Protokoll der Sitzung vom 19.11.2009

(Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

Meine Damen und Herren, wir haben gestern darüber gesprochen im Bereich eines Antrages, der gar nichts mit Landwirtschaft zu tun hat. Da hat Herr Körner, jetzt ist er inzwischen da, darauf hingewiesen,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Er war kreativ unterwegs.)

dass der Begriff „Kultur“ etwas ist, das ursprünglich einmal durch Kultivierung in der Landwirtschaft gekommen ist. Ich habe gestern...

(Minister Dr. Till Backhaus: Das ist auch die älteste Kultur.)

Ja, aber Sie sollten lieber nicht dazwischenreden, Herr Minister.

(Zuruf von Minister Dr. Till Backhaus)

Ich rede gerne mit Ihnen.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Das geht alles von Ihrer Redezeit ab.)

Meine Damen und Herren, diese Kultur ist etwas, das einen bestimmten Humus braucht, auch das haben wir gestern schon festgestellt. Wenn wir diesen Humus für die Kultur haben, dann kann sich daraus auf diesem Humus Wachstum entwickeln.

(Zuruf von Minister Dr. Till Backhaus)

Dieses Bild haben wir gestern in die Debatte schon mit eingeführt.

Deshalb, meine Damen und Herren, der Kulturassistent, den wir hier wollen, ist eigentlich nichts anderes, als dass wir mit diesem Assistenten etwas voranbringen wollen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das ist das erste Mal, dass Sie diesen Begriff nennen.)

Wir werden dafür nicht viel Geld brauchen.

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie um Zustimmung zu diesem Antrag und hoffe, dass wir damit etwas voranbringen können.

(Regine Lück, DIE LINKE: Ich musste mich schon setzen, wenn die rote Lampe anging.)

Meine Damen und Herren, hier haben Sie wirklich eine Chance, einmal in einem Bereich mit wenigen Mitteln etwas voranzubringen. – Danke schön, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Vielen Dank, Herr Kreher.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Da der Bildungsminister erkrankt ist, wird ihn Frau Ministerin Schwesig vertreten und seine Rede hier vortragen. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Sehr geehrter Herr Dr. Kreher! Auch wenn ich …

(Hans Kreher, FDP: Nicht Dr.)

Ja, Sie haben mich gerade so überzeugt, deswegen sage ich das. Auch wenn ich natürlich nicht Herrn Tesch und auch nicht den Wirtschaftsminister, schon gar nicht beide ersetzen kann, möchte ich Ihnen trotzdem sagen, dass das Thema Kultur bei mir gut aufgehoben ist, nicht nur, weil ich Herrn Tesch vertrete, sondern weil es mir auch ein Herzensthema ist.

Ich möchte als Sozialministerin, Sie haben gesagt, das ist eine Querschnittsaufgabe, und da stimme ich Ihnen zu, vorab ausdrücklich erwähnen, dass ich der festen Überzeugung bin, wenn alle Menschen, vor allem gerade die kleinsten, Zugang zur Kultur hätten, dass wir viele soziale Probleme weniger hätten, denn Kultur verbindet die Menschen.

(Dr. Fritz Tack, DIE LINKE: Stimmt.)

Kultur ist die beste Antwort auf Rechtsextremismus.

(Stefan Köster, NPD: Sie sind doch total kulturlos.)

Insofern können Sie sich sicher sein, dass dieses Thema auch bei mir gut vertreten ist.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Hans Kreher, FDP: Da haben wir nichts dagegen.)

Für den Kulturminister möchte ich gerne zu Ihrem Antrag Stellung beziehen. Ihre Fraktion forderte in Ihrem Antrag die Landesregierung auf, zusammen mit Kommunen und Vereinen zur Unterstützung der Kultur- und Kreativwirtschaft sowie der ehrenamtlichen Arbeit im Bereich der kulturellen Basisarbeit in der Region ein Konzept zur kultur- und kreativwirtschaftlichen Kompetenzberatung zu erarbeiten. Die Zielstellung Ihres Antrags soll die Unterstützung ehrenamtlicher Arbeit vor Ort wie auch die Neuansiedlung und Sicherung bestehender Kultur in kreativwirtschaftlichen Unternehmen im Land verstärken.

