Protokoll der Sitzung vom 11.03.2010

Meine Damen und Herren, im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Um das Wort hat zunächst gebeten der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Herr Seidel. Herr Seidel, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Zunächst, Herr Ritter, erlaube ich mir doch mal, einen kleinen Hinweis zu geben an die Fraktion DIE LINKE.

(Regine Lück, DIE LINKE: Wir kriegen doch immerzu Hinweise, Herr Minister.)

Also, auch wenn man in der Opposition ist, soll man, finde ich, ein bisschen daran denken, wie man die Anträge, die man stellt, überschreibt. Und ich finde, „Entgeltgleichheit wirksam umsetzen“, das geht mir überhaupt nicht über die Lippen, das muss ich sagen. Insofern fände ich …

(Peter Ritter, DIE LINKE: Natürlich mein Problem.)

Nein, das war ein Hinweis an uns alle vielleicht. Die Aussage – das haben Sie selbst auch noch gesagt – „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ finde ich viel verständlicher.

(Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)

Das nur mal am Rande.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Dass Sie sich daran gestoßen haben, ist doch schon mal was.)

Und dann will ich Ihnen sagen, Sie haben da die CDUFrauen-Union zitiert. Das freut uns natürlich immer, wenn Sie die Aussagen der CDU-Frauen-Union beachten,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

überhaupt offensichtlich sich gut informieren. Aber das ist eben so in einer großen Volkspartei, dass man durchaus alles fordern kann zunächst einmal.

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE)

Dass man dann ein bisschen Bedenken haben darf, also ein bisschen …

Ja, Herr Ritter, so ist das. Da kann man nicht einfach nur immer losschießen mit seinen Forderungen, wie Sie das machen,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

sondern man muss immer daran denken,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ich bin nicht die Frauen Union.)

dass man mal öfter vielleicht in Regierungsverantwortung kommen kann. Das ist bei Ihnen noch nicht so ausgeprägt und insofern wollen wir vielleicht auch hoffen, dass es so bleibt.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ach, Herr Seidel!)

Also ich will an dieser Stelle aber Ihnen jetzt entgegenkommen und will sagen: Natürlich eint uns das Ziel, dass gleicher Lohn für gleiche Arbeit von Frauen und Männern

(Dr. Margret Seemann, SPD: Und gleichwertige Arbeit, Herr Seidel.)

nicht nur wichtig ist, jawohl, Frau Dr. Seemann, da gebe ich Ihnen recht,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

das muss ich anerkennen, dass das natürlich sehr wichtig ist, und das ist nicht nur wichtig, sondern es ist zweifellos ein Grundrecht.

Und nicht zuletzt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, was wir ja in der Umgangssprache als das Antidiskriminierungsgesetz kennen, sichert in seinen Regeln auch dieses Grundrecht zu. In Paragraf 2 Absatz 1 Nummer 2 dieses Gesetzes heißt es, dass Benachteiligungen, zum Beispiel des Geschlechts wegen, unzulässig sind „in Bezug auf... die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließlich Arbeitsentgelt und Entlassungsbedingungen, insbesondere in individual- und kollektivrechtlichen Vereinbarungen und Maßnahmen bei der Durchführung und Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses sowie beim beruflichen Aufstieg“.

Also die gesetzlichen Regelungen, die gibt es. Zugleich sind die Tarifverträge ein wirksames Instrument, wenn sich eben dann Tarifpartner jeweils auf die entsprechenden Regelungen verständigen.

Die Datenlage, die es gegenwärtig gibt, ist nicht ganz so eindeutig, wie das hier gesagt wurde, aber ich will noch mal sagen, dass in einer Mitteilung des Statistischen Bundesamtes vom 19.11.2009 informiert wurde, dass Frauen in Deutschland im Jahr 2008 mit durchschnitt

lich 14,51 Euro pro Stunde 4,39 Euro weniger als ihre männlichen Kollegen verdient hatten, und damit lag der prozentuale Unterschied beim Bruttostundenverdienst bei 23 Prozent.

Sie haben selbst darauf hingewiesen, dass die Situation in den Teilen – also wenn man das noch mal sagen darf – Westdeutschland und Ostdeutschland unterschiedlich sind. In Westdeutschland gibt es eine Differenz von 25 Prozent sogar, in Ostdeutschland liegt das bei 5 Prozent. Für Mecklenburg-Vorpommern haben Sie eine Zahl genannt, die habe ich jetzt nicht parat, aber die will ich gar nicht bestreiten, die könnte durchaus stimmen.

Es gibt vor allen Dingen – und das, finde ich, muss man dann aber auch noch erwähnen – drei wesentliche Ursachen, die diesen Tatbestand untermauern oder die diesem Tatbestand zugrunde liegen:

Einmal ist es tatsächlich so, dass Frauen in vielen Berufen fehlen, dass sie nicht in der entsprechenden Größenordung in solchen Berufen, die relativ viel Geld auch im Lohnsystem haben, vertreten sind. Dafür gibt es furchtbar viele Gründe, ich will die gar nicht hier alle aufzählen.

