Protokoll der Sitzung vom 28.01.2010

Fakt ist, dass diese Regierung …

(Zurufe von Barbara Borchardt, DIE LINKE, und Regine Lück, DIE LINKE)

Ja, da kann ich Ihnen sagen, wie stark ich an der Stelle bin. Ich freue mich, dass ich da gar nicht richtig Rabatz machen musste, weil die SPD und die CDU das gleich ausdrücklich unterstützt haben. Wir werden den Deckel des Landeszuschusses aufheben,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Gleich? Oh, hervorragend! – Zurufe von Reinhard Dankert, SPD, Regine Lück, DIE LINKE, und Irene Müller, DIE LINKE)

damit die zukünftige Inanspruchnahme nicht mehr andere Familien belastet. Das wird ein wichtiger finanzpolitischer Schritt im neuen KiföG sein und das wird diese Landesregierung gemeinsam mit den Regierungsfraktionen auf den Weg bringen.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Sie konnten das Gesetz nicht ändern in den ganzen Jahren, ne?!)

Frau Borchardt, ich arbeite seit einem Jahr an diesem Gesetz. Wir haben diesen Vorschlag gemacht.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Da war die Große Koalition nicht stark genug.)

Und dass es Sie ärgert, dass es ein kostenfreies Mittagessen, dass es Elternentlastungen und solche guten Vorschläge mit anderen Regierungspartnern gibt, das kann ich verstehen.

(Zurufe von Barbara Borchardt, DIE LINKE, und Peter Ritter, DIE LINKE)

Aber lassen Sie das nicht an der Sozialministerin aus!

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wir sind sehr froh darüber, dass es das endlich gibt.)

Aber das kann ich auch noch ertragen, gar kein Problem. Ich wollte nur Herrn Koplin darauf hinweisen, dass er es sich an der Stelle ein bisschen zu leicht macht. Die Fehler liegen im alten Gesetz, wir werden diesen Fehler beheben.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Zur Frage der Regelangebote für Alleinerziehende: Wir haben viele Regelangebote, etwa Beratungsstellen, Informationen durch Ämter, außerdem natürlich die gesetzlichen Leistungen wie Unterhaltsvorschuss, Kinderzuschlag, Kindesunterhalt, Kindergeld und natürlich die Vergünstigungen bei der Kindertagesförderung. Ich habe es gerade angesprochen. In diesem Bereich, das möchte ich ausdrücklich betonen, gehen auch die Kommunen in eine ganz starke finanzielle Leistung, weil die Kommunen gerade für die Eltern, und da sind auch viele Alleinerziehende betroffen, die von Hartz IV leben müssen, den vollen Beitrag übernehmen. Herr Grabow, Sie kennen sich da kommunalpolitisch gut aus, gerade in einer Stadt wie Rostock übernehmen die Kommunen auch einen großen Anteil. Das muss man hier, denke ich, auch mal als Vertreterin der Landesregierung wertschätzen.

Andere Angebote, die vom Bund und auch vom Land mitfinanziert werden, haben meist Modellcharakter, sind zeitlich befristet und setzen stark auf Vernetzung und Kooperation mit bestehenden Angeboten. Und damit sehen Sie, dass es natürlich längst eine Vernetzung von Angeboten gibt. Ich würde gerne noch mal beispielhaft einige Sachen herausstellen:

Uns liegt es am Herzen, dass die Kinder mit gleichen Chancen im Land gesund aufwachsen und frühzeitig und individuell gefördert werden. Wir werden hier neue Angebote mit dem KiföG auf den Weg bringen. Wir wollen aber, dass Eltern vor allem niederschwellig Hilfe und Unterstützung erhalten. Das heißt, wir setzen zum Beispiel im Bereich der Kita an. Wir wollen, dass diese Angebote verzahnt und vor allem die Angebote für Kindergesundheit und Kindeswohl verbessert werden.

Ich darf Ihnen von einem ganz praktischen Fall berichten, woran man sieht, dass die Instrumente, die in den letzten Jahren auf den Weg gebracht worden sind, wirken Hand in Hand zwischen Land und Kommunen: Der heutige Ministerpräsident und damalige Sozialminister hat das Gesetz für das Änderungssystem für Vorsorgeuntersuchungen auf den Weg gebracht. Ich habe es als Sozialministerin dann umgesetzt. Es ist so, das wissen Sie, dass die Eltern, wenn Sie nicht zur Vorsorgeuntersuchung gehen, erinnert werden. Das war zum Beispiel im Fall einer alleinerziehenden Mutter im ländlichen Raum so. Das Gesundheitsamt, weil die Mutter auch nach Erinnerung nicht mit ihren Kindern zu den Untersuchungen ging, ging raus. Diese Mutter ist eine liebe Mutter, die aber in einer überforderten Situation ist und nicht die Möglichkeit hat, ihre Kinder so zu fördern, wie wir es uns vielleicht für die Kinder wünschen. Trotzdem kümmert sie sich um die Kinder, das muss man immer sehen.

