In Ostpolen, wo die Polen vertrieben wurden, wurden die Frauen massenhaft vergewaltigt, genauso wie in Deutschland. Die Leute wurden gefoltert, in Lager gebracht, abgeschlachtet, vertrieben.
(Ilka Lochner-Borst, CDU: Wie kann man sich in diesem Ton da vorne hinstellen und solche Sachen vom Stapel lassen?! Das ist unglaublich!)
Man kann noch nicht mal sagen, dass die deutschen Soldaten, die in Stalingrad in Gefangenschaft gerieten und in den Gulag kamen, schlimmer behandelt wurden als die eigenen Sowjetsoldaten.
Die nach Ansicht der Politkommissare nicht hart genug gekämpft hatten, kamen zu Hunderttausenden in den Gulag und sind da genauso verreckt. Es war das stalinistische Massenmordsystem, das hier trotz allem, was Sie hier sagen, immer noch verharmlost wird. Das hatte mit Hitler gar nichts zu tun.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Nein, nein! Wir verharmlosen den Stalinismus nicht. – Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)
Ich spreche Ihnen auch wegen Heuchelei das Recht ab, Ihnen als Parteiensystem, sich in irgendeiner Weise aufzuregen über nationalsozialistische Verbrecher, weil Sie vom NS-System massenhaft Personal übernommen haben. Das habe ich Ihnen hier schon ein paar Mal vorgehalten. Sie haben NS-Richter übernommen bis ins Verfassungsgericht. Sie haben als Parteiensystem die halbe Gestapo übernommen.
Sie haben den halben SD übernommen. Und ich möchte es mal ausmalen – das ist mein Lieblingsbeispiel, weil es auch das schauerlichste ist, ich habe es hier schon mal am Rande erwähnt –, genau, wie Herr Dr. Nieszery Szenarien gerne ausmalt:
Es gab vor Kurzem einen Sophie-Scholl-Film, da bin ich mal reingegangen, um zu sehen, ob der auch wirklich ehrlich darstellt,
was, wer da beteiligt gewesen ist. Denn Sie können bei Jörg Friedrich, dem Historiker, in seinem Buch „Die kalte Amnestie“ nachlesen, dass der Mann, der die Hinrichtung von Sophie Scholl überwacht und geleitet hat, später belohnt wurde von der Bundesrepublik Deutschland und ihren Parteien, indem er Karriere machen konnte bis ins Bundesjustizministerium hinein, wo er die Abteilung für Verfassungsrecht bis 1965 leitete. Das müssen Sie sich mal vorstellen: der Mann, der die Hinrichtung von Sophie Scholl geleitet hat!
Als die 1.000. gefühlte Sophie-Scholl-Schule eingeweiht wurde – und die Frau war tapfer, sie stand für ihre Überzeugung ein, Respekt –,
da war der Mann, der ihre Hinrichtung geleitet hat, in einem schönen Zimmer als Verfassungshüter im Justizministerium. Leider stand in dem Buch nicht, in welcher Partei er gewesen ist, vielleicht FDP. Das Justizministerium war in der frühen Bundesrepublik sehr lange in der Hand der FDP.
Wie lief so eine Hinrichtung ab? Stellen Sie sich das mal vor: Die Frau wird da rausgeholt, der Mann wird im Film kurz gezeigt. Ich nehme mal an, dass er es war. Robe, so eine Art Klemmbrett.
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das ist zynisch, was Sie da machen, Herr Andrejewski, wirklich zynisch!)
Er überwacht die Hinrichtung. Sie wird zum Fallbeil gebracht. Der Mann sagt: Scharfrichter, walten Sie Ihres Amtes! Er macht dann einen Haken. Er schreibt hinterher einen Bericht und dann geht er in den BRD-Dienst und wird Hüter der Verfassung im Bundesjustizministerium, und zwar nicht nur alleine, sondern als ein Repräsentant von vielen Tausenden.
