Protokoll der Sitzung vom 28.01.2010

Meine Damen und Herren, wenn wir darüber abstimmen, werden wir dem Antrag zustimmen, ansonsten …

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das ist kein Gesetz der Regierung.)

Entschuldigung, das Gesetz, das der Landtag beschlossen hat. Danke.

(Heinz Müller, SPD: Schon besser.)

Gut, aber Sie wissen, wie wir uns verhalten wollen, das ist die Hauptsache.

Danke schön, Herr Abgeordneter.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU die Abgeordnete Frau Lochner-Borst. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Vorgang heute Abend hier hat für mich so etwas wie „Und täglich grüßt das Murmeltier“, nur in anderen Rollen. Ich erinnere mich sehr gut an die letzte Legislaturperiode und an riesige Debatten zur Vorlage von Eckwerten und Zielvereinbarungen in diesem Hohen Haus. Allerdings war es damals nicht so einfach gestaltet, Herr Professor Methling, wie sich das jetzt darstellt. Der Minister hat angekündigt, dass wir sogar vor den angekündigten Fristen die Eckwerte im Bildungsausschuss haben werden. Deshalb ist Ihr Antrag heute völlig unnötig. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke, Frau Abgeordnete.

Es hat jetzt noch einmal das Wort für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Professor Dr. Methling. Bitte, Herr Abgeordneter.

Es ist schon eine eigenartige Logik, was der Minister sagt: Wir legen das zum 31.03. fest, aber ziehen Sie Ihren Antrag zurück, sonst wird er abgelehnt. Das kann ich inhaltlich wirklich überhaupt nicht nachvollziehen.

(allgemeine Unruhe)

Ich bin sehr dankbar darüber, dass der Minister so kurz und klar darauf geantwortet hat. Ja, das ist nicht immer so. Er hat manchmal eher beleidigt reagiert, wenn es Fragen und Anmerkungen gab. Das hat er nicht getan.

Im Übrigen will ich ihm danken, dass er auf den Beitrag oder den Antrag, den Herr Bluhm hier vorgetragen hat, so ausführlich geantwortet und Stellung genommen hat, im Unterschied zu den Vertretern der die Regierung tragenden Fraktionen. Ich finde das zumindest sehr anständig, auch wenn wir sicherlich unterschiedliche Bewertungen haben. Ich glaube, das sollte auch zur Kultur gehören, wenn wir miteinander umgehen. Eigentlich pflegen wir das ganz gut im Bildungsausschuss, aber heute schien mir das nicht ganz angemessen zu sein, wie Sie hier vorgehen.

In der Tat war es so, dass es nicht einfach war, Hochschulvereinbarungen zur gesetzlichen Pflicht zu machen und Eckwerte, die dazu erforderlich sind, vorzulegen. Daran kann ich mich auch erinnern, obwohl ich damals nicht in der Verantwortung gewesen bin. Frau LochnerBorst hat darauf hingewiesen, dass dabei unter anderem Anträge von Herrn Bartels und der CDU-Fraktion hilfreich waren, um dazu zu kommen, dass mit einer gewissen Verzögerung die Hochschulvereinbarungen dann Anfang 2006 beschlossen worden sind.

Wir haben inzwischen natürlich Erfahrungen und wir haben uns auch verpflichtet, was Zeiträume und so weiter betrifft. Insofern wäre es gut gewesen, wenn dort rechtzeitig gehandelt wird. Sie haben das jetzt auf die gesetzlich vorgegebenen Pflichten bezogen. Die Hochschulen haben schon lange, also Anfang 2009, das betone ich, ihre Schularbeiten gemacht. Dass Sie nun mit fast eineinhalb Jahren Verzögerung mit den Eckwerten darauf antworten, ist schon überraschend. Es ist schon überraschend, dass Sie das als ein hohes oder ausreichendes Tempo bezeichnen.

(Vizepräsident Hans Kreher übernimmt den Vorsitz.)

Ich sehe das anders. Die Hochschulen haben es sich anders gewünscht und haben das sicherlich auch in Gesprächen mit dem Ministerium zum Ausdruck gebracht.

Ich bin froh, dass es jetzt auf diese Art und Weise umgesetzt werden kann, damit wir hoffentlich schnell die Zielvereinbarungen vorbereiten können. Ich gehe davon aus, dass wir im April die Eckwerte hier im Landtag zur Debatte haben und dann die weiteren Weichen gestellt werden können. Dafür bin ich dem Ministerium sehr dankbar. Ich hoffe, dass wir damit wirklich rechtzeitig – wie Sie das glauben – dann zurande kommen, aber davon bin ich angesichts der Evaluierung noch nicht ganz überzeugt. Sie sind dazu verpflichtet, eine Evaluierung der Zielvereinbarungen, die vorher abgeschlossen worden sind, vorzunehmen. Es steht nämlich im Punkt 8 in den Vereinbarungen, dass eine Evaluation vorzunehmen ist und rechtzeitige Gespräche für eine solche Evaluation und Fortschreibung zu führen sind.