Es gibt diese Familien, die frühzeitig Hilfe brauchen. Über dieses Erinnerungssystem sind wir auf diese alleinerziehende Mutter von mehreren Kindern aufmerksam geworden und haben natürlich über den öffentlichen Gesundheitsdienst diese Vorsorgeuntersuchungen nachgeholt. Wir haben vor allem gemeinsam mit dem Jugendamt empfohlen, dass diese Kinder in eine Einrichtung gehen. Man hat sogar geholfen, hier die Fahrsituation klarzustellen, weil die alleinerziehende Mutter auch nicht so mobil war für die Kinder, sodass die Kinder frühzeitig in die Einrichtung gehen und dort gefördert werden.

Und da, so sieht es der Entwurf, der jetzt vom Kabinett beschlossen worden ist, im KiföG vor, wollen wir zum

Beispiel auch noch einmal 1 Million Euro drauflegen, um gerade die Kinder in den Krippen, die heute noch keinen vollständigen Rechtsanspruch haben, wo aber das Jugendamt sagt, da muss für die Kinder eine Förderung sein, um auf der anderen Seite die Eltern irgendwo zu entlasten, ihnen Mut zu machen und zu sagen, deine Kinder können was, wir fördern sie, dass wir da noch einmal 1 Million Euro drauflegen, um zum Beispiel die Stundenzahl zu erhöhen. Ich persönlich habe mich gefreut, dass man an diesem praktischen Beispiel sieht, dass diese verschiedenen Instrumente, die wir haben, greifen, und dass die Verzahnung, die Sie natürlich ansprechen, auch notwendig ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir dürfen bei der Debatte um die Hilfe für Alleinerziehende nicht den Bund außen vor lassen. Es geht natürlich um ganz konkrete Hilfsangebote. Wir brauchen zum einem Hilfen aus einer Hand für die vielen Alleinerziehenden, die dauerarbeitslos sind und dauerhaft von Transferleistungen leben müssen. Und deswegen ist es so wichtig, dass wir bei der Betreuung aus einer Hand bleiben. Daher sehe ich mit Sorge – und ich habe das aus den Medien zur Kenntnis genommen, dass es gestern sozusagen hier der Kern der Debatte war, und weiß, dass der Wirtschaftsminister und ich als Sozialministerin da gleich ticken –, daher sehe ich mit Sorge, wenn die Beratungsangebote wie zum Beispiel die Argen jetzt auseinandergespalten werden sollen, denn wir brauchen diese Hilfen aus einer Hand.

Alleinerziehende haben nicht nur das Bedürfnis, gesagt zu bekommen, wo sie vielleicht ein Jobangebot haben können, sondern sie brauchen dazu oftmals ein Angebot für Kinderbetreuung und noch andere Beratungsangebote, das reicht auch manchmal hin bis zu Schuldnerberatungsstellen oder vielleicht auch der Bewältigung von Sucht und anderen Problemen. Deswegen ist diese ganzheitliche Beratung so wichtig.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Deswegen hoffe ich, dass es doch noch zur Grundgesetzänderung kommt, sodass wir entweder über die Argen oder die Optionskommunen wirklich die Hilfen aus einer Hand bieten können. Wenn die Bürokratie größer wird und das alles noch mehr kostet und weniger Hilfen bei diesen Alleinerziehenden ankommen, dann geht es eher den Schritt zurück, anstatt nach vorne. Daher ist es so wichtig, dass wir hier vielleicht doch zu einer anderen Lösung kommen, als diese bisher die Bundesregierung vorgeschlagen hat.

Wir brauchen die ganzheitliche Betreuung, ich habe es angesprochen, denn wir haben sehr gute Angebote an Kitas bereits im Land, aber ich wünsche mir, dass wir die Kitas zu Eltern-Kind-Zentren ausbauen können. Deswegen ist es so wichtig, dass auch hier der Bund noch mal einsteigt in eine weitere Förderung. Denn dass er sich bisher nur mit fünf Prozent an den Kita-Gesamtkosten beteiligt, ich glaube, das ist einfach zu wenig, wenn man auf Kinder den Schwerpunkt legen will, und dann natürlich zu direkten Geldleistungen für solche Familien, gerade für die Alleinerziehenden, die besonders wenig haben, und das sind die, die von Hartz IV leben müssen.