Sie haben in einem solchen Maße NS-Täter übernommen, dass Sie nicht das Recht haben, sich über das Dritte Reich aufzuregen,
genauso wenig, wie Sie das Recht haben, sich über die DDR aufzuregen, weil Sie die halbe Stasi übernommen haben. Die Polizei wimmelt davon.
Und noch eine kurze Zusatzbemerkung: Kürzlich habe ich gelesen, dass in der Ukraine mit deutschen Steuergeldern – auch zu Recht, das sage ich dazu – mit neuer Technologie nach Massengräbern von deutschen Kriegsverbrechen gesucht wird. Ich frage mich: Wo sind die Massengräber der zwei Millionen Vertriebenen in Ostpreußen? Warum gibt der deutsche Staat kein Geld dafür aus, die zu suchen, denn irgendwo müssen diese zwei Millionen …
(Der Abgeordnete Michael Andrejewski beendet seine Rede bei abgeschaltetem Mikrofon. – Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Zuruf von Heinz Müller, SPD)
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/3177. Wer dem NPDAntrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/3177 bei Zustimmung von vier Abgeordneten der NPD-Fraktion und Ablehnung der Fraktion der SPD, der CDU, der LINKEN und der FDP abgelehnt.
Bevor ich jetzt den Tagesordnungspunkt 26 aufrufe, unterbreche ich auf Antrag der Fraktion DIE LINKE die Sitzung für fünf Minuten.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, die Plätze wieder einzunehmen. Wir setzen die unterbrochene Sitzung fort.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 26: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Hartz IV überwinden – grundlegende Änderungen auf den Weg bringen, Drucksache 5/3181.
Antrag der Fraktion DIE LINKE: Hartz IV überwinden – grundlegende Änderungen auf den Weg bringen – Drucksache 5/3181 –
Werter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen des Parlaments! Ich danke den demokratischen Fraktionen für ihr Verständnis, dass wir fünf Minuten Auszeit beantragt haben, denn ich muss Ihnen ehrlich gestehen, es fällt mir verdammt schwer, nach diesen Aktionen des Völkerhasses, des Menschenhasses, der Menschenunwürdigkeit zu einem Thema zurückzukommen, als ob vorher nichts gewesen wäre.
Unser Antrag Hartz IV – ich höre förmlich: nein, nicht schon wieder – ist deswegen heute auf der Tagesordnung, weil wir als linke Politikerinnen und Politiker mit Freude aufnehmen, wie Politikerinnen und Politiker aus den unterschiedlichsten demokratischen Fraktionen feststellen, dass irgendwas, und es wird auch an ganz konkreten Punkten festgemacht, im SGB II nicht stimmt. Und ich will einfach voraussetzen, dass nicht die Wahl im Mai in Nordrhein-Westfalen Herrn Rüttgers zu wesentlichen Aussagen bewogen hat, sondern dass ernsthaft darüber nachgedacht wird, was mit SGB II ist, was nicht stimmt und was deswegen, so, wie wir als Fraktion es verstehen, weg muss.
Dieses SGB II wurde uns übergestülpt am 01.01. des Jahres 2005 und wir als LINKE haben sofort gesagt, das ist Armut per Gesetz. Dieser letzte Ausfluss von Herrn Hartz ist nicht im Sinne der Menschenwürde, der Menschenachtung, nicht im Sinne von Selbstbestim
mung, nicht mal im Sinn, zu motivieren, zu starten in ein neues Leben, in eine neue Erwerbstätigkeit, in neue Aktionen, um das Leben zu verändern.
Eine nie gekannte Armutswelle hat sich über Deutschland gesenkt seit diesem 1. Januar des Jahres 2005 und zynisch könnte man sagen, da hat die Einheit geklappt. Nach 20 Jahren Einheit hat man es nämlich vollbracht, dass vererbte Armut jetzt nicht nur in den alten Bundesländern auf der Tagesordnung steht, sondern in der Zwischenzeit auch in den neuen Bundesländern. Es gibt etliche Beispiele dafür und wenn zum Beispiel in bestimmten Situationen von bildungsfernen Schichten gesprochen wird und da sofort irgendwo bei manch einem der Hartz-IV-Empfänger an sich gesehen wird, ist diese vererbte Armut schon in den Köpfen angekommen.
