Aber es sind ja andere Fragen, zum Beispiel auch eine Frage der Entwicklung der Schülerzahlen im ländlichen Raum und die Frage, wie sich denn Schulstandards weiter entwickeln sollen. Das bedeutet wiederum, dass bei Änderungen der Lehrämter und damit der Einsatzmöglichkeiten oder zum Beispiel Veränderungen der Pflichtstundenzahl sich die Planungsgrundlagen verändern. Also auch hier ist ohne ein neues Lehrerbildungsgesetz nur eine sehr eingeschränkte Diskussion möglich. Da haben wir eben tatsächlich eine unterschiedliche Herangehensweise an dieses Problem.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sieht man sich im Antrag der FDP die Aufzählungen der Maßnahmen an, dann geht es vor allem um die Referendarinnen und die Referendare. Ursache dafür sind sicher die Diskussionen zur Beschäftigung der Referendarinnen und Referendare vor einigen Wochen. Sie sind scheinbar abgeebbt, aber eben nur scheinbar.
Das liegt vor allem daran, dass die jungen Leute jetzt nicht mehr geschlossen an den Universitäten sind, sondern dass 157 Referendarinnen und Referendare zum 1. April ihre Tätigkeit an den Schulen aufgenommen haben oder aber viele andere in andere Bundesländer abgewandert sind. Zum 1. Juli kommen noch 34 an die Schulen unseres Landes hinzu. Dies heißt nun aber ausdrücklich wieder nicht, dass damit die Probleme gelöst werden, mitnichten.
Hier einige Beispiele und ich empfehle Ihnen dazu die Lektüre der Antworten der Landesregierung auf eine Reihe von Kleinen Anfragen, die ich an die Landesregierung gestellt habe:
Erstens. Die Bewerbung zum Beispiel der Mentoren für die Referendarausbildung endet nach der Antwort auf meine Kleine Anfrage offiziell am 16. April, also 16 Tage nach dem Einstellungstermin der Studierenden. Eigenartig ist dabei, dass es an einigen Schulen auch Bewerbungsfristen gibt, die erst am 23. April enden. Wann die Bestätigung für die Mentorentätigkeit und damit die Einsatzgenehmigung erfolgt, ist nicht bekannt. Aber die Referendarinnen und Referendare sind bereits jetzt sozusagen an den Schulen.
Zweitens. Die zugesicherte Zahlung der Aufwandsentschädigung von 100 Euro brutto beginnt offensichtlich erst am 1. August, also nach den Sommerferien. Solange wird die Betreuung durch die entsprechenden Mentoren nicht vergütet.
Drittens. Die Anrechnung der sechs Stunden für den eigenverantwortlichen Unterricht – so war es jedenfalls bisher in dem im Internet veröffentlichen Fragenkatalog der Landesregierung zum entsprechenden Konzept – sorgte bis dato für erhebliche Unruhe, weil sie bisher jedenfalls zulasten des Beschäftigungsumfanges der
Kollegen ging. Jetzt hat der Minister hier vorhin erklärt, dass das nicht so ist. Das ist sozusagen mit zwölf Stunden netto obendrauf. Das empfinde ich dann allerdings als eine vernünftige Entscheidung. Aber bis dato war das nicht der Fall.
Viertens. Die Vorstellung des Bildungsministeriums, dass damit vor allem Vertretungsunterricht abgesichert werden soll, kann man nur noch als abenteuerlich bezeichnen. Im Übrigen habe ich mir dieses nicht ausgedacht, es ist auch nachzulesen.
Referendarinnen und Referendare sind nicht die Feuerwehr des Ministeriums oder der Schule. Sie befinden sich in ihrer zweiten Ausbildungsphase. Zudem soll es Fälle geben, wo Referendarinnen und Referendare an Schulen eingesetzt werden, an denen ihr Ausbildungsfach gar nicht mit einer entsprechend ausgebildeten Lehrkraft besetzt ist. Da stellt sich doch die Frage: Wie soll denn die fachgerechte Ausbildung dieses Referendars oder dieser Referendarin überhaupt erfolgen? Meine Damen und Herren, die neuen Bedingungen sind an so mancher Stelle so, als würde man Medizinstudenten allein operieren lassen.
Fünftens. Es sind neue Rahmenbedingungen für das Referendariat eingeführt worden. Das wirft die Frage nach der Rechtssicherheit auf. Die Lehrervorbereitungsdienstverordnung wurde 1998 erlassen und 2005 letztmalig geändert. Sie basiert auf geltendem Lehrerbildungsrecht und es ist höchst fraglich, ob die neuen Regelungen für das Referendariat mit dem rechtlichen Rahmen, der noch gilt, überhaupt vereinbar sind. Was passiert, wenn zum Beispiel bei nicht bestandener Prüfung dagegen geklagt wird?
