhaftierte, für ganz Österreich in den Jahren bis 1945 insgesamt 187.000 Menschen angegeben. Von diesen 187.000 überleben ganze 30.000 die deutsche Besetzung. Tausende dieser Inhaftierten werden ins Konzentrationslager nach Dachau verschleppt, im August 1938 entstand das Außenlager Mauthausen.

Österreich war, das wissen wir heute, nur der Beginn. Es war praktisch der Krieg vor dem Krieg. Es folgte die âSR. Das Nachgeben der internationalen Politik in beiden Fällen machte den Weg für Hitler frei, seine Großmachtambitionen weiterzuführen.

Meine Damen und Herren! Frau Präsidentin! Wenn wir über die Ursachen des Zweiten Weltkrieges reden, dann muss man noch weiter zurückgehen. Nicht erst mit seiner am 30. Januar 1933 erfolgten Ernennung Hitlers zum Reichskanzler begannen die Kriegsvorbereitungen, sondern schon Anfang der 20er-Jahre ließ er seinen Willen zur „Gewalt eines siegreichen Schwertes“ – Zitat – erkennen.

In seinem 1924 geschriebenen Buch ist zu lesen, ich zitiere: „Damit ziehen wir Nationalsozialisten bewußt einen Strich unter die außenpolitische Richtung unserer Vorkriegszeit. … Wir stoppen den ewigen Germanenzug nach dem Süden und Westen Europas und weisen den Blick nach dem Land im Osten. Wir schließen endlich ab die Kolonial- und Handelspolitik der Vorkriegszeit und gehen über zur Bodenpolitik der Zukunft. Wenn wir aber heute in Europa von neuem Grund und Boden reden, können wir in erster Linie nur an Rußland und die ihm untertanen Randstaaten denken.“ Ende des Zitats.

Genau diese Ausrichtung der Politik Hitlers wurde danach prägend für alle Entscheidungen und leider haben viele in den 30er-Jahren diese Signale nicht verstanden, nicht ernst genommen oder auch nicht ernst nehmen wollen.

Gleich nachdem Adolf Hitler Reichskanzler wurde, traf er sich am 3. Februar 1933 mit den Befehlshabern der Reichswehr, denen er in einer zweieinhalbstündigen Rede als wichtige Aufgaben die Wiedergewinnung der politischen Macht und den Aufbau der Wehrmacht nannte. Das waren für ihn die wichtigsten Voraussetzungen für die daraus abzuleitende zukünftige Politik, deren wesentliche Ziele er wie folgt beschrieb: Ausrottung des Marxismus, Bolschewismus und Pazifismus im Innern, Terror gegen Gegner, straffste autoritäre Staatsführung, Beseitigung des Krebsschadens der Demokratie, Einstellung der Jugend und des ganzen Volkes auf

den Gedanken, dass nur der Kampf uns retten kann und diesem Gedanken gegenüber alles zurückzutreten hat, Kampf gegen Versailles, allgemeine Wehrpflicht.

Und nach der Aufzählung dann weiter, ich zitiere: „Wie soll pol. Macht, wenn sie gewonnen ist, gebraucht werden? Jetzt noch nicht zu sagen. Vielleicht Erkämpfung neuer Export-Mögl., vielleicht – und wohl besser – Eroberung neuen Lebensraumes im Osten u. dessen rücksichtslose Germanisierung.“ Ende des Zitats.

Was dem folgte, war Reichstagsbrand und die damit verbundenen Sondergesetze sowie das Ermächtigungsgesetz als entscheidende juristische Grundlage der NS-Diktatur. Für Andersdenkende, Andersartige und Menschen anderer Rasse, insbesondere jüdische Menschen, bedeutete das Diskriminierung, Verfolgung und Ermordung.

Was folgte, war der Versuch, mit hemmungsloser Propaganda die Menschen von der nationalsozialistischen Weltanschauung, von der Berechtigung eines totalitären Führerstaates, vom Herrenmenschentum und Antisemitismus, von der Notwendigkeit der Eroberung fremder Länder und des Eigentums dieser Staaten und der in ihnen lebenden Menschen zu überzeugen.

Was folgte, waren Gestapo, Sicherheitsdienste, Sonderkommandos und Konzentrations- und Arbeitslager, also Terror in bis dahin unbekanntem Ausmaß, unsägliches Leid und der Holocaust.

Was folgte, war eine zunächst noch verdeckte, dann offen durch Reichsgesetze legitimierte Hochrüstung sowie der Aufbau gewaltiger Streitkräfte verbunden mit der Kriegsbereitschaft von Wirtschaft und Staat bereits zu Friedenszeiten.

Das alles ging einher mit dem offenen Bruch internationaler Verträge, zunächst des Versailler Abkommens.

(Stefan Köster, NPD: Das war ja auch richtig.)