Die Inhalte des Antrags der FDP-Fraktion sind der Landesregierung natürlich nicht fremd. Die Koalitionsvereinbarung von SPD und CDU in Mecklenburg-Vorpommern für diese Legislaturperiode hebt in Punkt 193 hervor, dass Kultur, wie Sie es gesagt haben, Herr Kreher, als Querschnittsaufgabe zu verstehen ist. Die besondere Bedeutung und die Schwerpunktsetzung der Koalitionsfraktionen für den Kulturbereich sind deutlich im Punkt 194 dargestellt. Die Landesregierung verfolgt in mehreren Ministerien – und auf den FDP-Antrag bezogen, besonders im Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur und im Wirtschaftsministerium – die Entwicklung von Rahmenbedingungen für die Kunst und Kultur in ihrer kulturellen und wirtschaftlichen Dimension.

Ausgehend von unseren kulturpolitischen Leitlinien, dem Haushaltsrechtsgesetz, den Schwerpunkten aus der Kulturförderung bis zu den Erwartungen und Vorhaben der Kommunen und freien Träger berät und fördert die Landesregierung ideell und finanziell kulturelle Projekte von verschiedenster Ausprägung. Das betrifft sowohl die Arbeit im ehrenamtlichen Bereich als auch in der Kreativwirtschaft. Das Kultusministerium versteht sich als ein

Dienstleister für die Kulturszene und damit selbstverständlich auch als eine Beratungseinrichtung. Gerade für die Förderung der ehrenamtlichen Arbeit ist die Kulturförderrichtlinie so gestaltet, dass vorbildliche Antragsbedingungen bestehen. Dieses ist für die freien kreativen Partner im Kulturbereich von Bedeutung.

In dem bereits bestehenden Beratungsprozess werden immer die kulturästhetischen und die kulturwirtschaftlichen Dimensionen von Kunst und Kultur berücksichtigt. Kunst als Gut verstanden birgt materielle und wirtschaftliche Aspekte in sich. Aus diesem Grunde arbeitet das Kultusministerium eng mit dem Wirtschaftsministerium zusammen. Aus dem weiten Feld der Kulturförderung möchte ich Ihnen einige Beispiele nennen, bei denen die Verzahnung von kultureller und wirtschaftlicher Relevanz der Projekte besonders augenscheinlich wird:

Zum einen ist innerhalb der Initiative Backsteingotik in den letzten Jahren die Klosterroute mit zahlreichen Aktivitäten entwickelt worden, der Neubau des Ozeaneums in Stralsund sowie der Ausbau des Meeresmuseums in Stralsund zu einem Museumsstandort von nationaler Bedeutung, die Förderung des Ausbaus des Kunstmuseums in Ahrenshoop,

(Zuruf von Gino Leonhard, FDP)

die vielfältige Unterstützung der Festspiele in Mecklenburg-Vorpommern in seiner Entwicklung als eines der größten Musikfestivals in Deutschland, die Aktivitäten der Landesregierung im gesamten Bereich der Denkmalpflege einschließlich der neu vergebenen Denkmalpreise sowie der Richtlinie zur Kennzeichnung von Bau- und Bodendenkmalen.

In all diesen genannten Bereichen und in vielen weiteren findet eine Beratung zu den Vorhaben der kommunalen oder freien Träger im Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur statt. Gleichzeitig haben diese Projekte eine herausragende wirtschaftliche Bedeutung, schaffen Arbeitsplätze, bilden eine der Grundlagen für das Tourismusland Mecklenburg-Vorpommern und werden in diesem Zusammenhang auch von dem Wirtschaftsministerium beratend und befördernd begleitet.