Es ist auch in der Tat so, dass in den höheren Stufen, diese berühmte Thematik mit der Karriereleiter, die Frauen nicht so vertreten sind, wie sie vertreten sein müssten. Auch da sind uns, glaube ich, die Gründe hinreichend bekannt. Frauen haben häufigere und längere familienbedingte Erwerbsunterbrechungen und Erwerbsreduzierungen als Männer. Da gibt es zunächst mal biologische Gründe, aber es gibt auch viele Dinge, die man ändern kann. Und ich will ja nur darauf verweisen, dass die Koalition sich genau diesen Punkt sehr intensiv vor Augen führt und an dieser Frage der Verbesserung der Bedingungen in Kitas, in Schulen und so weiter und so fort sehr intensiv arbeitet. Das müsste Ihnen zumindest deutlich geworden sein.

Für mich, und das ist der dritte Grund, ist dann auch zu sagen, dass es eben so ist, das müssen wir konstatieren, dass die sogenannten „typischen Frauenberufe“, das sind ja dann meistens Dienstleistungsberufe, schlechter bezahlt sind als die Berufe, die traditionell heute immer noch von Männern dominiert werden.

Es ist für mich aber auch klar, wir haben gesetz liche Regelungen. Ich habe ein ganz wichtiges Gesetz erwähnt und ich glaube, es bedarf keiner neuen oder zusätzlichen gesetzlichen Regelung wie hier im Antrag gefordert. So erscheint mir das zumindest. Allerdings, und das ist klar, haben wir erheblichen Handlungsbedarf. Das ist völlig richtig. Aber dieser Handlungsbedarf besteht bei den Unternehmen, er besteht bei den Sozialpartnern, er besteht natürlich in der Politik, um Frauen in Ausbildung und Beruf besser zu fördern und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter zu verbessern.

Wir haben dies aber gerade eben, ich habe das angedeutet, im Koalitionsvertrag schon in der Präambel deutlich gemacht. Da steht drin: „SPD und CDU setzen sich für ein tatsächlich gleichberechtigtes Verhältnis zwischen den Geschlechtern in allen Lebens- und Arbeitsbereichen ein. Sie wollen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter verbessern.“

Wir können und wollen auch die Akteure diesbezüglich entsprechend unterstützen und wir können auch selbst mit gutem Beispiel vorangehen. Ich darf verweisen an dieser Stelle auf eine gemeinsame Broschüre des Wirtschafts- und des Sozialministeriums „Familie + Wirtschaft = Wachstum“ zur Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben. Wir haben Landeswettbewerbe, zum Beispiel den Wettbewerb zum „Unternehmer des Jahres“, wo wir eine gesonderte Kategorie eingeführt haben, wo das Thema Familie und Beruf besonders bewertet wird. Ich will verweisen auf das Bündnis für Arbeit, hier besonders auf den Ausbildungs- und Qualifizierungspakt „Fachkräfte für Mecklenburg-Vorpommern“, wo wir uns besonders der Frage der Ausbildung von Mädchen zuwenden. Wir haben den „Girls’Day“, das wird sicherlich Frau Dr. Seemann noch mal hervorheben, wo wir auch …

(Dr. Margret Seemann, SPD: Nee.)

Oh, Entschuldigung, dann habe ich Sie vielleicht jetzt hier umsonst angesprochen.

Dann gibt es also besondere Maßnahmen, die den heute zu beklagenden Zustand versuchen zu verbessern. Es wird nicht möglich sein, den Königsweg zu finden. Wir müssen hier auf vielerlei Strecken entsprechend arbeiten und wenn wir von der Kinderbetreuung reden, dann hatte ich das erwähnt. Ich will nur das Stichwort KitaNovelle hier nennen.

Meine Damen und Herren, der demografische Wandel wird auch die Unternehmen, das kann man noch einmal ganz deutlich hier aussprechen, dazu bringen, sich stärker und mehr dafür einzusetzen, dass auch Frauen in den Unternehmen eine bessere Chance bekommen, auch bessere Löhne, bessere Bezahlung erhalten werden, weil dies gar nicht mehr anders geht. Hier ist in der Tat eine an sich vielleicht ein bisschen problematische Entwicklung – wenn man sich mal den demografischen Wandel anschaut – dann sogar hilfreich, weil damit Frauen auch bessere Chancen erhalten. Es kann nicht wirtschaftlich vernünftig sein, gut ausgebildete Frauen schlichtweg irgendwo, sagen wir mal, sitzen zu lassen.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Kapitalismus ist nicht vernünftig.)

Nein, da ist er gar nicht unvernünftig, muss ich Ihnen sagen. Da wird, das werden Sie erleben,

(Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

da wird in der Weise reagiert, dass Frauen auch bessere Bezahlung bekommen werden.

(Zuruf von Raimund Frank Borrmann, NPD)

Ich will also noch einmal zusammenfassen, wir sind im Ziel Ihres Antrages absolut einig. Was uns trennt, ist der Weg dahin. Das muss ich klar sagen. Und dann sollten wir es auch so klar aussprechen und dann ist es gut. Dann haben wir beide hier oder wir alle, die Koalitionsfraktionen und auch die Opposition, unsere Auffassung gesagt, aber dann trennt uns eben konkret der Weg. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Danke, Herr Minister.