Von Anfang an gab es Kritik an diesem Gesetz und schon vor dem Beginn der Praxisumsetzung dieses Gesetzes, nämlich im Dezember des Jahres 2004, wurde ein Ombudsrat einberufen, der dieses Gesetz und seine Auswirkungen betrachten sollte. Was geschah? Die Ergebnisse legte dieser Ombudsrat im Juno 2006 vor. Und was geschah dann? Ganz einfach nichts. Man hat zwar gelesen, was alles für Verbesserungen vom Ombudsrat angemahnt wurden, aber von diesem Moment an wurde der Ombudsrat nie wieder befragt. Ein Narr, der Böses dabei glaubt.
Wir haben im Moment zu verzeichnen oder auch schon über längere Zeit, dass in den Bundesländern Brandenburg, Sachsen und Thüringen die Ansage steht, das Gesetz ist verfassungswidrig, das Gesetz ist grundgesetzwidrig. Wir haben zu vermerken, dass unter diesen Aufzählungen, die die Grundgesetzwidrigkeit begründen sollen, Dinge sind, Sie mögen es mir verzeihen, die wir auch schon immer gesagt haben. Sie wollten aber nicht zuhören! Und die Länder Thüringen und Sachsen sind ja wohl nun weit entfernt davon, von LINKEN beeinträchtigt – in Anführungsstrichen – regiert zu werden.
Wir sehen das Thema „Regelsätze“. Wir sehen die Themendefinition „Bedarfsgemeinschaft“. Es wird angemahnt, dass es eine Regelung geben muss, eine vernünftige Regelung zur Anrechnung von Einkommen und Vermögen. Die Zumutbarkeit in Ihrer Definition wird beanstandet, der Sanktionierungsparagraf wird beanstandet, die Art und Weise der Errechnung der Kinderzuschläge wird in Kritik genommen, nicht von uns LINKEN – das meine ich jetzt im ganz speziellen Fall in den Ländern Thüringen, Sachsen und Brandenburg –, sondern von der FDP, von der CDU, von der SPD. Also denken wir, dass es in dem Moment jetzt hier wichtig ist und auch sachlich richtig ist zu fragen, auf welche Art und Weise sich unsere Landesregierung einsetzen wird, wenn es darum geht, Hartz-IV-Gesetze zu verändern.
Dabei möchte ich nicht verhehlen und sage nach wie vor, wenn man sich anguckt, was es bewirkt, wenn man sich anguckt, auf welche Art und Weise die Arbeitslosenstatistiken auch mithilfe von SGB II geschönt werden, auf welche Art und Weise Menschen, die sehr wohl keine Arbeit haben, nicht als bedürftig angesehen werden, nicht als arbeitssuchend angesehen werden, als freiwillig arbeitssuchend in der Statistik geführt werden und, und, und, dann ist es für uns das Thema: Hartz IV muss weg. Das Gesetz ist schlecht. Das Gesetz ist mit heißer Nadel genäht.
Meine Damen und Herren, diese Aussage haben wir auch schon gehabt, aber neu ist diese Aussage von der
neuen Arbeitsministerin des Bundes, von Frau von der Leyen. Herr Heinrich Alt, den vielleicht einige von Ihnen noch kennen durch sein Wirken hier im Land Mecklenburg-Vorpommern, der jetzt im Verwaltungsrat der BA sitzt, hat ohne Zweifel angemahnt und in der Öffentlichkeit davon gesprochen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den BAs nicht richtig qualifiziert sind. Damit gebe ich hier keine Schelte an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, damit möchte ich sagen, das ist ein hausgemachtes Problem, denn auch wir bekommen zu erfahren, welche Art von Arbeitshinweisen, Durchführungsbestimmungen, Arbeitsanweisungen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erreichen, um Geld zu sparen.