Ob die Workshops, die Sie bisher durchgeführt haben, wirklich einer Evaluierung gedient haben, das möchte ich mal bezweifeln. Das, was uns in der Fraktionsklausur vorgetragen worden ist, spricht nicht unbedingt dafür. Sie werden es aber möglicherweise noch ausreichend tun. Ob rechtzeitig, das wird dann der Gang der Geschichte hier im Parlament zeigen. Ich habe jedenfalls die Hoffnung, dass es gelingt. Wir werden alles dafür tun und uns beeilen, die Eckwerte und die entsprechenden Vereinbarungen zu bewerten. Den Antrag ziehen wir nicht zurück. – Danke schön.

Danke, Herr Professor Methling.

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/3184. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/3184 bei Zustimmung der Fraktionen DIE LINKE und FDP sowie Gegenstimmen der Fraktionen der SPD, CDU und NPD abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 31: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Stärkung der Unabhängigkeit der Gerichte, Drucksache 5/3185.

Antrag der Fraktion DIE LINKE: Stärkung der Unabhängigkeit der Gerichte – Drucksache 5/3185 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Borchardt von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schon famos, die Minister der Landesregierung entwickeln zurzeit eine unglaubliche Schnelligkeit. Ein Minister liefert schon etwas ab, das haben wir gerade gehört, bevor der Termin oder die Frist da ist, und von der anderen Ministerin konnten wir schon vor zwei Stunden hören oder lesen, was sie uns jetzt vielleicht irgendwann sagt.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Die sind gut vorbereitet. – Zuruf von Heinz Müller, SPD)

Sehr gut vorbereitet.

Meine Damen und Herren, ich könnte mir die Debatte um unseren Antrag eigentlich leicht machen, denn zumindest die Auffassung der Justizministerin steht ja schon fest,

(Gino Leonhard, FDP: Die Ministerin muss nicht reden heute.)

nachzulesen, wie gesagt, in der Presseerklärung. In einem sind wir uns aber einig: „Richter müssen unabhängig sein“, so die Justizministerin des Landes Mecklenburg-Vorpommern.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die der rechtsprechenden Gewalt in Deutschland vorgegebenen institutionellen Strukturen stammen aus dem vorletzten Jahrhundert. Aufbau und Funktionsweise der Gerichte in der Bundesrepublik werden noch heute, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, maßgeblich durch das Gerichtsverfassungsgesetz aus dem Jahre 1877 bestimmt. Nein, diese Einschätzung stammt nicht von mir, obwohl ich sie teile, sondern von einem renommierten Richter aus Wiesbaden, der an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main in einem Forschungsprojekt zur Frage der Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz mitarbeitet.

Ich denke, die demokratischen Fraktionen des Landtages Mecklenburg-Vorpommern schließen sich unserer Auffassung – Rechtsstaatlichkeit verlangt Gewaltenteilung – an. Diese Gewaltenteilung wird mit der strukturellen Aufteilung staatlicher Macht auf die drei klassischen Gewalten gewährleistet. So weit, so gut. Leider hat nach unserer Auffassung nicht nur die Bundesrepublik Deutschland diesen Grundsatz der Gewaltenteilung vielfältig aufgeweicht, so hat sie in der Justiz die sogenannten vordemokratischen Strukturen beibehalten, die eine klare Gewaltenteilung behindern.

Das Grundgesetz schreibt in Artikel 92 fest, ich zitiere: „Die rechtsprechende Gewalt ist den Richtern anvertraut“, Zitatende. Das bedeutet: Den Richtern ist ausdrücklich nicht nur die Rechtsprechung, sondern die gesamte dritte Gewalt anvertraut. Und dann schauen wir uns die Wirklichkeit an, da wiederhole ich gern meine Aussage: Die Justiz in der Bundesrepublik Deutschland ist eine Art „Wurmfortsatz“ der Verwaltung, also der zweiten Gewalt.

(Toralf Schnur, FDP: Eine kühne Aussage, Frau Borchardt. Das ist wirklich kühn.)

Ausgehend vom Justizministerium finden sich in den Richter- beziehungsweise Justizgesetzen des Bundes und der Länder dementsprechend ein Gerichtsaufbau wie im exekutiven Behördenwesen mit Obergerichten als Mittelbehörden und den erstinstanzlichen Gerichten als untere Behörden.

