Weil Sie sich immer darüber beklagen, dass man sich in diesem Haus nicht inhaltlich mit Ihrem Antrag auseinandersetzt, will ich das an dieser Stelle natürlich gern tun.
Dann will ich Sie einmal auf zwei Dinge hinweisen. Es ist in den Redebeiträgen vorher auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 verwiesen worden. Da heißt es dann, ich erlaube mir, das hier zu zitieren: „Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG sichert jedem Hilfebedürftigen diejenigen materiellen Voraussetzungen zu, die für seine physische Existenz und für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben unerlässlich sind.“
Und dann komme ich zu Ihrem Antrag und das ist auch vielleicht für Sie nachvollziehbar. Wenn ich dieses Urteil ernst nehme – und das gilt, auch wenn es jetzt nicht zu dem hier zur Diskussion betroffenen Paragrafen getroffen wurde, natürlich grundsätzlich –, dann geht es, wenn man eine Reform von Hartz IV machen muss, machen will, machen soll, hier darum, dass das diesen Anforderungen gerecht werden muss. Und dann gucken Sie sich mal Ihren Antrag an und dann lesen Sie nach, dass – unabhängig davon, was das Bundesverfassungsgericht entschieden hat und was Ihnen eine Vielzahl von Kollegen in den vorhergehenden Redebeiträgen schon dargelegt haben, wenn Sie es denn verstanden haben – natürlich auch in einem Zeitraum von drei Monaten möglicherweise nicht auf null gekürzt werden kann. Ich will das mal hier so nicht näher überprüfen, aber ich gehe davon aus, dass das nicht geschehen kann.
Das, was Sie erhalten wollen, ist zumindest die Möglichkeit – in den ersten drei Monaten unter bestimmten Voraussetzungen, dann nicht mehr, aber vom Grundsatz her in den ersten drei Monaten, so, wie das bisher gesetzlich geregelt ist – einer vollständigen Kürzung. Das wird sicherlich so nicht machbar sein.
Der zweite Punkt ist dann ein politischer Punkt. Ich habe mir das einmal von Ihren sächsischen Kollegen der NPDFraktion im Sächsischen Landtag rausgesucht, die dann auf ihrer Presseseite auch entsprechende Positionen vertreten haben. Da wird deutlich, was Sie bei der NPD eigentlich wollen, wenn Sie von Hartz IV reden. Dann wollen Sie die Pflicht zur Arbeit, die Sie da ganz deutlich als zentrale Position der NPD positionieren und …
Herr Pastörs, das ist genauso zu verstehen, wie das damals für all die Leute, die mit dem Gütertransport durch das Tor gefahren worden sind, wo dann auch „Arbeit macht frei“ draufstand, zu verstehen war. Auch das war sicherlich eine Pflicht zur Arbeit
für die, die in den Augen der damaligen Nationalen – so nennen Sie sich ja gerne – als noch gesund bewertet wurden.
(Stefan Köster, NPD: Fangen Sie mal an zu arbeiten! – Angelika Peters, SPD: Er ist eben als Faulpelz beschimpft worden.)
Bei dem zweiten Punkt – das kommt dann zu der Frage der Gleichbehandlung – nehme ich noch einmal Bezug auf diese Internetseite oder Pressemitteilung Ihres Kollegen aus der sächsischen NPD-Landtagsfraktion, in der es heißt, ich zitiere jetzt wörtlich: „Schade, dass die Bundesbürger nicht dazu befragt wurden, was sie von der Tatsache halten, dass laut einer Studie des Bundesarbeitsministeriums heute schon 28 Prozent aller Hartz-IV-Bezieher Ausländer sind.“ Da wird natürlich deutlich, was Sie eigentlich wollen, wenn man dann weiter sieht, dass Sie diese ausländischen Hartz-IV-Empfänger kategorisch in die Kategorie „arbeitslose kriminelle Ausländer“ einordnen wollen. Ihnen geht es, egal bei welchem Antrag, den Sie hier in diesem Haus zum Thema Hartz IV stellen, nicht um eine inhaltliche Debatte,
sondern um eine Diffamierung von Personenkreisen. Sie sagen das auch immer ganz offen in Ihren Redebeiträgen. Sie unterscheiden zwischen Menschen danach, wo sie geboren wurden,
Herr Köster, Ihre Beschimpfung in Richtung des Abgeordneten Herrn Schulte von der SPD weise ich als unparlamentarisch zurück.