Die Enquetekommission „Kultur in Deutschland“ des Deutschen Bundestages hat in ihrem Schlussbericht im Kapitel „Herausforderung des sich verändernden Kulturbetriebes“ unter Punkt C) „Handlungsempfehlungen“ für die Länder darauf aufmerksam gemacht, dass neben den jeweiligen künstlerischen Kernkompetenzen auch Qualifikationen im Bereich des Managements in die Ausbildung einzubeziehen sind. Insbesondere sollen Fragestellungen der Existenzgründung und -sicherung, Urheber- und Leistungsschutzrechte sowie Gesellschaftsrecht vermittelt werden.

Das im vorliegenden Antrag der FDP beklagte Defizit kulturwirtschaftlicher Kleinunternehmer, die sich neben den künstlerischen und kulturellen Aspekten auch der kaufmännischen und organisatorischen Vermarktung der Kunstprojekte widmen müssen, wird durch vorhandene Wirtschaftsunternehmen wie Verlage, Galerien und Musikagenturen gelöst. Sie arbeiten branchenspezifisch und halten Kompetenzberatung in den für den Kunstbereich einerseits und dem Wirtschaftsbereich andererseits zuständigen Ministerien. Es bedarf demzufolge keiner neuen Institution wie einer Kompetenzberatungsstelle.

Das im Antrag der FDP erwähnte Beispiel Creative City Berlin ist ein zentrales Internetportal für Kulturschaffende und der kreativen Branchen Berlins. Es ist gleichzeitig, Herr Kreher hat es erwähnt, Präsentationsplattform und Anlaufstelle für in Berlin ansässige und externe Interessenten, die Auskünfte erhalten wollen. Es ist eine komplexe Datenbank, die versucht, einen Überblick bei Institutionen und Unternehmen, Einzelpersonen, Events und Förderungen durch Links zu anderen Informationsquellen zu schaffen. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es das vom Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur initiierte und betreute Kulturportal MecklenburgVorpommern. Es besteht durchaus die Möglichkeit, eine der laufend stattfindenden Erweiterungen dieses Portals in Richtung Kreativwirtschaft vorzunehmen.

(Hans Kreher, FDP: Ja, dann machen Sie!)

Dieses wäre ein Angebot, um den Trend der Vermarktung von Kulturprodukten noch stärker zu unterstützen.

(Hans Kreher, FDP: Dann machen Sie!)

Der zweite im FDP-Antrag angesprochene Bereich der ehrenamtlichen Tätigkeiten ist nach unserer Erfahrung häufig hochprofessionell. Die im Kulturbereich ehrenamtlich agierenden Partner sind häufig im Berufsleben oder in ihrem früheren Berufsleben in hervorgehobener Funktion tätig gewesen. Sofern diese Ehrenamtler aus der Kulturszene Beratung benötigen, gibt es gerade in der Kulturabteilung des Bildungsministeriums Unterstützung, Beratung und Förderung in allen kulturrelevanten und künstlerischen Fragen, und zwar kostenfrei.

Fazit: Aus dem eben dargestellten Geflecht von Beratung und Förderung sowie im kulturellen als auch im kulturwirtschaftlichen Bereich wird deutlich, dass die Landesregierung in vielfältiger Weise mit den zuständigen Ministerien Unterstützung organisiert und finanziert. Aus diesem Grund brauchen wir das Rad nicht neu zu erfinden, sondern gegebenenfalls gezielt auf Hinweise aus der Kulturszene die bereits bestehenden Beratungsmöglichkeiten zu erweitern. Ausgehend von der Koalitionsvereinbarung wird dieser Bereich von Kultur und Wirtschaft auch ganz praktisch, so, wie Sie es gefordert haben, Herr Kreher, als Querschnittsaufgabe verstanden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Frau Ministerin Schwesig.