Und mit Verlaub, meine sehr verehrten Damen und Herren, ein In-Kraft-Setzen der Lehrervorbereitungsdienstverordnung erst zum 1. August 2010 ist zu spät. Wenn seit dem 1. April die Referendare nach diesen neuen Regelungen sozusagen ihre Ausbildung vollziehen, dann hätte bis zu diesem Tag die entsprechende Dienstverordnung geändert sein müssen.
Diese Beispiele zeigen deutlich, dass die Ausbildung der Referendarinnen und Referendare an den Schulen nicht annähernd so geregelt ist – jedenfalls aus unserer Sicht –, dass sie den Anforderungen entspräche.
Nächster Punkt. Mit viel Pomp hat die Landesregierung das sogenannte Junglehrerprogramm initiiert. Ich hoffe sehr, dass die Referendarinnen und Referendare nicht am Ende ihrer Praxisphase schon so frustriert sind, dass sie gar nicht mehr hier bleiben wollen.
Lassen Sie mich abschließend noch auf einen Aspekt der im Antrag der FDP ausgewiesenen Notwendigkeit, hochwertige und motivierende Arbeitsplätze zu schaffen, eingehen: Die höchste Motivation neben der inneren Berufung für diese Arbeit eines Lehrers oder einer Lehrerin ist die einer angemessenen Bezahlung, die Verhandlungen der Tarifpartner zu einer bundeseinheitlichen Lehrer entgeltordnung mit dem Ziel der Entgeltgruppe 13 für alle Lehrkräfte, und zwar unabhängig von dem Einsatzort, ihrer Schule.
Das Ziel der Gewerkschaften ist, die nun für Lehrkräfte seit 50 Jahren existierenden Unterschiede in der Bezahlung nach Schulart bundesweit zu beseitigen, weil es für andere akademisch gebildete Berufsgruppen im
öffentlichen Dienst eben auch eine einheitliche Eingruppierung gibt. Wir sollten als Land und als Mitglied der entsprechenden Tarifgemeinschaft der deutschen Länder die Bemühungen der Gewerkschaften nach Kräften unterstützen, damit es zu einer entsprechend baldigen Abschlussregelung dafür kommt, weil das nämlich auch dazu beiträgt, dass diese Unwucht, die existiert in der Frage der Bewerbung von Abiturientinnen und Abiturienten für das Studium eines Lehramtes, so stark zum Gymnasium tendiert, weil die Gymnasiallehrerinnen und -lehrer natürlich immer eine weitaus höhere Besoldungsgruppe oder Entgeltgruppe haben als die einer Grundschule oder einer Regionalen Schule.
Und das ist auch deshalb notwendig, weil das Gehaltsniveau in den ostdeutschen Bundesländern auch im Bereich der Lehrerinnen und Lehrer im Angestelltenverhältnis immer noch unterhalb der westdeutschen Länder liegt. Die genannte Ost-West-Angleichung zum 01.01.2010 war so gesehen eine Angleichung der Prozente, allerdings unterschiedlicher Entgeltgruppen.
Eine letzte Bemerkung will ich noch in Bezug auf die Frage der Referendarstellen machen. Die Beratung im Ausschuss hat zutage gefördert, dass wir seit Jahren zwar einen entsprechenden Einstellungskorridor und 493 Stellen im Landeshaushalt ausgewiesen haben, die eigentlich besetzt hätten werden können. Dass allerdings eine entsprechende Ausfinanzierung dieser 493 Stellen durch die entsprechenden Personalkostenansätze im Haushalt nicht gegeben war und deshalb nicht die volle Anzahl von Referendarinnen und Referendaren in den zurückliegenden Jahren entsprechend eingestellt wurde und wir erst im Jahre 2011 – das hat der Minister hier heute auch noch mal gesagt – die Zahl von 493 erreichen, das, meine sehr verehrten Damen und Herren, kann doch wohl nicht der Ansatz sein. Wenn die 493 Stellen ausgebracht sind, dann muss man auch die entsprechenden Personalkosten dafür einstellen, damit man 493 Stellen sozusagen einstellen kann.
So weit, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Bemerkung meiner Fraktion. Ich hoffe, Sie stimmen unserem Änderungsantrag zu, und dann würde ich mich freuen, wenn Sie dem geänderten Antrag zustimmen. Ich glaube zwar nicht daran, aber man soll ja die Hoffnung nie aufgeben.