(Zurufe von Irene Müller, DIE LINKE, und Peter Ritter, DIE LINKE)

Die Justizminister bestimmen also, wem der Zugang zur Justiz eröffnet wird und wer nach einer Probezeit auf Lebenszeit in den Justizdienst berufen wird. Sie beurteilen und ihre nachgeordneten Behörden beurteilen die fachlichen Leistungen der Richter und üben die Disziplinarhoheit über sie aus.

Die Justizminister sind zuständig für Umfang und Inhalt richterlicher und staatsanwaltlicher Fortbildungen. Sie bestimmen zudem, wer innerhalb der Justiz in welcher Weise Karriere macht, sie vertreten die Justiz bei den

Haushaltsdebatten und teilen der Justiz etwaige personelle und sächliche Mittel zu und, und, und. Mit anderen Worten: Diejenigen, die im demokratischen Staatsmodell von der Justiz überwacht werden sollen, können sich ihre Kontrolleure selbst aussuchen, können sie befördern und in ihrer Arbeit fördern oder behindern. Im Falle der Staatsanwaltschaften steht ihnen sogar ein Weisungsrecht zu, etwa bestimmte Ermittlungen bevorzugt durchzuführen. Ebenso können mithilfe des Weisungsrechtes Ermittlungen der Staatsanwaltschaft durchaus auch erheblich behindert werden.

Wir meinen, die Wahrung der Unabhängigkeit der Justiz kann nur gewährleistet werden, wenn zum Beispiel die Richterinnen und Richter, wie in Artikel 97 Grundgesetz vorgesehen, die persönliche und sachliche Unabhängigkeit genießen und ihre Entscheidungen ausschließlich an Recht und Gesetz ausrichten. Nur dann kann eine unparteiische Entscheidung ergehen und nur dann findet sie auch für das soziale Miteinander und die für den Rechtsfrieden erforderliche Akzeptanz.

Um das auch gleich zu sagen: Es geht hier nicht um ein Misstrauen gegenüber den Richterinnen und Richtern in unserem Land, aber auch Richterinnen und Richter sind Menschen mit den üblichen Eigenschaften. Wir brauchen in diesem Zusammenhang nicht über menschliche Schwächen zu lamentieren oder Appelle an die Charakterfestigkeit des Einzelnen zu richten. Deshalb liegt es auf der Hand, dass ein Richter mit erheblichen Karriereambitionen sich nicht zwingend bei der Regierung unbeliebt machen möchte und deshalb etwa verwaltungs-, finanz- oder landgerichtliche Entscheidungen in Staatshaftungssachen eher so begründen wird, dass das Land nicht verliert.

Die richterliche Unabhängigkeit ist aber auch dann gefährdet, wenn Hierarchien innerhalb der Justiz eine vollkommen freie Entscheidung zumindest behindern. Und das schätzen nicht nur wir so ein, sondern Mitglieder der Berufsgruppe selbst. Auf einer internationalen Tagung in Frankfurt am Main, an der ich persönlich teilnehmen durfte, wurde diese Einschätzung von anerkannten Richtern der Bundesrepublik Deutschland vorgenommen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Hört, hört!)

Ehrlich gesagt, ich würde mich freuen,

(Vincent Kokert, CDU: Wenn Sie sich freuen, freuen wir uns auch.)

wenn wir Abgeordneten in Bezug auf unsere Arbeit ebenso selbstkritisch miteinander umgehen würden.

Aber zurück zum Thema: Wer sich mit diesem Thema beschäftigt, der wird sehr schnell darauf kommen, dass dieses Thema schon seit 1951 in der Bundesrepublik Deutschland diskutiert wird. Und wie sieht es in Europa aus? Da ist festzustellen, bis auf drei Länder der Europäischen Union, nämlich Deutschland, Österreich und Tschechien, verwaltet sich die Justiz selbst. Und bevor Sie mir mit den skandinavischen Ländern kommen, kann ich an dieser Stelle nur sagen, ja, auch in den skandinavischen Ländern verwaltet sich die Justiz selbst. Es ist aber nicht zu vergleichen mit der Justiz in Deutschland, weil sie ganz andere Strukturen haben. Ich denke, die muss man in eine andere Kategorie nehmen. Deutschland, und das kann man wohl zu Recht sagen, ist zumindest in Bezug auf die Selbstverwaltung eher ein Entwicklungsland in der Europäischen Union.

Wo liegt nun die Lösung der von mir angesprochenen Probleme? Dazu gibt es von den Vereinen und Verbänden wie dem Richterbund, der Neuen Richtervereinigung oder der Fachgruppe ver.di unterschiedliche Konzepte, aber es gibt auch ein Konzept, das in der Landesregierung Hamburg zurzeit umgesetzt wird. Hamburg wird regiert von CDU und Bündnis 90/Die Grünen.