Im Übrigen müssen auch viele von Hartz IV leben, die Aufstocker, wie zum Beispiel eine bekannte Verkäuferin, die zwei Jobs nachgehen muss, die eine Tochter auf dem Gymnasium hat und davon trotzdem nicht leben kann, die für jede Schulfahrt zum Amt gehen muss. Das sind

dann die Fälle, die ich sehr diskriminierend finde. Da, wo sich Alleinerziehende, und das sind vor allem Frauen, einen Kopf machen, arbeiten gehen, sich anstrengen, aber dann nicht von ihrer Arbeit leben können, das ist für mich ein unhaltbarer Zustand als Sozialministerin. Und an der Stelle, das sei auch mal gesagt, würden flächendeckende Mindestlöhne helfen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Toralf Schnur, FDP: Nicht einen Zentimeter!)

Bei der Frage: „Was tun, was können wir im Bund für diese Kinder tun?“, muss ich auch leider feststellen, dass die Familienpolitik des letzten Gesetzes, des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes, eines beschleunigt hat – die Schere zwischen Arm und Reich in diesen Familien.

(Toralf Schnur, FDP: So ein Quatsch!)

Nein, für mich ist es unerklärlich. Sie können es ja nachher noch mal vortragen. Aber Sie müssen mir mal erklären, warum ich für meinen Sohn 35 Euro bekomme und diese alleinerziehende Frau, die von Hartz IV leben muss, null Euro! Offensichtlich sind Ihnen die Kinder nicht gleich viel wert. Und das halte ich für sehr sozial ungerecht.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sehr richtig, Frau Ministerin. Sehr richtig. – Toralf Schnur, FDP: So ein Quatschkram!)

Ich sage Ihnen ganz ehrlich, ich zahle von meinen Steuergeldern sehr gerne den Kita-Platz für solche Kinder.

(Toralf Schnur, FDP: Diese Gelder sind die Steuergelder.)

Ich bin auch dafür, dass alle Kinder gleich gefördert werden. Das ist meine innere und auch meine politische Haltung.

(Michael Roolf, FDP: Der Heiligenschein da oben drüber!)

Und wenn Sie eine andere Haltung haben und Sie diese Neiddebatte gegen diese Frauen schüren, dann sieht man ganz deutlich, wo der Unterschied zwischen FDP und sozialdemokratischer Sozialministerin ist.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Toralf Schnur, FDP: Da gibt es noch mehr Unterschiede.)

Ja, zum Glück!

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, Herr Schnur, das müssen Sie sich schon anhören. – Irene Müller, DIE LINKE: Das tut weh, ne?!)

An der Stelle sei gesagt, wenn es heißt, Arbeit muss sich wieder lohnen, dann ist es so wichtig, dass die Alleinerziehenden, die in Arbeit sind, aber davon nicht leben können, die ihre Kinder nicht ernähren können, die durch den geringen Lohn, den sie bekommen, und weil sie Kinder haben, in Hartz IV fallen, dass diese mehr unterstützt werden.

Die Große Koalition hat es in der vergangenen Legislatur auf den Weg gebracht, den Kinderzuschlag, ein Ausbau für Alleinerziehende. Und da fordere ich, dass dieser Kinderzuschlag natürlich gerade für die Alleinerziehenden ausgebaut wird. Aber da ist Sense, da kommt leider nichts, auch nichts aus Ihrer Partei. Das sind, wenn Sie

über Alleinerziehende ehrlich reden wollen, Probleme, die muss man mit ansprechen.

(Udo Pastörs, NPD: Agenda 2010, wer hat die gemacht?)

Wir haben hier etwas im Land zu tun, aber es gibt auch eine Menge im Bund zu tun. Es wäre schön, wenn Sie sich an der Stelle dafür einsetzen würden.

(Udo Pastörs, NPD: Das ist ja unvorstellbar!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die vielschichtigen Angebote für Alleinerziehende, Aussagen zu Teilhabechancen und natürlich auch die Maßnahmen von Bund und Land werden Gegenstand des von der FDP gewünschten Ergebnisberichtes sein. Allerdings ist meines Erachtens ein Extrabericht nicht notwendig, die Landesregierung wird nämlich den Bericht – so wurde das hier im Landtag schon längst beschlossen – „Gleiche Teilhabe von Vätern und Müttern am Erwerbs- und Familienleben“ dem Landtag zum 30. Juni zuleiten. Und weil wir natürlich die Alleinerziehenden unter Vätern und Müttern sehen, wird das ein Bestandteil dieses Berichtes sein.

Außerdem wird bis zu diesem Zeitpunkt auch die Stellungnahme der Landesregierung zur Umsetzung des Prognos-Berichtes vorliegen. Wir werden darin darlegen, welche Schlussfolgerungen für die Alleinerziehenden aus dem Prognos-Bericht gezogen werden müssen. Ich freue mich auf die weiteren Beratungen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Zurufe von Heinz Müller, SPD, und Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Danke schön, Frau Ministerin.