Sehr geehrter Herr Kollege Bluhm, Sie haben die Debatte jetzt auf das Feld gebracht, auf das es auch gehört. Eigentlich hätte man hierüber diskutieren können, ob es ein Lehrerbildungsgesetz gibt, wann und wie. Das wäre in der Tat eine richtig spannende Diskussion gewesen. Sie haben auf den unterschiedlichen Standpunkt unserer Partei deutlich hingewiesen. Ich möchte noch einmal in der Sache erklären, warum wir da eine andere Meinung haben: Ich erkläre einfach mal die Geschichte sozu sagen, die zu dem Stand geführt hat, den wir heute haben.
die wir gemeinsam getragen haben. Da haben wir festgelegt, wie viel Stellen die Hochschulen langfristig bekommen und wie viel Stellen welche Hochschule.
In dieser Legislaturperiode hat der Finanzausschuss mit den Stimmen aller demokratischen Fraktionen sich zu dieser Entscheidung bekannt. Alle Fraktionsvorsitzenden haben unterschrieben. Das sind also die Stellen, die auf die Hochschulen verteilt sind. Mit einem Lehrerbildungsgesetz wollten wir darüber entscheiden, a) wie viele und b) in welcher Form junge Menschen in diesem Land zu Lehrern ausgebildet werden.
Und da gibt es den Streit, es muss mehr Pädagogik geben, es muss mehr Praxisanteile geben, es muss alles betreut werden durch Pädagogen, es macht sich nicht von selbst. Aber jedenfalls die pädagogischen Anteile sollen ausgebaut werden.
Mir lag ein solches Gesetz auch mal vor. Es kam der Vorschlag aus der Universität Rostock. Nun habe ich die Universität Rostock gefragt, die wollten eine Verdopplung der pädagogischen Anteile. Da habe ich gefragt, welche Konsequenzen das kapazitätsrechtlich hat. Wenn ich doppelt so viele pädagogische Veranstaltungen mache, habe ich genau zwei Möglichkeiten: Entweder ich reduziere die Zahl der Studenten um die Hälfte oder ich verdopple die im Personalhaushalt verfügbaren Stellen. Vom Land wird es keine geben, das haben wir jetzt im Finanzausschuss beschlossen. Es hat demografische Gründe und so weiter, große Auseinandersetzungen, ich will gar nicht darüber reden. Aber die wird es nicht geben. Wenn, dann kann es die nur aus der Universität Rostock geben.
Und meine Frage war: Können Sie mir denn sagen, was passiert, wenn wir das hier als Gesetzgeber beschließen würden, was Sie uns vorschlagen? Können Sie uns sagen, was konkret in der Universität Rostock für ein Mechanismus ausgelöst wird, wenn wir jetzt die Hand heben? Die Antwort war Nein. Und da habe ich ganz persönlich gesagt, es tut mir leid, ich bin nicht bereit, eine Vorlage zu beschließen, deren Auswirkungen wir nicht kennen. Das wäre unseriös als Gesetzgeber.
Also haben wir das von hinten aufgezäumt und gesagt, das Erste, was wir brauchen, ist, wir müssen einen Überblick darüber haben, wie viele Lehrer dieses Land in welchen Bereichen braucht. Das ist die Lehrerbedarfsplanung.
Dann müssen wir die zweite Frage stellen: Wie viel müssen wir zusätzlich ausbilden, weil es ja auch Studienabbrecher gibt, weil es Menschen gibt, die Lehramt studieren und am Ende etwas anderes machen, zum Beispiel promovieren, und weil es junge Menschen gibt, die hier Lehramt studieren, aber dann in andere Bundesländer gehen?
Wir müssen also immer mehr ausbilden, als wir selbst brauchen, um überhaupt die Zahl zu bekommen, die wir brauchen. Und dann rechnet man das mal aus. Wenn man das auf der Planbasis, wie der Minister das jetzt vorgelegt hat, hat, dann kann man auch mal die Frage stellen, was das denn kapazitär in der Hochschule bedeutet. Geht das überhaupt, was uns vorgeschlagen wird aus der Universität.
Bevor diese Zahlen nicht ausgerechnet sind und bevor diese Fakten nicht auf dem Tisch liegen, wäre es völlig unseriös, ein Lehrerbildungsgesetz hier einzubringen. Das ist die Faktenlage und deswegen haben wir eine unterschiedliche Einschätzung. Jetzt ein Lehrerbildungsgesetz zu beschließen, das ja auch inhaltlich regeln soll, in welchem Umfang Pädagogik, Fachwissenschaft und Praxis sich zueinander verhalten, wäre, mit 120 oder 200 Sachen auf der Autobahn in die Nebelwand zu fahren, weil es keine Antwort auf die Frage gibt, was an der Universität Rostock, was an der Universität Greifswald dann eigentlich passiert an den Studienbedingungen, mit der Zahl der Studienplätze und so weiter.
