Protokoll der Sitzung vom 17.12.2009

Diese Wachstumsmogelpackung wird unsere Unterstützung nicht bekommen. Folgerichtig werden wir dem vorliegenden Antrag zustimmen und fordern hiermit die Landesregierung auf, dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz im Bundesrat die Zustimmung zu verweigern.

Danke schön, Herr Köster.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Schulte von der Fraktion der SPD.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Angesichts des massiven Interesses, auch seitens der FDP, die ja morgen diesen Gesetzentwurf im Bundesrat mit zu vertreten hat, will ich mal mein Redekonzept zur Seite legen und mich vielleicht auf zwei, drei Punkte konzentrieren.

Erstens. Es ist ja immer darüber gesprochen worden, Wirkung von Steuersenkungen auf das Wachstum. Nun muss man eins klarstellen – und da bin ich ja durchaus dann auch bei den Kollegen von der CDU und der FDP –: Steuersenkungen können durchaus wachstumswirtschaftliche Impulse mit sich bringen. Das setzt aber zwei grundsätzliche Punkte voraus:

Erstens. Diese Steuersenkungen müssen dort ankommen, wo sie wirklich auch konsumtiv Wirkung zeigen, das bedeutet nämlich, dort, wo Menschen tatsächlich darauf angewiesen sind, das, was sie an Mehr an Einnahmen haben, auch zu verkonsumieren.

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

Dieses Wachstumsbeschleunigungsgesetz setzt aber gerade dort nicht an.

(Rudolf Borchert, SPD: Eben.)

Und der zweite Punkt – und der ist ebenfalls bei diesem Wachstumsbeschleunigungsgesetz nicht vorhanden –: Die wachstumsstärkenden Effekte werden dann konterkariert, wenn ich das Geld, das ich tatsächlich dafür aufwende, zum Beispiel durch Steuersenkungen in diesem Fall, dadurch aufbringe, dass ich im Bereich der öffentlichen Hand selber wiederum durch Aufgabenreduzierung dieses Geld erwirtschaften muss.

Und wir haben es nun heute Morgen schon bei den Haushaltsberatungen durch Frau Ministerin Polzin gehört, dass wir ja glücklicherweise noch in der Lage sind, das hier nicht durch Ausgabenreduzierung aufzufangen, sondern durch Rückgriff auf die Rücklagen. Aber letztendlich, wenn wir uns allein die Kommunen in diesem

Land angucken, wird es wohl kaum eine Gebietskörperschaft geben, die nicht in dem Bereich, der ohnehin massiv geschwächt ist, nämlich dem Bereich der öffentlichen Investitionen, noch weiter wird kürzen müssen, um tatsächlich dann die Belastungen aufzunehmen. Das vielleicht nur ganz kurz zu diesem Punkt.

Ein zweiter Punkt, den ich noch ansprechen möchte: Es ist ja immer wieder davon die Rede gewesen, die Unternehmen sollen tatsächlich in ihrer steuerlichen Situation verbessert werden. Nun gibt es eine Menge Überlegungen, auch im Zusammenhang mit der Unternehmenssteuerreform 2008, die tatsächlich dafür sprechen, dass man die Situation bestimmter Unternehmen verbessert. Das betrifft in erster Linie Personengesellschaften. Und da wäre es natürlich schön, wenn diese Bundesregierung auch einen entsprechenden Gesetzentwurf gemacht hätte. Das wäre dann übrigens – und da, denke ich mal, sind wir, Herr Minister Seidel, durchaus konform –, das wäre dann auch etwas gewesen, was vielen Unternehmen in diesem Land tatsächlich einen entsprechend wirtschaftlichen Anreiz gegeben hätte.

Dieses Gesetz nutzt allerdings den Unternehmen in diesem Land – auch in diesem Land! – im Sinne einer Wachstumsbeschleunigung nicht. Das kann auch gar nicht sein, weil es sich bei der Regelung, die hier vorgelegt wird, im Endeffekt nur um eine Verstetigung bereits bestehender Regelungen handelt, denn es ist alles schon einmal durch das Bürgerentlastungsgesetz 2009 eingeführt worden. Und hier geht es nur darum, dass ursprüngliche Maßnahmen, die angedacht worden sind, dass man gesagt hat, wir wollen in der Krisensituation entsprechend agieren, jetzt auf Dauer verstetigt werden. Was das mit Wachstumsbeschleunigung zu tun hat, das entzieht sich mir allerdings völlig.

Meine Damen und Herren, der Kollege Borchert hat darauf hingewiesen, dass ich auch noch zwei Sätze zu der Umsatzsteuerreduzierung für das Hotel- und Gastronomiegewerbe sagen möchte. Lassen Sie mich mit zwei Zitaten anfangen, und da möchte ich dann noch mal auf mein Redemanuskript zurückgreifen.

