Protokoll der Sitzung vom 18.12.2009

Selbstverständlich lehnen wir Nationalisten den Antrag der Freiheitsbekämpfer, der FDP, ab.

(Reinhard Dankert, SPD: Was meinen Sie, wenn Sie mal Geschichtsbücher schreiben sollten, das wird nie hier passieren, Herr Köster. – Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Und zum Schluss, Herr Innenminister, Personen Ihres Charakters wären zum Beispiel nach 1933 auch in die NSDAP eingetreten,

(Udo Pastörs, NPD: Ganz genau.)

wenn dort ein Posten zu erreichen gewesen wäre.

(Udo Pastörs, NPD: Absolut richtig.)

Mitläufer halt!

Das Gebot der heutigen Stunde heißt Freiheit statt DDR und BRD.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Die Rede hätten Sie mal Herrn Borrmann halten lassen sollen!)

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der FDP Vizepräsident Kreher. Bitte schön, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe zu diesem Beitrag jetzt keine vorbereitete Rede,

(Udo Pastörs, NPD: Ach so?)

weil ich ganz bewusst auch zuhören wollte, was meine Vorredner sagen.

Meine Damen und Herren, es geht bei diesem Antrag nicht in erster Linie nur um die Vergangenheit. Wenn wir heute darüber sprechen und wenn wir sagen „Kein Ende in der Aufarbeitung der SED-Diktatur“, dann geht es vor allem um die Zukunft unseres Landes.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Dann geht es vor allem auch darum, dass wir eine Wiederholung alter Fehler verhindern.

(Udo Pastörs, NPD: Machen Sie mal lieber Aufarbeitung in Ihrem Parteiamt, bevor Sie hier solche Reden schwingen!)

Und wenn Sie, Herr Minister, vorhin gesagt haben, dass Sie sich wundern, dass alle erst nach 1990 geboren wären, so sage ich hier klipp und klar, ich bin 1943 geboren und habe all die Jahre in der DDR gelebt. Und ich sage sogar, ich bin vor fast genau 40 Jahren der LDPD beigetreten.

(Udo Pastörs, NPD: Das habe ich mir gedacht. – Stefan Köster, NPD: Aus Zwang.)

Nein, ich bin nicht aus Zwang beigetreten.

(Udo Pastörs, NPD: Aus Überzeugung, Herr Kreher.)

Deshalb hören Sie jetzt bitte sehr gut zu!

(Zurufe von Dr. Norbert Nieszery, SPD, Regine Lück, DIE LINKE, und Udo Pastörs, NPD)

Jetzt hören Sie bitte sehr gut zu und reden Sie bitte nicht dauernd dazwischen!

Meine Damen und Herren, wenn man in der DDR gelebt hat, dann war man entweder von diesem Staat äußerst überzeugt oder man war wie ich von seinem Elternhaus dazu erzogen worden, dass dies auf keinen Fall der Staat ist, den man unterstützen kann.

(Irene Müller, DIE LINKE: Ach, ein Revolutionär mit der Faust in der Tasche! – Zuruf von Wolfgang Griese, DIE LINKE)

Und in diesem Widerspruch bin ich bei meinen Eltern aufgewachsen.

(Irene Müller, DIE LINKE: Deshalb waren Sie Lehrer im sozialistischen Bildungssystem. Das sind die richtigen Funktionäre. – Zurufe von Stefan Köster, NPD, und Udo Pastörs, NPD)

Ich habe 1953 erlebt. Ich habe 1960/61 erlebt, als man in der Landwirtschaft viele unserer Nachbarn zwangskollektiviert hat. Ich hatte 1961 bereits meinen Koffer gepackt, weil mein Vater gesagt hatte: „In diesem Staat wirst du auf keinen Fall Lehrer!“ Und dann war mein Vater gestorben noch vor dem Mauerbau und ich wollte …

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Nicht reagieren! Nicht reagieren! Das ist viel zu blöd!)

Wenn Sie doch wenigstens mal zuhören könnten in Ihrer Überheblichkeit!

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Reagieren Sie doch nicht auf den Mist! Das ist er nicht wert. Das ist er nicht wert.)

Sie wissen doch gar nicht, was es bedeutet, in diesem Zwiespalt zu leben.

(Zuruf von Beate Schlupp, CDU)

Wenn Sie sich doch wenigstens da mal einfühlen könnten, das wäre auf jeden Fall gut.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Und wenn wir hier diese Diskussion geführt haben, dann ist das wirklich erst ein Beitrag dazu, dass wir uns unserer Vergangenheit bewusst werden, und deshalb bitte hören auch Sie zu!

(Stefan Köster, NPD: Wir sind in der BRD. Wir wissen, worum es geht.)

Meine Damen und Herren, 1961 – ich stand in diesem Widerspruch. Dann war plötzlich die Mauer dicht.

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Ich hatte mich vorher nicht zur Nationalen Volksarmee freiwillig gemeldet.

(Udo Pastörs, NPD: Nee, das hat der Bildungsminister gemacht.)

Ich konnte erst mal nicht studieren.

(Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

So und dann war es gut, in der Landwirtschaft zu arbeiten. Da habe ich viel gelernt. Dann bin ich doch – obwohl ich wusste, das will ich eigentlich nicht in diesem Staat – Lehrer geworden. Und nicht nur, dass ich in der LDPD war – allein dieser Widerspruch, in einem Staat Lehrer zu sein, etwas zu vermitteln, was nicht voll meiner Überzeugung entsprach.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Ich stand in einem ständigen Widerspruch.

(Michael Andrejewski, NPD: Sie hätten auch Bauer werden können.)

Wissen Sie, auch das habe ich überlegt, darauf gehe ich gern ein. Ich habe das überlegt.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Mann, Mann, Mann! Man hätte auch Lehrer für Marxismus-Leninismus werden können.)

Ich hätte in der Landwirtschaft bleiben können.