Deswegen ist der Weg genau richtig zu sagen, erstens brauchen wir eine Lehrerbedarfsplanung, damit wir wissen, was wir brauchen. Dann überlegen wir uns oder schauen uns die Kapazitäten an, ob das zusammenpasst. Und wenn das nicht zusammenpasst, dann gibt es genau zwei Stellgrößen. Die eine ist finanziell und dann muss sich dieses Parlament die Frage stellen, ob es von der Universität Rostock verlangt, irgendeine Fakultät zu schließen, um die Lehrerbildung auszubauen, oder ob es mehr Geld gibt. Mehr Möglichkeiten gibt es nicht.
Und die zweite Möglichkeit, wenn man das nicht will, lautet, dass man diese Studienanteile nicht so beschließen kann, wie das einige vorschlagen. Der Minister hat darauf hingewiesen, was für ein riesiges komplexes System das ist. Und weil das so komplex ist und das erst Stück für Stück aufeinander abgestimmt werden muss, gibt es bis heute noch keinen Entwurf für das Lehrerbildungsgesetz.
An der Stelle möchte ich aber auch so ein paar Hinweise an den Minister geben, an zwei Stellen. Das eine ist, wir haben jetzt die Lehrerbedarfsplanung, das ist gut. Was wir jetzt schnell brauchen, ist eben dieses zweite Papier,
wo die Hochschulabteilung ausrechnet, wie viel Studienplätze wir denn jetzt an den Universitäten in Rostock und Greifswald oder an einer oder wie auch immer brauchen. Ist das durch die derzeitigen Kapazitäten abbildbar oder wie müssen wir durch Zielvereinbarungen die Kapazitäten umsteuern, damit das aufgeht? Dieses zweite Papier brauchen wir jetzt, das gibt es noch nicht. Also meine dringende Bitte, dass das Ministerium zeitnah genau dieses zweite Papier erstellt, was konkret in den Hochschulen passieren muss, in welchen Fächern, in welchen Schularten, wie das umorganisiert werden muss.
Die zweite Anmerkung an den Minister, aber vielleicht sind wir da gar nicht unterschiedlicher Meinung, sondern es ist ein Missverständnis: Sie haben die Tatsache angesprochen, dass wir im Moment eine Lücke haben zwischen 250 Bewerbern für das Lehramt Gymnasium und 30 bis 50 Stellen für Referendare. Der Minister hat darauf hingewiesen, langfristig brauchen wir diese 250 aber nicht im Schuldienst. Darauf möchte ich schon noch mal hinweisen, dass das ein Unterschied ist, ob wir darüber sprechen, dass diese jungen Menschen in den Schuldienst übernommen werden als Lehrer oder ob sie ihre zweite Phase, das Referendariat, absolvieren. Die zweite Phase ist Bestandteil ihrer Ausbildung. Es ist nicht ihr Arbeitsplatz.
Und es gibt eine Lehrervorbereitungsdienstverordnung, in der drinsteht, dass diejenigen, die hier im Land die erste Phase absolvieren, einen Rechtsanspruch darauf haben, die zweite innerhalb von fünf Jahren zu absolvieren. Ich finde diese fünf Jahre schon einen kleinen Witz, eigentlich müsste man die Zeit auf ein oder zwei Jahre verkürzen. Man kann junge Menschen nicht anhalten, dass sie fünf Jahre lang irgendwo in der Warteschleife hängen. Aber selbst bei diesen fünf Jahren wäre bei der derzeitigen Situation das Problem nicht lösbar.
Wir werden weiterhin, weil es in den vergangenen Jahren keine Steuerung gab, jedes Jahr 250 Absolventen im gymnasialen Lehramt haben und 30 oder 50 Plätze. Und wenn man das vier oder fünf Jahre lang laufen lässt, ist das, was da rechtlich vorgegeben ist, nicht mehr umsetzbar. Das ist völlig unmöglich. Also werden wir uns schon noch die Frage stellen müssen als Parlament. Und, Herr Bluhm, deswegen bin ich darüber froh, dass im Haushalt steht, dass es 493 Stellen gibt, denn dann kann man die auch mit Finanzen besetzen, die muss man nämlich nicht mehr schaffen.