Das erste Zitat lautet: „Es ist wenig hilfreich, dass die Koalition nun eilig den vielen Ausnahmen eine weitere völlig unsystematische hinzufügen will.“ Das war der Präsident des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels Josef Sanktjohanser am 13.11. dieses Jahres in der „Berliner Zeitung“.

Und das zweite Zitat, meine Damen und Herren, stammt von dem CDU-Bundestagskollegen Wolfgang Bosbach, der in der vorigen Wahlperiode immerhin einer der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSUBundestagsfraktion war und der sich laut „Focus online“ zu diesem Punkt wie folgt äußerte: „Es handelt sich hierbei um eine klassische politische Entscheidung. Und den Begriff politische Entscheidung verwenden wir, wenn wir keine überzeugenden Sachargumente haben.“

(Toralf Schnur, FDP: Das scheint ja dann ein Standardbegriff bei der SPD zu sein.)

Damit, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, vor allen in Richtung FDP,

(Zuruf von Rudolf Borchert, SPD)

ist eigentlich alles gesagt, weil die gleiche Regelung, die jetzt im Rahmen dieser Koalition durch die FDP durchgedrückt wird, teilweise gegen massiven Widerstand auch von CDU-Kollegen, ist letztendlich nichts anderes

als tatsächlich das, was am Anfang dieses Jahres auch von der CDU im Bundestag noch gemeinsam abgelehnt worden ist.

Es wird natürlich immer wieder angeführt, wenn wir die Gastronomie, das Hotelgewerbe in diesem Land durch die Umsatzsteuerreduzierung entlasten, dann hat das nennenswerte wirtschaftliche Effekte. Und Frau Ministerin Polzin hat ja schon darauf hingewiesen, man soll, was die Umsatzsteuer angeht, nicht immer nur über die Landesgrenzen schauen, was die Höhe der Steuersätze angeht, man soll vielleicht auch tatsächlich mal schauen, wie sich das denn ausgewirkt hat.

Und das Beispiel, was jetzt gerade in den letzten Tagen durch die Presse gegangen ist, ist natürlich die Art und Weise, wie es in Frankreich gehandhabt wurde. Dort wurde der Umsatzsteuersatz von 19,6 auf immerhin 5,5 Prozent – das muss man sich auch mal zu Gemüte führen, deutlich unter dem, was Sie ja dann auch erreichen wollen – reduziert. Das Ergebnis war, wenn ich jetzt mal zitieren darf aus dem „Handelsblatt“ vom 08.12., da heißt die Überschrift: „Frankreich bereut das Steuergeschenk“. Das Hotel- und Gaststättengewerbe „hält sich nicht an die Zusagen, Preise zu senken“ und „Arbeitsplätze zu schaffen“.

Und, meine Damen und Herren, das ist ja …

(Marc Reinhardt, CDU: Trotzdem hat der Ministerpräsident das begrüßt.)

Das kann gut sein, dass der Ministerpräsident das begrüßt hat, das sind aber Tatsachen, so, wie sie sich darstellen.

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Meine Damen und Herren, und das kann auch gar nicht anders sein.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Das kann auch gar nicht anders sein.

(Rudolf Borchert, SPD: Das stimmt.)

Sie müssen sich das mal betriebswirtschaftlich überlegen.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Sie müssen sich das mal betriebswirtschaftlich überlegen. Diese Umsatzsteuerreduzierung hat nur zwei Möglichkeiten: Entweder Sie behalten den Preis so, wie er ist, dann können Sie Geld, das Sie mehr einnehmen, investieren oder in Arbeitsplätze geben.

(Michael Roolf, FDP: Genau.)

Dann verbessern Sie aber nicht die Wettbewerbsfähigkeit, wie es immer verlangt wird, gegenüber Hotel- und Gastronomiebetrieben im Umland.

(Michael Roolf, FDP: Doch, indem ich eine höhere Qualität schaffe.)

Der zweite Punkt ist,

(Michael Roolf, FDP: Ich schaffe dafür eine höhere Qualität.)

der zweite, der zweite Punkt ist,

(Michael Roolf, FDP: Genau das ist der Ansatz.)

das, was dann,

(Michael Roolf, FDP: Ja, ja, ja, ja, ja.)

was dann dazukommt...

Lassen Sie mich ausreden, ich bin ja noch nicht fertig!

(Michael Roolf, FDP: So geht es. So geht es.)

Herr Roolf, hören Sie mir doch mal zu!

Der zweite Punkt ist, wenn Sie das aber so machen – und ich komme damit auch zum Ende –,

(Zuruf von Toralf Schnur, FDP)