Herr Schulte, beim Lesen von Sachbüchern habe ich es mir zur Gewohnheit gemacht, mir Notizen zu machen, damit man das nicht alles vergisst. Und ich kann die Substanz von Sachbüchern daran ermessen, wie viel ich mir herausschreibe. Es gibt welche, da hebe ich den Stift, will anfangen, irgendwas Substanzielles herauszuschreiben, und nach dem Ende des Buches ist der Stift immer noch ungebraucht. Genauso ist es bei Ihrer Rede.
und dann allerdings noch – das muss ich Ihnen zugestehen – drei Punkte genannt, die völlig neben dem Thema lagen.
Erstens habe ich versucht, Ihnen einen einfachen Gedanken nahezubringen. Es ging in diesem Antrag nur um eines, dass Sanktionen immer drei Monate dauern und ich gern hätte, dass, wenn ein Hartz-IV-Empfänger seine Pflichtverletzung einstellt, dass dann auch die Sanktion eingestellt wird.
Ich habe kein Wort von Nullsanktionen gesagt. Ich verstehe überhaupt nicht, welche Verbindung zwischen dem Bundesverfassungsgerichtsurteil und dem bestehen soll. Die haben sich zu Sanktionen überhaupt nicht geäußert, nur zu Regelsätzen und den krummen Wegen, auf denen Ihre Partei diese Regelsätze zurechtmanipuliert hat, denn Sie haben das Ganze ja gestartet.
Und dann hier dieser komische Zusatz mit der sächsischen NPD und den Ausländern – ich habe kein Wort von Ausländern gesagt. Das haben Sie sich zurechtfantasiert.
Und natürlich, wenn die sächsische NPD sagt, dass Hartz-IV-Empfänger, wenn sie denn zumutbare Arbeit angeboten kriegen, die auch annehmen sollten, klar, es gibt Leute, die mit Recht Sanktionen kriegen, wenn sie wirklich eine zumutbare Arbeit ablehnen und sagen, will ich nicht, obwohl der Lohn in Ordnung ist und alles. Aber es geht hier um Hungerlöhne, es geht hier um Ausbeuterjobs. Es geht hier um berechtigte Ablehnung von Angeboten der Sozialagentur und dazu noch einiges Allgemeines.
Wenn nun Gesetze nicht geändert werden in vernünftiger Weise, was ja hier nie geschieht in dem Staat, da braucht man sich keine Hoffnung zu machen, dann muss man eben versuchen als Hartz-IV-Empfänger, den Staat mit seinen eigenen Gesetzen zu schlagen. Wenn man also für irgendeinen Hungerlohn vorgeschlagen und aufgedrückt bekommt, auf Usedom Hotelzimmer zu putzen,
aber nicht mit Stundenlohn, sondern nach Quadratmetern, sodass am Ende 2, 3 Euro pro Stunde rauskommen, dann sagt man nicht einfach Nein, sonst kriegt man nämlich sofort die Sanktion reingewürgt, sondern dann geht man dahin und legt gleichzeitig Widerspruch dagegen ein und klagt dagegen.
Und dann sagt man bei diesem Ausbeuterarbeitgeber, ich bin hier, weil ich dazu gezwungen bin, aber es laufen parallel eine Klage und ein Widerspruch.
Dann können die gar nichts machen, denn wenn ich Rechtsmittel einlege, ist das kein Grund, mir eine Sanktion aufzuerlegen.
Dann kann ich mir noch Prozesskostenhilfe besorgen und auch gegen Sittenwidrigkeit des Lohnes klagen, wenn es denn so ist, und decke die mit Papieren ein. Dann mache ich noch flankierende Anträge auf Bewerbungskosten und Reisekosten und sonst was und ersticke die Sozialagentur und die Arbeitsgemeinschaft unter einer Flut von Papier genauso wie parallel die Sozialgerichte unter einer Flut von Klagen.